Während die deutsche Regierung vor der Weltöffentlichkeit
jede Unterstützung der faschistischen Generale durch
Hitlerdeutschland leugnete, ließ sie keine Zeit
verstreichen, um insgeheim mit der Verwirklichung der
zugesagten Hilfe zu beginnen. Als erstes stellte sie eine
Gruppe von 18 Transportflugzeugen Ju 52, eine Jagdstaffel
von 12 Flugzeugen des Typs He 51 und eine Flakbatterie mit
8,8 cm-Geschützen zur Verfügung.(59)
Am 5. August erreichte die erste Einheit der Naziwehrmacht
Cadiz.(60)
Mit den von Deutschland gelieferten und von
Flugzeugbesatzungen der Deutschen Lufthansa gesteuerten(61)
Transportflugzeugen landeten innerhalb von wenigen
Tagen 15000 Fremdenlegionäre und Marokkaner mit Franco an
der Spitze in Südspanien (62), wodurch die Voraussetzung für
die Verbindung der afrikanischen Truppen Francos mit den
bewaffneten Kräften Queipo de Llanos geschaffen war. Durch
die laufende weitere Versorgung mit Kriegsmaterial in den
folgenden Wochen, die zum Teil unter Ausnutzung
Portugals(63) als Waffenumladeplatz erfolgte, sicherte die
deutsche Regierung den immer wieder von den Francoschen
Generalen geforderten Nachschub. Die Entscheidung über die
Bewilligung der erbetenen Flugzeuge, Waffen und Munition lag
in dieser Periode in der Hand von Canaris, dessen
Vertrauensleute in Spanien ihm detaillierte Berichte über
die militärische Lage und die Forderungen der spanischen
Militärs zukommen ließen.(64) Auch die italienische
Regierung hatte bereits Ende Juli die ersten Flugzeuge und
Mannschaften zur Verfügung gestellt.(65) — Von
außerordentlicher Bedeutung für die Unterstützung der
Putschisten war die Konzentration eines großen Teiles der
deutschen Kriegsflotte in den spanischen Gewässern. Unter
dem Vorwand, den Abtransport deutscher „gefährdeter"
Staatsbürger sicherstellen zu müssen, liefen in den ersten
Wochen nach der Auslösung des Putsches die Panzerschiffe
„Deutschland" und „Admiral Scheer", der Kreuzer „Köln" und
die Torpedo- und U-Boote „Seeadler", „Albatros", „Luchs",
„Leopard", „Kondor" und „Möwe" spanische Häfen an.(66) Die
Zahl der durch italienische und deutsche Handelsschiffe noch
ergänzten(67) Kriegsschiffe stand in keinem Verhältnis zu
den Notwendigkeiten, die zur Durchführung der Evakuierung
deutscher Bürger erforderlich gewesen wären. Hinzuzufügen
ist, daß die „Gefährdung" überhaupt nur durch die von den
deutschen Imperialisten verfolgte Politik der Förderung der
Staatsstreichvorbereitungen und der aktiven militärischen
Unterstützung Francos hervorgerufen worden war. |
Am
17./18. Juli 1936 putschten in
Spanien die Faschisten gegen die Linke Volksfrontregierung.
Wie die konkret
7-06 vermeldet, erschienen 2006 anlässlich des 70.
