Arbeit total
Die Schröder´schen Sozialreformen – Projekt der Restrukturierung und Verallgemeinerung der Lohnarbeit
 

von Olaf Dehler und Lutz Getzschmann

7-8/03
 
 
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Im folgenden Text versuchen wir, die ökonomischen wie ideologischen Motive zu benennen, die den gegenwärtigen Debatten um die Umsetzung der Hartz-Gesetze, vor allem aber der „Agenda 2010“ und der Sanierung des Gesundheits- und Rentensystems zugrunde liegen. Dieser Versuch ist zunächst ein sehr vorläufiger Diskussionsbeitrag, der sich auf die sozioökonomische Verfasstheit der BRD-Gesellschaft beschränkt und schon deshalb unvollständig bleiben muss. Der Aspekt der Verschärfung der innerimperialistischen Konkurrenz als Antriebsmotor der Schröder`schen Sozialreformen wie auch ihrer diversen Vorläufer in den späten neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts bleibt weitgehend ausgeblendet, was einerseits hochproblematisch ist, andererseits auch ein Anreiz dafür sein soll, die Debatte darum, was kapitalistische Weltvergesellschaftung (oder: Imperialismus, oder: „Globalisierung“) heute wirklich ist und inwiefern sie einwirkt auf die je nationalstaatlichen Sozialgefüge, endlich gründlich zu führen und zwar entlang der konkreten Veränderungen der kapitalistischen Produktionsweise wie der Klassenstruktur. Insofern harrt dieser Entwurf der Diskussion, der Ergänzung und Korrektur. 

1. Krise des Arbeitsmarktes – Krise des Systems der Lohnarbeit  

Die von „Wirtschaftsweisen“ und Arbeitsmarktexperten seit längerem beschworene Rezession scheint inzwischen eingesetzt zu haben. Eine Dunstglocke der Depression legt sich über das Land und im Strom der nicht abreißenden Horrormeldungen über Rekorderwerbslosenzahlen, Firmenpleiten, bankrotte kommunale Haushalte und die Schließung von Bibliotheken, Schwimmbädern und sozialen Einrichtungen, den Debatten um Rentenniveau, Rentenbeiträge und Renteneintrittsalter sowie die Kostenkrise im Gesundheitswesen wird dem erschrockenen Zeitungsleser und Fernsehzuschauer zunehmend unklar, inwiefern diese verschiedenen Tatbestände eigentlich miteinander zusammenhängen und warum.

Genau diese Unklarheiten und dumpfen Ängste um Job und Existenzsicherung, die sich breit machen, nutzt nun die medienwirksam in die Ecke gedrängte Schröder-Regierung, um einen grundlegenden Bruch mit den bisherigen sozialstaatlichen Rahmenbedingungen zu inszenieren und den massivsten Angriff auf Lebensstandard, soziale Rechte und Absicherungen der Lohnabhängigen seit Bestehen der BRD zu starten. Kommen sie damit durch, wird es zwar möglicherweise die Sozialdemokratie im bisherigen Sinne nicht mehr geben und werden wohl auch die DGB-Gewerkschaften als Co-Manager und soziale Moderatoren des Spannungsverhältnisses von Kapital und Arbeit ausgedient haben, sie werden aber die historische Mission erfüllt haben, die ihnen im beginnenden 21. Jahrhundert zukommt, nämlich den nachholenden Modernisierungsschub des deutschen Kapitalismus in Richtung auf Entgrenzung der Arbeitszeiten, Radikalisierung der Ausbeutungsverhältnisse, Neuregulierung und Entrechtlichung des Arbeitsmarktes, Verallgemeinerung und Vertiefung des Kapitalverhältnisses, mit dem kleinstmöglichen Widerstand seitens der Lohnabhängigen umgesetzt zu haben oder zumindest (was gegenwärtig auch eine Option zu sein scheint) mit der Debatte über den „Reformstau“ im Sozialsystem der BRD eine Steilvorlage für eine sie demnächst ablösende marktradikal runderneuerte CDU/CSU zu liefern. Dass gerade die „Beißhemmung“ der DGB-Gewerkschaften gegenüber einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung von der diese sich 1998 eine gewisse Machtteilhabe versprochen haben mögen, einer der Gründe ist, warum diese Aufgabe ausgerechnet Schröders desolater Mannschaft zukommt und nicht den Führungsriegen von CDU/CSU und FDP, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben.

Die drakonischen Maßnahmen, die nun zur Diskussion stehen, sind jedoch nicht einfach „soziale Grausamkeiten“, ausgeführt von einer orientierungslosen und unfähigen Regierung, die sich nicht anders zu helfen weiß um aus ihrem Umfragetief herauszukommen, somdern die vom Kapitalinteresse her notwendige Reaktion auf eine tiefgreifende Krise der Lohnarbeit, die sich u.a. in den seit Jahren konstant hohen Erwerbslosenzahlen manifestieren, die eben – und soviel haben Regierung und Unternehmerlobby inzwischen begriffen – Ausdruck einer strukturellen, nicht in erster Linie einer konjunkturellen Krise sind.  Im Übergang vom Fordismus zum Postfordismus und der damit einhergehenden Fragmentierung, Ausdiffferenzierung und Deterritorialisierung der Loharbeitsverhältnisse haben sich die Grenzen zwischen direkter Lohnarbeit und selbständiger Arbeit, formell dokumentierter und informeller Arbeit und vor allem zwischen für den Arbeitsmarkt verfügbarer Arbeit und „Nicht-Arbeit“ seit den frühen achtziger Jahren soweit verwischt, die Nischen und Fluchtreaktionen aus dem System der Lohnsklaverei soweit geöffnet, dass, bei gleichzeitig steigenden Erwerbslosenquoten die Reproduktion der LohnarbeiterInnenklasse als Klasse gefährdet schien. Die aus dem „Normalarbeitsverhältnis“ „freigesetzten“ Menschen, vor allem jüngere, denen die kapitalistische Arbeitsethik nicht mehr in dem Maße ansozialisiert wurde, wie den gewerkschaftlich und industrialistisch geprägten ArbeiterInnengenerationen vor ihnen, haben in vielen Fällen das getan, was ihnen der gesunde Menschenverstand eingab, nämlich: sind der Zwangsjacke eines Fulltime-Jobs mit Arbeitshetze, Betriebsethos, Mobbing, nervenden Vorgesetzten, Konkurrenz etc. aus dem Wege gegangen soweit es nur ging. Das entstehende Netzwerk unterschiedlichster „selbständiger“, „freier“ oder Teilzeitbeschäftigungen, Jobs auf Zeit, die gewechselt werden wenn der Druck am Arbeitsplatz steigt etc. hat das Kapital zwar innerhalb kurzer Zeit wiederum für sich absorbieren können um es einzubinden in veränderte Produktionsabläufe („Lean Production“, „Just-intime“-Produktion“, zumal sich herausstellte, dass es wesentlich effektiver ist, zusätzlich zur reinen körperlichen Arbeitskraft durch die Schaffung von netzwerkförmigen Produktionsstrukturen, Qualitätszirkeln, „abgeflachten Hierarchien“ und dem Anschein von Autonomie der Lohnabhängigen im Arbeitsprozess die diese vermitteln,  auch die Kreativität und Innovationsfähigkeit von Lohnabhängigen zu kaufen, als achteinhalb Stunden täglich stumpfsinnige Fließbandarbeiten ausführen zu lassen. Die kostenintensiven Hierarchien, Überwachungs- und Disziplinierungsapparate konnten teilweise abgeschmolzen werden, die Arbeitsorganisation deutlich flexibler gestaltet werden.

Der Sozialpsychologe Holger Heide fasst diesen Umstrukturierungsprozess folgendermassen zusammen:

Die im fordistischen System von Kommando und Kontrolle herrschende Unfreiheit am Arbeitsplatz wurde dadurch kompensiert, dass der latente, bisweilen auch offene Widerstand der ArbeiterInnen und Angestellten sich in steigenden Löhnen, verbesserten sozialen Sicherungen und der Erwartung weiterer Verbesserungen niederschlug. Die arbeitenden Menschen suchten ihre »Freiheit« im Konsum und damit unter den Bedingungen der Warenförmigkeit zu verwirklichen. Sie banden sich an das kapitalistische System und dessen fundamentale Maßlosigkeit. Auf den wachsenden Widerstand, der nicht mehr durch Kompensation aufgefangen werden konnte, reagierte das Kapital mit einer groß angelegten Restrukturierung: Flexibilisierung in allen Dimensionen und auf allen Ebenen.1

In der Praxis jedoch bedeutete das die Notwendigkeit, einerseits ein ausreichend großes Reservoir von qualifizierten FacharbeiterInnen zur Verfügung zu haben, die bereit und in der Lage sind, die damit verbundene massive Verdichtung der Arbeitszeit hinzunehmen und andererseits, auf ein funktionierendes Netz von unqualifizierten und prekären Zulieferarbeiten zurückgreifen zu können, die unerlässlich sind um die Produktionsketten am Laufen zu halten. Was dabei für den klassischen industriellen Sektor gilt, ist in noch stärkerem Maße für die neuen Dienstleistungsindustrien der „New Economy“ erforderlich. Wie aber lassen sich die working poor rekrutieren, deren Arbeitskraft als Schmierstoff der kapitalistischen Maschinerie gebraucht wird, wenn noch genügend Nischen vorhanden sind, um dem ökonomischen Zwang zur Lohnarbeit, wenn auch um den Preis eines erbärmlich niedrigen Lebensstandards, zu entkommen?

