Inflation, Verarmung und Chauvinismus in Serbien

Von Max Brym

7/8-08

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Die serbischen Chauvinismen geben vor, mit ihrer Politik den Menschen in Serbien zu dienen. Nichts ist aber weniger wahr, als diese Behauptung. Serbien wird dominiert von einer politischen Mafia, welche das Land in den wirtschaftlichen Ruin zugunsten großer Investoren und der örtlichen Kapitalisten treibt.

Damit die Arbeiter und Bauern in Serbien nicht auf den notwendigen sozialen Widerstand setzen, wird der altbekannte Nationalismus in der - Kosova Frage- am Leben erhalten und in immer neuen Facetten durchgespielt. Das Leben für die einfachen Menschen in Serbien wird in der Realität jedoch immer unerträglicher.

Die Arbeitslosigkeit liegt bei offiziell knapp 40% und die Löhne und Gehälter werden systematisch gesenkt und entwertet. Wie der Ausverkauf der sozialen Rechte der serbischen Arbeiter läuft, zeigt exemplarisch die Investition des  deutschen Autozulieferers Dräxlmaier. Die Hauptargumente für Investitionen in Serbien durch die Firma sind eine Körperschaftsteuer von nur zehn Prozent und geringe Arbeitskosten. Bei 260 Euro liegt etwa das Startgehalt, das der deutsche Autozulieferer Dräxlmaier Arbeitern in seinem gerade eröffneten Werk im nordserbischen Zrenjanin zahlt. Bislang produzierte das Unternehmen Kabelbäume für BMW im rumänischen Temesvar. Doch mit Rumäniens EU-Beitritt stiegen die Löhne, Arbeitskräfte wurden knapp. Deshalb verlagerte Dräxlmaier einen Teil seiner Produktion ins nur 90 Kilometer entfernte Zrenjanin.

Die niedrigen Löhne und die günstigen Steuersätze bewegen Firmen in Serbien zu investieren. Fast jede Investition ist mit Arbeitsplatzabbau, Lohnstopp und gesteigerter Arbeitshetze verbunden. Die serbische Regierung baut massiv soziale Leistungen, bei den Pensionierten und im Gesundheitswesen ab. Dafür wird die serbische Regierung unter Boris Tadic als pro westlich in den deutschen bürgerlichen Medien abgefeiert. Die Arbeiter verarmen auch zunehmend durch die steigende Inflation.

In Serbien klettert die Inflation deutlich stärker als geplant. Sie werde bis zum Jahresende „rund 15 Prozent erreichen“, erklärte das Marktforschungsinstitut IZIT am Donnerstag in Belgrad. Der Grund für die galoppierende Inflation „liege neben den weltweiten Einflüssen wie steigenden Energiepreisen im ausufernden öffentlichen Verbrauch und in den vielen Wirtschaftsmonopolen im Land“, erklärten die Experten dieses Institutes weiter.

Für die serbische Mafia ist das jedoch kein großes Problem, für die Arbeiter und Bauern hingegen schon. Zügig wird in Serbien privatisiert, für einen Apfel und ein Ei werden wichtige Betriebe verscheuert. Dazu gehört neben der kürzlich vereinbarten Mehrheitsübernahme des Autobauers Zastava durch Fiat auch das Städtchen Indjija in der nördlichen Provinz Wojwodina. Vor einer EU-Flagge empfängt hier der bullige Bürgermeister Goran Jesic, Vertreter von westlichen Firmen. Rund 300 Mio. Euro wurden schon investiert. Auch Henkel nahm hier 2007 ein Klebstoffwerk in Betrieb.

Mit Niedrigsteuern und exklusivem Zugang zum russischen Markt will Serbien die nächste Boomregion in Südosteuropa werden. Dies alles funktioniert nur wenn die Arbeiter stillhalten. Deshalb ist der Chauvinismus in der - Kosova Frage- für jede bürgerliche serbische Regierung existentiell notwendig. Der -Amselfeld Mythos- soll die Gehirne der Menschen vernebeln.

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.