Die Genossin Rosa Pazos ermordet in ihrem Haus in Sevilla

Von "Libertarian Press Agency - Berlin" <lpa@free.de>

7/8-08

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Am 11. Juli wurde die Anarchistin und transsexuelle Aktivistin aus Sevilla, Rosa Pazos, erstochen. In Erwartung weiterer Informationen über das Geschehene wollen wir, ihre GenossInnen, folgendes mitteilen:

Rosa war eine von den Militanten, die die CNT liebte. Sie kam in das Gewerkschaftslokal und fing still an, Arbeiten zu erledigen. Sie putzte, räumte auf, malte Transpis..., sie war immer hilfsbereit. Sie steckte so viel mehr Liebe in ihre Arbeit als viele andere von uns.

Als wir gemeinsam arbeiteten, habe ich mich sehr gerne mit ihr unterhalten, dabei berichtete sie über ihre Erfahrungen und erzählte über ihre Welt, die mir völlig fremd war. Ich war erstaunt, als sie von Verfolgungen berichtete. Ich wusste, dass es Leute gab, die sie verachteten, die versucht haben, sie anzugreifen; aber nie glaubte ich, dass es so schlimm wird.

Transsexuell und Anarchistin, einen schwierigeren Weg hätte sie sich nicht aussuchen können. Menschen, die zeigen, dass Sachen anders gemacht werden können, verursachen ANGST. Wir machen denen ANGST, die sich dem Stand der Dinge anpassen (in gender, Sexualität, Politik oder in wirtschaftlichem Sinn), gleichermaßen Unterdrückte wie Unterdrücker, weil sie Angst davor haben, von einer besseren Welt zu TRÄUMEN. Eine Welt, in der sich jedeR frei aussuchen kann, was für einen Beruf sie/er ausüben will oder was für eine Sexualität sie/er ausleben möchte. Und Angst erzeugt Gewalt. Gewalt, wie Rosa sie immer erfahren hat.

Auf dieser in Sichten geteilten Welt war Rosa als Transsexuelle nicht auf der niedrigsten Stufe, sondern noch weiter unten. Rosa wurde auf Grund ihres Aussehens und ihrer Wünsche verfolgt. Sie wünschte sich, eine Frau zu sein. Sie wünschte sich so sehr zu erfahren, wie es sich anfühlt, Kinder zu haben, sie zu stillen oder die Menstruation zu haben ...

Rosa hatte irgendwie eine sehr ungewöhnliche Denkweise, sie drückte ihre Gedanken nicht linear aus. Ihre Plakate haben mich sehr beeindruckt, sie sahen aus wie Kunstwerke, die ihre komplizierte Innenwelt ausgedrückt haben. Unabhängig vom Thema, das sie behandelt haben - Repression, Anarchismus, Transsexualität - sie haben alle ihre persönliche Handschrift verraten. Manchmal, als sie mir Sachen erzählte, war ich ziemlich verblüfft. Leider habe ich sie manchmal nicht verstanden und konnte ihr nur höflich zuhören.

Ein Mensch mit einer so besonderen Sensibilität, die sie mit keinen oder nur sehr wenigen Leuten teilen kann, muss sehr leiden. Denn es sind die Gefühle, die wir mit anderen Menschen teilen, die uns glauben lassen, nicht allein zu sein. Meiner Meinung nach war es dieses Leiden, das sie so anders erscheinen ließ. Egal wie groß ihr Leiden, ihr Schmerz und die Hoffnungslosigkeit waren, sie war nicht funktional, sie war nicht normal, sie passte sich nicht an. Aus diesem Grund wurde sie entlassen.

Die Zeitungen sagen, sie war schizophren. Ich wusste davon nichts. In meiner Anwesenheit hatte sie kein Delirium, oder hat nie erzählt, dass sie Stimmen hört oder dass sie komische Befehle erhalten würde. Sie hat mich nie mit Zwangsvorstellungen genervt, unter denen die Menschen leiden, die als solche bezeichnet werden. Sie hat Ihre Mutter gepflegt. Die Menschen, die unter Schizophrenie leiden, brauchen selber Pflege und sind nicht in der Lage, auf andere aufzupassen. Sie hat nie jemanden angeschrien. Ganz im Gegenteil, sie war immer hilfsbereit.

Sie erzählte mir, dass die Psychiater von der Krankenkasse an ihren Fähigkeiten und an ihrem Willen Zweifel geäußert hatten. Aber ich, als Nichtspezialist, kann nur eines sagen: was Rosa betrifft, sind alle diese Berichte von Sachverständigen und Spezialisten nur ein großer Scheißhaufen. Mentale Probleme haben wir hier alle. Man muss sich nur die Mächtigen und Politiker dieser Welt anschauen um zu sehen, dass sie lügen, morden, vergewaltigen, entführen und vernichten, ohne dass irgendwelche Sachverständigen über sie Berichte schreiben.

Ihre Anzeigen wegen Verfolgungen in der Nachbarschaft finde ich sehr glaubwürdig. Ein Mensch wie Rosa, der vom Weitem erkennbar ist, der sich völlig friedlich und freundlich verhält, ist leider nur Kanonenfutter für widerwärtige Wesen und Unmenschen, die ihren Spaß daran finden, anderen Schaden zuzufügen, die sich nicht wehren können oder allein sind.

Mal sehen, was jetzt die Polizei zu berichten hat, die ihre Anzeigen systematisch zu den Akten legte, über eine Frau, die weder rauchte noch Alkohol oder Drogen zu sich nahm. Weswegen hat sie denn Anzeige erstattet? Weil sie ausgelacht wurde, verfolgt, weil sie am Telefon und über ihre Klingelanlage belästigt und beschimpft wurde, weil sie Morddrohungen erhielt. Jetzt ist sie tot. Erstochen in ihrer eigenen Wohnung. Wie es aussieht, hat die für verrückt erklärte Rosa am Ende recht behalten.

Wir werden sie nicht vergessen.
 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir von der Libertarian Press Agency - Berlin

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