Auf der Basis des bestehenden, von der Krise des Fordismus geprägten Arbeitsmarktes konnte sich in Deutschland, wie auch in einigen anderen westeuropäischen Ländern, etwa Österreich oder Frankreich, kein stabiles Modell der kapitalistischen Arbeitsorganisation entwickeln, das den fordistischen Taylorismus hätte beerben können und dessen Produktionsabläufe sich nicht in der Gefahr der Destabilisierung durch Arbeitskräftemangel, relativ strikt begrenzte Arbeitszeiten (den Normalarbeitstag eben) , und – in der Tat – einen unverschämt hohen, geradezu sozialstaatlich hohen, Preis der Ware Arbeitskraft befunden hätten. Zwar – und da sollte mensch sich keine Illusionen machen, kommen die heutigen Vorschläge und Vorlagen zur „Sozialreform“ nicht von ungefähr. Bereits das erste „Bündnis für Arbeit“ war zwar 1996, noch unter der Kohl-Regierung, auf Bundesebene gescheitert. Aber:

„Was hinsichtlich der weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf Bundesebene nicht klappte, haben betriebliche und regionale Bündnisse erledigt: Lohnverzicht und Lohnsenkungen, Absenkung der unteren Lohngruppen durch Lohndifferenzierung, Pausenkürzungen, Arbeitsverdichtung, Einstiegslöhne für Langzeitarbeitslose bis zu 20 % unter Tarif , Streichung bzw. Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Streichung bzw. Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Einführung von Karenztagen oder Anrechnung von Krankheitstagen auf den Jahresurlaub, Senkung der Ausbildungsbezüge um bis zu 30 Prozent, Streichung der Zuschläge für Samstagsarbeit und unbezahlte Überstunden durch Arbeitszeitflexibilisierung mit Arbeitszeitkonten, Samstagsarbeit als Regelarbeitszeit, Umwandlung von Normalarbeitszeit- in Teilzeitarbeitsverhältnisse, Fortschreibung befristeter Arbeitsverträge ("Kettenverträge") sowie weitere Verschlechterung des Kündigungsschutzes. Und ganz findige Arbeitgeber versuchen schließlich, die verbliebenen Belegschaften dennoch mit Zielvereinbarungen und Gewinnbeteiligungen zu motivieren, denn ohne ein "noch-Mehr" an Engagement der Beschäftigten sei die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht möglich, so Arbeitgeberpräsident Hundt.“2

Es hatten sich also schon in den letzten sieben Jahren einige Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ereignet, die das jetzige Radikalprogramm vorbereitet haben und – teilweise unkritisch, teilweise auch mit Zähneknirschen – von den Gewerkschaften und den von ihnen kontrollierten Betriebsräten vor Ort akzeptiert wurden. So sehr diese schleichenden Verschlechterungen der Situation der Lohnabhängigen aber die betrieblichen Realitäten verändert haben, ein Motor der Modernisierung der kapitalistischen Arbeitsorganisation konnten sie nicht sein. Es fehlte der große Wurf, der Showdon gegen die Gewerkschaften und das auf die Sicherung seiner Freiheiten, Absicherungen und Standards gerichtete ArbeiterInnenbewußtsein, wie es ihn in anderen Ländern bereits vor etlichen Jahren gegeben hatte, z.B. mit dem großen Bergarbeiterstreik von 1984 in Großbritannien, mit dessen Niederlage die britische Gewerkschaftsbewegung entscheidend geschlagen wurde und wovon ausgehend Margaret Thatcher und ihren Nachfolgern gravierende Veränderungen des Arbeitsmarktes und der Verfügbarkeit der Arbeitskraft ermöglicht wurden. Die am Horizont aufscheinenden rezessiven Tendenzen der späten neunziger Jahre taten ein übriges um den Optimismus der postfordistischen Modernisierer zu dämpfen und ihre Projekte ins Wanken zu bringen (wer z.B. spricht heute noch von Toyotismus, dem Zauberwort der frühen neunziger Jahre zur Kennzeichnung der angestrebten Radikalkur für die industriellen Fertigungsabläufe vor allem in der Autoindustrie?).

Darum wurden in manchen Branchen bereits auch die Just-in-time-Produktionsabläufe wieder zurückgefahren, etwa in der Autoindustrie, wo in der BRD außer dem Opelwerk in Eisenach kaum noch eines der Musterbeispiele für eine „moderne“ Fabrik übriggeblieben ist. Die innere Krise und die verschärfte innerimperialistische Konkurrenz wirkten in den letzten Jahren zusammen, um den Modernisierungsdruck auf das deutsche Kapital und seine Regierung drastisch zu erhöhen, deren anstehende Aufgaben damit auf die Tagesordnung gesetzt wurden:  die Grenzen des Arbeitstages zu sprengen, den Preis der Ware Arbeitskraft spürbar zu senken, was unter anderem heißt, sie jederzeit und an jedem Ort im Übermaß verfügbar zu machen, und den vom „rheinischen Kapitalismus“ übernommenen Sozialklimbim radikal zu eliminieren. 

2. Neue Arbeitsverhältnisse und Arbeitszeiten: Ausweitung der Lohnarbeit in alle gesellschaftlichen Bereiche hinein  

Entgegen den modischen Thesen, vom „Ende der Arbeitsgesellschaft“ die noch vor wenigen Jahren in weiten Teilen der Linken in aller Munde waren, hat demnach, trotz des Zerfalls der „Normalarbeitsverhältnisse“ und einer formell registrierten  Massenerwerbslosigkeit, wie es sie in Deutschland seit Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nicht mehr gegeben hat, die Lohnarbeit nicht ausgedient, sie hat sich lediglich diversifiziert, entrechtlicht und zeitlich wie örtlich entgrenzt. Diesen Prozess zu steuern und den notwendigen ökonomischen Druck zu ermöglichen, durch den Arbeit nicht nur allgegenwärtig, sondern auch wieder fassbar und lückenlos den Alltag und das Alltagsbewusstsein bestimmend wird, ist zur Überlebensfrage für das Kapital geworden. Und wirklich geht es nicht nur darum, alle irgendwie Arbeitsfähigen in irgendwelche Lohnarbeitsverhältnisse zu bekommen, sondern auch die Kontrolle über den Arbeitstag und die geleistete Arbeit lückenlos zu machen. Das verstärkte Leiden an der Arbeit, der erhöhte Druck auf Beschäftigte in nahezu allen Branchen ist unübersehbar und ist die für die Lohnabhängigen am deutlichsten spürbare Nebenwirkung der angestrebten Erhöhung der Produktivität. Die in diese Richtungen gehenden politischen Bemühungen wurden von BDI und anderen seit Jahren lanciert und scheinen die sozialdemokratische Bundesregierung auch zunehmend zu beschäftigen. Dazu gehört auch, die Beschäftigungsverhältnisse überhaupt erst einmal zu schaffen, mit denen sich ein flächendeckender Niedriglohnsektor etablieren lässt. Die Privatisierung und Auslagerung aller möglichen, bisher im Rahmen des öffentlichen Dienstes angelegter Dienstleistungen, war eine notwendige Voraussetzung dafür. Eine weitere stellt die Verabschiedung der Hartz-Gesetze dar. Denn genau so wie der „freie“ Lohnarbeiter nicht wie Phönix aus der Asche der feudalistischen Produktionsweise empor stieg, sondern seine Entstehungsgeschichte durch massive Gewalt gekennzeichnet war, so lassen sich natürlich auch nicht die neuen Arbeitsverhältnisse ohne repressive Maßnahmen durchsetzen. Hier setzen die Vorschläge der Hartz-Kommision an, wenn es um die Disziplinierung der Subjekte und deren Unterwerfung unter das postfordistische Akkumulationsregime geht. Drei prägnante Beispiele seien hierzu kurz genannt. 1.) Umkehrung der Beweislast: Erwerbslose müssen nun nachweisen, dass ein Job ihnen nicht zumutbar ist, andernfalls müssen sie bei Ablehnung eines solchen „Angebots“ mit drastischen Kürzungen der Bezüge rechnen.2.) Ist jemand bei einer PSA beschäftigt, so muß er in den ersten sechs Monaten jeden Job übernehmen. Tut er dies nicht muss er mit dem Verlust des Arbeitslosengeldes rechnen. 3.) Generell soll es Arbeitslosengeld nur noch in Verbindung mit erzwungener Arbeit geben.

