IWF-Krisenverwalter für den Imperialismus

von Keith Harvey

7-8/02
 

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In den 1980er und 1990er Jahren wurde der Internationale Währungsfonds zum Synonym für Verelendung und Unterjochung der sogenannten "Dritten Welt" unter das Diktat der Weltmärkte.

Bei jeder Krise - sei es in Osteuropa, Lateinamerika oder Ostasien - "interveniert" der Internationale Währungsfond. Kein Wunder, dass sich die Demonstrationen der südkoreanischen Arbeiter und Arbeiterinnen 1998 gegen den IWF richteten. IMF (International Monetary Found) wurde zum Synonym für "I'M Fired" (Ich bin gefeuert).

Entlassungen, Privatisierungen, Vernichtung ohnedies bescheidener Sozialleistungen - das "empfangen" Millionen und Abermillionen Lohnabhängige immer dann, wenn der IWF hilft. Der IWF schreitet als vorgeblich neutraler und selbstloser Helfer immer dann ein, wenn es gilt, in Krisen geratene Volkswirtschaften - vornehmlich in den halbkolonialen Ländern oder den neu entstehenden kapitalistischen Staaten Osteuropas - zu "stabilisieren".

Dabei ist das Muster immer dasselbe. Im Gegenzug für Milliardenkredite muss sich jede Regierung verpflichten, Sparprogramme und sog. "strukturelle Anpassungsprogramme" durchzuführen. Ohne die Zustimmung zu diesen Programmen läuft nichts. Sie sind die Bedingung für jede finanzielle Hilfe, für jeden Kredit. Gebraucht werden diese vor allem zur Bedienung früher aufgenommener Kredite oder um Devisenengpässe auszugleichen.

Der IWF präsentiert sich hier immer als selbstloser, sensibler internationaler Banker, der nur die Wünsche und Anliegen seiner Mitgliedsländer und der Weltwirtschaft in ihrer Gesamtheit vertrete. Er würde nur bestehen, um Wachstum und den internationalen Handel zu fördern und damit allen Menschen zugute kommen. Er würde daher bloß zeitweilige Geldknappheit ausgleichen, um Schulden zu bedienen, Währungen zu stabilisieren und so das Exportgeschäft in Schwung zu halten.

Den Ideologen des IWF sind demnach auch die strukturellen Anpassungsprogramme ein Segen für Geber und Empfänger. Damit wäre erstens sichergestellt, dass der IWF mit den Einlagen seiner Mitglieder verantwortlich umgeht, so wie jeder Kreditgeber sicherstellen möchte, dass sein Geld dereinst mit Zins und Zinszins in seine eigenen Taschen zurückfließt.

Zweitens würden davon auch die Empfänger der Kredite profitieren, da die Bedingungen des IWF den Regierungen "erlauben" würden, angeblich längst überfällige "Reformen" durchzuführen. Damit würden die Ökonomien der Dritten Welt konkurrenzfähiger am Weltmarkt, könnten mehr Güter exportieren, damit Devisen ins Land bringen, die Schulden tilgen und eines schönen Tages zu Wohlstand für alle gelangen. Davor - so geben die Politiker des IWF selbst zu - liegt freilich ein Tal der Tränen, Massenentlassungen, Verarmung, Deregulierung, Privatisierung.

Sobald diese Hindernisse der freien Marktwirtschaft aus dem Weg geräumt seien, könne es richtig bergauf gehen. Jedes Land könne sich auf ein bestimmtes Produkt oder eine ganze Produktpalette auf dem Weltmarkt spezialisieren. Sobald alle Hindernisse für die Bewegungsfreiheit des Kapitals im Inneren wie auf dem Weltmarkt ausgeräumt wären, würde eine Zustand des organischen Wachstums eintreten, der eines schönen Tages für alle Arbeit bringt und die Wohlfahrt aller Bürger, aller Klassen maximieren würde. Die (neo-)liberale Doktrin des IWF liegt seiner Politik seit den 1980er Jahren zugrunde. Mag der Neo-Liberalismus auch als populäre, allein selig machende Doktrin der bürgerlichen Welt erschüttert sein, im IWF und seiner Zwillingsschwester, der Weltbank, hat er eine fest Bastion.

Daran ändert auch nichts, dass die Auswirkungen der IWF-Maßnahmen wenig mit den Versprechungen und Beweihräucherungen dieser Institution gemeinsam haben. Der IWF agiert als eine internationale Finanzagentur, der Interventionen in die sogenannte "Dritte Welt" koordiniert und kontrolliert. Er tut das auch nicht einfach im Namen seiner 182 Mitgliedsländern, sondern im Interesse einer kleinen Anzahl führender imperialistischer Staaten, insbesondere der "großen Sieben" der Weltwirtschaft, den USA, Japans, der BRD, Britanniens, Frankreichs, Italiens, Kanadas.

Dabei dürfen die Dimensionen der IWF-Interventionen nicht unterschätzt werden. Sie übersteigen die Finanzkraft der meisten kapitalistischen Staaten und der größten Banken. Die zentralen Ziele sind folgende:

  • Sicherstellen, dass ein Land Obligationen als Schuldner gegenüber privaten Geldgebern, in der Regel Privatbanken aus den imperialistischen Ländern, einhält. Daher wird auch sichergestellt, dass jeder Exportüberschuss oder Privatisierungserlös umgehend zur Bedienung der Schulden in international konvertible Währungen (v.a. Dollar, EURO; Pfund) verwandt wird.
  • Die Öffnung der nationalen Märkte für Investitionen aus den imperialistischen Ländern (v.a. den großen Sieben) und die Abschaffung aller Einschränkungen des Eigentum für internationales Kapital.
  • Als Instrument der imperialistischen Länder setzt sich der IWF für deren wirtschaftliche Interessen ein, vornehmlich unter Losung des Freihandels, um jede Einschränkungen des Verkehrs von Gütern, Geld und Diensten aufzubrechen.

