Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

„La méthode Sarkozy“
Der französische Präsident macht durch Aktivismus auf sich aufmerksam. Innenpolitisch und jetzt auch in Libyen
 
7-8/07

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Nicolas Sarkozy kann jetzt mehr denn je den Superstar spielen. An diesem Mittwoch (25. Juli) wird er nach Libyen reisen und dort in der Stadt Syrte mit dem seit 1969 amtierenden Staatschef bzw. „Revolutionsführer“ Muammar Kaddafi zusammentreffen. Am Vortag hatte eine französische Präsidentenmaschine -- es handelt sich um ein Flugzeug des Präsidialamts vom Typ Airbus 317 – fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensisch-bulgarischen Arzt von Tripolis nach Sofia transportiert. Alle sechs waren seit Februar 1999 in libyscher Haft gewesen und unter dem Vorwurf, über 400 Kinder im Krankenhaus von Benghazi bewusst mit dem AIDS-Virus infiziert zu haben, angeklagt und zum Tode verurteilt worden. Sie hatten Gefängnis und Folter durchgemacht und waren schlussendlich zum Spielball diplomatischer Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem libyschen Staat geworden.

Was als eine Variante der in der politischen Landschaft arabischer Länder oftmals beliebten Verschwörungstheorie vom „ausländischen Komplott“ begonnen hatte, endete als multilateraler Deal. Bei ihm ging es um Finanzen, Technologietransfer, eine verbesserte Anerkennung des libyschen Regimes – das sich bereits Ende 2003 mit den US-amerikanischen und britischen Regierenden „aussöhnen“ konnte. Und auch um die Eingliederung Libyens in die europäische Politik der Abwehr unerwünschter Immigranten und Flüchtlinge. So spricht die Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ in ihrer Mittwochsausgabe von einem sich anbahnenden Abkommen zwischen Tripolis und der EU, worin es um einen effizienteren „Kampf gegen illegale Einwanderung“, Handelserleichterungen sowie Hilfe auf dem Sektor der Archäologie gehen soll. Einen noch brisanteren Punkt spricht unterdessen ein Kommuniqué des französischen „Netzwerks Atomausstieg“ (Réseau Sortir du nucléaire) vom Dienstag Nachmittag an. Demnach habe Sarkozy einen „nicht zu rechtfertigenden atomaren Tauschhandel“ mit dem Regime Kaddafis abgeschlossen und diesem die Lieferung ziviler Nukleartechnologie zugesagt. Die Gruppe von Atomkraftgegnern, deren Pressemitteilung durch die Nachrichtenagentur Reuters übernommen wurde, nennt den von ihr ausgemachten Deal „verantwortungslos“. Tatsächlich bestätigte der französische Atomkonzern Areva (früher COGEMA) am Dienstag, in jüngster Zeit durch Libyen um die Lieferung von Material und Technologie angefragt worden zu sein. (FUSSNOTE 1 )

Mögen diese Informationen nun stimmen oder nicht – fest steht, dass die französiche Staatsspitze es verstanden hat, die Affäre um die festgehaltenen Krankenschwestern und den palästinensischen Arzt (dem Bulgarien im Juni dieses Jahres seine Staatsbürgerschaft verliehen hatte) zu eigenen Publicityzwecken zu nutzen. Denn die Auflösung der Affäre hatte bereits vor der Amtsübernahme Nicolas Sarkozys in Paris begonnen, so hatten sich besonders die britische (2005) und die deutsche (2007) Ratspräsidentschaft der EU auf dem Verhandlungswege für eine Freilassung der Inhaftierten eingesetzt. Und bis dahin hatte der französische Staat nicht sonderlich viel mit dieser Angelegenheit zu tun. Doch Sarkozy brachte die Rede darauf in seiner Ansprache am Abend seiner Wahl, dem 6. Mai 2007, als die Verhandlungen bereits recht weit gediehen gewesen sein dürften.

In letzter Minute sprang das von Nicolas Sarkozy geführte Frankreich, so hat es den Anschein, auf den fahrenden Zug auf. Zudem wurde die Präsidentengattin Cécilia Sarkozy zwei mal als „persönliche Emissärin“ ihres Mannes aktiv. Ihre erste Reise nach Libyen am 12. Juli soll in Brüssel noch ziemlichen Ärger hervorgerufen haben, den sie bei ihrem zweiten Abstecher nach Tripolis ab vergangenem Sonntag zu lindern verstand, indem sie die EU-Außenkommissarin (und frühere österreichische Außenministerin) Benita Ferrero-Waldner auf ihren Trip mitnahm. Doch verfügt die Dame aus Neuilly-sur-Seine über keinerlei demokratische Legitimation, weder durch Wahl noch durch demokratisches Verfahren. Ihre einzige offizielle Qualität ist die, Ehefrau des Gewählten Sarkozy zu sein. Deswegen hat der französische Sozialistenpolitiker und Ex-Minister Pierre Moscovici auch darin Recht, folgenden Unterschied aufzumachen: „Wenn es sich um eine humanitäre Affäre handelt, dann bewegt sich (die First Lady) innerhalb ihrer Rolle. Handelt es sich aber um eine politische Affäre, dann missbillige ich die gewählte diplomatische Methode ausdrücklich.“

In jedem Falle wirft das Hau- Ruck-Verfahren, das die französische Staatsführung mutmaßlich betrieben hat, um sich selbst in den Mittelpunkt dieser Affäre zu befördern, sichtbar Fragen auf. Auch wenn es selbstverständlich im Ergebnis nur begrüßt werden kann, dass die sechs Gefangenen endlich aus libyscher Haft freikommen konnten. Auch fragt sich nur, welche politischen Gegenleistungen ihre Freilassung konditioniert haben – wäre es „nur“ um Geldsummen gegangen (FUSSNOTE 2 ), so wäre dies ja noch vergleichsweise beruhigend.

Auch innenpolitisch macht Nicolas Sarkozy durch seinen rast- und ruhelosen Aktivismus auf sich aufmerksam, der die Opposition kaum zur Besinnung kommen, ja nicht einmal Atem schöpfen lässt. Zumal er die größte Oppositionspartei, die französische Sozialdemokratie, erfolgreich rupfen konnte wie ein Suppenhuhn: Er warb der in jämmerlichem Zustand befindlichen Partei einfach einige ihrer führenden Köpfe ab, indem er ihnen lukrative Posten und Jobs anbot. Letzte Trouvaillen sind die Beförderung des sozialistischen Ex-Kulturministers Jack Lang zum Mitglied einer hochoffiziellen Kommission , die über eine „Reform der Institutionen“ nachdenken soll, im Sinne eines Übergangs zu einer noch stärker akzentuierten Präsidialrepublik – und die Unterstützung Sarkozys für die Kandidatur von Dominique Strauss-Kahn, sozialliberaler Wirtschaftsminister von 1997 bis 99, für das Amt des Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF).


Verheißung oder Drohung?

