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Der 2. Juni 1967
Eine kleine Materialsammlung zum 50. Jahrestages
eines erschütternden Ereignisses


Eine kleine Chronik des 2. Juni 1967
 

 

Laut „Tagesspiegel" sind während des Aufenthaltes des iranischen Kaiserpaares ähnliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wie beim Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten Hubert Horatio Humphrey: Über 5000 Beamte der Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Politischen Polizei, sind im Einsatz. Ein Offizier und 15 Motorradfahrer bilden die übliche Eskorte, dazu begleitet ein Sonder-Kommando der Schutzpolizei den Auto-Konvoi. Auf allen Straßen der Konvoi-Route befindet sich außerdem ein „Streckenschutz" von Polizeibeamten in Uniform und in Zivil. Der „Tagesspiegel" meldet, in Berlin gäbe es 1178 Perser, darunter etwa 240 Studenten, von denen etwa 30 als radikal bekannt seien.

In einem Flugblatt des SDS wird zu Demonstrationen um 12.00 Uhr vor dem Rathaus Schöneberg und um 19.30 Uhr vor der Deutschen Oper Berlin aufgerufen. Das Flugblatt protestiert gegen die Maßnahmen anläßlich des Schah-Besuchs. Es setzt diese „angewandten Notstandsgesetze" in Beziehung zur innenpolitischen Lage der Bundesrepublik Deutschland.

In einem weiteren Flugblatt setzt sich der SDS mit der Situation der Völker der Dritten Welt auseinander. Neben den Vereinigten Staaten von Amerika wird auch die Sowjet-Union wegen ihrer Politik gegen­über dem Schah-Regime kritisiert.

Ereignisse vor dem Schöneberger Rathaus.

Gegen 11.30 Uhr erwarten hinter den Absperrungen des durch starke Polizeieinheiten abgesicherten Schöneberger Rathauses ca. 3000 Schaulustige die Ankunft des Schahs, unter ihnen ungefähr 750 Anti­Schah-Demonstranten. Diese tragen Plakate mit Aufschriften wie „Schluß mit den Folterungen politischer Gefangener", „Nieder mit der Militär-Diktatur", „Bewaffnet nicht den Schah für seinen Kampf gegen das persische Volk", "Rücktritt des widerrechtlich vom Schah ernannten Direktors der Universität", „Freiheit der politischen Gefangenen", „Für Freilassung der inhaftierten Studenten", „Welcome to Berlin Mr. Dictator'',, ,Der Mörder des persischen Volkes'' und „Mörder". Einige Demonstranten haben Papptüten mit aufgemalten Schah- und Farah-Diba-Karikaturen über ihre Köpfe gestülpt, um nicht identifiziert werden zu können. Unter den Anwesenden wird ein „Offener Brief an Farah Diba" von Ulrike Meinhof verteilt. Die Herausgeber des Flugblattes wollen mit der Veröffentlichung dieses Offe­nen Briefes „zum Verständnis von Protesten gegen unmenschliche Daseinsbedingungen" beigetragen, „gleich, ob sie in Deutschland, Vietnam, Griechenland, Persien oder in einem anderen Teil der Welt bestehen".

In einem als Steckbrief aufgemachten Flugblatt des SDS heißt es: „Gesucht wird: Schah Mohamed Reza Pahlewi wegen Mord und Folterungen..."

Die „Freunde der Publizistik e. V." und die „Conföderation Iranischer Studenten" (CIS) stellen in ebenfalls vor dem Schöneberger Rathaus verteilten Flugblättern dem Schah-Bild der Zeitungen und Illustrierten Fakten aus Persien entgegen: „Wer...die Wahrheit sagt, wird erhängt, verbrannt, erschossen ... In den Gefängnissen sitzen unter grauenhaften Umständen ca. 20.000 Gefangene, deren Verbrechen darin besteht, den guten Willen des Staatschefs anzuzweifeln... So ein großartiger Mann ist also der Schah!!! Darum erwartet man auch von Ihnen, daß Sie ihm zuwinken."

