Laut
„Tagesspiegel" sind während des Aufenthaltes des iranischen
Kaiserpaares ähnliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wie beim Besuch
des amerikanischen Vizepräsidenten Hubert Horatio Humphrey: Über
5000 Beamte der Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Politischen Polizei,
sind im Einsatz. Ein Offizier und 15 Motorradfahrer bilden die
übliche Eskorte, dazu begleitet ein Sonder-Kommando der
Schutzpolizei den Auto-Konvoi. Auf allen Straßen der Konvoi-Route
befindet sich außerdem ein „Streckenschutz" von Polizeibeamten in
Uniform und in Zivil. Der „Tagesspiegel" meldet, in Berlin gäbe es
1178 Perser, darunter etwa 240 Studenten, von denen etwa 30 als
radikal bekannt seien.
In einem Flugblatt des SDS wird zu Demonstrationen um 12.00 Uhr vor
dem Rathaus Schöneberg und um 19.30 Uhr vor der Deutschen Oper
Berlin aufgerufen. Das Flugblatt protestiert gegen die Maßnahmen
anläßlich des Schah-Besuchs. Es setzt diese „angewandten
Notstandsgesetze" in Beziehung zur innenpolitischen Lage der
Bundesrepublik Deutschland.
In einem
weiteren Flugblatt setzt sich der SDS mit der Situation der Völker
der Dritten Welt auseinander. Neben den Vereinigten Staaten von
Amerika wird auch die Sowjet-Union wegen ihrer Politik gegenüber
dem Schah-Regime kritisiert.
Ereignisse vor dem Schöneberger Rathaus.
Gegen
11.30 Uhr erwarten hinter den Absperrungen des durch starke
Polizeieinheiten abgesicherten Schöneberger Rathauses ca. 3000
Schaulustige die Ankunft des Schahs, unter ihnen ungefähr 750
AntiSchah-Demonstranten. Diese tragen Plakate mit Aufschriften wie
„Schluß mit den Folterungen politischer Gefangener", „Nieder mit der
Militär-Diktatur", „Bewaffnet nicht den Schah für seinen Kampf gegen
das persische Volk", "Rücktritt des widerrechtlich vom Schah
ernannten Direktors der Universität", „Freiheit der politischen Gefangenen",
„Für Freilassung der inhaftierten Studenten", „Welcome to Berlin Mr.
Dictator'',, ,Der Mörder des persischen Volkes'' und „Mörder".
Einige Demonstranten haben Papptüten mit aufgemalten Schah- und
Farah-Diba-Karikaturen über ihre Köpfe gestülpt, um nicht
identifiziert werden zu können. Unter den Anwesenden wird ein
„Offener Brief an Farah Diba" von Ulrike Meinhof verteilt. Die
Herausgeber des Flugblattes wollen mit der Veröffentlichung dieses
Offenen Briefes „zum Verständnis von Protesten gegen unmenschliche
Daseinsbedingungen" beigetragen, „gleich, ob sie in Deutschland,
Vietnam, Griechenland, Persien oder in einem anderen Teil der Welt
bestehen".
In einem als Steckbrief
aufgemachten Flugblatt des SDS heißt es: „Gesucht wird: Schah
Mohamed Reza Pahlewi wegen Mord und Folterungen..."
Die „Freunde der
Publizistik e. V." und die „Conföderation Iranischer Studenten"
(CIS) stellen in ebenfalls vor dem Schöneberger Rathaus verteilten
Flugblättern dem Schah-Bild der Zeitungen und Illustrierten Fakten
aus Persien entgegen: „Wer...die Wahrheit sagt, wird erhängt,
verbrannt, erschossen ... In den Gefängnissen sitzen unter
grauenhaften Umständen ca. 20.000 Gefangene, deren Verbrechen darin
besteht, den guten Willen des Staatschefs anzuzweifeln... So ein
großartiger Mann ist also der Schah!!! Darum erwartet man auch von
Ihnen, daß Sie ihm zuwinken."
Ungefähr um 11.45 Uhr
fahren zwei Omnibusse der BVG mit ca. 80 Persern vor dem Rathaus
vor. Aus den offenen Türen flattern grün-weiß-rote Papierfähnchen.