Eines wird man dem neuen Präsidenten bei alledem nicht vorwerfen können: Dass er nicht Wort hielte und sich bequem auf seinen Lorbeeren ausruhe, seitdem er ins Amt gewählt worden ist. Tatsächlich ist der Mann drauf und dran, einen Gutteil seiner Ankündigungen aus dem Wahlkampf in die Tat umzusetzen. Ein Teil des französischen Publikums freut sich über eine solche Einlösung abgegebener Versprechen, während ein anderer Teil die Nachricht eher als handfeste Drohung auffasst. In jedem Falle sind die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung derzeit dabei, den ganzen Monat Juli über – während sonst längst die parlamentarischen Sommerferien begonnen hätten – zu einer Sondersitzungsperiode zusammenzutreten. Es dreht sich darum, ein ganzes Paket von Gesetzesentwürfen in Windeseile noch vor dem Abgang in den Urlaub in drei Lesungen durchzuwinken.

Eine passende Gelegenheit, zu prüfen, ob die in Sarkozy gesetzten Hoffnungen respektive Befürchtungen aus dem Frühjahr, als der Mann noch konservativer Präsidentschaftskandidat war, fundiert waren oder nicht.

Zunächst ein kurzer Rückblick: Die Methode ist nicht gänzlich neu. Schon im Juli 2002 und 2003 hatten, unter der damaligen konservativen Regierung von Jean-Pierre Raffarin, solche sommerlichen Sitzungsperioden stattgefunden. Damals ging es darum, im ersten Jahr die Maßnahmen zur „Inneren Sicherheit“ und im zweiteren Falle die so genannte Rentenreform des damaligen Sozialministers – und jetzigen Premiers – François Fillon zu verabschieden. Die letztgenannte Reform, die in jenem Jahr über zwei Monate lang auf erbitterte soziale Widerstände und Massenproteste gestoßen war (am 26. Mai 2003 demonstrierten frankreichweit eine Millon Menschen dagegen), konnte auf diesem Wege während der Urlaubsperiode und nach Erschöpfung der Demonstranten durchgedrückt werden. Die Vorlage wurde am 24. Juli 2003 angenommen. Sie hebt die Anzahl der Beitragsjahre zur Rentenkasse, die erforderlich sind, um eine Pension zum vollen Satz beziehen zu können, von zuvor 37,5 bzw. 40 Jahren (je nach Beschäftigtenkategorie) auf künftig 42,5 Jahre an. Bei der heutigen Länge von Studien-, Ausbildungszeiten und Phasen der Arbeitssuche lässt sich leicht ausmalen, wie hoch der Anteil derjenigen ist, die in Zukunft diese Anforderung nicht mehr erfüllen werden und deshalb mehr oder minder hohe Abschläge an ihrer Rente werden hinnehmen müssen. Im Oktober des nächsten Jahres soll diese „Reform“ nunmehr einer Bilanz unterzogen, und eventuell an einzelnen Punkten überarbeitet werden – im Sinne einer besseren sozialen Abfederung oder aber auch einer wirtschafsliberalen Verschärfung. Da der amtierende Regierungschef, unter dessen Fittichen die Bilanzierung stattfinden wird, identisch ist mit dem damals für die Reform verantwortlichen Minister, dürfte es kaum zu Überraschungen kommen.

Aber im Unterschied zu den Sondersitzungen von 2002 und 2003 betreffen die neuen Gesetze und Beschlüsse, die während der diesjährigen Sommerpause verabschiedet werden sollen, eine breite Themenpalette. Als erstes Maßnahmenbündel berieten die Abgeordneten der Nationalversammlung – des parlamentarischen Unterhauses, das im Streitfall das letzte Wort gegenüber dem Senat oder Oberhaus behält - seit dem 10. Juli über das Gesetzespaket zu „Arbeit, Beschäftigung und Kaufkraft“, abgekürzt TEPA. Dieses ist inzwischen, in der Nacht zum 17. Juli, in erster Lesung, verabschiedet worden. Am selben Tag wurde den Abgeordneten der Nationalversammlung zum Jugendstrafrecht und zur Behandlung von Mehrfachstraftätern vor, das bereits im Senat, dem parlamentarischen „Oberhaus“, angenommen worden war. Üblicherweise werden Gesetzestexte zuerst in der Nationalversammlung debattiert, also im „Unterhaus“, das im Streitfalle – wenn trotz Vermittlungsversuchen keine Einigkeit zwischen beiden Kammern hergestellt werden kann – ohnehin das letzte Wort behält. Aber die Regierung hat in diesem Sommer das Eilverfahren gewählt, das es erlaubt, einige sonst geltende Verfahrensregeln über den Haufen zu werfen. So sollen alle Vorlagen noch im Juli bis in dritter und abschließender Lesung angenommen werden. Um dies zu erreichen, wurden einige Vorlagen zuerst im Senat beraten, um sie im Anschluss an die Nationalversammlung weiterzureichen.

Neoliberale Hochschulreform

Gesetzgeberischer Aktivismus wird so auch die soeben begonnene letzte Juliwoche bestimmen: Am Montag fing die Beratung über das neue Hochschulgesetz an, das eine „Autonomie der Universitäten“ auf den Weg bringen soll und von der zuständigen Ministerin Valérie Pécresse (UMP) ausgearbeitet wurde. Hinter dem Begriff der Autonomie verbirgt sich dabei vor allem eine verstärkte Selbstständigkeit der Präsidenten, die an der Spitze der französischen Hochschulen stehen, nicht etwa studentischer oder wissenschaftlicher Selbstverwaltungsgremien.

Jede Universität soll künftig ihr Finanzbudget und eigenes Vermögen verwalten, Drittmittel etwa auch aus der Privatwirtschaft anwerben und durch freie Aushandlung von Honoraren und Gehältern auch begehrte hochqualifizierte Lehrkräfte wie auf dem freien Markt anwerben können. Befürchtet wird dabei allgemein, dass es zu verstärkten Ungleichheiten zwischen „ärmeren“ und „reicheren“ Etablissements kommen werde. Anfänglich führte dieses Vorhaben, im Laufe des Juni, noch zu erheblichen Protesten. Diesen versuchte Hochschulministerin Pécresse, einigen Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie gewisse „Zugeständnisse“ ankündigte. So begegnete sie dem Vorwurf, künftig werde es ein Zwei-Klassen-System aus Hochschulen, die „autonom“ geworden sind, und solchen, die weiterhin vom Staat unterhalten werden, geben. Ihm steuerte sie gegen, indem die Gesetzesvorlage nunmehr anordnet, sämtliche Universitäten gleichermaßen müssten sich bis in fünf Jahren dem neuen Regime der „Autonomie“ unterstellen. Dies dürfte die Reform allerdings eher verschlimmerbessern. Zudem rückte sie vom bisherigen Verteilungsmodus der Sitze in den künftigen Vorständen der Hochschulen ab: Statt drei studentischen Vertretern bei 20 Sitzen sollen es nunmehr „drei bis fünf“ studentische Vertreter bei einer Gesamtzahl von „20 bis 30“ Mitgliedern des Gremiums werden. Dies, „um der unterschiedlichen Größen der Universitäten Rechnung zu tragen“. An den Proportionen bei der Sitzeverteilung ändert sich dadurch freilich nichts. Der Protest schwächte sich freilich ab, nachdem die Medien unisono vermeldet hatten, die Regierung habe nunmehr eine Kompromissregelung gewählt. Aber die Studierendengewerkschaft UNEF erklärte nun am Dienstag dieser Woche, der in der Debatte befindliche Gesetzentwurf sei „unakzeptabel“.