Ungefähr um 11.45 Uhr fahren zwei Omnibusse der BVG mit ca. 80 Persern vor dem Rathaus vor. Aus den offenen Türen flattern grün-weiß-rote Papierfähnchen. Auf einem großen Plakat heißt es, daß es sich um Mitglieder der (am 1. Juni 1967 gegründeten) „Deutsch-Iranischen Gesellschaft" handelt. Die Perser stellen sich in einer Sonderabsperrung vor den Anti-Schah-Demonstranten und den Schaulustigen auf. Sie tragen Plakate mit Aufschriften wie: „Wir grüßen unser Kaiserpaar in Berlin", „Iranische Studenten grüßen den Schah", „Es lebe der Schah" und „Willkommen in Berlin". (Diese Perser sind — wie sich später herausstellt — nach Absprache des Protokolls von Bonn und des Protokolls von West-Berlin zum Teil nach West-Berlin eingeflogen und dafür bezahlt worden.)

Um 12.03 Uhr trifft der Wagen des Schahs mit einer Polizeieskorte ein. Der Schah wird überwiegend mit Buh-Rufen und Pfiffen empfangen, es werden Rauchkerzen und Eier geworfen. Nachdem der Schah das Rathaus betreten hat, stürmen völlig überraschend die Schah-freundlichen Demonstranten über den zwischen ihnen und den Zuschauern freigehaltenen Streifen, öffnen die Sperrgitter und schlagen mit Latten, Schlagringen und Stahlruten auf die Anti-Schah-Demonstranten und Zuschauer ein. Es kommt zu schweren Auseinandersetzungen, einige Personen werden verletzt. Die Berliner Schutzpolizei greift erst mit einer Reiterstaffel ein, nachdem die bewaffneten „Jubelperser" mindestens 3 1/2 Minuten auf die Anti­Schah-Demonstranten eingeschlagen haben und diese sich zu verteidigen beginnen. Jetzt schlägt die Reiterstaffel — kurz darauf durch andere Polizisten unterstützt — ebenfalls mit Schlagstöcken auf die Anti-Schah-Demonstranten ein. Die Polizei nimmt 5 Schah-Gegner wegen „Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung", „wegen Werfens von Rauchkörpern" sowie wegen „Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt", „der Gefangenenbefreiung" „des Landfriedensbruchs" fest. Die Personalien von „Jubelpersern", die Demonstranten und Zuschauer angegriffen haben, werden nicht festgestellt.

Um ca. 12.20 Uhr trifft Kaiserin Farah Diba vor dem Rathaus ein, ebenfalls von Buh-Rufen, Pfiffen und Sprechchören der Anti-Schah-Demonstranten und Beifallsäußerungen der Schah-freundlichen Iraner und West-Berliner begleitet.

Während im Ausschuß für Eingaben und Beschwerden des Abgeordnetenhauses, der während des Schah-Besuches im Rathaus tagt, eine Eingabe über die Erhöhung der Studiengebühren an den Berliner Universitäten erörtert wird, singen die Demonstranten vor dem Rathaus: "Wer soll das bezahlen?"

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Vom Fahnenmast vor dem Otto-Suhr-Institut wird zweimal die deutsche Flagge eingeholt (und beide Male vom Pförtner des OSI wieder gehißt). Der Konvent der Freien Universität hatte den Rektor aufgefordert, nicht zu Ehren des Schahs zu flaggen.

Um 16.00 Uhr werden der Schah und seine Gattin von Bundespräsident Heinrich Lübke im Schloß Bellevue empfangen. Unter den mehreren hundert Schaulustigen befinden sich wiederum Anti-Schah-Demonstranten.

Um 19.00 Uhr findet ein Senats-Empfang im Schloß Charlottenburg statt. Auch hier versammelt sich wieder die in einem Sonderbus her­angefahrene Gruppe von Schah-freundlichen Persern innerhalb einer besonderen Absperrung und zeigt ihre Grußplakate. Es kommt wiederum zu Schlägereien, als die „Jubelperser" die „Anti-Schah-Demonstranten" angreifen und deren Plakate zerreißen.

Ereignisse vor der Deutschen Oper Berlin.