Jahrestages zahlreiche Bücher über den Spanischen
Bürgerkrieg und kommentierte diese. Jener Sammelbesprechung
ist zu entnehmen, dass Klassenfragen und ökonomische
Hintergründe heute keine Rolle mehr bei der Behandlung
dieses Themas spielen. Wen wundert es, hat sich doch die
deutsche Linke seit Jahren sukzessive theoretisch entwaffnet
und daher keinerlei Interesse an der Behandlung
komplizierter historischer Fragen aus der Sicht des
wissenschaftlichen Sozialismus. Daher schien es uns geboten
auf eine hervorragende Untersuchung älteren Datums
hinzuweisen, verbunden mit der Hoffnung, dass noch einige
Exemplare davon erhältlich sind. Ansonsten sollte mensch
sich ans Auswärtige Amt wenden, in dessen Archiv
entsprechende Unterlagen zu finden sein werden. |
Bei den deutschen Flottenaktionen in
spanischen Gewässern handelte es sich um eine zusätzliche
Unterstützung der Rebellen und um eine Provokation der
rechtmäßigen spanischen Regierung. Daß die deutschen
Kriegsschiffe sich faktisch im direkten Einsatz auf Seiten
Francos befanden, wurde am deutlichsten durch den demonstrativen
Besuch des Panzerschiffes „Deutschland" und des Torpedobootes
„Luchs" in Ceuta am 3. August 1936 dokumentiert.(68) Nachdem das
Geschwader durch sein beständiges Manövrieren vor dem von der
spanischen Regierung eingesetzten spanischen Kriegsschiff „Jaime
I" dessen gegen Ceuta gerichtete Geschütze zum Schweigen
gezwungen und die Beschießung des Rebellenstützpunktes
verhindert hatte (69), wurde der Chef des Geschwaders, Admiral
Carls, von Franco in Tetuan offiziell empfangen. Die Aufnahme
der deutschen Offiziere, die ihren Höhepunkt in einem zu Ehren
des deutschen Kommandanten veranstalteten Frühstück fand, zu dem
neben spanischen Stabsoffizieren u. a. auch die inzwischen aus
Berlin zurückgekehrten deutschen Emissäre Francos, Langenheim
und Bernhardt, geladen waren(70), gestaltete sich zu einer
Demonstration des gemeinsamen Kampfes der deutschen und
spanischen Faschisten.
Die Entsendung großer Teile der deutschen
Flotte in spanische Gewässer diente dem Transport der ersten
Kriegsmateriallieferungen(71), schützte die wenigen den
Putschisten zur Verfügung stehenden spanischen Schiffe vor
Angriffen, sicherte ihnen die Freiheit des Manövrierens zur See
und gestattete die Überführung eines Teiles der marokkanischen
Truppen auf dem Seeweg nach Spanien.(72) Sie trug zur Hebung der
infolge der unerwarteten Niederlagen bereits erschütterten
Kampfmoral der spanischen Faschisten und auch zu ihrer
zahlenmäßigen Verstärkung bei. Unter den von der deutschen
Flotte zwischen Ende Juli und Spätherbst 1936 abtransportierten
15000 Personen befanden sich über 9000 Ausländer (73), von denen
der größte Teil spanische Faschisten waren, die sich auf diese
Weise dem Zugriff der republikanischen spanischen Behörden
entzogen.(74) Viele von ihnen stellten sich im Rebellengebiet
Franco zur Verfügung. Die nach Deutschland beförderten deutschen
„Flüchtlinge" bildeten für den deutschen Geheimdienst das
Reservoir, aus dem Canaris in den folgenden Jahren den Spanien
bearbeitenden Teil seines Abwehrapparates auffüllte.(75)
An der Evakuierung von deutschen
„Flüchtlingen" beteiligte sich auch die Deutsche Lufthansa, für
die der von ihr speziell eingerichtete „Spaniennotdienst 1936"
zu einem denkbar guten Geschäft wurde. Über die vom
Reichsluftfahrtministerium im Jahre 1936 bereits für diesen
Zweck zur Verfügung gestellten 265800 RM hinaus erhob die
Lufthansa für die in diesem Zusammenhang geleisteten Dienste
eine weitere Forderung von 202 800 RM(76). Mit der Summe von
insgesamt 468600 RM wurden zweifellos die aus der Einstellung
ihres Flugdienstes auf der Strecke Barcelona-Madrid77 bedingten
Verluste mehr als wettgemacht. Es ist nicht Aufgabe dieser
Arbeit, im einzelnen die militärischen Maßnahmen und das Ausmaß
der Intervention der faschistischen Mächte darzulegen. Wenn das
erste militärische Eingreifen des deutschen Imperialismus
zugunsten Francos ausführlicher geschildert wurde, so deshalb,
um zu zeigen, daß sich der Charakter des als Bürgerkrieg
begonnenen militärischen Kampfes bereits in den ersten Tagen
nach der Auslösung des von den spanischen und deutschen
Faschisten gemeinsam vorbereiteten und in enger Zusammenarbeit
durchgeführten Staatsstreiches in einen Interventionskrieg
verwandelte, den die deutschen Imperialisten zur Durchsetzung
ihrer politischen und ökonomischen Interessen in Spanien zu
nutzen wußten.(78) Gleichzeitig sollte damit das damals in der
faschistischen Propaganda zur Rechtfertigung der Intervention
der deutschen und italienischen Imperialisten gebrauchte
Argument widerlegt werden, daß die „Roten" — eine Bezeichnung,
unter der nicht nur die Sowjetunion, sondern grotesk erweise
auch die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens verstanden
wurden — als erste zugunsten der spanischen Republik
„interveniert" hätten und daß die Unterstützung Francos durch
die faschistischen Mächte nur erfolgt sei, um deren Hilfe zu
neutralisieren. Die angeführten Tatsachen beweisen, daß die
faschistische militärische Intervention unmittelbar nach Beginn
des Futsches und keineswegs als „Gegenmaßnahme" gegen
irgendwelche Aktionen anderer Mächte erfolgte. Außerdem kann man
natürlich überhaupt nicht — wie das in Darstellungen
reaktionärer bürgerlicher Historiker häufig geschieht(79) — den
von Hitlerdeutschland und Italien mit militärischen Mitteln
unternommenen Versuch, die legale demokratische spanische
Regierung zu stürzen und eine konterrevolutionäre Minderheit an
die Macht zu bringen, gleichstellen mit der Unterstützung, die
die rechtmäßige spanische Regierung durch Lebensmittel- und
Waffenlieferungen entsprechend früher abgeschlossenen
Handelsverträgen mit anderen Staaten sowie durch den Einsatz der
für die Demokratie, die Erhaltung des Weltfriedens und die
Unabhängigkeit Spaniens kämpfenden Mitglieder der
Internationalen Brigaden im Herbst 1936 erhielt.