„Arbeit, Beschäftigung und Kaufkraft“: Steuergeschenke für die obersten Einkommensklassen

Hinter dem Kürzel „TEPA“ verbergen sich auf der einen Seite der Plan, Überstunden zu erleichtern, indem sie künftig von Steuern (für die abhängig Beschäftigten) und von Sozialabgaben (für die Unternehmen) befreit werden. Dies soll für die Lohnabhängigen umso attraktiver erscheinen, als die Geringverdiener unter ihnen am Monatsende immer weniger über die Runde kommen. Dazu passt haargenau „wie die Faust aufs Auge“, dass die von Nicolas Sarkozy eingesetzte Regieung jegliche über den obligatorisch vorgeschriebenen Inflationsausgleich hinausgehende Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns (SMIC) zum 1. Juli abgelehnt hat. (FUSSNOTE 3 )

Auf der anderen Seite geht es um steuerliche Maßnahmen, Kritiker nennen sie Steuergeschenke an Besser- und Bestverdienende. Insbesondere wird nunmehr ein so genanntes „steuerliches Schutzschild“ (bouclier fiscal) eingeführt, das es Vermögensbesitzern und Großverdienern erlauben soll, den Ansprüchen des Fiskus besser zu widerstehen. Die Idee ist folgende: Personen, die bereits Millionäre sind und daneben Einnahmen etwa aus Managergehältern oder Kapitaleinkünften beziehen, fallen bisher unter die Großvermögenssteuer (ISF, „Solidaritätssteuer auf Vermögen“). Da diese sich zur üblichen Einkommenssteuer addiert, kann es vorkommen, dass ein beträchtlicher Teil der zusätzlichen Neueinnahmen – nicht des bereits angehäuften Vermögens – abgeführt werden muss. Dem möchte die Regierung nun ein Ende setzen.

Noch im Vorjahr hatte das konservative Vorgängerkabinett unter dem damaligen Dominique de Villepin eine Begrenzung der fiskalen Abgaben für diesen Personenkreis eingeführt: Nicht mehr als 60 Prozent der Neueinkünfte sollen, alle Steuerarten zusammengezählt, abgeführt werden können. Ausgenommen bliben dabei aber ausdrücklich die beiden Sondersteuern CSG (Allgemeiner Sozialbeitrag) und CRDS (Beitrag zur Abzahlung der sozialen Schulden), die 1990 bzw. 1995 eingeführt worden waren, um die Sozialversicherungskassen – bei gleichzeitiger fortschreitender Entlastung der Unternehmen – durch die Steuerzahler sanieren zu lassen. Die CSG war unter dem soziallliberalen Preministerminister Michel Rocard, der eine Minderheitsregierung anführte, in einem Stimmbündnis mit den Konservativen und gegen das Votum der (ansonsten damals oft mit den Sozialisten stimmenden) KP eingeführt worden, und die CRDS geht auf den konservativen Premierminister Alain Juppé zurück. Die besondere Natur dieser beiden Steuern liegt darin, dass sie unabhängig vom Lohn- und Gehaltseinkommen liegen. Das bedeutet, dass sie auch sowohl auf Kapital- und Mieteinkünfte als auch auf die Einkommen von Rentnern und Arbeitslosen, sofern sie ein bestimmtes Minimum überschreiten, erhoben werden.

Nunmehr möchten Sarkozy und Fillon jedoch die Großverdiener ausdrücklich auch gegen diese beiden Sondersteuern schützen. Die neue Regel, die wesentlich radikaler ausfällt als die 2006 durch die Konservativen angenommene Steuerreform, lautet: Nicht mehr als 50 Prozent (statt bisher 60) der Neueinkünfte dürfen abgeführt werden (FUSSNOTE 4 ). Und sowohl die CSG als auch die CRDS sollen in diese 50-Prozent-Regelung bereits einberechnet werden. Das läuft in der Praxis darauf hinaus, dass zwar Arbeitslose und Rentner der Sondersteuer nicht entfliehen können, wohl aber Vermögensbesitzer. Aufgrund der Einbeziehung der beiden „Sozialsteuern“ in das „steuerliche Schutzschild“ bedeutet dies, dass die sonstige Steuerlast – ohne CSG und CRDS – beim Spitzensatz für die höchsten Einkommen nicht über 39 Prozent liegen wird.

Unterdessen berichtete die Pariser Wochenzeitung ‚Le Canard enchaîné’ Mitte Juli, dass die CSG ab Januar 2008 voraussichtlich noch erhöhen werden soll. Dies ist aber inzwichen – am 18. Juli – durch Haushaltsminister Eric Woerth dementiert worden, wobei das Dementi eher lau ausfällt („kurzfristig“ sei keine solche Erhöhung geplant). Und am Montag, 23. Juli berichtete die Wirtschaftstageszeitung ‚La Tribune’, der französische Senat spreche sich für die Erhöhun der anderen Sondersteuer – der CRDS – aus. Über kurz oder lang werden also die Steuerzahler allgemein wohl für den Ausgleich der Defizite der Sozialsysteme erneut zur Kasse gebeten werden; nur die Superreichen werden dabei ganz speziell über ihr „Schutzschild“ verfügen.

Dies führt derzeit auch innerhalb des bürgerlichen Lagers zu Spannungen, da ein Teil der konservativen Abgeordneten – wie auch die Europäische Union – dagegen die Imperative von Sparpolitik und Reduzierung es Haushaltsdefizits geltend machen. Doch davon ließen sich Sarkozy und Fillon nicht beirren, der neue Präsident plädierte vielmehr höchstpersönlich am 8. Juli in Brüssel vor den versammelten Finanzministern der Union (der so genannten „Eurogroupe“) für eine Verschiebung der Defizit-Reduzierung auf „so bald wie möglich“. Statt im Jahr 2010 soll das Ziel, das jährliche Haushaltsdefizit der EU-Mitgliedsländer auf Null zu reduzieren, nachdem der Maastricht-Vertrag eine Obergrenze von drei Prozent eingeführt hatte, nun erst 2012 vorgeblich erreicht werden.

Die Pariser Abendzeitung Le Monde berechnete unterdessen, dass rund 250.000 Haushalte aus den obersten Einkommensbereichen von den Steuergeschenken profitieren und rund 800 Millionen Euro einstreichen werden. Davon kassieren aber die 13.000 bestsituierten Steuerhaushalte allein 583 Millionen. Offenkundig wird versucht, die Wirtschaft durch den Konsum der Schwerreichen anzukurbeln. Premierminister François Fillon spricht von einem „Vertrauensschock“ (choc de confiance), der dazu führen solle, dass die Inhaber von Kapitalien oder großer Sparguthaben diese vertrauensvoll in Frankreich investieren werden. Dafür müsste ihnen zunächst einmal die günstigst möglichen Bedingungen bereitet werden. Dieses Paradigma ähnelt dem der einstmals von Präsident Ronald Reagan ausgerufenen „Konservativen Revolution“ in den USA. Letztere konnte freilich dem von ihr angerichteten ökonomischen Schlamassel durch einen so genannten „Rüstungskeynianismus“ entfliehen, also durch massive staatliche Investititionen zur Ankurbelung der Rüstungsindustrie und der von ihr abhängigen oder beeinflussten Wirtschaftssektoren. Deren Anteil an der Gesamtökonomie ist jedoch in Frankreich nicht so hoch wie jener des „militärisch-industriellen Komplexes“ (Eisenhower) in den USA.

Hartes Vorgehen gegen Straftäter

Weniger mit Samthandschuhen angefasst werden unterdessen Straftäter und Ausländer. Für Erstere führte die neue Vorlage von Justizminiserin Dati nunmehr Mindeststrafen ein, falls sie – durch die Begehung derselben Straftat wie beim ersten Mal – rückfällig werden. Bislang kennt das französische Strafrecht nur Höchststrafen, ansonsten entscheidet der Richter unter Würdigung der Gesamtumstände sowie eines Persönlichkeitsbilds über das Strafmaß. 16- und 17jährige Jugendliche sollen ab der zweiten „Rückfalltat“ automatisch dem schärferen Erwachsenenstrafrecht unterliegen. Bislang garantierte die Anwendung des Jugendstrafrechts – welche die Norm darstellte, während die Unterstellung unter das Erwachsenenstrafrecht in begründeten Ausnahmefällen möglich war – den Betreffenden eine besondere Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und ihres Werdegangs, familiären Hintergrunds oder sozialen Umfelds, sowie eine Reduzierung der verhängbaren Höchststrafen um die Hälfte.

In beiden Fällen, bei den Mindeststrafen und bei Jugendlichen, soll der Richter aber auch künftig in Ausnahmefällen und mit spezieller Begründung von den neuen Regeln abweichen können. Andernfalls, hätten die Gerichte also keinerlei minmalen Ermessensspielraum mehr eingeräumt bekommen, wäre die Reform auch verfassungswidrig gewesen. Höchst fraglich ist jedoch, ob diese Regelung, die eine besondere schriftliche Begründung voraussetzt, oft Anwendung finden wird. Da die Justiz sich bereits heute über Arbeitsüberlastung, zu hohen Andrang, Personalmangel und sich einen anhäufenden „Verfahrensberg“ beklagt, werden die Richter wohl in der Regel kaum Zeit für die Begründung von Ausnahmesituationen aufbringen können.

Offenkundiges Ziel ist es, die Knäste aufzufüllen, obwohl diese mit derzeit 61.000 Insassen für offiziell 50.000 Plätze bereits überfüllt sind. Dazu passt, dass Präsident Sarkozy, unter Bruch einer alten Tradition der Präsidenten (und vor ihnen der französischen Monarchen), keinen Gnadenerlass für Häftlinge zum Nationalfeiertag am 14. Juli unterzeichnet hat. In den kommenden Jahren wird das Problem des Platzmangels in den Haftanstalten theoretisch dadurch eine Linderung erfahren, dass das 2002 durch die konservative Regierung in Auftrag gegebene Gefängnisbauprogramm – das über 10.000 zusätzliche Haftplätze vorsieht – erste Ergebnisse bringen wird. Theoretisch. Denn in der Praxis erweist sich, dass jede Erhöhung der Zahl zur Verfügung stehender Gefängnisplätze auch dazu führt, dass die Richter um so leichter Haftstrafen ohne Bewährung aussprechen und umso leichter die Verwahrung von Verdächtigen in der Untersuchungshaft anordnen. Die Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ veröffentlichte am Wochenende des 14. Juli einen „Alarmruf“ der Gewerschaften des Gefängnispersonals und prognostizierte, bis im Jahr 2007 werde die Anzahl der Insassen französischer Haftanstalten auf 80.000 wachsen.

Sortierung von Einwanderung nach ökonomischer Nützlichkeit

Im Wahlkampf hatte Nicolas Sarkozy lautstark versprochen, sich um die „nationale Identität“ zu kümmern. Sein Schutzversprechen für die bedrohte Identität ging zwar eine merkwürdige Mischung mit einem anderen Diskurs des Kandidaten Sarkozy ein – dem wirtschaftsliberalen Register der „Öffnung zur Welt“, das in Wirklichkeit vor allem auf die Herstellung nationaler Wettbewerbsfähigkeit für den Standortstaat Frankreich abzielte -, war aber durchaus ernst gemeint. Vor Arbeitern im Krisenbezirk der Ardennen versprach Sarkozy im Dezember Schutz vor den bedrohlichen äußeren Mächten und den Gefahren, die der französischen Identität drohten – und vor jungen Aufsteigern französischer Herkunft in London, die dort Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten im Paradies der neoliberalen Deregulierung nachjagen, beschwor er im Februar die Notwendigkeit der wettbewerberischen „Weltoffenheit“. Dieses Amalgam machte die Erfolgsgrundlage des Präsidentschaftskandidaten Sarkozy aus.
Es blieb nicht bei leeren Versprechen. Bei der Regierungsbildung im Mai dieses Jahres, unter dem frisch ernannten Premierminister François Fillon, wurde ein eigenes Ministerium geschaffen, das laut amtlicher Bezeichnung für „Zuwanderung, Integration, nationale Identität und co-développement“ – unter letzterem Begriff, wörtlich „gemeinsame Entwicklung“, werden die Beziehungen zu den Herkunftsländern von Einwanderern gefasst - zuständig ist. Der offizielle Titel ist ein Bandwurmname, doch real hat sich in den Medien und im Politikerjargon längst die kürzere Bezeichnung „Ministerium für Immigration und nationale Identität“ zuständig. Besetzt wurde es mit dem konservativen Hardliner Brice Hortefeux, seit 30 Jahren ein persönlicher Freund Nicolas Sarkozys und sein früherer Berater im Innenministerium.
Nicolas Sarkozys Herangehen an die Einwanderung ist vor allem von Utilitarismus geprägt, also von der Fragestellung, wessen Aufenthalt in Frankreich aus Sicht des Staates und der nationalen Wettbewerbsfähigkeit nützlich ist - und wer umgekehrt kein Lebensrecht auf französischem Boden haben soll. Der Mann hält sich nicht lange mit Blut und Boden-Schimären auf, auch wenn er deren Anhänger mit seinen markigen Sprüchen und seinem angeblich „politischen Voluntarismus“ ausstrahlenden Auftreten ebenfalls – überwiegend - für sich gewonnen hat. Stimmten doch bei den insgesamt vier Wahlgängen der Präsidentschafts- und der Parlamentswahlen in diesem Frühjahr annähernd drei Viertel der früheren Wähler Jean-Marie Le Pens nunmehr für Sarkozy und die Kandidaten seiner UMP. Der konservative Haudraufpolitiker hat es also erfolgreich geschafft, das Wählerpotenzial der extremen Rechten anzuzapfen. Diese Wähler spricht er damit an, dass er ihnen verspricht, die Staatsmacht notfalls rücksichtslos gegen jene einzusetzen, deren Anwesenheit nicht im nationalen Interesse sei. So fixierte er als Zielsetzung für seinen neuen Minister Hortefeux für das laufende Jahr eine feste Abschiebequote von 25.000 Personen, die es bis zum Ende 2007 außer Landes zu schaffen gelte – egal, um welche Menschen es dabei in den kommenden Monaten konkret gehen wird, wie ihr Schicksal aussieht und was die Gründe für ihren Aufenthalt in Frankreich sind. Ansonsten aber teilt Sarkozy nicht die ideologischen Grundlagen der Nationalistenromantik, sondern teilt die Menschen knallhart nach ökonomischem Nutzen ein.