 Jedem denkenden Menschen muss klar sein, dass durch die neuen Möglichkeiten, die Hartz den Unternehmen bietet, wohl kaum neue Arbeitsplätze geschaffen werden, im Gegenteil: durch sie wird der Abbau von tariflichen Beschäftigungsverhältnissen innerhalb der Unternehmen forciert, alle Tätigkeiten eines Unternehmens, für die nicht hohe Qualifikation, Berufserfahrung und enge Betriebsbindung erforderlich sind, können theoretisch in Zukunft an „Personal-Service-Agenturen“ vergeben werden, was Lohnkosten, tarifliche Leistungen, Festanstellungen und eventuell Ärger mit Betriebsrat und Gewerkschaft spart. Der Tenor der Unternehmerforderungen , die auch in verschiedenen Paketen jetzt umgesetzt werden, lautet: Der Kündigungsschutz muss ausgehebelt werden (auch für Schwerbehinderte). Zeit- und Leiharbeit muss ausgeweitet werden. Der informelle Sektor (vulgo: „Schwarzarbeit“), der nach vorsichtigen Schätzungen 15 – 20% aller Arbeitsstunden in der BRD ausmacht, muss legalisiert werden und zwar indem legale Arbeitsverhältnisse ermöglicht werden, die kaum noch einer arbeitsrechtlichen Regelung unterliegen, außer eben derjenigen, dass sie dokumentiert sind. Die Öffnungszeiten im Einzelhandel müssen deutlich ausgeweitet werden (ab Juni Samstag bis 20 Uhr) und mittelfristig alle Begrenzungen aufgehoben werden, was zwar niemandem einen neuen Arbeitsplatz mit erträglichem Lohn schaffen , aber die Auflösung tariflicher Standards und Prekarisierung in diesem Bereich massiv vorantreiben wird und deutliche Auswirkungen auf ebenfalls flexibilisierte Arbeitszeiten in den Zulieferindustrien haben wird. Und nicht nur in diesen: welchen Sinn macht es wohl, Bibliotheken, Schwimmbäder und ähnliche Einrichtungen von 9 Uhr morgens bis 18 oder auch 20 Uhr geöffnet zu halten, wenn demnächst ohnehin ein beträchtlicher Teil der potentiellen Nutzer (oder zeitgemäßer: Kunden) innerhalb dieses Zeitkorridors einer Lohnarbeit nachgehen? Druck muss ausgeübt werden um die personellen Lücken im neu entstehenden Billiglohnsektor mit Lohnabhängigen zu füllen, denen keine andere Wahl bleibt, als sich nachts für 5 – 6 Euro pro Stunde an eine Ladenkasse zu stellen. Absurde Vorschläge wie der vor kurzem lancierte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nach einer generellen Halbierung des Sozialhilferegelsatzes (auf dann weniger als 140,- Euro monatlich plus Mietzuschuss) sind zwar wohl eher als gezielte Provokationen zu werten denn als ernst gemeinte Artikulation von Aushungerungsphantasien, zeigen aber deutlich, in welche Richtung gedacht wird.

Ein weiterer Aspekt der Umstrukturierung der kapitalistischen Arbeitsorganisation ist die Individualisierung der LohnarbeiterInnen in vielen Bereichen, vor allem in Dienstleistung, Transport und Informationsbranche als selbständige ArbeiterInnen oder „Arbeitskraftunternehmer“(AKUs), wie es bürgerliche Industriesoziologen schamhaft nennen. Das was wir seit kurzem unter dem Slogan der „Ich-AG“ aus den Nachrichten mitbekommen, esxistiert schon in anderer Form und bestimmten Nischen der Dienstleistungsbranchen seit den achtziger Jahren und hat in der BRD seit dem Zusammenbruch der ostdeutschen Arbeitsgesellschaft Massencharakter erhalten. Welche Auswirkungen diese, uns demnächst überall begegnende Form der Lohnabhängigkeit auf die Beschäftigten und ihre Erfahrung von Herrschaft, Autonomie und Disziplinierung im Arbeitsprozess hat, darüber gibt es inzwischen auch schon erste industriesoziologische Studien und deren kritische Aneignung:

Voß und Pongratz kennzeichnen die neue Arbeitskraftstrategie auf betrieblicher Ebene als "fremdorganisierte Selbstorganisation". Der Arbeitskraft fallen zwar einerseits erweiterte Freiräume und ein gewisses Maß an Autonomiegewinnen zu, andererseits wird jedoch der Leistungsdruck ganz im Sinne eine "management by stress" massiv erhöht. Selbstkontrolle und Selbstdisziplinierung stehen stärker im Vordergrund. Von den Arbeitskräften wird unternehmerisches Denken verlangt. Vor der Hoffnung, diese neuen Freiräume zu nutzen, steht jedoch die Einsicht, dass weder betriebliche Herrschaftsverhältnisse noch Ausbeutung verschwinden. Im Gegenteil: Die Ausbeutung durch die Unternehmer wird durch die Selbstausbeutung der Arbeitskräfte ergänzt. Während der proletarische Lohnarbeiter des Frühkapitalismus seine Arbeitskraft als "Roh-Stoff" lieferte, und die verberuflichte ArbeitnehmerIn Teil einer an standardisierte Berufsformen gebundenen "Massenware Arbeitskraft" war, liefert der AKU des Postfordismus sich und seine Arbeitskraft als "veredeltes Halbfertigprodukt".3

Die Krise der Lohnarbeit, als Modernisierungskrise der kapitalistischen Arbeitsorganisation im Übergang vom Fordismus zu einem bisher eher diffusen postfordistischen Akkumulationsregime, wird also durch Regierung und Kapital gemeistert, indem ein verallgemeinerter Arbeitszwang etabliert wird, der durch die Auflösung der fordistischen Kommandostruktur der Fabrik nur noch totaler und repressiver ist, weil die bisher erprobten Formen kollektiven Widerstands etwa für selbständige ArbeiterInnen und prekäre Teilzeit- oder PSA-JobberInnen weitgehend wegfallen und dem Kapital im Kampf um die Kontrolle der Lebenszeit der Lohnabhängigen keine Grenzen mehr gesetzt werden. Den freien Sonntag als Allgemeingut, als geschützten Raum zur Wiederherstellung der Arbeitskraft, gibt es schon seit Jahren nicht mehr, Sonntagsarbeit als Regelfall durchzusetzen, wird das nächste Ziel sein. Verfügbar zu sein, nicht nur an fünf Tagen in der Woche von 9 bis 17 Uhr sondern täglich rund um die Uhr, wann immer es erforderlich sein mag, ist die eigentliche Forderung, die hinter der Debatte um erweiterte Ladenöffnungszeiten und die „Dienstleistungshölle Deutschland“ steht. Lohnarbeit in bestimmten Situationen auch am heimischen Computer zu verrichten, ohne dafür ein Großraumbüro aufsuchen zu müssen, ist eine Errungenschaft der IT-Branche und anderer neuer Dienstleistungsindustrien. Es handelt sich bei diesem Komplex um die möglichst vollständige Auflösung jedes von Arbeit für das Kapital freien Schutzraumes, sowohl örtlich als auch zeitlich. Thomas Seibert konstatiert denn auch: 

„(...)wenn der selbstständige Arbeiter der Spaltung zwischen Arbeitszeit und Lebenszeit und der Einsperrung in die Fabrik entkommen ist, so letztlich nur deshalb, weil die Fabrik die ganze Zeit und den ganzen Raum der Existenz durchdrungen hat, und zwar nicht nur der individuellen Existenz, sondern der sozialen Existenz. Insofern gilt das, was von der selbstständigen Arbeit im informellen Sektor gesagt werden kann, auch von der modernisierten Lohnarbeit: Auch hier wird das alte Kommando – der Ausschluß der Subjektivität unter der Disziplin der Maschinerie – abgelöst durch ein Kommando, das in die Subjekte selbst hineinverlegt wird(...)“4  

Karl Heinz Roth brachte bereits 1998 auf den Punkt welche Strategie dieser Transformation von Arbeitsverhältnissen, flankiert durch eine massenhafte Erwerbslosigkeit, die auf all diejenigen, die sich unter, welchen Bedingungen auch immer, in einem Arbeitsverhältnis befinden einen disziplinierenden Einfluß ausübt und durch eine Demontage der Sozialversicherung, die die ArbeiterInnen dazu zwingt sich in den untersten Segmenten des Arbeitsmarktes zu verdingen oder in direkte Zwangsarbeitsverhältnisse presst, zugrunde liegt:

„Alle diese Veränderungen dienen nur einem einzigen Ziel: der extensiven und intensiven Steigerung der Ausbeutungsraten als Quellen der Abpressung von Mehrwert.“5

Wenn wir aber nur noch Arbeitsmonaden sind, deren „Freizeit“ flexibel irgendwann zwischen zwei jederzeit veränderbaren Schichten zu verbringen ist, oder auch von der Lohnarbeit gar nicht mehr zu trennen ist, weil das eine qua „Selbständigkeit“ und „Selbstmanagement“ nahezu bruchlos ins andere verzahnt ist,6 entfällt eine Grundlage bisheriger Sozialbeziehungen. Wenn eine politische  Gruppe, Gewerkschaftsgruppe oder auch ein Kegelverein, ein Stammtisch, ein Fanclub, ein Laienchor seine Treffen eben nicht mehr irgendwann in der Woche um 19.30 Uhr oder 20 Uhr anberaumen kann, weil die Hälfte der Mitglieder zu dieser Zeit noch arbeiten, wenn kulturelle Veranstaltungen, Kinobesuch (warum wohl bieten die meisten Kinos in den letzten Jahren vermehrt Spätvorstellungen an?) in der bisherigen Form ein echtes Organisationsproblem darstellen, dann muß sich der Aufbau und Erhalt von Sozialbeziehungen (ohne die wir nun mal nicht leben können) Freizeit- oder politischen Aktivitäten in anderen Formen entwickeln, was bisher aber erst in Fragmenten sichtbar wird. Es sei nur angedeutet, dass die so massive Nutzung des Internets augenscheinlich nicht nur der Faszination der Technik und ihrer Möglichkeiten der Informationsbeschaffung geschuldet sind, wie auch der wieder verstärkt zu beobachtende Trend zu Ehe und bürgerlicher Kleinfamilie offensichtlich nicht nur Ergebnis des reaktionären neokonservativen Rollback der neunziger Jahre ist, sondern auch eine Flucht in vermeintlich verlässliche und beständige Beziehungsnetzwerke in Zeiten der Atomisierung sozialer Kommunikationsstrukturen. Vorerst bleibt allenfalls zu konstatieren, dass die gesundheitlichen, sozialen und psychosozialen Folgekosten des unbegrenzten Arbeitstages und des verallgemeinerten Arbeitszwanges enorm sein werden, was anschaulich dort studiert werden kann, wo er bereits durchgesetzt ist, etwa in den Niederlanden.