Fußnoten
59) Aus der Erklärung E.Jaeneckes, Leiter des
Sonderstabes ,, W'des Reichsluftfahrtministeriums von Oktober
1936—November 1938, an die Regierung der Sowjetunion, abgedruckt
m der Beilage der Zeitschrift „Neue Zeit", Nr. 13, 1. 7. 1946,
S. 10.
60) „Die Wehrmacht", Organ des Oberkommandos der Wehrmacht, Nr.
12,7. 6. 1939,
S. 4.
61) Streng geheimes Schreiben der Deutschen Lufthansa, vom 28.
6.1939 an den Reichsfinanzhof München. Photokopie des Originals
befindet sich im D WI, Berlin (4247).
62) General, später Generalfeldmarschall, Sperrte, In: ,,Wir
kämpften in Spanien" Sonderheft des Organs des Oberkommandos der
Wehrmacht, „Die Wehrmacht", 1939, S. 2.
63) Das faschistisch regierte Portugal hatte bereits nach der
Errichtung der spanischen Republik im Jahre 1931 einer Reihe
spanischer Aristokraten, Militärs und offener Faschisten Asyl
geboten. Nach der Auslösung des Franco-Putsches verfolgte die
portugiesische Regierung Salazar eine Politik der offenen
Unterstützung Francos. Sie ermöglichte die Belieferung Francos
mit deutschem Kriegsmaterial und stellte den Rebellen auch das
drittgrößte Kontingent ausländischer Söldnertruppen zur
Verfügung.
64) Akten III, Dok. 33 (S. 30), 41 (S. 36), 43 (S. 38f.), 44 (S.
39).
65) Ebenda, Dok. 18 (S. 17).
66) DZA Potsdam, AA, Politische Abteilung, Akte Nr. 61156, Bl.
249ff. (Geheime Kommandosache. Tätigkeitsbericht des
Befehlshabers der Linienschiffe während der Entsendung in die
spanischen Gewässer mit den Schiffen Panzerschiff „Deutschland",
„Admiral Scheer", Kreuzer „Köln", der 2. Torpedoflottille und
den U-Booten „Möwe" und „Kondor" in der Zeit vom 23. 7.—27. 8.
1936, ohne Datum.)
67) Giese, Fritz E., Die deutsche Marine 1920—1945. Aufbau und
Untergang. Frankfurt (Main) 1956, S. 52.
68) Vgl. hierzu Akten III, Dok. 27 (S. 24 ff.) u. DZA Potsdam.
AA, Politische Abt., Akte Nr. 61156, Bl. 275 ff. (Geh.
Kommandosache, Tätigkeitsbericht des Befehlshabers . . .).
69) „Rundschau" (Basel), Nr. 36, 1936, S. 1465.
70) Akten III, Dok. 27 (S. 25) u. DZA Potsdam, AA, Politische
Abt., Akte 61156, Bl. 277 (Geh. Kommandosache. Tätigkeitsbericht
des Befehlshabers . . .).