Entstehung des IWF

Die Wurzeln des IWF reichen in die Zwischenkriegszeit zurück. Die große Depression der 1930er Jahre führt zum Zusammenbruch riesiger Geldvermögen, der Wert von Land und Immobilien fiel in den Keller. Fabriken hörten auf zu produzieren. Millionen und Abermillionen wurden arbeitslos. Der Zirkulationskreislauf des Kapitals war unterbrochen. Die internationale Finanzwelt und der Geldverkehr lagen in Trümmern. Papiergeld erfüllte nicht mehr seine Funktion als Wertzeichen, das "Vertrauen" ins Papiergeld war vorbei und die "Flucht" ins Gold, d.h. in die Geldware begann. Doch diese rasche Nachfragesteigerung nach Gold konnte nicht bedient werden.

Mehr und mehr führende kapitalistische Nationen, allen voran das Vereinigte Königreich, waren gezwungen, den Goldstandard aufzugeben. Goldstandard bedeutet, dass der Wert jeder nationale Währung im Verhältnis zum Gold definiert wird. Dadurch konnte über etliche Jahre sichergestellt werden, dass Geld, egal in welcher Währung, einen am Weltmarkt anerkannten und stabilen Wert hatte.

In den 1930er Jahren wurde jedoch der Wert nationaler Währungen ungewiss und instabil. Daher begannen die einzelnen Nationen Gold zu horten, ins Gold zu "flüchten". Dadurch wurden der internationale Handel und v.a. Währungstransaktionen weiter eingeschränkt und die Depression intensiviert. Im verzweifelten Kampf um ausländische Käufer v.a. für Agrarprodukte entschlossen sich einige Regierungen, die nationale Währung abzuwerten, um so die Preise von Produzenten aus anderen Nationen zu unterbieten. Diese Praktik führte zu vergleichbaren Maßnahmen der konkurrierenden Länder, was die Geldstabilität und den internationalen Handel weiter unterminierte.

Das kapitalistische Weltsystem befand sich in einer tiefen Krise. Deflation und Rezessionen verstärkten einander. Zwischen 1929 und 1932 fielen die Warenpreise um durchschnittlich 48%, der Wert des internationalen Handels fiel um 62%.

Der Ausgang des Zweiten Weltkrieges schuf die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Unter diesen Umständen gingen die siegreichen imperialistischen Länder daran, ein Währungssystem zu schaffen, das eine ökonomischen Wiederholung der Katastrophe der 1930er Jahre verhindern sollte.

In den frühen 1940er Jahren entwickelten Harry Dexter White in den USA und John Maynard Keynes in Britannien ähnliche Vorstellungen, um dieses Ziel zu erreichen. Sie wollten ein System schaffen, das die uneingeschränkte Austauschbarkeit einer Währung gegen eine andere sicherstellen sollte, den Wert jeder Währung klar und fest bestimmen sollte. Praktiken wie die Abwertungswettläufe der 1930er Jahre, die Investitionen und Handel praktisch zum Erliegen gebracht hatten, sollten ausgeschaltet werden.

Dieses System musste von einer neuen internationalen Institution überwacht werden. So wurde 1944 der Internationale Währungsfonds (IWF) in Bretton Woods gegründet. Er nahm 1946 seine Arbeit auf. Hinter ihm stand in erster Linie der US-Imperialismus, der als eindeutiger Sieger aus dem Krieg hervorgegangen war. Der IWF hatte seinen Sitz in den USA. Sein Personal bestand in erster Linie aus amerikanischen Ökonomen und dieses wurde regelmäßig mit dem US-amerikanischen Schatzamt ausgetauscht. Als größter Beitragszahler an den IWF hatten die USA auch die meisten Stimmen und in jedem Fall genug, um gegen jede Änderung der IWF-Satzung eine Veto einzulegen. 1983 drückte das der US-amerikanischen Finanzminister, Donald Regan, so aus:

"Der IWF ist im wesentlichen eine nicht-politische Institution. (...) Aber das heißt nicht, dass die politischen und Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten nicht vom IWF bedient würden."

In den ersten 25 Jahren seiner Existenz trat der IWF kaum öffentlich in Erscheinung. Das internationale Währungssystem war stabil. In Bretton Woods war das Tauschverhältnis zwischen Gold und Dollar mit einer Unze Gold gleich 35 Dollar fixiert worden. Die USA hatten sich dazu verpflichtet, zu diesem Preis zu kaufen oder zu verkaufen. So lange die wirtschaftliche Vorherrschaft der USA absolut war und genug Goldreserven zur Verfügung standen, um dieser Verpflichtung nachzukommen, gab es wenig Grund für eine IWF-Intervention.

In den Jahren des großen Booms wurde jedoch die nahezu uneingeschränkte wirtschaftliche Dominanz der USA durch andere imperialistische Länder - Japan und Europa - unterminiert. Anfang der 1970er Jahre standen dem US-Schatzamt nicht mehr ausreichend Goldreserven zur Verfügung, um den Wert der Dollar, die außerhalb der USA gehalten wurden, zu decken. 1971 gab die USA einseitig ihre Verpflichtung auf, den fixen Wechselkurs zu halten. Eine Ära freier und von internationalen Institutionen gemanagter Wechselkurse begann. Wie sollte unter diesen Bedingungen und angesichts zunehmender wirtschaftlicher Krisen eine Rückkehr zu den Entwertungswettläufen der 1930er Jahre verhindert werden? Nun schlug die Stunde des IWF.