3.Niederlande: Flexi-Jobs aus der Wundertüte

Wenn es um Patentrezepte zur Überwindung der hohen Erwerbslosigkeit geht, ist mensch vielerorts schnell mit dem niederländischen „Jobwunder“ zur Hand. Dieses „Jobwunder“ dient geradezu als Phrase die alles und zugleich nichts erklärt. Grund genug, einen kurzen Blick auf den Inhalt zu werfen, mit dem die Wundertüte des niederländischen Poldermodells gefüllt ist.

Tatsächlich ist die offizielle Erwerbslosenquote in den Niederlanden erstaunlich niedrig und lag 1998 bei 4%. Dies erstaunt umso mehr vor dem Hintergrund der Tatsache, daß seit 1982 die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden ungefähr gleich geblieben ist. Hierin kommt zum Ausdruck, dass 40% aller Arbeitsplätze Teilzeitjobs zu Teilzeitlöhnen sind.

Auch die  Anzahl der befristeten Jobs macht einen hohen Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitsverhältnisse aus und beläuft sich auf mehr als 10%. Zudem sind 40% aller neu geschaffenen Stellen befristet. Um die Hälfte aller Stellen sind extrem flexibilisiert, insofern sich der Einsatz der Arbeitskräfte nach den Maschinenlaufzeiten richtet. Diese Strategie ist vor allem auf die Erhöhung der Arbeitsproduktivität ausgerichtet. In der Tat ist die Produktivität zwischen 1982 und 1990 um 20% gestiegen, während die Löhne im gleichen Zeitraum stagnierten.

Neben der Erhöhung der Produktivität ist dieser Flexibilisierung aber auch eine Erhöhung des physischen wie psychischen Drucks auf die „ArbeitnehmerInnen“ zuzuschreiben. Während 1982 nur 35% über Arbeitsstress klagten, sind es mittlerweile über 60%. Hans Boot, Dozent für Arbeitspsychologie in Amsterdam, schreibt dazu: „Arbeitsstress, arbeitsbedingte Krankheiten und Unfälle sind kein zufälliges Nebenprodukt mehr, sondern strukturelles Kennzeichen der Arbeit.“7 Der Anteil der 17% Arbeitsunfähigen an der Erwerbsbevölkerung unterstreicht die Richtigkeit dieser Aussage.

Zählt mensch nun die Arbeitsunfähigen, in absoluten Zahlen immerhin 900.000, die Frühverrenteten und  die Menschen die in subventionierten Beschäftigungsverhältnissen geparkt werden, insgesamt auch noch mal 180.000, zusammen, so beträgt die Zahl der Erwerbslosen satte 22%. Der Mythos vom niederländischen Jobwunder basiert also vor allem auf dem Outsourcing „unproduktiver“ Menschen.

Legt mensch diese Fakten zugrunde, so läßt sich unschwer erahnen was den Apologeten des Neoliberalismus und der „Neuen Mitte“ vorschwebt, wenn sie von dem niederländischen Modell als dem Universalschlüssel schwärmen. Ein System in dem hochflexibilisierte Individuen bereit sind ihre Arbeitskraft jederzeit und  zu jeder Bedingung dem kapitalistischen Verwertungsprozess unterzuordnen oder andernfalls durch den sozialen Rost fallen.

4. Renten-und Gesundheitssystem als Garant der ständigen Verfügbarkeit der Ware Arbeitskraft

Wäre noch zu ergänzen, dass die Debatten um die Reform des Gesundheitssystems wie auch um die Zukunft der Renten dem selben Ziel dienen wie die vordergründigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen durch Hartz und Agenda 2010. Verfolgt mensch die Debatte, um die „Krise des Sozialstaats“, der letzten Monate, so scheint die sogenannte „Rentenfrage“ und die paritätische Finanzierung des Krankengeldes zum existentiellen Problem, in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland, werden.

Die immer wieder heraufbeschworene Gefahr des Zusammenbruchs des Rentensystems geht dabei stets mit der gebetsmühlenartig heruntergespulten Litanei von der demographischen Entwicklung einher. Kern dieses Arguments ist, dass auf zu wenig arbeitende Menschen zu viele Rentner kämen. Im Klartext: immer länger lebenden Menschen stehen immer weniger gebärfreudige Menschen gegenüber.

Tatsache ist, dass, gegenwärtig, auf hundert Einwohner in der Bundesrepublik im Alter zwischen 20 und 60 Jahren vierzig über 60 kommen und legt mensch die gegenwärtige Tendenz zugrunde wird sich dieses Verhältnis in den nächsten Jahren weiter zugunsten der über 60jährigen verschieben. Das Problem scheint also klar auf der Hand zu liegen - die Rentenkassen können nicht mehr finanziert werden. Doch schnell ist mensch, aus den Reihen von Sozialdemokratie und Grünen, mit den diversen Universalschlüsseln zur Stelle. Das Instrumentarium des sogenannten  „Nachhaltigkeitsfaktors“ soll den Einstieg in eine Zusatzrentenversicherung ermöglichen, die, möglicherweise, ab 2005 verpflichtenden Charakter haben könnte. Durch die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes soll der Gang in die Frührente erschwert werden und natürlich sollte das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre steigen.

Auch wenn viele dieser Vorschläge noch nicht vor einer unmittelbaren Umsetzung stehen und Professor Rürup, aufgrund einiger allzu forscher Äußerungen, erst mal zurückgepfiffen wurde, wird hier eindeutig das ideologische Feld für eine grundsätzliche „Neujustierung“ des Rentensystems bereitet.

Die simple Milchmädchenrechnung- es gibt zu viele Greise gegenüber zu wenig Malochern- unterschlägt allerdings völlig den Faktor der Produktivität. Diese ist nämlich in den neunziger Jahren um 2-2,5% gestiegen. D.h. dass eine Verschiebung von weniger arbeitenden Menschen hin zu mehr Rentnern mehr als aufgefangen wird.

Desweiteren mutet es allerdings bizzar und absurd an, wenn vor dem Hintergrund eines gleichzeitig laut skandalisierten Arbeitsplatzmangels das Problem darin gesehen wird, daß die Menschen nicht lange genug im Arbeitsprozeß stehen. (aber auch dafür gibt es eine Erklärung - dazu aber später)

Das Argument das gegen die Weiterführung der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung genannt wird, dürfte genau so sattsam bekannt sein wie der permanente Verweis auf die demographische Entwicklung in der Rentendebatte: Die Lohnnebenkosten seien zu hoch und somit sei, wieder einmal, die Konkurrenzfähigkeit des Standortes Deutschland nicht gegeben. Die entsprechende Roßkur dagegen soll nun, u.a., die Streichung des Unternehmeranteils am Krankengeld und die private Vorsorge für Krankheiten und Unfälle, die nicht unmittelbar aus dem Arbeitsprozeß resultieren (z.B. Zahnersatz), sein. Wurden bisher ArbeitnehmerInnen in den ersten sechs Wochen ihrer Krankheit durch den Arbeitgeber weiter mitbezahlt, sollen nun die Kosten allein von den ArbeitnehmerInnen, vermittelt über die Krankenkassen, getragen werden, was im Grunde die Menschen dazu nötigt wiederum Zusatzversicherungen abzuschließen, die, netterweise, dann von den gesetzlichen Krankenkassen angeboten werden. Auch in diesem Zusammenhang ist es nicht verkehrt auf die Produktivität zu verweisen, wie Mag Wompel es tut: „Doch selbst wenn es nicht um unser aller Wohl, sondern die Wettbewerbsfähigkeit des Landes geht: Für den Unternehmer sind nicht die Lohnnebenkosten, sondern die Lohnstückkosten, also die Arbeitskosten je produzierter Einheit, entscheidend. Und diese liegen in Deutschland-dank der hohen Arbeitsproduktivität- sehr viel tiefer als beispielsweise in den USA, Japan und den meisten europäischen Ländern. Tatsache ist, daß Deutschland bei der Entwicklung der Lohnstückkosten die zweifelhafte Ehre des Dumpingweltmeisters gebührt.8 Darüber hinaus stellt sich auch die Frage wie eigentlich die Kosten im Gesundheitsbereich so horrend sein können, wenn gleichzeitig die Anzahl der Krankheitstage im Jahre 2002 in der Bundesrepublik ihren niedrigsten Stand seit 1945 erreicht hat.

Natürlich kann sich eine linksradikale Kritik an der Transformation der Sozialsysteme nicht mit irgendwelchen Verweisen auf die Lohnstückkosten begnügen, will sie sich nicht in den Fallstricken eines Standortnationalismus verfangen, wie im Falle der Gewerkschaften. Die Kapitalstrategie die dem zugrunde liegt, wird nur erfaßt, wenn mensch diese Maßnahmen in den Kontext der Restrukturierung der Lohnarbeit und der Radikalisierung der Ausbeutungsverhältnisse stellt. Es geht auch in diesem Falle primär um die Erhöhung der Ausbeutungsrate und die ständige Mobilisierbarkeit der Ware Arbeitskraft im Sinne des kapitalistischen Kommandos.

Eine Erhöhung der Ausbeutungsrate wird, in diesem Falle, erreicht über die Senkung der Lohnquote, denn die Befreiung der Unternehmer von den Beitragszahlungen und die Nötigung zur zusätzlichen Versicherung stellt de facto eine Minderung des Nettolohns dar.

In puncto ständige Mobilisierbarkeit der ArbeitnehmerInnen sollen die hier andiskutierten Maßnahmen garantieren, dass mensch, auch in hohem Alter, bereit ist Arbeit zu den prekärsten Bedingungen anzunehmen. Auch wird er es sich zwei Mal überlegen, ob er im Krankheitsfalle zu Hause bleibt, wenn er weiß, dass die Lohnfortzahlung nicht gesichert ist.