71) DZA Potsdam, AA, Politische Abt., Akte Nr. 61156, Bl. 267,
279f., 284f., 296-307 (Geh. Kommandosache. Tätigkeitsbericht des
Befehlshabers . . .). Insbesondere durch den sogenannten
Kamerun-Zwischenfall erfuhr die Weltöffentlichkeit von der Art
des Vorgehens der deutschen Imperialisten. Am 20. August hatte
der republikanische Kreuzer „Libertad" innerhalb der
3-Meilen-Grenze in der Straße von Gibraltar den deutschen
Dampfer „Kamerun" angehalten. Sofort drohte die deutsche
Regierung mit Gewaltmaßnahmen gegen die republikanische Flotte.
Die offizielle deutsche Nachrichtenagentur dementierte, daß das
Schiff Kriegsmaterial geladen habe und erklärte, der Zweck der
Fahrt der „Kamerun" bestände lediglich darin, Flüchtlinge in
Cadiz an Bord zu nehmen. Daraufhin wurde von einer Durchsuchung
des Kargos durch die Mannschaften des republikanischen Schiffes
Abstand genommen und der „Kamerun" die Weiterfahrt gestattet.
Nach ihrer Landung in Lissabon am 22. August wurde umgehend die
Löschung und Weiterbeförderung des angeblich nicht vorhandenen
Kriegsmaterials an Franco in die Wege geleitet. Vgl. Akten III,
Dok. 48 (S. 43), 52 (S. 47) sowie Oliveira, A. Ramos, a. a. O.,
S. 586f.
72) „Rundschau" (Basel), Nr. 24, 1938, S. 794.
73) Giese, Fritz, E., a. a. O., S. 53; von der britischen Flotte
wurden 6000 Engländer, Franzosen und Amerikaner im Juli 1936
evakuiert. Vgl. „The Times", 22. 7.1936,
S. 15.
74) DZA Potsdam, AA, Politische Abt., Akte Nr. 61156, Bl. 257,
(Geh. Kommando-sache, Tätigkeitsbericht des Befehlshabers . .
.); J. L. Davies, langjähriger Korrespondent der liberalen
englischen Zeitung „News Chronicle" und Mitglied einer im Herbst
1936 in London gebildeten Kommision zur Untersuchung der
faschistischen Intervention in Spanien, konnte anhand
aufgefundener Dokumente nachweisen, daß ein Teil der evakuierten
spanischen Faschisten sogar von Beauftragten der Naziregierung
aus Gründen der Sicherheit mit deutschen Pässen ausgerüstet
wurde. Vgl. „Rundschau" (Basel), Nr. 46, 1936, S. 1910.
75) Aus der Erklärung ... H. Remers, a. a. O., S. 7.
76) Anhang I zum Bericht Nr. 10319 der Deutschen Revisions- und
Treuhand-AG, Berlin, über die bei der Deutschen Lufthansa, AG,
Berlin, vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. 12.
1937, Bl. 23, 25, 50. Photokopie des Originals befindet sich im
DWI, Berlin.
77) Vertraulicher Bericht der Deutschen Lufthansa, AG, über das
3. Vierteljahr 1936, S. 1. Photokopie des Originals befindet
sich im DWI, Berlin.
78) Vgl. Kapitel IV bis VII.
79) So wird z. B. in der von Hermann Mau und Helmut Krausnick
verfaßten Deutschen Geschichte der jüngsten Vergangenheit
1933—1945, Stuttgart 1953, in der dem Spanienkrieg ganze 5
Zeilen gewidmet werden (S. 82), eine derartige Gleichstellung
vorgenommen. Ähnlich verfährt Hans Herzfeld, der sich zwar zu
dem Eingeständnis durchringt, daß Francos „Erhebung" von Anfang
an durch Deutschland und Italien begünstigt worden sei, jedoch
die Intervention der faschistischen Mächte erst darauf
zurückführen will, daß „sich sehr bald ein Zustand annähernden
Gleichgewichts zwischen beiden Lagern in Spanien ergab" und so
„die Versuchung übermächtig" wurde, „den Sieg der eigenen
politischen Richtung durch Hilfe von außen her zu suchen". Vgl.
Weltmächte und Weltkriege. Die Geschichte unserer Epoche
1890-1945 (Die moderne Welt, T. 2). Braunschweig 1952, S. 313.
Editorische Anmerkungen
Der Text wurde entnommen
aus: Marion Einhorn, Die ökonomischen Hintergründe der
faschistischen deutschen Intervention in Spanien 1936-1939;
Berlin DDR 1962, S. 90-94
OCR-Scan red. trend
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