Ein offizielle Darstellung der IWF-Geschichte liest sich so:

"Als man zum gegenwärtigen Währungssystem überging, haben die Mitgliedsländer den IWF gebeten, auf mehr als nur den Tauschwert (einer Währung) zu achten, da dieser schließlich das Resultat einer ganzen Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen ist, alle Aspekte der Wirtschaften der Mitgliedsländer zu untersuchen, die den Tauschwert bestimmen, und die wirtschaftliche Leistung aller Mitgliedsländer unvoreingenommen zu bewerten. Kurz gesagt, das gegenwärtige System verlangt eine größere Transparenz der Politik der Mitgliedsländer und erfordert eine umfangreichere Tätigkeit des IWF, um diese Politik zu verfolgen. Der IWF nennt diese Tätigkeit, ‚Aufsicht' oder Supervision der Währungspolitik der Mitgliedsländer.

Die Supervision erfolgt unter der Prämisse, dass eine harte und konsistente Wirtschaftspolitik zu stabilen Wechselkursen und zu einer wachsenden und prosperierenden Weltwirtschaft führen wird." (David Driscoll, What is the IWF?)

Mit anderen Worten: Der IWF ist ein imperialistischer Gendarm. Seine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass jede nationale Wirtschaftspolitik den freien Handel und Kapitalverkehr im Interesse der imperialistischen Länder fördert. Ein solches System des offenen Weltmarktes kann nur dazu dienen, den Reichtum und die Macht der Unternehmen in den imperialistischen Länder zu mehren, deren wirtschaftliche Produktivität, Kapitalkonzentration und technologische Überlegenheit es ermöglichen, jede Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen, wenn es keine Barrieren für die Bewegung des Kapitals und von Gütern gibt. Der IWF existiert, um sicherzustellen, dass Länder, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten - und das sind immer die ärmeren Länder -, diese Hilfe mit der Beseitigung dieser Barrieren bezahlen.

Die Wirtschaftskrise der 1980er Jahre

Seinen ersten großen internationalen, von der Weltöffentlichkeit beachteten Auftritt hatte der IWF 1982, als Lateinamerika von einer massiven Schuldenkrise erschüttert wurde. Im August dieses Jahres stand Mexiko vor dem Bankrott. In den 1970er Jahren hatte das Land enorme Kredite bei den größten international agierenden Privatbanken aufgenommen. Für diese Banken war die Verschuldung der halbkolonialen Länder wie Mexiko eine willkommenes Geschäft. Als Folge der Erhöhung der Erdölpreise und der damit steigenden Einnahmen aus der Grundrente in den OPEC-Ländern, den sog. "Petro-Dollars", waren die Einlagen in vielen Banken dramatisch gestiegen. Sie suchten nun Anlagen für diese Vermögen.

Noch bis in die frühen 1970er Jahre hielten sich die Zahlungsbilanzdefizite der meisten halbkolonialen Länder in Grenzen. Die vorhandenen Defizite wurden in der Regel durch Handelskredite und durch öffentliche Anleihen - sei es Regierungsanleihen oder welche bei internationalen Institutionen - ausgeglichen. 1971 war nur ein Drittel aller Schulden der "Dritten Welt" von Privatbanken vorgestreckt.

Schuldenkrise ...

Ende 1982 hatte sich das Bild dramatisch geändert. Die 1970er Jahre waren eine Jahrzehnt von Krisen und zwei weltweiten Rezessionen (73, 80-82), in denen die Nachfrage nach den traditionellen Exportgütern afrikanischer, asiatischer und latein-amerikanischer Länder stark zurückging. Ende der Weltwirtschaftskrise 1980-82 waren Länder wie Brasilien, Mexiko, Argentinien und Venezuela praktisch bankrott. Sie waren nicht mehr in der Lage, die immer drückender werdenden Schuldendienste an die Privatbanken zu zahlen, die sie während der 1970er Jahre angesammelt hatten, um ihre Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen.

1970 betrug die Gesamtverschuldung der "Dritten Welt" 75 Milliarden Dollar. Ende 1985 hatte sich die Summe auf 900 Milliarden Dollar vervielfacht. Die meisten Kredite, die von den herrschenden Klassen in den Halbkolonien in den 1970er Jahren aufgenommen wurden, dienten selbstredend auch nicht für Investitionen zur Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung. Viele waren vielmehr an Rüstungs- und Militärausgaben gebunden, um die repressiven Regime in Lateinamerika (z.B. in Chile, Argentinien, Paraguay, Brasilien) und in Afrika gegen die proletarischen und bäuerlichen Massen zu stärken. Gleichzeitig garantierten diese Geschäfte den militärisch-industriellen multinationalen Unternehmen in Europa und den USA Absatz und Profite.

Andere Kredite flossen in nutzlose Prestigeprojekte, die nur dazu dienten, den Ruf des Regimes bei der eigenen Bevölkerung und international aufzubessern. Hinzu kommt, dass Milliarden Dollar überhaupt nie für ihren ursprünglichen Zweck verwandt wurden, sondern von den Mobutos und Suhartos dieser Welt außer Landes geschafft und auf ihre eigenen privaten Konten transferiert wurden. In den Rezession 1980-82 wurde die Schuldenlast zu drückend. Der Niedergang der lateinamerikanischen Exporte traf die Ökonomien schon hart. Doch damit nicht genug. Die USA erhöhten in den Jahren 1979-82 die Zinsraten von 7 auf 17 Prozent, um die Inflation einzudämmen.

Für die lateinamerikanischen Länder bedeutete das, dass ein größer werdender Schuldendienst einen immer größeren Teil an den geringer werdenden Exporterlösen einnahm. Während 1977 noch 15% der Exporterlöse der Dritten Welt zur Bedienung der Kreditzinsen reichten, mussten dafür 1982 durchschnittlich 25% aufgewandt werden. In derselben Periode nahm die Summer aller Zahlung zur Rückzahlung der Schulden von 40 Milliarden (1977) auf 120 Milliarden (1982) zu. Die herrschenden Klassen der halbkolonialen Länder standen beim IWF Schlange.