In diesem Zusammenhang soll der Umbau des Sozialstaats auch das leisten, wozu die Sozialsysteme in ihrer bisherigen Form nicht in der Lage waren: Die Verinnerlichung des postfordistischen Arbeitsethos. Die Disziplinierung der Subjekte erfolgt allerdings nicht mehr, wie in früheren Zeiten, über Arbeitshäuser oder „Bauernlegen“, sondern durch den Zwang zur Arbeit der durch ein repressives Sozialsystem organisiert wird.

5. Die Antworten der DGB-Gewerkschaften: Keynes aus der Mottenkiste

Welche Rolle spielen in diesem Dramolett nun die DGB-Gewerkschaften? Ihre Isolierung ist ein lehrreiches Beispiel dafür, wie Regierung und Kapital sich der bisherigen „Sozialpartner“ entledigen, die sowohl in ihrer Funktion der Disziplinierung der LohnarbeiterInnen und der Kanalisierung von Kämpfen in den postfordistischen Produktionsnetzwerken überflüssig geworden sind, wie auch in ihrer Rolle als institutionelle Gegenmacht der ArbeiterInnen ausgeschaltet werden sollen. Es ist wieder populär geworden, den Gewerkschaften die Rolle des sogenannten „Strukturkonservativen“ zuzuschieben. Als notorische Bremser entlarvt scheinen sie dem nationalen Schulterschluß entsagen zu wollen.

Das ist auch durchaus verständlich, denn auch die, seit Jahrzehnten auf Kuschelkurs mit der Sozialdemokratie getrimmten Gewerkschaftsführungen (deren Protagonisten ja größtenteils auch immer nach das Parteibuch der SPD in der Tasche haben) begreifen inzwischen was gespielt wird – und das es um ihre Existenz geht.

Schaut mensch jedoch hinter die Kulissen dieses medial aufgeblasenen Popanz, so stellt sich der „vehemente“ Widerstand der Gewerkschaften nur als verschämtes Hervorkramen alter keynesianischer Notrationen garniert mit etwas Sozialstaatsglorifizierung und Arbeitsfetisch dar. Der Widerstand der gewerkschaftlichen FunktionsträgerInnen (der offensichtlich vom grösseren Teil der Basis gar nicht unterstützt wird) ist ja auch nicht ein kampf um soziale Rechte an sich, sondern wird um die Bewahrung der institutionellen Machtposiutionen geführt, welche die DGB-Gewerkschaften in der fordistischen Fabrik wie auch in den Institutionen der Arbeitsverwaltung und in den Aufsichtsräten innehatten und die zunehmend keine reale Machtbasis mehr darstellen, weil der Gegenstand, eben die Mitgestaltung, das Co-Management in der fordistischen Arbeitsorganisation größtenteils entfällt. Also ist es kein Wunder, wenn die Alternativen der um ihr Überleben kämpfenden Gewerkschaftsbürokratie in erster Linie Ideen zur Wiederherstellung der alten sozialstaatlichen Regulirung des Arbeitsmarktes sind.

So sei, laut IG-Metall Vorsitzenden Zwickel, das Gebot der Stunde, eine Investitionsoffensive zu starten, um somit die Nachfrage anzukurbeln. Ähnliches lässt auch DGB-Chef Sommer verlautbaren und meint, die Massenarbeitslosigkeit dadurch bekämpfen zu können, dass man die Investitionshilfen verstärkt.  Diese Beschwörung keynesianischer Fragmente als Patentrezepte läßt unschwer erkennen, daß mensch sich in den hauptamtlichen Apparaten der Gewerkschaften und der links-etatistischen Sozialdemokratie, der natürlich auch die PDS zuzurechnen ist, nichts sehnlicher wünscht als ein Zurück in die vermeintlich gute alte Zeit des Sozialkorporatismus der 70er Jahre, verbunden mit nostaligischen Reminiszenzen an die fordistische Fabrikgesellschaft. Dies verkennt jedoch, dass es gerade das Scheitern keynesianischer Ansätze zu Anfang der 70er war, an dem der Kurswechsel des Kapitals in Richtung Marktradikalismus oder neoliberale Praxis seinen Ausgangspunkt nahm.

Die „keynesianische Ära“ war gekennzeichnet durch die Kopplung der Despotie des Fabrikkommandos und der gleichzeitigen Anerkennung der Arbeitskraft durch das Kapital, die in besagtem Sozialkorporatismus ihren Ausdruck fand. Nun war es aber die Militanz der ArbeiterInnen, die ihre Rolle als Arbeitskraft selbst in Frage stellten, indem sie die Arbeit attackierten, höhere Löhne durchsetzten, trotzdem weniger oder gar nicht arbeiteten und den Sozialstaat „ausnutzten“ und die Reaktion des Kapitals, die zum einen sich in der Flucht in die fiktive Verwertung auf den Finanzmärkten, zum anderen in der Dezentralisierung der Produktion ausdrückte darauf, die das Konzept des Keynesianismus zum Scheitern brachte.

Ohnedies phantasiert sich die gewerkschaftliche/sozialdemokratische Linke ein Ideal eines Sozialstaats, eines befriedeten Kapitalismus herbei, das in dieser Form niemals Bestand hatte. Dennoch scheint dies die äußerste linke Grenze des momentanen Diskurses zu sein, aus dem zu desertieren kaum jemand gewillt ist.

Jegliche radikal-revolutionäre linke Strategie mit positiver Bezugnahme auf den Sozialstaat  ist aber letztlich auf Sand gebaut. Primär dient nämlich  der Sozialstaat der Organisierung und Hierarchisierung gesellschaftlicher Ausbeutungsverhältnisse. In der spezifischen Variante des deutschen Sozialstaats untergliedert sich dies noch mal auf zwei Ebenen: 1.) auf die Ebene der Sozialversicherung (Arbeitslosengeld, Lohnfortzahlung, Rente) und 2.) auf die Ebene der Fürsorge (Sozialhilfe). Diese Untergliederung befördert die Fixierung auf die Versicherungsleistungen: Vielen erscheint es als legitim, Versicherungsleistungen zu beziehen, während die, die von der Sozialhilfe leben als Sozialschmarotzer ausgegrenzt werden.

Dieses System hat gleichzeitig auch eine überwachende Funktion. Um Sozialleistungen zu beziehen muß mensch registriert sein, sei es als StaatsbürgerInn oder integrierbare/r MigrantInnen und seine bisherigen Arbeitsverhältnisse und Ausbildungen offen legen. SozialhilfeempfängerInnen können jederzeit dazu gezwungen werden, ihre Konten gegenüber dem Sozialamt offenzulegen, jede Reise, und sei es nur ein Verwandtenbesuch, muß beim Amt beantragt werden (Begründung: Der „Klient“ muß jederzeit dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen). Wer Leistungen bezieht und wer nicht, das unterliegt zwar formell gesetzlichen Regelungen und der Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt ist ein Grundrecht. Da dies aber in immer stärkerem Maße an Gegenleistungen geknüpft ist (vor allem die Verfügbarkeit für jede „zumutbare“ Arbeit“, aber auch die jederzeit überprüfbare Selbstverpflichtung zur „ökonomischen Haushaltsführung“) heißt das in der Konsequenz, dass HLU-BezieherInnen einen beträchtlichen Teil ihrer bürgerlichen Rechte samt der damit einhergehenden Souveränität der Lebensgestaltung an den Staat abtreten. Somit rundet der Sozialstaat auch das Projekt der Nation ab. Durch den Bezug sozialer Leistungen werden die Proletarisierten zu Bürgern der Nation und gleichzeitig zur Schuldknechtschaft verurteilt. . Insofern bezieht sich jede Bewegung oder politische Organisation, die mit ihrer Kritik an den gegenwärtig zur Entscheidung stehenden Aushungerungs- und Zwangsarbeitsprogrammen an den Sozialstaat appelliert und seine Restauration fordert,auch positiv auf den Nationalstaat und seine Disziplinargewalt.

Als Sahnehäubchen zu diesen Illusionen in das fordistische Sozialsystem, welches sich bei genauerer Betrachtung als integraler Bestandteil des kapitalistischen Kommandos in seiner nationalstaatlichen Verfasstheit entlarvt, servieren uns die Gewerkschafter - und linken SozialdemokratInnen - die endgültige Verheißung im Arbeitszwang. In ihrer Anbetung des Arbeitsfetisch erweisen sich die Gewerkschaften nur noch als Vertreter der Sektoren klassischer lebenslanger Lohnarbeit, die allerdings zunehmend zu einem privilegierten Ort geworden ist.

Die auf diesem Arbeitsfetisch basierende Vorstellung von der Trennung zwischen Kapital, ArbeiterInnen und Nicht-Arbeitenden funktioniert aber nicht und deckt sich keineswegs mit den Lebensläufen der meisten Individuen. Arbeitslosigkeit stellt in aller Regel nur eine kurze oder, in letzter Zeit auch eventuelle längere, nie aber vollständige, Unterbrechung der Unterwefung der Subjekte unter die Despotie der Arbeit da. Arbeitslosigkeit kennzeichnet oft nur einen Wechsel zwischen klassischem Lohnarbeitsverhältnis, Arbeitslosengeld, Schwarzarbeit, Teilzeitjobs und wiederum klassischer Lohnarbeit.

Die Flucht vieler ArbeiterInnen in die Schwarzarbeit oder Scheinselbständigkeit zeigt in diesem Kontext auch wie sehr das klassische Normalarbeitsverhältnis, dem die Gewerkschaften hinterher trauern, diskreditiert ist.