Auf einem großen Plakat heißt es, daß es sich um Mitglieder der (am
1. Juni 1967 gegründeten) „Deutsch-Iranischen Gesellschaft" handelt.
Die Perser stellen sich in einer Sonderabsperrung vor den
Anti-Schah-Demonstranten und den Schaulustigen auf. Sie tragen
Plakate mit Aufschriften wie: „Wir grüßen unser Kaiserpaar in
Berlin", „Iranische Studenten grüßen den Schah", „Es lebe der Schah"
und „Willkommen in Berlin". (Diese Perser sind — wie sich später
herausstellt — nach Absprache des Protokolls von Bonn und des
Protokolls von West-Berlin zum Teil nach West-Berlin eingeflogen und
dafür bezahlt worden.)
Um 12.03 Uhr trifft der
Wagen des Schahs mit einer Polizeieskorte ein. Der Schah wird
überwiegend mit Buh-Rufen und Pfiffen empfangen, es werden
Rauchkerzen und Eier geworfen. Nachdem der Schah das Rathaus
betreten hat, stürmen völlig überraschend die Schah-freundlichen
Demonstranten über den zwischen ihnen und den Zuschauern
freigehaltenen Streifen, öffnen die Sperrgitter und schlagen mit
Latten, Schlagringen und Stahlruten auf die Anti-Schah-Demonstranten
und Zuschauer ein. Es kommt zu schweren Auseinandersetzungen, einige
Personen werden verletzt. Die Berliner Schutzpolizei greift erst mit
einer Reiterstaffel ein, nachdem die bewaffneten „Jubelperser"
mindestens 3 1/2 Minuten auf die AntiSchah-Demonstranten
eingeschlagen haben und diese sich zu verteidigen beginnen. Jetzt
schlägt die Reiterstaffel — kurz darauf durch andere Polizisten
unterstützt — ebenfalls mit Schlagstöcken auf die
Anti-Schah-Demonstranten ein. Die Polizei nimmt 5 Schah-Gegner wegen
„Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung", „wegen Werfens
von Rauchkörpern" sowie wegen „Verdachts des Widerstandes gegen die
Staatsgewalt", „der Gefangenenbefreiung" „des Landfriedensbruchs"
fest. Die Personalien von „Jubelpersern", die Demonstranten und
Zuschauer angegriffen haben, werden nicht festgestellt.
Um ca. 12.20 Uhr trifft
Kaiserin Farah Diba vor dem Rathaus ein, ebenfalls von Buh-Rufen,
Pfiffen und Sprechchören der Anti-Schah-Demonstranten und
Beifallsäußerungen der Schah-freundlichen Iraner und West-Berliner
begleitet.
Während im Ausschuß für
Eingaben und Beschwerden des Abgeordnetenhauses, der während des
Schah-Besuches im Rathaus tagt, eine Eingabe über die Erhöhung der
Studiengebühren an den Berliner Universitäten erörtert wird, singen
die Demonstranten vor dem Rathaus: "Wer soll das bezahlen?"
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Vom Fahnenmast vor dem
Otto-Suhr-Institut wird zweimal die deutsche Flagge eingeholt (und
beide Male vom Pförtner des OSI wieder gehißt). Der Konvent der
Freien Universität hatte den Rektor aufgefordert, nicht zu Ehren des
Schahs zu flaggen.
Um 16.00 Uhr werden der
Schah und seine Gattin von Bundespräsident Heinrich Lübke im Schloß
Bellevue empfangen. Unter den mehreren hundert Schaulustigen
befinden sich wiederum Anti-Schah-Demonstranten.
Um 19.00 Uhr findet ein
Senats-Empfang im Schloß Charlottenburg statt. Auch hier versammelt
sich wieder die in einem Sonderbus herangefahrene Gruppe von
Schah-freundlichen Persern innerhalb einer besonderen Absperrung und
zeigt ihre Grußplakate. Es kommt wiederum zu Schlägereien, als die
„Jubelperser" die „Anti-Schah-Demonstranten" angreifen und deren
Plakate zerreißen.
Ereignisse vor der Deutschen Oper Berlin.
Gegen 18.00 Uhr treffen
vor der Deutschen Oper in der Charlottenburger Bismarckstraße die
ersten Zuschauer und Demonstranten ein. Zu diesem Zeitpunkt sind
bereits ,,Greiftrupps" (Kriminalbeamte in Zivil) bereitgestellt.