Die Banken stellten auch ihre Forderungen an IWF. Der Staatsbankrott sollte abgewandt werden und gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass die Schuldnerländer Maßnahmen ergriffen, die die Rückzahlung ihrer Schulden garantierten.

Die Mittel dazu hatte der IWF. Schon 1944 hatten die USA von allen halbkolonialen Ländern verlangt und schließlich zugestanden bekommen, dass der Erhalt jedes Entwicklungskredits der Weltbank die Mitgliedschaft im Internationalen Währungsfonds und die Akzeptanz seiner Bedingungen voraussetzt. 1978 wurde diese Klausel auf Druck der USA noch einmal verschärft, die einen Zusatz zur IWF-Charta durchsetzen konnte. Dieser besagt, dass die Vergabe von Krediten an die Erfüllung der wirtschaftspolitischen Auflagen des IWF gebunden ist.

Dieser Beschluss formalisierte und generalisierte eine Praktik, die zuvor zwar auch schon, jedoch nur in Einzelfällen angewandt wurde.

In den wenigen Fällen, wo sich in den 1950er und 1960er Jahren imperialistische Länder an den IWF wenden mussten (z.B. Britannien in den 60er Jahren), um vorübergehende Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen, gab es keine Auflagen. Die halbkolonialen Länder wurden auch damals anders behandelt. Peru war 1954 das erste lateinamerikanische Land, das sich an den IWF wandte. Ebenso wie Chile 1956 musste es vom IWF diktierten Wirtschaftsreformen zustimmen, um Kredite zu erhalten.

In den frühen 1980er Jahren stieg die Anzahl der Schuldnerländer beim IWF sprunghaft. Ende 1984 hatten 40 Halbkolonien sowie Ungarn und Rumänien Abkommen mit dem IWF geschlossen. Diese Abkommen sind auch so konstruiert, dass sie selbst jeder bürgerlich-demokratischen Kontrolle entzogen sind. Der IWF formuliert eine Absichtserklärung, in der er seine Bedingungen darlegt. Die Regierung unterzeichnet und dann werden die Gelder freigegeben. Das Abkommen muss nicht oder darf nicht veröffentlicht werden. Es hat auch nicht den Rang eines internationalen Abkommens oder Vertrages. Dadurch ist sichergestellt, dass er in keinem Parlament diskutiert, ratifiziert oder gar abgelehnt wird.

... und die IWF-Forderungen

IWF-Kredite sind natürlich auch nicht umsonst oder zinsenfrei. Jedes Schuldnerland muss 0,25 % der Kreditsumme an den IWF zahlen, um dessen Experten und sonstige Ausgaben zu bezahlen. Jeder Kredit ist mit 4,5% verzinst. Diese Zinsen gehen an die Länder, die in den IWF einzahlen und zwar in deren Landeswährung, üblicherweise als in Dollar, EURO, Pfund, Yen. Diese Zahlungen für sich genommen entsprechen schon einem Transfer von Reichtum aus den Halbkolonien in die imperialistischen Länder.

Doch damit nicht genug. Für das Privileg, Zinsen an die US-amerikanischen, deutschen, japanischen oder sonstigen Kreditgeber zu zahlen, müssen die Schuldnerländer einen sogenannten "Strukturanpassungsplan" (structural adjustment plan) akzeptieren. Tun sie das nicht, wird ihnen praktisch der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten und Investitionen verwehrt. Die Auswirkungen der Strukturanpassungspläne sind klar: Sicherung der Profite der Banken und Transfer staatlichen Eigentums an westliche Eigner.

Üblicherweise schreibt der IWF folgende Maßnahmen vor: Abwertung der nationalen Währung; Erhöhung der Zinsraten; Kürzung staatlicher Ausgaben, besonders für Sozialleistungen; Streichung von Subventionen für Lebensmittel o.ä.; Erhöhung der Preise von staatlichen Versorgungsunternehmen (Energie, Wasser, ...) oder deren Privatisierung; Lohnbeschränkungen; Einschränkung der Kreditvergabe.

Alle diese Anpassungsmaßnahmen haben ein Ziel: Einschränkung der heimischen Nachfrage und des Imports bei gleichzeitiger Steigerung des Exports durch Preissenkungen. Jede zusätzliche Exporteinnahme wird dann zur Schuldentilgung verwandt.

Indem in kurzer Zeit die Zahlungsbilanz ausgeglichen wird oder gar ein Überschuss entsteht, garantiert der IWF, dass das Land in der Lage ist, Auslandskapital anzuziehen. Für diesen Fall wird das internationale Kapital noch einmal begünstigt, da Anlagevermögen aufgrund der Abwertung der Währung billiger geworden ist.

Diese Maßnahmen dienen also nur dazu Extraprofite für die imperialistischen Konzerne und Banken zu schaffen oder die Bedingungen dafür wieder zu schaffen.

In Lateinamerika bedeutete die IWF-Politik für die Massen ein "verlorenes Jahrzehnt". Dafür ist Brasilien eine typisches Beispiel. Im Januar 1983 unterzeichnete die Regierung eine Absichtserklärung des IWF, die einen dreijährigen "Stabilisierungsplan" vorsah. Nachdem der Cruzeiro um 30% abgewertet wurde, gab der IWF einen 4,5 Milliarden Dollar Kredit frei. Die Auflagen sahen die Halbierung des Zahlungsbilanzdefizits 1983 - auf 2% des BNP - und auf 1% 1985 vor.