Aber den Gewerkschaftsapparaten geht es auch gar nicht darum, die rot-grünen Reformbestrebungen als Ganzes in Frage zu stellen, sondern sie wollen lediglich mit ins Boot des produktivistischen Konsens geholt werden und den sozialen Frieden garantieren.

Dies wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass es bereits Anfang der 90er Jahre Vorschläge aus den Reihen der ÖTV gab, einen zweiten Arbeitsmarkt, in Form von ABM-Stellen, und einen dritten, einen sogenannten „Öko-Sozial-Kulturellen-Dienst“, zu etablieren.(K.H. Roth, 1993) Vorschläge also, die sich kaum von denen der rot-grünen Regierung unterscheiden. Vor einem solchen Hintergrund erklingen Parolen wie „Arbeit soll das Land regieren“ (PDS im letzten Bundestagswahlkampf) kaum als Verheißung, sondern eher als Drohung in den Ohren der meisten Menschen.

Es ist natürlich ebenso müßig wie banal, heutzutage noch den Gewerkschaften ihren vermeintlichen Verrat oder Inkonsequenz vorzuwerfen. Es sollte jedoch klar sein, daß jede Kritik an der gegenwärtigen Transformation der Sozialsysteme stumpf bleiben wird, wenn sie nicht auch eine Kritik am fordistischen Sozialstaat als Instrument des kapitalistischen Kommandos beinhaltet.

6.  Krisentango und Standortnationalismus: die Konditionierung der Staatsbevölkerung zur  „Solidar“-, Volks- und Schicksalsgemeinschaft

Es sollte eigentlich anzunehmen sein, dass derart gravierende Verschlechterungen der Lebensbedingungen der Lohnabhängigen wie sie momentan auf der politischen Tagesordnung stehen, zu angemessenen Formen der Gegenwehr führen. Und wenn mensch sich in Europa umblickt, ist festzustellen, dass das politische Klima in Ländern in denen ähnlich drastische Einschnitte, etwa ins Rentensystem, geplant sind, durchaus erhitzt ist, etwa in Österreich, wo der ÖGB, der bekanntermassen noch verkrusteter, institutionalisierter und sozialdemokratisch verformter ist als der deutsche Gewerkschaftsbund, den ersten Generalstreik seit Ende der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts organisiert hat, oder in Frankreich, wo nahezu alle Gewerkschaftsverbände, von der linken Basisgewerkschaft SUD über die KP-nahe CGT bis hin zu den sozialdemokratischen FO und CFDT massive Proteste mit starker Beteiligung auf die Beine bekommen und bereits zweimal in den letzten zwei Monaten mit eintägigen Generalstreiks einen Großteil des öffentlichen Lebens lahmgelegt haben. Ohne dabei Illusionen in die etatistische Nostalgie der bestehenden Gewerkschaften zu hegen, kann immerhin gesagt werden, dass diese Streiks und Demonstrationen für sich genommen ein Gradmesser für das Maß an widerständigem Bewusstsein und politischem Bewegungspotential darstellen. In der BRD hingegen beteiligten sich anlässlich eines DGB-Aktionstages am 24. Mai gerade einmal 90.000 Menschen an insgesamt 14 regionalen Demonstrationen (was für einen Ostermarsch viel wäre, verglichen mit der, u.a. vom DGB-Bundesvorstand 1996 getragenen Mobilisierung gegen die damals geplanten Sozialabbaumaßnahmen der Kohl-Regierung, bei der zu einer Großdemonstration immerhin 350.000 Menschen den Weg in den Bonner Hofgarten fanden, eine erbärmliche Resonanz darstellt) . Wenn mensch die Gesamtzahl von immerhin noch über 7 Millionen Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften zugrundelegt, heißt das, dass die Gewerkschaftsführungen von der Anzahl her gerade einmal ihre Hauptamtlichen, gewerkschaftlichen Funktionsträger und Teile der von DGB-Gewerkschaften gestellten Betriebsräte mobilisieren konnten. Die Basis blieb den Protesten weitgehend fern, was die gesellschaftliche Isolation der Sozialstaatsverteidiger anschaulich illustriert und für Regierung, „Opposition“ und Unternehmerverbände eher eine Ermutigung als ein Warnsignal gewesen sein dürfte. Am gleichen Tag veranstaltete der private Nachrichtensender „ntv“ eine Umfrage, bei der immerhin 74% der sich daran Beteiligenden der These zustimmten, die Gewerkschaften seien beim Umbau des Sozialstaates überflüssig (auch wenn solche Umfragen natürlich empirisch eher unseriös sind, sind sie doch geeignet, medial erzeugte Trends aufzuzeigen). Das Trommelfeuer aus 20 Fernsehkanälen, die konzentriert hereinbrechenden Katastrophenmeldungen über die Situation am Arbeitsmarkt, die Haushaltslage, die Krise des Renten- und des Gesundheitssystems, zeigen Wirkung.

Zugleich aber treffen sie auf eine Struktur der öffentlichen Wahrnehmung gesellschaftlicher Probleme, die geprägt ist von einer verinnerlichten Staatsvernunft, von einer von den Herrschenden medial implementierten sowie von weiten Teilen der Bevölkerung stets aufs Neue reproduzierte Selbstdefinition der Lohnabhängigen als Staatsbürger, als sich in seinen Eliten verwirklichendes historisches Kollektiv, als Solidar- und Schicksalsgemeinschaft. Als Gerhard Schröder im März im Bundestag eine Regierungserklärung abgab, die bereits eine Woche zuvor als „Blut, Schweiss- und Tränenrede“ angekündigt worden war (eine, historische Parallelen suggerierende Formulierung, die tagelang die Berichterstattung dominierte), atmeten zunächst alle erleichtert auf, als die angekündigten Einschnitte weniger hart klangen als erwartet. Offensichtlich hatten nicht wenige dabei historische Vorläufer im Kopf und in der Tat ist die Notverordnungs- und Trümmerfrauenromantik, die in der gegenwärtigen Krisenstimmung mitschwingt, nichts anderes als ein Aspekt der in den letzten Jahren bis zum Erbrechen (unter Anleitung durch ein obskures Ensemble öffentlicher Figuren von Guido Knopp bis Rudolf Scharping) eingeübten Emotionalisierung und Instrumentalisierung von Geschichte.   Der eisige Hauch der Geschichte weht heute in jedem politischen Akt und der historischen Momente kann es gar nicht genug geben um die Bevölkerung um ihre wankenden und hadernden politischen Eliten zu sammeln und zu einer historischen Leidens-, Schicksals- und Solidargemeinschaft zusammenzuschweißen, die vom Individuum ihre Opfer verlangt um intakt zu bleiben, die die Schädlinge, die Faulen und Schmarotzer isoliert und aussondert und ihre Interessen selbstbewusst nach außen wahrnimmt. Diese Konstruktion einer, alle sozialen Widersprüche übertünchenden, ideologischen Volksgemeinschaft, diesmal nicht unter faschistischen sondern bürgerlich-demokratischen Vorzeichen wird sichtbar in den Momenten in denen ein nie rational ausgehandelter sondern medial vermittelter Konsens entsteht, von dem die Regierenden getragen werden, sei es bei der Bekämpfung von Flutkatastrophen in Ostdeutschland oder bei dem Versuch, dem Hegemonialanspruch des US-Imperialismus entgegenzutreten und ein eigenständiges nationales Interesse zu artikulieren. Dass dieses Interesse nie als solches öffentlich benannt werden kann ohne seine weihevolle Aura zu verlieren und als das dazustehen was es ist: ein profanes ökonomisches, politisches und letztlich auch militärisches Kalkül, nimmt dieser ideologischen Formierung nur wenig von seiner Wirkmächtigkeit. So war es für einen großen Teil der Menschen die gegen den angloamerikanischen imperialistischen Krieg im Irak auf die Straße gingen, nicht in erster Linie persönliches Engagement gegen die Kriegslogik der Herrschenden das sie dazu trieb, sondern das Zelebrieren eines quasi staatsbürgerlichen Aktes der zeigen sollte: Deutschland als Ganzes ist gegen diesen Krieg, Deutschland als Staat, als sich in seinem Staat und seinen Staatsbürgern artikulierende Staatsvernunft, nicht etwa eine soziale Bewegung in der kollektiv gewonnene Erkenntnisprozesse über soziale Interessen, Unterdrückungsverhältnisse und Möglichkeiten ihrer Überwindung zur materiellen Gewalt geworden wären. Dieser staatsbürgerliche Akt, der darin bestand, sich zu Hunderttausenden auf Straßen und Plätzen zu versammeln um nicht etwa eine eigenständig entwickelte und rational verhandelbare Position zu vertreten, sondern eine Regierung in ihrem Handeln auf internationalem Parkett zu unterstützen, wäre auf der gleichen Ebene anzusiedeln wie die Denunziation von „Schwarzarbeitern“ oder „Sozialbetrügern“, die ebenso die deutsche Solidargemeinschaft schädigen wie die konkurrierende imperialistische Macht USA. Sie war nichts anderes als die, auf Selbst-Entmündigung beruhende, Antwort auf jene, sich ebenso selbst-entmündigenden US-Patrioten, die sich dazu verleiten liessen, vor französischen Konsulaten für den Krieg zu demonstrieren und Franzosen und Deutsche als undankbare Feiglinge zu beschimpfen oder lächerliche Boykottaufrufe gegen deutsche oder französische Produkte im Internet zu verbreiten. Die eigentliche Antikriegsbewegung ging in den massenhaften Aufmärschen unter, wurde aufgesogen und unschädlich gemacht.