In der zweiten Juliwoche forderte der neue Präsident etwa, dass Zuwanderungskandidaten künftig vor der Einreise stärker nach ökonomischem Nutzen gefiltert werden. Zur Zeit sind der größte Teil der legal Einreisenden Familienangehörige und Ehegatten von Franzosen oder „legal“ in Frankreich lebenden Ausländerinnen. Nur 5 Prozent der neu erteilten Aufenthaltserlaubnisse hängen mit einer Arbeitsaufnahme zusammen, da offiziell seit 1974 das Prinzip der Schließung der Grenzen für Arbeitsimmigration gilt. Präsident Sarkozy hat nun die Priorität aufgestellt, diese Proportionen müssten umgekehrt werden. Mindestens 50 Prozent der legalen Einreisen müssten an eine Arbeitsaufnahme gekoppelt sein, wobei ausschließlich für „Mangelberufe“ und besonders gesuchte Qualifikationen Arbeitskräfte rekrutiert werden sollen. Im Umkehrschluss sollen sowohl die Aufnahme von Familienangehörigen als auch von Asylsuchenden begrenzt und zu diesem Zweck kontingentiert, d.h. nach einer jährlich vorab festgelegten fixen Quote bemessen werden. Die Gesamtzahl der aufgenommenen Zuwanderer soll dabei nicht wachsen, sondern kontinuierlich bleiben. Nicht so sehr Menschen sollen künftig kommen, sondern vorzugsweise nur Träger rarer Qualifikationen. (Die rechtsextreme Opposition versuchte, Ängste und Ressentiments gegen die neue Einwanderungspolitik zu schüren, indem Jean-Marie Le Pen fälschlich behauptete, die Anhebung des Anteil der an an eine Arbeitsaufnahme gekoppelten Aufenthaltserlaubnisse von z.Zt. 05 % auf 50 % werde „eine Verzehnfachung der Zahl der nach Frankreich kommenden Einwanderer“ bedeuten. Auch wenn er dies der französischen Öffentlichkeit weiszumachen suchte, um seinen Konkurrenten auf der politischen Rechten Nicolas Sarkozy auszustechen, beibt dies dennoch eine Lüge. Nicht die Gesamtzahl der Zuwandernden soll Sarkozy/Hortefeux zufolge wachsen, sondern die Zahl der „Unnützen“ unter ihnen soll abgesenkt werden, bei gleichbleibendem Gesamtvolumen der Zuwanderung.)

Unter dem jetzigen Minister Hortefeux wird es nun in naher Zukunft realpolitisch vor allem eine Verschärfung der Regeln für den Familiennachzug von Einwandern gehen. Ein Entwurf dazu ist bereits am 13. Juni 07 vorgestellt worden, im Laufe der sommerlichen Sondersitzung des Parlaments soll er – zusammen mit der ersten Welle der von Nicolas Sarkozy vorangetriebenen „Reformen“ – verabschiedet werden. Demnach soll ein „legal“ in Frankreich sich aufhaltender Zuwanderer seine Familienmitglieder (Ehepartner und Kinder) nur dann auf gesetzlichem Wege nach Frankreich holen können, wenn diese bereits im Herkunftsland ausreichende Französischkenntnisse und den „Respekt der Werte der Republik“ nachweisen können. De facto dreht es sich hauptsächlich darum, zusätzliche Hürden zu errichten. Die beschworene Erfordernis der „Integration in die französische Gesellschaft“ wird dazu benutzt, um das Gegenteil zu betreiben - nämlich eine Ausschlussmaßnahme, dergestalt, dass man eine wachsende Zahl von Personen gar nicht erst kommen lässt und ihnen damit freilich auch keine „Integrationschance“ erteilt.

Einschränkung des Streikrechts

Seit Mitte vergangener Woche flammt nun auch die Debatte über die künftige Regulierung bzw. Einschränkung des Streikrechts wieder auf. Am vergangen Donnerstag wurde im Senat ein Text über die Einführung eines so genannten ‚Service minimum’ (Mindestbetrieb) in den öffentlichen Verkehrsbetrieben angenommen, der nun noch durch die Nationalversammlung muss. Dieser geht noch nicht so weit, eine Dienstverpflichtung für streikwillige Beschäftigte vorzusehen (weshalb manche Beobachter auch erwarten, dass die neuen Vorschriften von begrenzter Wirkung bleiben werden, wie die liberale Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ annimmt). Jedoch enthält der Gesetzentwurf eine Reihe von Vorwarn-, Verhandlungs- und Informationspflichten der streikwilligen Transportbediensteten, die de facto die Eröffnung eines Arbeitskampfs erschweren und die Fristen dafür erheblich verlängern werden.

Bisher besteht in den öffentlichen Diensten, seit einem Dekret von 1963, eine Anmeldungspflicht für Arbeitskämpfe – die es in der Privatindustrie und im privaten Dienstleistungsgewerbe nicht gibt. Auch sonst ist das Streikrecht in den öffentlichen Diensten zwingender als in der Privatwirtschaft, so wird etwa bereits ab der ersten Stunde einer Arbeitsniederlegung in den öffentlichen Diensten ein voller Tageslohn vom Gehalt abgezogen, auch wenn der Arbeitskampf nach 60 Minuten wieder aufhört.

Den bestehenden Regeln zufolge muss ein Ausstand in den öffentlichen Diensten fünf Tage zuvor, durch eine der anerkannten Gewerkschaften, für die Dauer von 24 Stunden angemeldet werden. Diese Erfordernis war nach einem überraschend kommenden Métrostreik in Paris, der spektakuläre Folgen hatte, unter Präsident Charles de Gaulle 1963 eingeführt worden. Freilich war es bislang auch Praxis, dass im Ausblick auf einen (mutmaßlich) länger dauernden Arbeitskampf so genannte „Bündelanmeldungen“ vorgenommen wurde. Das bedeutet, dass etwa am 1. Juli ein Bündel von Anmeldungen für einen wahrscheinlichen Ausstand am 6. Juli, am 7. Juli, am 8. Juli, am 9. Juli… hinterlegt werden. Damit hielten sich bis zum jetzigen Zeitpunkt die Gewerkschaften der Transportarbeiter den Rücken frei, um im Rahmen einer so genannten ‚Grève reconductible’ (eines Streiks, über dessen Fortführung oder Nichtfortführung alle 24 Stunden in Vollversammlungen mit erhobener Hand abgestimmt wird) den Arbeitskampf fortführen zu könen. Solche ‚grèves reconductibles’, die der Dynamik von Streikversammlungen unterliegen, sind bei den Arbeitgebern besonders gefürchtet.

Dem soll nunmehr ein Riegel vorgeschoben werden: „Bündelweise Anmeldungen“ sollen nicht mehr möglich sein. Stattdessen soll die Anmeldung für einen erneuten 24stündigen Ausstand erst hinterlegt werden können, wenn der vorherige Arbeitskamp(tag) abgelaufen ist, d.h. nach jedem stattfindenden 24stündigen Streik soll die Vorwarnfrist erneut anzulaufen beginnen.