Gegen 18.45 Uhr wird der nördliche Gehsteig der Bismarckstraße (auf
dieser Seite liegt die Oper) polizeilich gesperrt, die Zuschauer und
Demonstranten gehen auf die andere Straßenseite und stellen sich
dort zwischen den beiden nächsten Querstraßen (Krumme Straße und
Sesenheimer Straße) auf. In Richtung Oper sind „Hamburger Reiter"
aufgestellt, hinter den Zuschauern befindet sich ein Bauzaun.
Von 19.00 bis 19.15 Uhr
besetzt die Polizei das Baugelände im Rücken der Demonstranten.
Diese zeigen Plakate mit Aufschriften wie „Blutsauger", „Mörder raus
aus West-Berlin", „Keine Diktatoren als Gäste einer freien Stadt",
„Nieder mit dem Mörder-Schah", „Autonomie für die Teheraner
Universität" und „Freilassung der inhaftierten Studenten". Um
ungefähr 19.00 Uhr rufen die Demonstranten Sprechchöre:
„Mo-Mo-Mossadegh", „Schah-Schah-Schaschlik" und „Mörder". Gegen die
Polizei richten sie Sprechchöre wie „SA-, SS-Schah", „Gestapo",
„Notstandsübung" und „Schweine". Schaulustige und Demonstranten, die
auf die Bäume oder den Bauzaun geklettert sind, werden von der
Polizei nach Aufforderungen zum Verlassen heruntergerissen, zum Teil
unter Schlagstockeinsatz.
Als einer der ersten
Gäste trifft der Regierende Bürgermeister Heinrich Albertz ein. Er
ist überrascht, daß — nach den Vorfällen am Vormittag — der gesamte
Opernplatz und die Bismarckstraße entgegen seiner Weisung nicht
freigehalten worden sind, und gibt die Weisung zur Räumung nach dem
Eintreffen des Schahs. Um 19.21 Uhr treffen mit zwei Sonderbussen
der BVG unangemeldet die „Jubelperser" ein, die sich mit
Transparenten und Plakaten mit Pro-Schah-Parolen am Eingang der Oper
aufstellen wollen. Sie werden von der Polizei angewiesen, sich am
nordöstlichen U-Bahn-Eingang unter Polizeibewachung aufzustellen.
Mit Eintreffen der „Jubelperser" werfen die Demonstranten Eier,
Tomaten, Farbbeutel, Rauchkerzen, Sandtüten, Gummiringe und
brennende Zigaretten über die Absperrungen auf die Straße. Die Kette
der Polizeibeamten vor der Barriere wird um 19.40 Uhr auf 80
Polizisten erhöht. Uniformierte „Greiftrupps" holen aus der Menge
einzelne Personen heraus, die — nach Auskunft der Polizei —
„vermeintlich mit Gegenständen geworfen oder mit Trillerpfeifen die
Sprechchöre dirigiert" haben.
Um 19.30 Uhr trifft
Innensenator Wolfgang Büsch vor der Oper ein.
Er hält die Situation für nicht besorgniserregend. Um 19.48 Uhr wird
die nördliche, um 19.53 Uhr die südliche Fahrbahn vor der Oper für
den Verkehr gesperrt. Polizeipräsident Erich Duensing gibt den
Befehl zur Räumung der Bismarckstraße nach Eintreffen des Schahs an
die Polizei weiter.
Um 19.56 Uhr betreten
Schah und Schahbanu — von den meisten Zuschauern unbemerkt — die
Oper.
Aus der Zuschauermenge,
die zwischen der Krummen und der Sesenheimer Straße in dem von der
Polizei sogenannten „Schlauch" eingeschlossen ist, werden auch
Rauchkerzen geworfen. Polizisten werfen einige der Rauchentwickler
in den „Schlauch" zurück. Dort entsteht eine „panikartige Stimmung"
(Zeugenaussage). Personen, die ihrerseits die Rauchkerzen wieder
zurückwerfen, werden z.T. unter Schlägen festgenommen. In dieser
Situation werden auch Steine geworfen,
laut Polizeiauskunft werden bis 20.04 Uhr 6 Polizeibeamte getroffen.
Auf „Ehrengäste" werden weder Steine noch sonstige Wurfkörper
geworfen.