Dieses Beispiel zeigt vor allem eines: wer sich, individualisiert und identitätssuchend, versucht in Übereinstimmung mit „seinem“ Staat zu bringen, sich zum Bürger auf der Ebene der bürgerlichen politischen Konsensproduktion deklariert, gibt seine Eigenständigkeit als Subjekt sozialen Handelns auf, verzichtet bewusst darauf, ein soziales Interesse getrennt vom Interesse des Staates und seiner repressiven wie ideologischen Apparate zu formulieren. Er wird zum Parteigänger, degradiert sich selbst zum Kanonenfutter und Frontsoldaten des äußeren, militärischen Konfliktes wie des inneren sozialen Krieges. In früheren Generationen deutscher Kriegsteilnehmer haben manche versucht, ihr daraus resultierendes Fronttrauma als „inneres Erlebnis“, als Bewährungsprobe im „Stahlbad“ umzuwerten. Auch wenn ansonsten sehr wenig von dem was die deutsche Öffentlichkeit heute ausmacht, der realen Erfahrung des Krieges vergleichbar ist: die emotionale Verarbeitung ist ähnlich. Und nicht ganz unähnlich sind auch die Ziele denen die Verinnerlichung des sozialen Krieges dienen: sie sind Bestandteil eines imperialistischen Formierungsversuches, der, nun auf unkriegerische und demokratische Weise, an das alte Kerneuropakonzept des deutschen Faschismus anknüpft, die Europa unter deutscher Hegemonie als Grosswirtschaftsraum und militärischen Block zum Gegenspieler des US-Imperialismus aufzurüsten – und dazu ist, neben der Entwicklung einer gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik, einer rabiaten Sanierung der Arbeitsmarktstukturen und einer rasanten Erhöhung der Produktivität bei gleichzeitigem Absenken des Preises der Ware Arbeitskraft, vor allem auch eine innere Mobilmachung, eine ideologische Ausrichtung auf die zu vefolgenden imperialistischen Ziele vonnöten, die Etablierung eines von breiten Bevlkerungsteilen getragenen scheinbar klassenübergreifenden repressiven Konsenses, deren Voranschreiten wir gerade beobachten können.

Die lustvolle Unterwerfung unter das scheinbar übergreifende gemeinsame Interesse aller Deutschen, ja aller Europäer, war ein treibendes Moment der massenhaften Demonstrationen temporärer KriegsgegnerInnen und sie ist auch ein Leitmotiv im Kampf der Regierung, aller im Parlament vertretenen Parteien und einer großen Mehrheit der deutschen Öffentlichkeit um das radikalste Reformprogramm sowie gegen die Gewerkschaften und das heißt nicht nur gegen den DGB und seine Einzelgewerkschaften sondern gegen jede Form gewerkschaftlicher Gegenmacht, gegen jede, von den Interessen des Kapitals und des Staates abweichende Artikulation sozialer Interessen. Und was sich so drastisch auf der politischen Bühne artikuliert, ist auch im Alltag zu spüren. Es ist zur Zeit viel schwieriger als noch vor drei oder vier Jahren, am Arbeitsplatz  oder auf der Straße über den Zwangscharakter der Lohnarbeit und gesellschaftliche Alternativen dazu zu diskutieren – allen Feuilletondebatten zum Trotz. Der Fetisch Arbeit hat die Menschen gerade jetzt wieder erfasst, wo sie scheinbar knapp und knapper wird, an ihren Ängsten und der zwar diffusen aber dennoch zutreffenden Erkenntnis, dass ein fester Job momentan wie ein rettendes Boot ist um den Krallen der Sozialverwaltung und dem Zwang zu prekärer Arbeit zu entgehen. Dass diese Ängste zu einem neuen Arbeitsethos rationalisiert werden und wer dagegen anargumentiert schnell in eine unselige Faulenzerdebatte geraten kann, ist eine logische Folge des verschärft propagierten und praktizierten Konkurrenzkampfes der Lohnabhängigen untereinander.

7. Reale Neuzusammensetzung der ArbeiterInnenklasse und Konsequenzen für Organisations- und Bewusstseinsformen und alltägliche gesellschaftliche Lebensäußerungen der Lohabhängigen

Eine radikale Linke, deren Selbstverständnis immer noch einen Klassenbezug beinhaltet und die auf mehr aus ist, als nur auf sich selbst zu rekurrieren, sondern vielmehr, in welchem Maße auch immer, handlungsfähig bleiben (oder es wieder werden) will, sollte die hier skizzierten Entwicklungen in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse zunächst einmal anerkennen und sie zum Ausgangspunkt ihrer Theorie und Praxis machen. Sie sollte sich nicht in irgendwelchen nostalgischen Reminiszenzen an den Sozialstaat ergehen, auch wenn diese in noch so radikal formulierten Erscheinungsformen daher kommen.

Wenn hier allerdings der Begriff Klassenbezug ins Feld geführt wird, so ist zuvorderst zu klären wie dieser Begriff überhaupt aufzufassen ist. Der orthodoxe Marxismus war in der Regel geprägt von einem äußerst formalen Klassenbegriff, dem schon allein die Tatsache genügte, daß die Arbeitskraft der Individeuen, durch das Kapital, ausgebeutet bzw. ihnen Mehrwert abgepresst wird. Dieses formale Verständnis verweist nicht oder kaum auf die Machtpotentiale die den ProduzentInnen inne wohnen. Um diesen Machtpotentialen nachzuspüren reicht es nicht aus, einfach den formalen Tatbestand der Ausbeutung zu konstatieren, sondern es ist vielmehr notwendig, sich auf die Ebene der Produktion zu begeben und zu untersuchen wie auf dieser Ebene die Klasse sich im Konkreten zusammensetzt.

Macht entfalten die ArbeiterInnen nämlich nicht aufgrund der allgemein wahren Tatsache, daß sie ausgebeutet werden, sondern dadurch, dass sie in einem praktischen Verhältnis zum Kapital und sich selbst stehen, dass sie Teil der gesellschaftlichen Arbeitsteilung sind, kollektiv produzieren und das Kapital durch ihre praktische Tätigkeit produzieren. Insofern bleibt jede Vorstellung von Klasse hohl, wenn sie nicht eine Untersuchung der Klassenzusammensetzung beinhaltet, da hierdurch auf den unmittelbaren Zusammenhang zwischen konkreter Produktionsweise und proletarischer Widerständigkeit verwiesen wird.

Um diesen Zusammenhang zu konkretisieren, ist es notwendig, zwischen zwei Aspekten der Klassenzusammensetzung noch mal zu unterscheiden, nämlich dem der „technischen“ und dem der „politischen“. Die Gruppe Kolinko erläutert dies, in einem von ihnen zur Diskussion vorgelegten Papier folgendermaßen:

 „ die „technische Zusammensetzung“ beschreibt die Bedingungen unter denen das Kapital die ArbeiterInnen zusammenbringt; hierzu gehören sowohl die Bedingungen im unmittelbaren Produktionsprozeß (z.B. Arbeitsteilung in versch. Abteilungen, Trennung von „Produktion“ und Planung, Einsatz von bestimmten Maschinen etc.) als auch die Form der Reproduktion (Wohnzusammenhang, Familienstruktur etc.)  Die „politische Zusammensetzung“ beschreibt den Prozess, wie ArbeiterInnen die „technische Zusammensetzung“ gegen das Kapital wenden und ihren Zusammenhang als Arbeitskräfte als organisatorischen Ausgangspunkt ihres Kampfes nutzen...“9

Es gibt also einen inneren Zusammenhang zwischen „Produktions-und Rebellionsweise“, d.h. so wie die Macht der ProduzentInnen sich darin äußert, dass sie die technische Zusammensetzung, organisiert durch das Kapital, subversiv gegen das Kapital wenden können, so wird das Kapital immer versuchen, darauf mit einer technischen Neuzusammensetzung zu antworten. U.a. äußert sich dies im Übergang von der fordistischen zur postfordistischen Produktionsweise. Hierin liegt das unterschlagene Moment, das, neben der verschärften Dynamik der innerimperialistischen Konkurrenz und dem daraus erwachsenden Zwang zur Produktivitätssteigerung und Profitmaximierung (also dem, was manche Leute schwammig-populistisch als „Globalisierung“ bezeichnen) hier am Wirken war. Das kapitalistische Kommando eignete sich Elemente der stillen proletarischen Revolte gegen die Fabrikgesellschaft, z.B. Flucht vor der Arbeit, an und restrukturierte den Produktionsprozeß in einer Weise, die viele glauben ließ, sie seien viel weniger als zuvor der kapitalistischen Warenproduktion unterworfen ( u.a., wie auch schon  an anderer Stelle erwähnt, durch die Dezentralisierung der Produktion, das Zurückschrauben rigider Arbeitszeiten, das Integrieren von selbständigen Formen der Arbeit usw.).

Versucht mensch also, unter Berücksichtigung des Faktors Klassenzusammensetzung, revolutionäres Potential und die Möglichkeit zu dessen Organisierung auszuloten, so sollte klar sein, dass letzteres nicht durch das Herantragen revolutionären Bewußtseins von außen, wie es im leninistischen Jargon so schön heißt, geleistet werden kann. Ganz im Gegenteil;  es geht vielmehr darum Formen von subversiver Kooperation und Kommunikation innerhalb des Produktionsprozesses zu bergen und diese als Basis für widerständige Praxis zu erkennen.

Um den Bezug zum Ausgangspunkt wieder aufzunehmen, muss festgestellt werden, dass jegliche linke theoretische wie praktische Kritik die postfordistische Klassenzusammensetzung als ihren Bezugspunkt aufnehmen sollte und sich nicht mit der formalen Erkenntnis begnügen darf, dass auch gegenwärtig die Ausbeutungsverhältnisse weiter Bestand haben. Noch viel weniger sollte sie bei irgendwelchen Vorstellungen verharren, die sich im industriellen Facharbeiter, o.ä., als dem zentralen geschichtlichen Subjekt, materialisieren und die realen Verschiebungen innerhalb der Klasse und ihrer Subjektivität ignorieren.

