Gemeinsame Erklärung des Internationalen Versöhnungsbundes - Deutscher Zweig
und der Kurve Wustrow
Nicht in unserem Namen!
Krieg schafft weder Frieden noch Sicherheit

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Wir verurteilen den Krieg des US-geführten Bündnisses gegen Afghanistan. Insbesondere lehnen wir die Zusagen der deutschen Bundesregierung, diesen Krieg militärisch zu unterstützen, ab und erklären, dass diese Zusagen nicht in unserem Namen geschehen.

Dieser Krieg wird weder mehr Sicherheit noch einen beständigeren Frieden schaffen. Er verursacht jedoch seit seiner ersten Ankündigung bereits zusätzliches Elend und wachsende Unsicherheit für die afghanische Zivilbevölkerung. Außerdem drohen diese Militäraktionen, die ganze zentral- und südasiatische Region zu destabilisieren. Der in ihrem Schatten
eskalierende Konflikt zwischen Israel und Palästina könnte zum Auslöser für eine Ausdehnung der militärischen Auseinandersetzungen auf große Teile der arabischen Welt werden.

Dieser Krieg trifft nicht nur militärische Stellungen. Luftangriffe werden hohe Verluste unter der Zivilbevölkerung des durch Stellvertreterkriege geschundenen zentralasiatischen Landes nicht verhindern können. Auch im Irak und in Jugoslawien haben Bombardierungen die Zivilbevölkerung erheblich zu Schaden kommen lassen.

Dieser Krieg wird nicht zu einer stabilen Demokratie in Afghanistan führen. Die von den USA und Großbritannien favorisierte so genannte Nordallianz ist ein zerbrechliches Bündnis von Militärführern, die größtenteils nur über einen schwachen Rückhalt im Lande verfügen. Alle vertretenen Gruppierungen haben sich in der Vergangenheit grausamer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht. Alle haben ihren militärischen Einfluss mit ausländischer Unterstützung oder durch den Verkauf von Opium gewonnen.

Dieser Krieg zeigt nicht die "Großzügigkeit des amerikanischen Volkes" (Präsident George W. Bush). Der Abwurf von Lebensmitteln über Afghanistan wird das Elend der Menschen dort nicht lindern können. Nachdem Afghanistan über Jahre Spielball ausländischer Mächte war, existieren keine zivilen Strukturen mehr, die eine gerechte Verteilung von Hilfslieferungen übernehmen könnten. Der Abwurf von Lebensmitteln über Afghanistan dient ausschließlich der Rechtfertigung der Angriffe in der westlichen Öffentlichkeit.

Dieser Krieg wird den Terrorismus nicht eindämmen können. Dies wird bereits indirekt von der US-Regierung zugegeben. Denn Terrorismus lässt sich langfristig nur durch Maßnahmen eingrenzen, die mehr Gerechtigkeit schaffen, Armut bekämpfen und Menschenrechten Geltung verleihen. Insbesondere muss auch auf eine politische und militärische Unterstützung von militärischen und paramilitärischen Gruppierungen aus machtpolitischen Interessen sowie auf Waffenexporte verzichtet werden. Es muss befürchtet werden, dass selbst nach der Zerschlagung von Terror- Netzwerken in Afghanistan und anderen Ländern des Nahen Ostens neue Formen des Terrorismus entstehen werden.

Auch diesmal wieder wurden nicht alle Möglichkeiten genutzt, zu einer Verhandlungslösung zu kommen und einen Krieg zu vermeiden. Dass rechtsstaatliche Prinzipien bei der Verfolgung von Terroristen zurückstanden vor dem Einsatz militärischer Mittel stellt freiheitliche Werte erheblich in Frage. Hinter dem nun begonnen Krieg stehen jedoch starke wirtschaftliche und
geopolitische Interessen im Wettlauf um die Ressourcen der kaukasischen und zentralasiatischen Region.

Der Haltung der Bundesregierung, den USA uneingeschränkte - auch militärische - Unterstützung anzubieten, muss aufs Schärfste widersprochen werden. Auch eine indirekte Beteiligung der Bundeswehr durch Maßnahmen, die kriegführende Staaten entlasten, darf nicht hingenommen werden. Seit Beginn der 90er Jahre haben verschiedene Bundesregierungen schrittweise die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Militäraktionen betrieben, um deutschen Einfluss - auch gegenüber den USA - zu stärken. Damit diese Politik keinen neuen Höhepunkt erreicht, werden wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln Proteste und gewaltfreien Widerstand organisieren.

Der wirtschaftlichen und politischen Krise in Afghanistan könnte durch die Ausweitung von Hilfe für die wachsende Zahl von Flüchtlingen unter der Führung der Vereinten Nationen und einem koordinierten Wiederaufbau des Landes begegnet werden. Dazu müsste eine ständige Abstimmung der Nachbarländer Afghanistans, der EU, der USA und Russlands mit den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen erfolgen. Der Waffenhandel mit militärischen Gruppen in Afghanistan müsste beendet werden. Neben einer Stärkung der UN-Bemühung zur Bekämpfung des Drogenanbaus sollten noch existierende zivilgesellschaftliche Organisationen, insbesondere unabhängige Frauenverbände, in die
Bemühungen um den Aufbau politischer Strukturen einbezogen werden.

8.Oktober 2001, gezeichnet

Clemens Ronnefeldt / Hagen Berndt
(für Versöhnungsbund) / (für KURVE Wustrow)