Peter Trotzig
Kommentare zum Zeitgeschehen

Wirklich eine neue antikapitalistische Organisation oder  doch eher alter Wein in neuen Schläuchen mit ein bisschen mehr Platz,  nach dem sich alle sehnen?
 

7-8/11

trend
onlinezeitung

Was soll neu sein bzw. werden, wenn die Bewahrung des alten – nämlich der Bestand der ganzen Sekten mit ihren entsprechenden Grundlagen – nicht in Frage gestellt wird, sondern man beständig danach schaut, wo eventuell Gemeinsamkeiten sind, denen man doch bitteschön Rechnung tragen sollte.

Detlev Georgia Schulze hat das beispielhaft schön beschrieben, wie er sich die Erarbeitung der Grundlagen einer „neuen“ antikapitalistischen Organisation denkt: 

Und es ist ja nicht so, daß es in Sachen Programm keinerlei Vorarbeiten gibt: Der RSB hat ein Programm, die SAV hat ein Grundsatzprogramm, Avanti hat ein langes Grundsatzpapier, auf das sich die Schöneberger in ihrem Text ja auch beziehen, SoL hat ein langes Grundsatzpapier. Die Gruppen Projekt Revolutionäre Perspektive (Hamburg) und Revolutionäre Perspektive Berlin haben zumindest mehrseitige Selbstverständniserklärungen. Die Revolutionäre Linke um die Zeitschrift radikal hat ein Grundsatzpapier vorgelegt.

Diese Texte müßten kollektiv – auf Unterschiede, Übereinstimmungen und Leerstellen – mit einander verglichen werden und dann ein neuer gemeinsamer Text geschrieben werden. Um diese Diskussion in demokratischer Weise und unter Einbeziehung von GenossInnen, die nicht bereits in den genannten oder anderen Zusammenhängen organisiert sind, führen zu können, müßten entsprechende neue, gemeinsame Strukturen geschaffen werden.“  http://www.trend.infopartisan.net/trd7811/t437811.html 

Aber, wie heißt es so schön: Ohne Zerstörung des Alten kann nichts Neues entstehen.

Stattdessen soll altes hergenommen und auf „Unterschiede, Übereinstimmungen und Leerstellen“ geprüft werden. Keine Kritik? Solange in den jeweiligen Grüppchen keine nennenswerten Kräfte sich an die Kritik ihrer Grundlagen gemacht haben, stattdessen alle felsenfest von der Richtigkeit dieser Grundlagen überzeugt sind, kann mit diesen Kräften nichts Neues entstehen!!! Mit wem immer sie auch Bündnisse schmieden mögen! 

Man vergleiche das mal mit der Gründungsvorbereitung der Grünen, bzw. dem Anteil, den die  Maoisten daran hatten. In fast allen ml Organisationen brodelte es bis zum Überkochen und sie befanden sich in einem Prozess der Auflösung. Nur so war es möglich, dass diese Kräfte einen nennenswerten Anteil am Aufbau der grünen Partei leisteten, die in der Tat etwas Neues war. (Von welcher Qualität, das steht auf einem anderen Blatt.) Hätten sich die ML-Organisationen als Organisationen am Aufbau der Grünen Partei beteiligt, wäre diese Partei niemals etwas Neues geworden! 

Das Zitat vom Kerkermeister aus Fidelio:  »Wenn sich Nichts mit Nichts verbindet, ist und bleibt die Summe klein.«

ist ja noch ein Euphemismus auf unsere Situation, weil darin nur auf Bedeutungslosigkeit angespielt wird und nicht auf die inhaltlichen Grundlagen dieser Bedeutungslosigkeit, die die jeweilige Sonderexistenz begründen. Das Problem liegt ja nicht einfach darin, dass all die aufgezählten Gruppen klein sind. Das Problem liegt auch und besonders darin, wie sie inhaltlich aufgestellt sind, womit sie ihre Sonderexistenz begründen und was sie auf diesen Grundlagen so alles machen ... und das sieht nicht prickelnd aus. Da kann aus Nichts schnell noch schlechter als Nichts werden.

Editorische Anmerkungen

Peter Trotzig schreibt ab der Nr. 1-05 in unregelmäßigen Abständen seine Kommentare zum Zeitgeschehen.