Gegen 18.00 Uhr treffen vor der Deutschen Oper in der Charlotten­burger Bismarckstraße die ersten Zuschauer und Demonstranten ein. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits ,,Greiftrupps" (Kriminalbe­amte in Zivil) bereitgestellt. Gegen 18.45 Uhr wird der nördliche Geh­steig der Bismarckstraße (auf dieser Seite liegt die Oper) polizeilich gesperrt, die Zuschauer und Demonstranten gehen auf die andere Straßenseite und stellen sich dort zwischen den beiden nächsten Quer­straßen (Krumme Straße und Sesenheimer Straße) auf. In Richtung Oper sind „Hamburger Reiter" aufgestellt, hinter den Zuschauern befindet sich ein Bauzaun.

Von 19.00 bis 19.15 Uhr besetzt die Polizei das Baugelände im Rücken der Demonstranten. Diese zeigen Plakate mit Aufschriften wie „Blutsauger", „Mörder raus aus West-Berlin", „Keine Diktato­ren als Gäste einer freien Stadt", „Nieder mit dem Mörder-Schah", „Autonomie für die Teheraner Universität" und „Freilassung der inhaftierten Studenten". Um ungefähr 19.00 Uhr rufen die Demonstranten Sprechchöre: „Mo-Mo-Mossadegh", „Schah-Schah-Schaschlik" und „Mörder". Gegen die Polizei richten sie Sprechchöre wie „SA-, SS-Schah", „Gestapo", „Notstandsübung" und „Schweine". Schaulustige und Demonstranten, die auf die Bäume oder den Bauzaun geklettert sind, werden von der Polizei nach Aufforderungen zum Verlassen heruntergerissen, zum Teil unter Schlagstockeinsatz.

Als einer der ersten Gäste trifft der Regierende Bürgermeister Hein­rich Albertz ein. Er ist überrascht, daß — nach den Vorfällen am Vormittag — der gesamte Opernplatz und die Bismarckstraße entgegen seiner Weisung nicht freigehalten worden sind, und gibt die Weisung zur Räumung nach dem Eintreffen des Schahs. Um 19.21 Uhr treffen mit zwei Sonderbussen der BVG unangemeldet die „Jubelperser" ein, die sich mit Transparenten und Plakaten mit Pro-Schah-Parolen am Eingang der Oper aufstellen wollen. Sie werden von der Polizei angewiesen, sich am nordöstlichen U-Bahn-Eingang unter Polizeibewachung aufzustellen. Mit Eintreffen der „Jubelperser" werfen die Demonstranten Eier, Tomaten, Farbbeutel, Rauchkerzen, Sandtüten, Gummiringe und brennende Zigaretten über die Absperrungen auf die Straße. Die Kette der Polizeibeamten vor der Barriere wird um 19.40 Uhr auf 80 Polizisten erhöht. Uniformierte „Greiftrupps" holen aus der Menge einzelne Personen heraus, die — nach Auskunft der Polizei — „vermeintlich mit Gegenständen geworfen oder mit Trillerpfeifen die Sprechchöre dirigiert" haben.

Um 19.30 Uhr trifft Innensenator Wolfgang Büsch vor der Oper ein. Er hält die Situation für nicht besorgniserregend. Um 19.48 Uhr wird die nördliche, um 19.53 Uhr die südliche Fahrbahn vor der Oper für den Verkehr gesperrt. Polizeipräsident Erich Duensing gibt den Befehl zur Räumung der Bismarckstraße nach Eintreffen des Schahs an die Polizei weiter.

Um 19.56 Uhr betreten Schah und Schahbanu — von den meisten Zuschauern unbemerkt — die Oper.

Aus der Zuschauermenge, die zwischen der Krummen und der Sesenheimer Straße in dem von der Polizei sogenannten „Schlauch" eingeschlossen ist, werden auch Rauchkerzen geworfen. Polizisten werfen einige der Rauchentwickler in den „Schlauch" zurück. Dort entsteht eine „panikartige Stimmung" (Zeugenaussage). Personen, die ihrerseits die Rauchkerzen wieder zurückwerfen, werden z.T. unter Schlägen festgenommen. In dieser Situation werden auch Steine geworfen, laut Polizeiauskunft werden bis 20.04 Uhr 6 Polizeibeamte getroffen. Auf „Ehrengäste" werden weder Steine noch sonstige Wurfkörper geworfen.

Mit Beginn der Ouvertüre zu Mozarts „Zauberflöte" ist der Höhepunkt der Demonstration zunächst überschritten. (Die Oper dauert mindestens drei Stunden.) Einige Demonstranten beginnen bereits abzuwandern. Es wird die Parole ausgegeben, in drei Stunden wiederzukommen.

In dieser Situation beginnt die Polizei mit der gewaltsamen Räumung: Kurz nach 20.00 Uhr gehen Polizeibeamte in die Menge und fordern zum Verlassen der Straße auf. Um 20.07 Uhr beginnt die erste von vier ,,Räumphasen".

Das Einsatzkommando der Polizei erhält den Befehl „Knüppel frei" Polizisten drängen die Demonstranten und Zuschauer unter Schlagstockgebrauch in Richtung Krumme Straße. Um 20.04 Uhr werden zwei „Keileintriebe" vorgenommen: Zwei Gruppen der Polizei drängen über die Absperrgitter in die Zuschauermenge, die eine Gruppe sperrt den Gehweg in Richtung Sesenheimer Straße ab und geht gegen die Demonstranten mit dem Gummiknüppel vor, die andere drängt die Zuschauer unter Schlagstockgebrauch in Richtung Krumme Straße. In dem abgesperrten Teil des „Schlauches" kommt es zu Sitzdemonstrationen. (Um 20.05 Uhr soll nach Darstellung der Polizei der Lautsprecherwagen B 53 die Demonstranten aufgefordert haben, den südlichen Gehweg der Bismarckstraße in Richtung Ernst-Reuter-Platz, Krumme Straße, Leibnizstraße und in Richtung Wilmersdorfer Straße, Sesenheimer Straße, zu räumen, da sie sonst „in den Bereich polizeilicher Maßnahmen" kämen. Von keinem der später vernommenen Zeugen, die sich zu diesem Zeitpunkt im „Schlauch" befinden, wird diese Version bestätigt. Die Eintragung über diese Lautsprecherdurchsage im Buch des Wagens B 53 erweist sich als nachträglich vorgenommen.)

Von 20.00 Uhr bis 20.15 Uhr werden etwa 80 Demonstranten durch die Polizei verletzt. Der SPD-Abgeordnete Gerd Löffler, der Zeuge des Vorgehens der Polizei wird, läuft in das Foyer der Oper und fordert einen Polizisten auf, den Innensenator zu holen. „Er soll sich ansehen, was seine Polizei anrichtet." Ihm wird geantwortet, Innensenator Wolfgang Büsch sei nicht auffindbar.

In dieser Phase wird auch das Mitglied der Kommune I Fritz Teufel wegen eines angeblichen Steinwurfes festgenommen. (Rechtsanwalt Horst Mahler weist am 14. September 1967 nach, daß Fritz Teufel spätestens um 20.10 Uhr festgenommen wird. Der Polizist Heilscher, der durch den angeblich von Fritz Teufel geworfenen Stein verletzt wird, wird erst um 20.15 Uhr getroffen.)

Ab 20.16 Uhr werden die — auch im „Schlauch" eingekesselten — Demonstranten nachweislich das erste Mal über den Lautsprecherwagen der Polizei aufgefordert, das Einsatzgebiet zu räumen. In der Krummen Straße werden in der „II. Räumphase" gegen die abwandernden und aus dem „Schlauch" entkommenen Demonstranten Wasserwerfer eingesetzt. „Greiftrupps" der Polizei versuchen „Rädelsführer" festzunehmen. Zu dieser Zeit Festgenommene hören in den Polizeiwagen über Funk, daß jetzt der „Plan Füchsejagen" beginnen soll.