Zudem werden dem jetzt vorliegenden Entwurf zufolge neue, zusätzlichen Fristen eingeschoben werden, die die Vorbereitungszeiten für einen Streik erheblich verlängern werden. So soll nach einer Vorankündigungsperiode, „deren Dauer zwei Tage nicht überschreiten kann“, auf Antrag einer der beiden Streitparteien hin (also auch des Arbeitgebers) eine Verhandlungsperiode eröffnet werden, „deren Dauer acht Tage nicht überschreiten kann“. Zwar kann keine der verhandelnden Parteien zum Abschluss eines Abkommens verpflichtet werden, aber die Eröffnung und Durchführung von Verhandlungen während eine Periode von höchstens 8 Tagen kann demnach erzwungen werden. Alles in allem kommt man, mit den neuen Vorschriften, auf eine Periode von nicht mehr 5 Tagen, sondern nunmehr (bis zu) 16 Tagen, bevor ein Arbeitskampf im Transportsektor real eröffnet werden kann. Bei Ablauf dieser Periode werden die Beschäftigten der Gesetzesvorlage zufolge dazu verpflichtet sind, individuell bis spätestens 48 Stunden vor Beginn eines Arbeitskampfs zu erklären, ob sie persönlich am Streik teilnehmen werden. Dies wird es ihren Arbeitgebern ermöglichen, vorauszuplanen und eventuell Umbesetzungen von Personal vorzunehmen - aber auch, eventuell Druck auf einzelne Streikwillige auszuüben.

Zudem soll bei Streiks generell, also möglicherweise zukünftig auch im Privatsektor der Wirtschaft, nach Ablauf von 8 Tagen eine Urabstimmung aller Beschäftigten des betroffenen Unternehmens „mit einem Votum per geheimer Urnenabstimmung“ stattfinden müssen. Dies soll die Dynamik von Streik-Vollversammlungen brechen helfen. Zudem sollen „minoritäre“ Streiks, die entweder durch eine aktive Minderheit im Betrieb oder aber durch eine bestimmte, besonders benachteiligte Beschäftigtengruppe (etwa durch die Arbeiter in einem Werk, ohne Zustimmung der ‚white collar’-Angestellten) oder eine bestimmte Abteilung aufgrund spezifischer Probleme durchgeführt werden, nach spätestens 8 Tagen unterbunden werden. Auch Streiks, deren Unterstützungsfront infolge der harten Verweigerungshaltung des Arbeitgebers und möglicherweise aufgrund von Repressalien oder Umgehungsstrategien durch die Kapitalseite bröckelt, könnten eventuell auf diese Weise abgewürgt werden.

Alles in allem geht es Regierung und Kapital darum, die Besonderheiten des französischen Streikrechts (das im Unterschied zum deutschen kein „organisches Recht“ in der Hand der Gewerkschaftsapparate, sondern ein Individualrecht aller Lohnabhängigen darstellt) so weit wie möglich einzuschränken. Historisch erklärt sich die Entstehung dieses besonderen Streikrechts aus der doppelten Geschichte einer zum Teil anarchosyndikalistisch geprägten Arbeiterbewegung und einer Arbeitgeberschaft, die (vor dem Gesetz von Dezember 1968, das die Existenz von Gewerkschaftssektionen im Unternehmen anerkennt) „bloß keine Gewerkschaft im Betrieb“ dulden mochte. Deswegen war es in bestimmten historischen Perioden den in paternalistisch-personalistischer Tradition stehenden Betriebseigentümern sogar noch lieber, „anarchisch aufwallende“ Arbeitskampfbewegungen zu beobachten, als die „Einnistung“ von Gewerkschaften im Betrieb hinzunehmen. Die Zeiten haben sich aber diesbezüglich gründlich geändert, zumal die deutliche Mehrzahl der französischen Gewerkschaften ihre einstmalige quasi-revolutionäre Tradition seit längerer oder kürzerer Zeit abgelegt hat.

Ausdehnung der neuen Regeln zum Streikrecht auf andere Sektoren?

Bisher ist die Einführung der neuen Spielregeln zum Streikrecht nur für die Transportbetriebe, genauer für den Personentransport, geplant. Am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche hat das Regierungslager jedoch einen doppelten Vorstoß zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Neuregelung unternommen.

Am vergangeneb Dienstag begann im Senat die Debatte des seit längerem ausgearbeiteten Gesetzentwurfs zur Einrichtung eines ‚Service minimum’ in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die dort bis am Donerstag dauerte. Die Gesetzeskommission des Senats, unter dem Vorsitz der Senatorin Catherine Procacchia aus dem noblen Pariser Vorort Vincennes, hatte dazu einen Bericht vorgelegt. In ihrem Bericht schlägt die Kommission vor, zu den bestehenden neun Artikeln der Gesetzesvorlage einen zehnten Artikel hinzuzufügen. Dieser soll die Pflicht für den Gesetzgeber beinhalten, bis spätestens zum 1. Oktober 2008 eine Bilanz aus der Anwendung der neuen Vorschriften in den Verkehrsbetrieben zu ziehen – und dies, um „die Opportunität einer Ausdehnung (dieser Bestimmungen zum ‚Service minimum’) auf die übrigen Beförderungsmittel, ja ihre Übertragung au die anderen öffentlichen Dienste zu untersuchen“.

In ihrer Ansprache vor den Mitgliedern des parlamentarischen Oberhauses machte sich die Senatorin Procacchia im übrigen dafür stark, die Ausdehnung des zunächst für den Personentransport anvisierten ‚Mindestbetriebs’ auch „auf andere Beförderungsmittel, insbesondere den Wasser- und Luftverkehr und den Gütertransport“ zu prüfen. Und sie fügte hinzu: „Die Frage der Einrichtung eines ‚Mindestbetriebs’ in anderen öffentlichen Diensten wiebei der Post oder im Schulwesen wird ebenfalls von den Schlussfolgerungen des (Anm.: bis im Oktober 2008 zu erstellenden) Berichts profitieren können.“

Im Hintergrund steht der Druck, den insbesondere die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände entfalten: Während der Anhörungen des Senats im Vorfeld der Gesetzesdebatte hatten die Kapitalvertreter sich energisch dafür ausgesprochen, auch beim Gütertransport und bei der Postzustellung über Einschränkungen des Streikrechts (oder zumindest der Streikfolgen im Falle eines Arbeitskampfs) nachzudenken und entsprechend zu handeln. Denn das Kapital möchte nicht länger wirtschaftliche Verluste hinnehmen müssen, falls es zu Arbeitskämpfen bei der Fracht- und der Postzustellung kommt, wie dies vor allem im November/Dezember 1995 frankreichweit der Fall war. Hingegen kommt sowohl von der Kapitalseite als auch von manchen Elternverbänden (vor allem den rechteren, während der eher linke größte Elternverband FCPE seinerseits dagegen ist) Druck, um die Einrichtung eines „Mindestbetriebs“ in den öffentlichen Schulen im Streikfalle zu fordern, um nämlich die Eltern von der Frage „Wohin mit den Kindern während eines Ausstands?“ zu entlasten. Bisher hatte die Wirtschaft sich darüber beklagt, dass die Ausfallzeiten wachsen bzw. die abhängig Beschäftigten sich geballt Urlaubstage nehmen, wenn sie Kinder im Vorschul- oder Grundschulalter haben und es im Bildungswesen zu sozialen Konflikten kommt. Denn für die bis zu 12jährigen sind die Lehrer/innen selbst für die Aufnahme von SchülerInnen verantwortlich (auch wenn kein Unterricht erteilt wird); sofern sie ihr Streikrecht ausüben möchten, können sie dieser Pflicht nicht nachkommen. Hingegen gibt es in den Mittel- und Oberschulen ein besonderes Aufsichtspersonal, die ‚Pions’ (oft etwa Studierende mit Zeitverträgen, die für die Pausenaufsicht und Sicherheitsvorkehrungen zuständig sind), welches auch bei Totalausfall des Unterrichts dafür sorgt, dass die Jugendlichen im Schulgebäude aufgenommen werden können. Es sei denn natürlich, dass auch dieses Personal streikt...