Mit Beginn der Ouvertüre
zu Mozarts „Zauberflöte" ist der Höhepunkt der Demonstration
zunächst überschritten. (Die Oper dauert mindestens drei Stunden.)
Einige Demonstranten beginnen bereits abzuwandern. Es wird die
Parole ausgegeben, in drei Stunden wiederzukommen.
In dieser Situation
beginnt die Polizei mit der gewaltsamen Räumung: Kurz nach 20.00 Uhr
gehen Polizeibeamte in die Menge und fordern zum Verlassen der
Straße auf. Um 20.07 Uhr beginnt die erste von vier ,,Räumphasen".
Das Einsatzkommando der
Polizei erhält den Befehl „Knüppel frei" Polizisten drängen die
Demonstranten und Zuschauer unter Schlagstockgebrauch in Richtung
Krumme Straße. Um 20.04 Uhr werden zwei „Keileintriebe" vorgenommen:
Zwei Gruppen der Polizei drängen über die Absperrgitter in die
Zuschauermenge, die eine Gruppe sperrt den Gehweg in Richtung
Sesenheimer Straße ab und geht gegen die Demonstranten mit dem
Gummiknüppel vor, die andere drängt die Zuschauer unter
Schlagstockgebrauch in Richtung Krumme Straße. In dem abgesperrten
Teil des „Schlauches" kommt es zu Sitzdemonstrationen. (Um 20.05 Uhr
soll nach Darstellung der Polizei der Lautsprecherwagen B 53 die
Demonstranten aufgefordert haben, den südlichen Gehweg der
Bismarckstraße in Richtung Ernst-Reuter-Platz, Krumme Straße,
Leibnizstraße und in Richtung Wilmersdorfer Straße, Sesenheimer
Straße, zu räumen, da sie sonst „in den Bereich polizeilicher
Maßnahmen" kämen. Von keinem der später vernommenen Zeugen, die sich
zu diesem Zeitpunkt im „Schlauch" befinden, wird diese Version
bestätigt. Die Eintragung über diese Lautsprecherdurchsage im Buch
des Wagens B 53 erweist sich als nachträglich vorgenommen.)
Von 20.00 Uhr bis 20.15
Uhr werden etwa 80 Demonstranten durch die Polizei verletzt. Der
SPD-Abgeordnete Gerd Löffler, der Zeuge des Vorgehens der Polizei
wird, läuft in das Foyer der Oper und fordert einen Polizisten auf,
den Innensenator zu holen. „Er soll sich ansehen, was seine Polizei
anrichtet." Ihm wird geantwortet, Innensenator Wolfgang Büsch sei
nicht auffindbar.
In dieser Phase wird auch
das Mitglied der Kommune I Fritz Teufel wegen eines angeblichen
Steinwurfes festgenommen. (Rechtsanwalt Horst Mahler weist am 14.
September 1967 nach, daß Fritz Teufel spätestens um 20.10 Uhr
festgenommen wird. Der Polizist Heilscher, der durch den angeblich
von Fritz Teufel geworfenen Stein verletzt wird, wird erst um 20.15
Uhr getroffen.)
Ab 20.16 Uhr werden die —
auch im „Schlauch" eingekesselten — Demonstranten nachweislich das
erste Mal über den Lautsprecherwagen der Polizei aufgefordert, das
Einsatzgebiet zu räumen. In der Krummen Straße werden in der „II.
Räumphase" gegen die abwandernden und aus dem „Schlauch" entkommenen
Demonstranten Wasserwerfer eingesetzt. „Greiftrupps" der Polizei
versuchen „Rädelsführer" festzunehmen. Zu dieser Zeit Festgenommene
hören in den Polizeiwagen über Funk, daß jetzt der „Plan
Füchsejagen" beginnen soll.
