Eine wichtige Richtigstellung
DDR vor 1989 auf Abruf

von Reinhold Schramm

5-6/2019

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/trend/ In der Nr. 24/2019 der Wochenzeitung "Der Freitag" erschien ein Artikel von Michael Jäger mit dem Titel "1989: DDR auf Abruf". Im Untertitel hieß es dort: " Der sowjetische Parteichef Gorbatschow deutet beim Bonn-Besuch an, dass die deutsche Zweistaatlichkeit 'nicht ewig! dauern müsse. Reinhold Schramm nahm dies zum Anlass zu einer "Gegenrede".

Das Ausmaß der Krise war spätestens zu Beginn der zweiten Hälfte der 1970er Jahre dem MfS bekannt. Aktive Mitglieder der SEW bekamen sie bereits schon mit der Einschränkung ihrer politischen Agitation –– auf die Bevölkerung in Westberlin –– zu spüren. So nach den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1973 und im gleichen Jahr mit der Eröffnung der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und der nachfolgenden Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki 1975.

Im Zeitraum von 1973 bis 1975 wurde die in Westberlin beabsichtigte politische Öffentlichkeitsarbeit, so von damals aktiven Mitgliedern der SEW und deren Erwerbstätige, so bei der Westberliner Deutschen Reichsbahn, deutlich reduziert. Mit der politischen Entwicklung, im Zusammenhang mit der KSZE, wurde der Klassenkampf, bspw. so auch in Westberlin, mit Einwirkung der Berliner SED, so auf die Genossen der SEW (bei der Westberliner Deutschen Reichsbahn), einseitig reduziert.

Damit nahm auch die ideologische Konvergenz, sowohl in der SED wie SEW, ihren unaufhaltsamen Auftrieb. Statt übergreifenden Klassenkampf, statt die sozial- und gesellschaftspolitische Auseinandersetzung, zwischen den Systemen, war die ideologische Klassenversöhnung mit der westdeutschen Finanz- und Monopolbourgeoisie [und deren SPD-Sozialdemokratie] angesagt. Die bereits zunehmende finanzielle und ökonomische Abhängigkeit, des Realsozialismus vom westdeutschen Kapitalismus, nahm ihren weiteren und ungebremsten Verlauf.

Die ideologische, ökonomische und politische Niederlage, des bisherigen Realsozialismus, so vor allem auch in der ökonomischen Konkurrenz, zwischen beiden Gesellschaftssystemen, war auch unter den klassenbewussten Arbeitern und Genossen, sowohl der SEW wie SED, in der ersten und zweiten Hälfte der 1970er Jahre, deutlich spürbar und erkennbar.

So ganz im Gegensatz zu den (marxistischen) Theoretikern und Ideologen der Berliner SED, die nach 1990 behaupteten, die gesellschaftliche Niederlage des Sozialismus erst um 1988/1989 erkannt zu haben, so konnten klassenbewusste Arbeiter die sich abzeichnende Niederlage des Realsozialismus bereits in den 1970er Jahren erkennen.

PS: Darüber, über die reale Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft, wurde auch von Kommunisten in den 1970er Jahren, ganz offen und unverstellt, gesprochen. So auch in meiner antifaschistischen Zusammenarbeit – als Westberliner Tischler und Metallarbeiter – mit dem MfS in den 1970er Jahren.

Zusendung durch den Autor am 23.6.2019 per Email.