Mit diesen Anforderungen, die insbesondere von der Kapitalseite her vorgetragen werden, entfernt man sich aber natürlich von den vorgeblichen Nöten und Ängsten der Bevölkerung (in Gestalt von Passagieren der Transportdienste bzw. der Eltern im Schulwesen), die die Regierung allein im Auge zu haben behauptet. Im Falle des Gütertransports etwa lässt sich das Argument des „Wohls der Passagiere“ nicht länger geltend machen.

Am vergangenen Dienstag Abend kündigte dann Premierminister François Fillon selbst im Fernsehsender France 3 an, eine Ausdehnung des z.Zt. für den Personentransport debattieren ‚Service minimum’ in Zukunft auch auf die übrigen öffentlichen Dienste „und darunter auf den Schulbetrieb“ anzuregen. Ihm hielt der rührige (links)sozialistische Senator Jean-Luc Mélenchon deswegen vor, „die alte Figur der sozialen Revanche“ – Revanche, die gegen die Unterklassen gerichtete ist – zu repräsentieren.

Gewerkschaftliche Reaktionen

Am vergangenen Mittwoch hatten sich die verschiedenen Gewerkschaften im Bildungswesen ohnehin treffen sollen. Dies war seit längerem geplant. Gegenstand ihres vorhersehbaren Protests waren bis dahin die Regierungpläne gewesen, ab kommendem Schuljahr 17.000 Stellen im öffentlichen Schulsystem zu streichen. Bereits in den vergangenen Jahren waren dort, summa summarum, mehrere Zehntausende Stellen weggestrichen worden.

Im Frühsommer war zunächst von 10.000 die Rede gewesen; aber Anfang Juli hatte die Wirtschaftstageszeitung ‚Les Echos’ enthüllt, dass sogar 17.000 abgebaut werden sollten. Dies stieß dann doch auf Empörung. Es entspricht freilich exakt der Regel, die der neue Präsident Nicolas Sarkozy für die nahe Zukunft im Wahlkampf angekündigt hatte: 50 Prozent der altersbedingten Abgänge sollen nicht ersetzt werden. (In der gemeinsamen Ferhsendebatte am 02. Mai mit Ségolène Royal hatte Sarkozy verkündet, die Hälfte der Abgänge aus Alters- und sonstigen Gründen solle nicht ersetzt werden, und die dadurch entstehenden Einsparungen sollten zu gleichen Teilen auf die Defizitreduzierung für den Staatshaushalt sowie auf den Nominallohngewinn für die Staatsbediensteten aufgeteilt werden. Kritische Arbeitspsychologen werteten diese Ankündigung jedoch als den ‚perversen’ Versuch, die öffentlich Bediensteten zur Zustimmung zu der Aussage zu bewegen, dass „ihre Arbeit nichts wert“ sei. Da die Vernichtung von Stellen sich darin niederschlage, dass etwas auf ihre Nominallöhne und –gehälter „draufgeschlagen“ werde, sollten sie dazu gebracht werden, die Idee zu akzeptieren, dass es bis dahin zu viele und also „unnütze“ Arbeitskollegen gegeben habe. Dass Sarkozy mit dieser Ungeheuerlichkeit scheinbar problemlos durchkam, lag allerdings auch an der dümmlichen Unfähigkeit der Gegenkandidatin Ségolène Royal: Diese kündigte im Gegenzug an, sie werde zwar Stellen in manchen Sektoren des öffentlichen Diensts abbauen, dafür aber Umbesetzungen in die bedürftigeren Sektoren vornehmen. Etwa vom Zoll in den Krankenhausdienst. Dem konnte Sarkozy freilich leicht Unserisiotät nachweisen, was vom bürgerlich-immanenten Standpunkt her auch stimmte. Denn tatsächlich handelt es sich um voneinander juristisch und finanzierungsmäßig strikt getrennte Dienste, die nicht miteinander zusammenhängen, so dass auch kein Personal hin- und herversetzt werden kann. Dass Ségolène Royal auf diesen Vorhalt nur mit dämlichem Geblubber und platten Allgemeinplätzen – „Alles hängt doch mit allem zusammen“ – antworten konnte, stärkte die reaktionäre Vision Nicolas Sarkozys.)

Am vergangen Mittwoch wurde nun eine Resolution verabschiedet, in der sich die verschiedenen Gewerkschaften im Bildungswesen dafür aussprechen, „so bald wie möglich nach Beginn des neuen Schuljahrs“ (das Anfang September anfängt) „die Bedingungen für eine möglichst breite Mobilisierung zu schaffen“. Dabei soll sowohl gegen den Stellenkahlschlag als auch gegen die Pläne zur Aushöhlung des Streikrechts gekämpft werden. Unterzeichner des gemeinsamen Kommuniqués sind die FSU (Hauptgewerkschaft des Lehrpersonals, früher KP-nahe), die Bildungsgewerkschaften der CFDT (SGEN-CFDT), der CGT (FERC-CGT) und des „unpolitisch-refomistischen“ Dachverbands UNSA (SE-Unsa) sowie die nicht einem Dachverband angehörende Gewerkschaft Faen.

Am vorigen Mittwoch versuchte Bildungsminister Xavier Darcos daraufhin, die Situation zu beruhigen. „Im Moment gibt es nur einen einzigen ‚Mindestbetrieb’ (Service minimum), und der betrifft die Transportbetriebe“ versuchte er, am Ausgang der mittwöchlichen Kabinettssitzung vor der Presse zu beschwichtigen. Die Lehrer seien also („zunächst“) nicht betroffen. Doch freilich fügte er hinzu, dies „hinder(e) mittelfristig nicht daran“, im Schulwesen über „Möglichkeiten der Aufnahme von Schülern, der Fortsetzung der öffentlichen Dienstleistung (im Streikfalle)“ nachzudenken. Arbeits- und Sozialminister Xavier Bertrand dementierte am Mittwoch seinerseits, über die Einrichtung eines ‚Service minimum’ im Transportsektor hinausgehen zu wollen. Allerdings sprach er sich für den Mechanismus einer „Überprüfung und Bilanz“ des demnächst dazu verabschiedeten Gesetzes bis im Oktober 2008, wie es in der Senatsdebatte angeregt worden war, aus. Dies bedeute aber noch nicht, dass die Vorschriften auch auf andere Sektoren und Dienste übertragen würden, denn dies sei „juristisch kompliziert“.

