Waffe gegen Linke
Parteiausschlüsse waren in der SPD häufig, doch in der Regel gegen den linken Flügel. Ein Gustav Noske musste keinen Ausschlussantrag befürchten

von Peter Nowak

7/8-08

trend
onlinezeitung

Ungeheuerliches muss in der letzten Woche geschehen sein, wenn man die Reaktionen und vieler Politiker aus SPD, Union und FDP zum Maßstab nimmt. Die Entscheidung der Schiedskommission der nordrhein-westfälischen SPD den Ministerpräsidenten und Bundeswirtschaftsminister a.D. wegen parteischädigenden Verhalten aus der Partei auszuschließen, wird als Angriff auf die Meinungsfreiheit und Gefahr für die Demokratie hingestellt.

Dabei sind Parteiausschlüsse auch prominenter Genossen in der Geschichte der SPD nicht ungewöhnlich gewesen. Doch der Fall Clement eine Besonderheit. Denn in der Regel erfolgten Parteiausschlüsse wegen einer tatsächlichen oder unterstellten Abgrenzung nach links. Wegen einer Regierungspolitik, die dem eigenen Programm widerspricht musste bisher kein Sozialdemokrat sein Parteibuch abgeben. Ein Gustav Noske, der mit dem berüchtigten Satz „Einer muss der Bluthund sein“, die Verantwortung für die gewaltsame Niederschlagung von Arbeiteraufständen in den Jahren 1918/19 die Verantwortung übernommen hatte, musste ebenso wenig ein Ausschlussverfahren fürchten, wie der Berliner Polizeipräsident Zörgiebel, der am 1.Mai 1929 die Polizei auf Berliner Arbeiter schießen ließ und für 33 Tote die Verantwortung übernahm. Sozialdemokraten die die von der SPD unterstützte Parlamentsvorlage für den Fregattenbau ablehnte, verloren hingegen Ende der 20er Jahre ihr SPD-Parteibuch.

Auch nach dem zweiten Weltkrieg blieb es in der SPD bei dem Grundsatz, dass sich Ausschlüsse gegen Linke richten

So gab in den 60er Jahren eine Ausschlusswelle gegen Unterstützer des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS) von dem sich die SPD wegen Linksabweichung getrennt hat. Von den Ausschlüssen waren auch bekannte Professoren wie Wolfgang Abendroth betroffen. Wenn allerdings SPD-Politiker trotz anderslautender Parteibeschlüsse vor Burschenschaften redeten, hatte das nie Konsequenzen.

Antikriegsaktionen waren Ausschlussgrund

In den 70er Jahren reichte eine tatsächliche oder vermutete mangelnde Distanz zur DKP, um aus der SPD ausgeschlossen zu werden. So musste 1977 der damaligen kurzzeitigen Jusovorsitzenden Klaus Uwe Benneter die SPD verlassen, weil er in einem Interview mit der Monatszeitschrift Konkret die Zusammenarbeit mit Kommunisten nicht grundsätzlich ausschließen wollte. 1983 trat er wieder in die SPD und machte dort sogar Karriere. Von 1990 bis 1996 war Benneter als Schatzmeister für die Finanzen der SPD verantwortlich. Heute führt Bennetter als rechtspolitischer Sprecher der SPD ein eher unfälliges Politikerleben. Auch der kürzlich verstorbene Bremer Politologe Detlef Albers musste 1971 die Partei verlassen, weil er gegen das Kooperationsverbot mit der DKP verstoßen haben soll. Der  Ausschluss wurde später in ein zweijähriges Funktionsverbot umgewandelt. Von 1996 bis 2004 war Albers Landesvorsitzender der Bremer SPD, die damals in einer großen Koalition mit der CDU den Stadtstaat regierte. Allerdings sind spätere Karrieren von Ausgeschlossenen eher die Ausnahme.

Die Publizistin Mechthild Jansen und die Professoren Gerhard Kade und Wolfgang Stuby wurden aus der Bundesschiedskommission aus der SPD ausgeschlossen, weil sie sich im Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit auch mit DKP-Mitgliedern gegen den von Helmut Schmidt Nato-Doppelbeschluss engagierten. Sie engagierten sich weiter im Wissenschaftsbetrieb und in sozialen Bewegungen. Der Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Hansen stimmte als Abgeordneter gegen diese Beschlüsse und wurde, obwohl nur seinem Gewissen verantwortlich, ebenfalls ausgeschlossen. Dem Publizisten und langjährigen Vorsitzenden des gewerkschaftlich organisierten Schriftsteller Bernt Engelmann trug ein Aufruf gemeinsam mit Kommunisten ein Parteiausschlussverfahren ein.

Neue Ausschlussgründe

Mit dem Aufkommen der PDS und später der Linken kamen neue Ausschlussgründe für kritische SPD-Genossen hinzu.

Vor allem in Hessen mit seinen traditionell starken linken Flügel mussten in den letzten Jahren mehrere SPD-Politiker aus der zweiten Reihe wegen Unterstützung der PDS die Partei verlassen oder kamen durch Austritt einem Ausschluss zuvor.

Auch der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef von Larcher verlor im Frühjahr 2008 sein Parteibuch, weil er in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) eine Wahl der Linken als Unterstützung für die Linken in der SPD bezeichnet hatte. Kritische Stimmen aus dem Parteivorstand waren damals als beim Fall Clement damals nicht zu hören.
 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor.