Im Januar dieses
Jahres machte die rechtsextreme Strömung aus katholischen
Fundamentalisten, die vor gut zwanzig Jahren unter ihrem
damaligen geistlichen Anführer Marcel Lefebvre (verstorben 1991)
aus der katholischen Amtskirche ausgeschlossen worden war,
erheblich von sich reden. Das damalige Timing lief aus Sicht der
Kirchenoberen in Rom denkbar schlecht. Denn in derselben Woche,
in der bekannt wurde, dass die römisch-katholische Kirche die
Exkommunikation ihrer „Dissidenten“ am rechten Rand aufhebe,
wurden Holocaust leugnende Äußerungen
des fundamentalistischen „Bischofs“ Richard Williamson bekannt.
Der britische, damals in Argentinien lebende Lefebvre-Anhänger
hatte in Interviews offen behauptet, es sei eine Lüge, dass
Juden in Gaskammern ermordet worden seien. Williamson war einer
der vier „Bischöfe“, wegen der unautorisierter „Weihe“ Lefebvre
damals (1988) aus der Amtskirche ausgeschlossen worden war. (Wir
berichteten)
Vor kurzem nun
zogen die Lefebvristen unterdessen eine neue „Provokation“, wie
die Pariser Abendzeitung Le Monde (vom o3. O6. 2009) ihr
Vorhaben qualifizierten, durch. Am Montag, den 29. Juni dieses
Jahres vollzogen die katholischen Fundamentalisten ihren Plan,
an ihrem Hauptsitz im westschweizerischen Ecône acht neue
Priester zu weihen. Die Zeremonie wurde durch ihren derzeitigen
Oberhirten Bernard Fellay durchgeführt. Dies leitet de facto
eine neue Kraftprobe mit der katholischen Amtskirche ein – denn
zwar hat man in Rom zu Anfang des Jahres die Exkommunikation
gegen mehere Anführer der Lefebvristen aufgehoben, aber man hat
ihnen nicht kirchenrechtlich ihre Ämter anerkannt. Das bedeutet,
dass, unter formal kirchenrechtlichen Gesichtspunkten, die
fundamentalistischen „Bischöfe“ zwar nicht länger aus der Kirche
als „Gemeinschaft der Gläubigen“ ausgeschlossen – aber eben auch
keine rechtskräftig amtierenden Bischöfe sind. Insofern besitzen
sie auch keinerlei Vollmacht dazu, etwa Priesterweihen zu
feiern. Abzuwarten bleibt, wie Rom darauf reagieren wird.
Zuvor hatten die
Lefebvristen ihre „Stärkedemonstration“, wie die bürgerliche
Presse es bezeichnet, erfolgreich absolviert. Alljährlich führen
die katholischen Fundamentalisten eine „Wallfahrt“ – zu Fub
- von Chartres in die Hauptstadt Paris durch. Auf der Strecke
von circa 80 Kilometern tragen erwachsene Männer dabei schwere
Holzkreuze. Am diesjährigen Pfingstwochenende (vom 30. Mai bis
1. Juni 2009) waren die Anhänger erneut annähernd 10.000. Die
Behörden hatten ihnen die Genehmigung für einen Aufstieg zu der
Kirche Sacré-Coeur –die zu Ende des 19. Jahrhunderts durch die
damalige äuberste
Rechte, als „Sühne für die Sünden der Commune de Paris“ und als
Zeichen des Triumphs über die Kommune, politisch favorisiert und
in Auftrag gegeben worden war –auf dem Hügel Montmarte im
Pariser Norden verweigert. Deswegen konnten die katholischen
Fundamentalisten nicht ganz Paris in einer Prozession
durchziehen, sondern blieben, nach ihrer Ankunft (von Westen
her), in der westlichen Innenstadt. Unter freiem Himmel feierten
sie dort ihre Messe vor dem Invaliden-Dom, und lieferten der
Presse ein paar beeindruckende Bilder von ihrem Aufmarsch. Aus
der Prozession heraus interviewte Teilnehmer sprachen sich dafür
aus, dass es endlich „einen wirklich katholischen Papst und eine
wirklich katholische Regierung“ geben müsse. Die Menschenrechte
seien abzulehnen, da der Dekalog (die Zehn Gebote) als
Grundgesetz für das menschliche Zusammenleben genüge. Regierende
wie Fubvolk
hätten gefälligst die Gebote Gottes einzuhalten, wozu das
strikte Verbot der Abtreibung gehöre. Dreibigjährige
Priester trauerten dort der früheren französischen Monarchie –
als mit Gott und der „natürlichen Moral“ im Einklang stehender
Herrschaft – nach, während einhellig das „Vordringen des Islam“
in Frankreich (und damit eines konkurrierenden
Wahrheits-Anspruchs) beklagt wurde.
Editorische
Anmerkungen
Der Text
erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.
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