Das Budgetdefizit sollte 1983 auf 8% des BNP halbiert werden. Die Inflationsrate, die rund 100% pro Jahr ausmachte, sollte um 85% bis zum Ende 1983 gedrückt werden. Die Zinsraten wurden erhöht, die Staatsausgaben für Soziales drastisch reduziert und die Subventionen für die verstaatlichte Industrie gekürzt. Exportvorschriften und Einfuhrkontrollen wurden aufgehoben und der IWF bestand darauf, dass die Regierung den Transfer von Profiten für multi-nationale Unternehmen gesetzlich erleichtere. Außerdem wurde die Aufhebung der Preisbindung der Löhne verlangt, um so den Fall der Reallöhne zu beschleunigen.

Aufgrund der Abwertung stiegen die Preise doppelt so rasch wie die Löhne. Die Massen verarmten. Die Ausfuhren nahmen zu, aber der Widerstand der Arbeiterklasse führte dazu, dass die Löhne nicht so tief fielen, wie der IWF es wollte. Daher hielt er die zweite Teilauszahlung des Kredits zurück und erhob zusätzlich die Forderung, dass die Regierung die Ölpreise um 45% und die für Elektrizität um 90% erhöhen müsse. Im Juli verabschiedete die Regierung eine Verordnung, die Lohnerhöhungen auf 80% der Inflationsrate begrenzte.

Doch der Widerstand der Arbeiterklasse hielt an. Der Direktor der Zentralbank trat im September 1983 zurück und der IWF zahlte den Kredit nicht weiter aus. Brasilien brauchte in der Folge sämtliche Devisenreserven auf und musste um eine Umschuldung ersuchen. Die Regierung griff zur brutalen Unterdrückung der Arbeiterklasse, um die Forderungen des IWF zu erfüllen. Im November 1983 schlossen der IWF und einige Großbanken ein Überkommen, um Brasilien einen Kredit von 11 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, der einzig und allein zur Bedingung der Auslandsschulden aufgewandt wurde.

In den 1980er Jahren diente Lateinamerika dem IWF als groß angelegtes Experimentierfeld für seine neo-liberale Doktrin. Ein Land wurde nach dem anderen gezwungen, seine exportorientierte Wachstumsstrategie zu übernehmen, die u.a. umfassende Privatisierungsmaßnahmen zugunsten des westlichen Großkapitals und die Zerschlagung staatlicher Sicherungssysteme vorsahen. Aber Krise und Zusammenbruch in Südostasien im Jahr 1997 hat der neo-liberalen Doktrin des IWF einen enormen Schlag versetzt.

Desaster Südostasien

Alle diese Länder waren vom IWF als Modellfälle für die halbkoloniale Welt gepriesen worden: exportorientierte Wirtschaftspolitik, stabile Währungen und Offenheit für Investitionen des Auslandskapitals. Der massive Zufluss von Privatkapital in diese Länder wurde vom IWF als der Weg gepriesen, dem alle imperialisierten Länder folgen sollten, an dem sich Lateinamerika und Afrika orientieren müssten.

Doch dann kam das böse Erwachen 1998: Überproduktion, Niedergang der Profite, uneinbringbare Schulden und Kapitalflucht aus Indonesien, Thailand, Malaysia, Süd-Korea und den Philippinen. Die vormals so stabilen Währungen konnten nicht mehr gehalten werden. Eine musste nach der anderen abgewertet werden.

Gestern noch die Musterschüler und Fallbeispiele neo-liberaler Wirtschaftspolitik hatte der IWF rasch Medizin zur Hand. Er verlangte die mittlerweile üblich gewordenen Maßnahmen zur Reduktion des Defizits, die Einschränkung der Konsumnachfrage und die Erhöhung der Zinsraten. Hinzu kam eine Reihe von Forderungen, um den freien Fluss von Kapital noch mehr zu begünstigen. Maßnahmen und Mittel, die die Krise verstärkt hatten, wurden nun vom IWF verlangt.

Diese Intervention hat selbst moderate bürgerliche, linksliberale und sozial-demokratische Ideologen erbittert und erzürnt. Den IWF kümmert das nicht. Im Gegenteil. Jetzt macht sich der Aufbau des IWF bezahlt, jeder selbst noch so bescheidenen bürgerlich-demokratischen Kontrolle entrückt zu sein, so dass er ganz direkt und unabhängig von den Stimmungsschwankungen der Öffentlichkeit die Interessen der führenden Großkapitale der Welt zum Ausdruck bringt. Daher sind IWF und Weltbank - ähnlich wie andere zentrale Finanzinstitutionen - nach wie vor neo-liberaler Doktrin verschrieben und setzen diese auch um.

Das lässt sich an der Intervention in Ostasien gut demonstrieren. Das eigentliche Ziel der IWF-Auflagen bestand darin, die Krise (bzw. die IWF-Pakete) als Hebel zu nutzen, um den westlichen Banken und Multis zu Möglichkeit zu verschaffen, die besten Teile dieser Ökonomien günstig zu erwerben. Daher hat der IWF in seinem Abkommen mit Süd-Korea vom Dezember 1997 weitgehende Strukturreformen verlangt, darunter die Schließung einheimischer Finanzinstitutionen, das Recht ausländischer Banken, südkoreanische aufzukaufen und das Verbot direkter staatlichen Kredite an die süd-koreanischen Unternehmen. Das Ziel des IWF ist klar:

"Es kann keinen Zweifel geben, dass die westlichen und japanischen Unternehmen die großen Gewinner sind. Der Transfer an ausländische Eigentümer ist von einer Euphorie begleitet, die sich z.B. in den Worten des Vorsitzenden einer britischen Investmentbank ausdrückt: ‚Was gestern noch eine Milliarde Dollar Wert war, kostet heute nur noch 50 Millionen. Das ist wirklich aufregend.' Die Mischung aus Abwertung der Währung, vom IWF erzwungener Liberalisierung der Finanzwelt und einer aus IWF Geldern finanzierten Erholung könnte den größten Transfer von einheimischen zu ausländischen Eigentümern in der Nachkriegsgeschichte einläuten. Gegenüber seinen möglichen Ausmaßen könnten die Veränderungen der Besitzverhältnisse im Lateinamerika der 1980er Jahre geradezu zwergenhaft erscheinen." (R. Wade und F. Veneroso, New Left Review 228)

Imperialisten diskutieren über die Zukunft des IWF

Nicht erst die Krise in Süd-Ostasien, auch die langwierige Stagnation des japanischen Kapitalismus und der wachsende Widerspruch in der Arbeiterklasse der EU-Staaten, der zu einer Reihe von Wahlniederlagen konservativ-liberaler Regierungen führte, haben die ideologisch-politische Dominanz des Neo-Liberalismus zumindest geschwächt.

Es ist daher kein Wunder, dass auch in Bezug auf die internationalen Finanzinstitutionen Konflikte in Bezug auf deren neo-liberale Ausrichtung auftraten. In einer Situation, in der heute insbesondere der US-Imperialismus gegenüber seinen imperialistischen Konkurrenten besonders über Kapitalmarktbewegungen weiter an Boden gewinnt, ist es klar, dass diese ideologisch-politischen "Reformdebatten" in Bezug auf Weltbank und IWF stark mit neu aufkommenden Interessengegensätzen zwischen den Imperialisten verwoben sind.

War Asien lange Zeit als das Muster der Erfolgsgarantie neo-liberaler Wirtschaftspolitik (besonders was Export-Orientierung und restriktive Haushaltspolitik in Bezug auf konsumptive Ausgaben betrifft) für halb-koloniale Länder dargestellt worden, so erzeugte das Finanzdebakel einen gewissen Erklärungsbedarf.

Die klassisch-konservativen Neo-Liberalen entdeckten natürlich plötzlich, dass die autoritären Regierungen Süd-Ostasiens "überreguliert" seien und viel zu viele staatliche Eingriffe in den Markt vorhanden seien, die Korruption, faule Kredite und fiktive Spekulation begünstigt hätten. Verschwiegen wurde dabei, dass das Wirken dieser autoritären Regimes, besonders das "staatliche Eingreifen" in die Rechte der Arbeiterklasse und ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse in Ländern wie Indonesien oder Südkorea diese Regimes lange Jahre zu Lieblingen der internationalen Finanz- und Polit-Oligarchie gemacht hatte.

Gegen diesen Mainstream des Neoliberalismus machte sich eine "linke" Variante des Neoliberalismus zunehmend bemerkbar, der gewisse Modifikationen am klassischen Programm für notwendig hält. So stellte Joseph Stiglitz, Chefökonom der Weltbank, fest, dass "unzureichende Kontrolle, nicht Überregulierung die (ökonomischen Probleme Ostasiens) verursachte. Folglich sollten wir den Schwerpunkt nicht auf Deregulierung, sondern auf die Entdeckung des richtigen Regulationsregimes zur Wiederherstellung von Stabilität und Vertrauen legen." (Wall Street Journal, 8/12/1997)

Nach der Doktrin der "Links-Neoliberalen", die besonders in der europäischen Sozialdemokratie begeisterte Aufnahme fand, sind es besonders "kurzfristige Kapitalflüsse", die zu gefährlichen Instabilitäten führen könnte, und die neue Formen von Kontrollmechanismen erfordern würden, die sogenannten "Kapitalverkehrskontrollen". Danach soll der IWF ein Frühwarnsystem entwickeln, so dass in bestimmten Situationen eine "vorübergehende Beschränkung der Kapitalzuflüsse" zugelassen würde (Frankfurter Rundschau, 8/4/00).

In diesem Zusammenhang soll es nur in "kontrollierter Form" zu einer Öffnung der Finanzmärkte kommen, indem auf die Sanierung des Bankenwesens und eine funktionierende Bankenaufsicht besonderes Gewicht gelegt werden müsse. Zusätzlich soll das traditionelle "Strukturanpassungs"-Programm verknüpft werden mit Perspektiven, die "langfristiges Wachstum" garantieren würden. In der Frühjahrstagung des IWF 1999 wurde daher beschlossen, künftig bei Vorschlägen zur Haushaltssanierung Ausgaben für Grundbildung und das Gesundheitswesen mehr als bisher zu schonen. Außerdem wurde besonders auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung ein "Armutsfonds" eingerichtet, der die Maßnahmen "sozial flankieren" solle.

Doch schon diese kosmetischen Korrekturen der IWF-Politik sind auf heftigen Widerstand gestoßen. Der von den Republikanern dominierte Senat verweigerte geraume Zeit die turnusgemäße Quotenerhöhung und setzte eine Kommission ein, die Vorschläge für die "Reform" des IWF machen sollte. Diese sog. "Meltzer-Kommission" kam - wie zu erwarten war - zu dem Schluss, dass der IWF sich von seien Kernaufgaben entfernen und das Geld des amerikanischen Steuerzahlers verschwendet würde. Die simplen Mittel für die Überwindung von Krisen, wie sie in Asien aufgetreten waren, seien die vollständige Öffnung der lokalen Finanzmärkte und das freie Wirken der "Kräfte des Marktes". Solche Dinge, wie der "Armutsbekämpfungsfonds" werden ebenso abgelehnt, wie weitergehende Regulierungsmaßnahmen. Der IWF solle sich rein um kurzfristige Liquiditätsprobleme kümmern.