Ein in einem Hauseingang
in der Krummen Straße stehender einzelner Demonstrant wird von einem
Polizisten angefallen, überwältigt und anschließend in den
Garagenhof des Hauses Nr. 66/67 geschleift. Etwa 30 Demonstranten
und Schaulustige, die den Vorfall beobachtet haben, verfolgen den
Polizisten. Der Eingang des Garagenhofes wird etwas später von einer
Polizeikette, die von einem Journalisten auf die Situtation auf dem
Garagenhof aufmerksam gemacht wurde, abgeriegelt. Die Polizisten
schlagen mit ihren Gummiknüppeln auf die Eingeschlossenen ein. (Ein
Teil der dort Verletzten muß anschließend in Krankenhäuser
transportiert werden und dort in stationärer Behandlung bleiben. Die
Polizeibeamten sagen später aus, die Demonstranten hätten sie mit
Messern bedroht. Diese Version wird von keinem anderen Zeugen
bestätigt, auch werden weder Messer noch andere Waffen gefunden.)
In dieser Situation gibt
gegen 20.30 Uhr der Polizeiobermeister Karl-Heinz Kurras im Abstand
von 22 Sekunden (Tonbandaufzeichnung) zwei Schüsse aus seiner
Dienstpistole ab. Mit einem Schuß trifft er den 26-jährigen
Studenten der Freien Universität, stud. phil. Benno Ohnesorg, von
hinten in den Kopf.
Benno Ohnesorg, der ein
rotes Hemd trägt, wird (spätere Zeugenaussagen) zu diesem Zeitpunkt
von einer Gruppe Polizisten mißhandelt. Auf dem Transport ins
Krankenhaus bemüht sich eine Krankenschwester, die ebenfalls in dem
Garagenhof von der Polizei blutig geschlagen wurde und eine
Gehirnerschütterung hat, um den noch lebenden Benno Ohnesorg. Im
Städtischen Krankenhaus Moabit wird sie — obgleich blutüberströmt —
von dem diensthabenen Arzt abgewiesen, da sie
ihre Personalien nicht angeben will. Benno Ohnesorg
verstirbt kurz darauf.
Um ungefähr 21.00 Uhr
wird in der Krumme Straße die Meldung verbreitet,
ein Polizist sei erstochen worden. Um 21.15 Uhr befinden
sich etwa 400 Demonstranten in der Wilmersdorfer Straße. Auf
Fahrbahn verbrennen einige Springer-Zeitungen. Um 21.26 Uhr
wird die Straße von der Polizei unter Knüppeleinsatz geräumt.
(„ Räumphase") Um 21.37 Uhr sind auf dem Kurfürstendamm in Höhe der
Wilmersdorfer Straße beide Fahrbahnen von Demonstran
ten und Schaulustigen blockiert. Ab 21.43 Uhr verfolgen Beamte
Polizei z. T. in Zivil einzelne Demonstranten, die versuchen, Richtung
Gedächtniskirche abzuwandern oder zu fliehen, schlagen
wiederderholt auf sie ein und nehmen einige
fest. („IV. Räumphase") Um 22.00 Uhr erfolgt durch einen
Lautsprecherwagen der Polizei auf dem
Kurfürstendamm (Kranzlereck) die Durchsage, ein Polizeibeam
ter sei von einem Demonstranten getötet worden.
++++++++++++++++++
In der Nacht zum 3. Juni
1967 heißt es zunächst, Benno Ohnesorg „durch eine
Schädelverletzung" gestorben. Nachdem bei der Obduktion
die Kugel als Todesursache festgestellt worden ist, erklärt
Landeskriminalamt in seiner Pressemitteilung, Benno Ohnesorg
aufgrund des Schußwaffengebrauchs eines „lebensgefährlich" drohten
Beamten getötet worden.
Später verbreitet ein
Sprecher des Senats, die tödliche Verletzung auf einen Querschläger
zurückzuführen, der von einem Warnschuß
gestammt habe. Am 4. Juni 1967 erklärt Innensenator Büsch vor dem
Akademischen Senat der Freien Universität, der Schuß habe sich
versehentlich gelöst. Im weiteren Verlauf des
Tages stellt sich heraus, daß zwei Schüsse
abgegeben worden sind. Am 5. Juni — bei Vorliegen
des Autopsieberichts — dementiert Innensenator Büsch
die Querschläger-Version. Der Leiter der Mordkommission
erklärt, diese Version sei von der
Kriminalpolizei niemals ausgegeben worden. Kriminalobermeister
Kurras erklärt in einem Interview der BZ, er sei mit
Messern bedroht worden und habe einen Warnschuß abgeben
wollen.
Quelle:
Freie Universität 1948-1973, Hochschule im Umbruch, Teil V,
Westberlin 1983, S.7ff
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