Bernard Schmid berichtet aus Frankreich
Katholische Fundamentalisten lassen nicht locker
Rechtsextreme Lefebvre-Anhänger suchen weiterhin Kraftprobe mit Amtskirche

7/8-09

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onlinezeitung

Im Januar dieses Jahres machte die rechtsextreme Strömung aus katholischen Fundamentalisten, die vor gut zwanzig Jahren unter ihrem damaligen geistlichen Anführer Marcel Lefebvre (verstorben 1991) aus der katholischen Amtskirche ausgeschlossen worden war, erheblich von sich reden. Das damalige Timing lief aus Sicht der Kirchenoberen in Rom denkbar schlecht. Denn in derselben Woche, in der bekannt wurde, dass die römisch-katholische Kirche die Exkommunikation ihrer „Dissidenten“ am rechten Rand aufhebe, wurden Holocaust leugnende Äußerungen des fundamentalistischen „Bischofs“ Richard Williamson bekannt. Der britische, damals in Argentinien lebende Lefebvre-Anhänger hatte in Interviews offen behauptet, es sei eine Lüge, dass Juden in Gaskammern ermordet worden seien. Williamson war einer der vier „Bischöfe“, wegen der unautorisierter „Weihe“ Lefebvre damals (1988) aus der Amtskirche ausgeschlossen worden war. (Wir berichteten)

Vor kurzem nun zogen die Lefebvristen unterdessen eine neue „Provokation“, wie die Pariser Abendzeitung Le Monde (vom o3. O6. 2009) ihr Vorhaben qualifizierten, durch. Am Montag, den 29. Juni dieses Jahres vollzogen die katholischen Fundamentalisten ihren Plan, an ihrem Hauptsitz im westschweizerischen Ecône acht neue Priester zu weihen. Die Zeremonie wurde durch ihren derzeitigen Oberhirten Bernard Fellay durchgeführt. Dies leitet de facto eine neue Kraftprobe mit der katholischen Amtskirche ein – denn zwar hat man in Rom zu Anfang des Jahres die Exkommunikation gegen mehere Anführer der Lefebvristen aufgehoben, aber man hat ihnen nicht kirchenrechtlich ihre Ämter anerkannt. Das bedeutet, dass, unter formal kirchenrechtlichen Gesichtspunkten, die fundamentalistischen „Bischöfe“ zwar nicht länger aus der Kirche als „Gemeinschaft der Gläubigen“ ausgeschlossen – aber eben auch keine rechtskräftig amtierenden Bischöfe sind. Insofern besitzen sie auch keinerlei Vollmacht dazu, etwa Priesterweihen zu feiern. Abzuwarten bleibt, wie Rom darauf reagieren wird.

Zuvor hatten die Lefebvristen ihre „Stärkedemonstration“, wie die bürgerliche Presse es bezeichnet, erfolgreich absolviert. Alljährlich führen die katholischen Fundamentalisten eine „Wallfahrt“ – zu Fub - von Chartres in die Hauptstadt Paris durch. Auf der Strecke von circa 80 Kilometern tragen erwachsene Männer dabei schwere Holzkreuze. Am diesjährigen Pfingstwochenende (vom 30. Mai bis 1. Juni 2009) waren die Anhänger erneut annähernd 10.000. Die Behörden hatten ihnen die Genehmigung für einen Aufstieg zu der Kirche Sacré-Coeur –die  zu Ende des 19. Jahrhunderts durch die damalige äuberste Rechte, als „Sühne für die Sünden der Commune de Paris“ und als Zeichen des Triumphs über die Kommune, politisch favorisiert und in Auftrag gegeben worden war –auf dem Hügel Montmarte im Pariser Norden verweigert. Deswegen konnten die katholischen Fundamentalisten nicht ganz Paris in einer Prozession durchziehen, sondern blieben, nach ihrer Ankunft (von Westen her), in der westlichen Innenstadt. Unter freiem Himmel feierten sie dort ihre Messe vor dem Invaliden-Dom, und lieferten der Presse ein paar beeindruckende Bilder von ihrem Aufmarsch. Aus der Prozession heraus interviewte Teilnehmer sprachen sich dafür aus, dass es endlich „einen wirklich katholischen Papst und eine wirklich katholische Regierung“ geben müsse. Die Menschenrechte seien abzulehnen, da der Dekalog (die Zehn Gebote) als Grundgesetz für das menschliche Zusammenleben genüge. Regierende wie Fubvolk hätten gefälligst die Gebote Gottes einzuhalten, wozu das strikte Verbot der Abtreibung gehöre. Dreibigjährige Priester trauerten dort der früheren französischen Monarchie – als mit Gott und der „natürlichen Moral“ im Einklang stehender Herrschaft – nach, während einhellig das „Vordringen des Islam“ in Frankreich (und damit eines konkurrierenden Wahrheits-Anspruchs) beklagt wurde.

Editorische Anmerkungen

Der Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.