Dieser ideologisch-politische Streit eskalierte schließlich bei der Frage der Bestellung des neuen IWF-Chefs. In selten dagewesener undiplomatischer Offenheit lehnte die US-Regierung den bundesdeutschen, "links-neoliberalen" Weltbankmanager Koch-Weser aus dem rot-grünen Regierungslager ab. Auch wenn dieser Streit nun durch die Bestellung des alten Waigel-Getreuen Horst Köhler beigelegt ist, so wird die Auseinandersetzung um das Meltzer-Gutachten auf der einen und die "linken" Varianten der Art der Kapitalverkehrskontrollen in den nächsten Monaten bis zum IWF-Gipfel in Prag weiter heftig geführt werden.

Jede Illusion in die "linken" Reformversuche des IWF muss dabei von vornherein zurückgewiesen werden. Die Konzentration auf die Folgen "unkontrollierter" kurzfristiger Kapitalströme lenkt davon ab, dass es die Folgen langfristiger Kapitalinvestitionen der imperialistischen Monopole sind, die die strukturellen Probleme und Abhängigkeiten der halbkolonialen Länder hervorrufen. Außerdem wird durch kurzfristiges währungs- und zinspolitisches Eingreifen nichts daran geändert, dass überschüssiges, leicht bewegliches Kapital auf den internationalen Finanzmärkten in Massen vorhanden ist, das auf die besten Anlagebedingungen, d.h. Ausbeutungsmöglichkeiten lauert.

Welche Kontrollmechanismen sollen es da verhindern können, dass Länder, in denen die Arbeiterklasse nicht mehr so günstig ausgebeutet werden kann, eben plötzlich nicht mehr zum Zielgebiet großer Finanzströme werden. Zu glauben, IWF und Weltbank würden hier gegensteuern, macht bei den realen Machtverhältnissen im IWF tatsächlich den Bock zum Gärtner. D.h. alle Maßnahmen, die von "Links-Neoliberaler", sozialdemokratischer Seite zur "Reform" des IWF vorgeschlagen werden, sind nichts anderes als Kosmetik, die die eigentliche Funktion und Wirkungsweise dieser Institution nur wieder weiter verschleiern hilft.

Die Zukunft des IWF

Der pro-imperialistische Charakter des IWF, seiner Vorschriften und Bedingungen tritt so deutlich hervor wie niemals zuvor. Der Umfang und die Häufigkeit seiner Interventionen sind so groß, dass ihre sozialen Folgen nicht verborgen werden können. Aber der IWF lässt sich davon nicht beeindrucken. Kein Wunder, deshalb wurde er auch gegründet.

Der IWF kann sich zukünftig in zwei Richtungen entwickeln. Beide Entwicklungen können seinem Treiben eine Ende setzen.

1. Die Anzahl der Kriseninterventionen, die Tiefe dieser Krisen und die Summen, die für die "Rettungspakete" des IWF verwandt werden mussten, haben seine eigenen Ressourcen bis auf die Grenzen in Anspruch genommen. Die nächste Krise - so fürchten auch Anhänger des IWF - könnte eine zuviel sein. Er braucht mehr und mehr Geld aus den USA, Europa und Japan, um in die Krisen der kapitalistischen Weltwirtschaften eingreifen zu können.

Schon in den letzten Jahren hat es immer wieder Rückstände mit Beitragszahlungen gegeben. Die größten Zahler machen dabei die meisten Probleme. So hielt der republikanisch dominierte US-Kongress im letzten Jahr monatelang eine längst überfällige Zahlung von 18 Milliarden Dollar zurück. Doch wenn die Entwicklung der letzten Jahre anhält, wird der IWF sehr viel mehr Geld und nicht weniger brauchen.

In einer solchen Situation kann es einfach dazu kommen, dass der IWF auch keine kurzfristige Stabilisierung mehr zustande bringt. In diesem Fall könnte es zum Unterbrechung und zum Kollaps globaler Handels- und Zahlungssysteme kommen und zu einem Rückgriffe auf Protektionismus, Abwertungswettläufe usw. Das ist der reaktionäre Weg.

2. Die fortschrittliche Alternative besteht im Kampf der ausgebeuteten Klassen weltweit gegen die vom IWF inspirierten Austeritätsprogramme, für die sofortige und bedingungslose Streichung der Schulden der sog. Dritten Welt und ehemaligen "realsozialistischen" Staaten, im Kampf gegen die imperialistischen und halbkolonialen Regime, die von diesem System profitieren und es umsetzen. Sie besteht im Sturz dieser Regierungen und ihrer Ersetzung durch revolutionäre Arbeiterregierungen.

Nur auf diesem Weg können die Banken und Fabriken dieser Welt enteignet, der Kontrolle der Kapitalistenklasse entrissen und in die Hände der Arbeiter und Arbeiterinnen überführt werden.

Der Kampf gegen das imperialistische System ist notwendigerweise auch ein Kampf gegen die Mechanismen und Institutionen, mit denen er die Welt unter die verschiedenen Imperialisten unterwirft. Der IWF kann durch keine Maßnahme in ein Instrument einer "nicht-imperialistischen Entwicklungspolitik" gewandelt werden. Er ist seiner ganzen Struktur nach ein Werkzeug der herrschenden Finanzoligarchie, die nicht kontrollierbar ist, solange sie irgendwelche kapitalistischen Schlupflöcher besitzt.