Ein in einem Hauseingang in der Krummen Straße stehender einzelner Demonstrant wird von einem Polizisten angefallen, überwältigt und anschließend in den Garagenhof des Hauses Nr. 66/67 geschleift. Etwa 30 Demonstranten und Schaulustige, die den Vorfall beobachtet haben, verfolgen den Polizisten. Der Eingang des Garagenhofes wird etwas später von einer Polizeikette, die von einem Journalisten auf die Situtation auf dem Garagenhof aufmerksam gemacht wurde, abgeriegelt. Die Polizisten schlagen mit ihren Gummiknüppeln auf die Eingeschlossenen ein. (Ein Teil der dort Verletzten muß anschließend in Krankenhäuser transportiert werden und dort in stationärer Behandlung bleiben. Die Polizeibeamten sagen später aus, die Demon­stranten hätten sie mit Messern bedroht. Diese Version wird von keinem anderen Zeugen bestätigt, auch werden weder Messer noch andere Waffen gefunden.)

In dieser Situation gibt gegen 20.30 Uhr der Polizeiobermeister Karl-Heinz Kurras im Abstand von 22 Sekunden (Tonbandaufzeichnung) zwei Schüsse aus seiner Dienstpistole ab. Mit einem Schuß trifft er den 26-jährigen Studenten der Freien Universität, stud. phil. Benno Ohnesorg, von hinten in den Kopf.

Benno Ohnesorg, der ein rotes Hemd trägt, wird (spätere Zeugenaussagen) zu diesem Zeitpunkt von einer Gruppe Polizisten mißhandelt. Auf dem Transport ins Krankenhaus bemüht sich eine Krankenschwester, die ebenfalls in dem Garagenhof von der Polizei blutig ge­schlagen wurde und eine Gehirnerschütterung hat, um den noch lebenden Benno Ohnesorg. Im Städtischen Krankenhaus Moabit wird sie — obgleich blutüberströmt — von dem diensthabenen Arzt abgewiesen, da sie ihre Personalien nicht angeben will. Benno Ohnesorg verstirbt kurz darauf.

Um ungefähr 21.00 Uhr wird in der Krumme Straße die Meldung verbreitet, ein Polizist sei erstochen worden. Um 21.15 Uhr befinden sich etwa 400 Demonstranten in der Wilmersdorfer Straße. Auf Fahrbahn verbrennen einige Springer-Zeitungen. Um 21.26 Uhr wird die Straße von der Polizei unter Knüppeleinsatz geräumt. („ Räumphase") Um 21.37 Uhr sind auf dem Kurfürstendamm in Höhe der Wilmersdorfer Straße beide Fahrbahnen von Demonstran ten und Schaulustigen blockiert. Ab 21.43 Uhr verfolgen Beamte Polizei z. T. in Zivil einzelne Demonstranten, die versuchen, Richtung Gedächtniskirche abzuwandern oder zu fliehen, schlagen wiederderholt auf sie ein und nehmen einige fest. („IV. Räumphase") Um 22.00 Uhr erfolgt durch einen Lautsprecherwagen der Polizei auf dem Kurfürstendamm (Kranzlereck) die Durchsage, ein Polizeibeam ter sei von einem Demonstranten getötet worden.

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In der Nacht zum 3. Juni 1967 heißt es zunächst, Benno Ohnesorg „durch eine Schädelverletzung" gestorben. Nachdem bei der Obduktion die Kugel als Todesursache festgestellt worden ist, erklärt Landeskriminalamt in seiner Pressemitteilung, Benno Ohnesorg aufgrund des Schußwaffengebrauchs eines „lebensgefährlich" drohten Beamten getötet worden.

Später verbreitet ein Sprecher des Senats, die tödliche Verletzung auf einen Querschläger zurückzuführen, der von einem Warnschuß gestammt habe. Am 4. Juni 1967 erklärt Innensenator Büsch vor dem Akademischen Senat der Freien Universität, der Schuß habe sich versehentlich gelöst. Im weiteren Verlauf des Tages stellt sich heraus, daß zwei Schüsse abgegeben worden sind. Am 5. Juni — bei Vorliegen des Autopsieberichts — dementiert Innensenator Büsch die Querschläger-Version. Der Leiter der Mordkommission erklärt, diese Version sei von der Kriminalpolizei niemals ausgegeben worden. Kriminalobermeister Kurras erklärt in einem Interview der BZ, er sei mit Messern bedroht worden und habe einen Warnschuß abgeben wollen.

Quelle: Freie Universität 1948-1973, Hochschule im Umbruch, Teil V, Westberlin 1983, S.7ff

 


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