Im Transportbereich kommt es ebenfalls zur Vorbereitung von Mobilisierungen und möglichen Aktionen der abhängig Beschäftigten. Am 31. Juli findet ein seit Anfang des Monats Juli durch die CGT (zunächst allein) vorbereiteter Aktionstag gegen die Regierungspläne zum Streikrecht statt. Ihm hat sich nun seit gestern, branchenübergreifend, der Dachverband der linken Basisgewerkschaften SUD/Solidaires angeschlossen. Speziell bei den Eisenbahnern kommen zur CGT nun sowohl die Basisgewerkschaft SUD-Rail (SUD Schienenverkehr) als auch die CFDT-Transportgewerkschaft FGTE-CFDT (die relativ fortschrittlich ist und in Linksopposition zur sozialliberalen, im allgemeinen relativ regierungsfreundlichen Führung des Dachverbands steht) hinzu. Allerdings ist für den 31. Juli, mitten im französischen Sommerloch, nicht mit riesigen Mobilisierungen zu rechnen. So geht die Sprecherin des Dachverbands Solidaires (dem hauptsächlich die SUD-Gewerkschaften angehören), Annick Coupé, davon aus, dass an jenem Tag „eher symbolische, von aktiven Gewerkschaftsmitgliedern getragene“ Aktionen stattfinden würden; es es sei aber „wichtig, dass wir zeigen, dass wir dieses Gesetz nicht passieren lassen, ohne etwas zu tun“ (zitiert nach ‚Les Echos’ vom Donnertag). Doch immerhin sind Protestversammlungen bzw. –kundgebungen in ganz Frankreich auf dem Plan vorgesehen.

Nicht ausgeschlossen ist, dass die Mobilisierung am 31. Juli als Auftakt zu weiteren sozialen Konflikten ab dem Herbst dient. Eine solche Ankündigung („für den Fall, dass die Regierung die Gewerkschaften weiterhin ignoriert“) hat CGT-Generalsekretär Bernard Thibault am vorigen Mittwoch angekündigt. In einer gemeinsamen Erklärung des Dachverbands Solidaires (SUD-Gewerkschaften), von SUD-Rail, der Lehrergewerkschaft FSU und von Attac wird am selben Tag ebenfalls angekündigt, dass „das Dossier im Herbst erneut geöffnet wird“.

Kommt es tatsächlich, wie sich z.Zt. abzuzeichnen scheint, zu mehr oder massiven Konflikten im Bildungswesen, dann könnte die seit der Wahl Nicolas Sarkozys bislang noch anhaltende Phase der „bleiernen Ruhe an der inneren (sozialen) Front“ möglicherweise sein. Ähnlich wie Jacques Chirac ein halbes Jahr nach seiner Wahl, im Herbst 1995, müsste er dann die Probe eines sozialen Konflikts durchstehen.

FUSSNOTEN

[1] Das Ganze verwundert insofern nicht, als Nicolas Sarkozy vor den Wahlen in diesem Frühjahr ein Junktim versprach: Er werde Ländern des Nahen und Mittleren Osten die Verfügung über die A-Bombe (wie im Falle des Iran) verwehren, ihnen zugleich aber den Erwerb ziviler Atomtechnologie in Aussicht stellen und ihnen dabei behilflich sein. Damit hielt er das politische und völkerrechtliche Dogma der „sauberen Trennbarkeit“ zwischen ziviler und militärischer Atomtechnologie aufrecht. Hingegen setzte sich seine Gegenkandidatin Ségolène Royal im Winter 2006/07 dafür ein, dem Iran den Zugang sowohl zur einen wie auch der anderen Variante von Atomtechnologie zu verwehren. (Was mit geltendem internationalem Recht kaum zu vereinbaren wäre, und auch seltsam aussähe, falls die Initiative dazu von einem französischen Staat mit einem Atomstrom-Anteil von 85 % der Elektrizitätsversorgung ausginge. Obwohl Ségolène Royal diesen auf 50 %, in manchen Stunden grobzügig auch mal auf 20 % zu reduzieren versprach.)

[2] Wie etwa Jean-Marie Le Pen argwöhnt. Am Dienstag (24. Juli 07) bemängelte der rechtsextreme Politiker in einem Kommuniqué, dass die herausragende Rolle des offiziellen Frankreichs bei der Befreiung der Inhaftierten „ sich nur erklären lässt, wenn wir mehr bezahlen als die anderen (Länder)“.  Ach, wäre es blob darum gegangen, also lediglich um Geld..

[3] Alljährlich muss die Regierung zu diesem Datum den SMIC an die Inflationsentwicklung anpassen, so schreibt es das französische Arbeitsgesetzbuch (Code du travail) vor. Und dabei hat die Regierung dem ‚Code du travail’ zufolge freie Hand, ihren politischen Spielraum auszuschöpfen und den gesetzlichen Mindestlohn über das vom Gesetz vorgeschriebene Minimum (Anhebung um den durchschnittlichen Preisanstieg und die Hälfte des durchschnittlichen Zuwachses der anderen Löhne) hinaus anzuheben. Üblicherweise wurde der SMIC bislang, durch die Vorgängerregierungen, im Jahr der Präsidentschaftswahl etwas stärker erhöht als sonst, um „einen guten Neuanfang“ auf dem Gebiet des „sozialen Dialogs“ hinzulegen. Dies nennt man einen ‚Coup de pouce’, was bedeutet, dass man den SMIC (den Pegel des Mindestlohns) „mit dem Daumen nach oben drückt“. Nach der Wahl des „sozialistischen“ Präsidenten François Mitterrand im Mai 1981 wurde der SMIC zum darauffolgenden 1. Juli etwa um 10 Prozent angehoben. Im Jahr der Wahl von Präsident Jacques Chirac, im Mai 1995, sowie des sozialdemokratischen  Premierministers  Lionel Jospin (Juni 1997) wurde der SMIC jeweils am 1. Juli um vier Prozent angehoben, das entsprach je circa dem Doppelten des obligatorischen Ausgleichs für die Inflation. Aber in diesem Jahr 2007 gab und gibt es keinen ‚Coup de pouce’, also keine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Kein Herz für die Bezieher/innen kleiner Löhne, lautet offenkundig die Devise. – Derzeit beträgt der Nettolohn für SMIC-Empfänger bei ziemlich genau 1.000 Euro pro Monat, für eine Vollzeitarbeit. Circa 15 Prozent der französischen Lohnabhängigen „verdienen“ den SMIC, auf Vollzeit- oder Teilzeit-Basis.
 
[4] - Eine entsprechende Regel wurde übrigens in Deutschland bereits 1994 oder 1995 durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zwingend vorgeschrieben, da „niemand mehr als 50 % seiner Einkünfte abführen darf“.
 

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir von Autor am 25.7.07 zur Veröffentlichung.

Das Frankreich der Reaktion. Neofaschismus und modernisierter Konservatismus von Bernhard Schmid wird bei Pahl-Rugenstein demnächst als Taschenbuch erscheinen und in jeden gut sortierten linken Buchhandlung zu haben sein.