Die Haltung von Revolutionärinnen und Revolutionären zum IWF kann daher nur die Forderung nach seiner sofortigen Auflösung, seiner "Zerschlagung" sein. Wir fordern von allen Arbeiterorganisationen - Gewerkschaften, reformistischen Parteien in Opposition und Regierung - gegen alle IWF-Maßnahmen eintreten, keine Gelder zu bewilligen und sofort jede Kooperation mit ihm einzustellen. Von den jeweiligen Regierungen muss gefordert werden, sich aus dem IWF zurückzuziehen und für die Auflösung und Enteignung dieser kriminellen Organisation einzutreten. Dies muss natürlich verbunden werden mit der Forderung nach einer sofortigen und bedingungslosen Streichung aller Schulden beim IWF und allen anderen internationalen Finanzagenturen des Kapitals.

In den industriell fortgeschrittensten Ländern der Welt könnten und müssten Arbeiterregierungen daran gehen, einen alternativen internationalen Mechanismus zur schaffen, um die Ländern der halbkolonialen Welt oder revolutionären Arbeiter- und Bauernregierungen in diesen Ländern zu unterstützen. Wiewohl ein solcher Mechanismus gerade in den ersten Phasen der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus auch ein monetäres System sein wird, so muss es von Beginn an im Rahmen eines Systems globaler Planung fungieren, einem System das als unmittelbare Aufgabe die Bekämpfung des Elends und der Armut in der sog. Dritten Welt hätte.

Die Notwendigkeit einer solchen internationalen Finanzinstitution ergibt sich daraus, dass - wie das Wertgesetz selbst - auch Geld in der Übergangsperiode im nationalen und internationalen Verkehr nicht einfach abgeschafft werden kann. Daraus folgt, dass Austausch zwischen verschiedenen Arbeiterstaaten (ganz zu Schweigen von Wirtschaftsbeziehungen mit kapitalistischen Ländern) für eine bestimmte Periode auch monetär erfolgen wird.

Allerdings dient das Geldverhältnis wie überall auch im internationalen Zahlungsverkehr zur Verschleierung realer Beziehungen zwischen den Produzenten. Mehrarbeit der Arbeiterklasse eines Landes erscheint in der Form des Kredits als eigenständiges Objekt, das Mehrarbeit für den Zins verlangt. Internationale Planung würde diese Verteilungsverhältnisse von Arbeit in der Form gegenseitiger Unterstützungsarbeiten offen legen. Die Bedingungen und langfristigen Zielsetzungen könnten von den betroffenen Produzenten unmittelbar und demokratisch diskutiert und entschieden werden. Diese Beziehungen würden sich nicht mehr in der Form eines nicht von den Betroffenen kontrollierbaren Objekts namens Kreditwesen verselbständigen, und somit werden die Institutionen von dessen Verwaltung überflüssig.

Ein Föderation von Arbeiterstaaten würde von Beginn an die Geldtransfer zwischen Mitgliedsländern eine Sozialistischen Föderation unter Kontrolle des proletarischen Staates stellen. Die Bereicherung privater Kapitalisten würde unmöglich, ebenso die systematische Ausplünderung der einstigen Halbkolonien durch die ehemaligen imperialistischen Länder. Je mehr die Arbeiterstaaten und ihre Ökonomien in einen internationalen Plan integriert würden, um so mehr würde sich die Notwendigkeit des Geldes und verschiedener Währungen im Austausch einfach erübrigen.

Anhang 1:

Kurze Chronologie

Juli 1944:
IWF und Weltbank werden von Delegierten aus 44 Nationen in Bretton Woods, New Hampshire, USA, gegründet.

May 1946:
Der IWF beginnt zu funktionieren. Er hat 39 Mitgliedsländer.

1978:
Eine Erweiterung der IWF-Charter schreibt Bedingungen für den Erhalt von IWF-Krediten verbindlich vor.

1983-84:
Der IWF leiht 28 Milliarden Dollar an verschiedene, in erster Linie lateinamerikanische Länder nach der Schuldenkrise 1982.

Februar 1995:
Der IWF bewilligt Mexiko einen Rekordkredit von 17,8 Milliarden Dollar.

März 1996:
Russland erhält 9,2 Milliarden Dollar, um die Restauration des Kapitalismus abzusichern.

August 1997:
Thailand erhält 4 Milliarden Dollar.

Dezember 1997:
Neuer Rekordkredit: Süd-Korea erhält 20,9 Milliarden US Dollar.

Juli 1998:
Russland wird eine weiterer 11,2 Milliarden Dollar Kredit gewährt, um die Spekulation gegen den Rubel zu kontern und den Verfall der Währung zu stoppen.

Anhang II

Struktur des IWF

  • Der IWF hat 182 Mitgliedsländer. Bis Anfang 1998 haben diese insgesamt 193 Milliarden Dollar in den IWF eingezahlt. Der Sitz des IWF ist in Washington DC. Er beschäftigt 2600 Angestellte.
  • Die Grundlinien der Politik des IWF werden auf den jährlichen Treffen der leitenden Direktoren festgelegt, wobei jedes Land einen Direktor stellt. Die Exekutive des IWF hat 24 hauptamtliche Mitglieder, die die Tagesgeschäfte des IWF leiten.
  • Die Stimmrechte im IWF entsprechen den Beiträgen, die einzelne Mitgliedsstaaten einzahlen. Daher kontrollieren die USA 18% der Stimmrechte im Gegenzug für 35 Milliarden Dollar, die sie eingezahlt haben. Damit können sie ein Veto gegen jede Änderung der IWF Charta einlegen, da eine solche die Zustimmung von 85% der Stimmen erfordert. Die G 8 Länder (USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Britannien, Kanada, Italien, Russland) vereinen mehr als 50% der Stimmen auf sich. Die übrigen 174 Länder teilen sich den Rest.

Editorische Anmerkungen:

Der Artikel ist eine Spiegelung von
http://www.arbeitermacht.de/theorie/iwfkrisenverwalter.htm
der Site der Liga für eine revolutionär- kommunistische Internationale.
Kontakt-Email an: gam@arcormail.de