Die These, die postfordistische Klassenzusammensetzung als Bezugspunkt anzuerkennen bleibt freilich abstrakt, wenn sie nicht einhergeht mit der konkreten Untersuchung der  revolutionären Potentiale die sich in den neuen Arbeitsverhältnissen des gegenwärtigen Akkumulationsregimes äußern. Dabei müssen auch all diejenigen Vorstellungen hinterfragt werden, die in den jeweiligen Umstrukturierungsprozessen kapitalistischer Warenproduktion, die ArbeiterInnenklasse immer nur als Opfer ansahen. Vielmehr gilt es, die aktuellen Entwicklungen aus der Perspektive der sich neu konstituierenden Proletarität wahrzunehmen, welche  neben dem allgemeinen Sachzwang der kapitalistischen Konkurrenz als Katalysator kapitalistischer Modernisierung wahrzunehmen wäre, als eine Reaktion, freilich eine konterrevolutionäre, auf die realen Bedürfnisse proletarischer Subjektivität. Mit anderen Worten: Jeder Neuformierungsprozess des kapitalistischen Kommandos birgt neben objektiven ökonomischen Entwicklungsgesetzen – und diese mitunter in ihrem Wirken beeinflussend - in sich die wirklichen ProduzentInnen als konstituierende Kraft. Möglicherweise wird mensch bei dieser Untersuchung zu dem Schluß kommen, daß traditionelle Praxisformen proletarischer Revolte sich mittlerweile überlebt haben und vor dem Hintergrund einer dezentralisierten und zeitlich wie territorial entgrenzten Produktion neu formieren müssen. Ein Patentrezept in dieser Hinsicht ist jedenfalls noch nicht ausgemacht.

Zum Schluß soll noch mal eine These angerissen werden, die Karl Heinz Roth  bereits 1993 und `98 aufgestellt hatte, nämlich die, daß die Differenzierung der Arbeitsverhältnisse auch eine Homogenisierung beinhaltet und zwar wenn mensch sie in ihren internationalen Kontext stellt. Und hierin besteht eine große Chance, auch wenn dies für einige euphemistisch klingen mag, für einen neuen proletarischen Internationalismus, denn trotz aller Segmentierung findet die Konstitution des postfordistischen Proletariats in einem globalen Rahmen statt, die zu einem zunehmenden Verschwinden der Unterschiede zwischen erster, zweiter und dritter Welt führt. Karl Heinz Roth beschreibt diese Tendenz folgendermaßen:

  „Aber auch strukturell ist eine zunehmende Homogenisierung festzustellen, weil unbeschadet der oftmals enorm vergrößerten Einkommensunterschiede und der arbeitsmarktpolitischen Segmentierungen weltweit der Trend zur Durchsetzung „ungeschützter“ Arbeitsverhältnisse vorherrscht. Die Realeinkommen garantieren immer seltener das soziale Existenzminimum. Die Arbeitszeiten sind nicht mehr begrenzt, sondern oftmals extrem verlängert und auf die gesamte Arbeitswoche ausgedehnt. Die Arbeitsplätze selbst sind nicht mehr vertraglich gesichert und die sozialen Sicherungssysteme weitgehend demontiert.10

Einschränkend sei hier allerdings angemerkt, dass natürlich ein Land wie Afghanistan niemals unter den Rahmenbedingungen kapitalistischer Weltvergesellschaftung jenes Level bürgerlich-kapitalistischer Modernität erreichen wird, das einige mit der Invasion durch die „zivilisierten“ Staaten herbeigebombt sehen wollten. Ebenso wie ein Land wie Brasilien im imperialistischen Rahmen immer der Sphäre der Peripherie angehören wird. Die imperialistische Arbeitsteilung bleibt also bestehen, nur wird sie vertieft und ausdifferenziert, indem sich sowohl in europäischen Regionen wie auch in Asien oder Afrika die gesamte Palette von industriellem oder postindustriellem Zentrum, Halbperipherie und Peripherie wiederfindet, durch die sie gekennzeichnet ist. In eine solche Richtung wäre Roths, auf den ersten Blick allzu simplifizierend und provokativ anmutende, These zu ergänzen und zu konkretisieren.

Auf diese Homogenisierungstendenzen sollte mensch sich positiv beziehen und sich all jenen Ansätzen widersetzen die, ob gewollt oder ungewollt, z.B. indem sie Illusionen in den Sozialstaat schüren, im Ergebnis wieder bei einem bornierten Standortnationalismus landen.

Wir stehen statdessen vor der Aufgabe, die verschiedenen, sich neu und global formierenden Sektoren der Proletarität wieder in den Blick zu bekommen, die eigene Situation als dem Produktionsprozess für das Kapital unterworfener LohnarbeiterInnen zu analysieren und eine Praxis samt deren theoretischer Verarbeitung zu entwickeln, die sich verabschiedet von der Verteidigung der Arbeit gegen das Kapital. Aus dem Lohnarbeitsverhältnis heraus ist der Kampf gegen die Lohnarbeit zu organisieren und die etatistischen arbeitsfetischistischen Mythen der untergehenden Sozialdemokratie wie ihrer linken Wiedergänger einer radikalen praktischen Kritik zu unterziehen. Dies wird nicht so sehr die Proklamation abstrakter „Endziele“ sondern die Erringung kollektiver Handlungsmöglichkeiten und die Überwindung der Vereinzelung der LohnarbeiterInnen bedeuten.

Ziel emanzipatorischer revolutionärer Theorie und Praxis ist es, ausgehend von der Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse und der desillusionierenden Wahrnehmung der eigenen Lage, entlang der realen Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Proletarisierten, Prozesse der Selbstorganisation der ArbeiterInnen in Gang zu bringen, mit denen es möglich ist, das neu verstetigte System der Lohnarbeit ideologisch und politisch anzugreifen und zu sprengen. 

Literatur:

- Boot, Hans: Flexibel bis zum Umfallen. In: ak Nr. 437, 13.4. 2000

- Brütt, Christian: Der Kapitalist in uns allen. Arbeitskraftunternehmer als neues Leitbild der Ware Arbeitskraft. In: ak, 10.5.2001

- Heide, Holger: Arbeiten um nicht zu fühlen. Zukunft der Arbeit – jenseits von Hartz und ver.di. Kölner Stadt-Revue April 2003

- Kolinko: Klassenzusammensetzung. Positionspapier , Essen/Oberhausen 2001

- Roth, Karl-Heinz: Die neuen Arbeitsverhältnisse und die Perspektive der Linken. Referat auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz 1998

- Roth, Karl-Heinz: Die Wiederkehr der Proletarität, Köln 1994

- Roth, Karl-Heinz: „Neue Konzepte gegen prekäre Arbeit“ Interview in: Jungle World, 30. September 1998

- Seibert, Thomas: Ethos, Utopie und Ideologie der 'lavoro autonomo'. Vortrag, gehalten beim Alternativen Weltwirtschaftsgipfel in Köln 1999

- Virno, Paolo: Do you remember counterrevolution in: T.Negri, M.Lazzarato, P.Virno: Umherschweifende Produzenten. Immateriale Arbeit und Subversion,  Berlin 1998

- Wagenknecht, Sahra: Mythos Demographie. In: Koonkret Nr. 1/2003

- Wompel, Mag: Fetisch Arbeit und die Gewerkschaftslinke. LabourNet Germany Oktober 2000

- Wompel, Mag: Märchenonkel Rürup, junge welt vom 30.11.2002


Anmerkungen
1 Heide, Holger: Arbeiten um nicht zu fühlen. Zukunft der Arbeit – jenseits von Hartz und ver.di. Kölner Stadt-Revue April 2003
2 Mag Wompel: Arbeitsfetisch und die Gewerkschaftslinke, LabourNet Germany
3 Brütt, Christian: Der Kapitalist in uns allen. Arbeitskraftunternehmer als neues Leitbild der Ware Arbeitskraft. In: ak, 10.5.2001
4 Seibert, Thomas: Ethos, Utopie und Ideologie der „lavoro autonomo“, Vortrag 1999
5 Roth, Karl-Heinz: „Neue Konzepte gegen prekäre Arbeit“ Interview in: Jungle World, 30. September 1998

6  „Bei außerbetrieblichen AKUs - wie Free Lancer und Neue Selbstständige - scheint eine weitere Bastion fordistischer Lebensführung zu fallen: die Trennung von Arbeit und Freizeit. Diese verflüchtigt sich z.B. in bierseligen privat-geschäftlichen Absprachen womöglich nach dem Polittreffen. Das permanente Selbstmanagement kennt keine Arbeitszeiten.“ Brütt, Christian, Der Kapitalist in uns allen… 

7   Boot, Hans: Flexibel bis zum Umfallen. Ak Nr. 437, 13.4.2000
8 Wompel, Mag: Märchenonkel Rürup, junge welt vom 30.11.2002
9 Kolinko: Klassenzusammensetzung, Thesenpapier, 2002, siehe Website
10 Roth, Karl-Heinz: Die Wiederkehr der Proletarität, Köln 1994

Editorische Anmerkungen:

Der Artikel war ursprünglich für den Franfurter "Diskus" vorgesehen. Dort soll er aber nur in einer "Kurzfassung" erscheinen. Daher baten uns die Autoren am 21.6.2003, um die Veröffentlichung der ungekürzten Fassung. Was wir hiermit gerne tun.