Am gestrigen
Samstag den 15. Juni 2019 traten in Spaniens
Kommunen die neu gewählten Gemeinderäte zur
erste Sitzung zusammen, vor allem um die neuen
Oberbürgermeister zu wählen. Die Wochen seit
den Wahlen waren geprägt von Verhandlungen über
Bündnisse, da kaum eine Liste irgendwo über
absolute Mehrheiten verfügt.
In der mit 1,6
Millionen Einwohner nach Madrid zweitgrößten
Stadt Barcelona konnte sich die Kommunistin und
Amtsinhaberin Ada Colau-Bolano erneut deutlich
durchsetzen.
Das war alles
andere als selbstverständlich denn bereits kurz
nach den Kommunalwahlen hatte z.B. das
Bundesvorstandsmitglied von Die Linke, Raul
Zelik, fälschlich gemeldet das Ada Colau-Bolano
abgewählt worden sei. Auch die bürgerlichen
Medien in Deutschland wurden entsprechend
„informiert“ und haben das sehr gerne
verbreitet. Auch Linke Medien wie „Neues
Deutschland“ und sehr viele Zeitungen in
Spanien verbreiteten diese Falschmeldung.
Gestützt wurde diese
Behauptung auf die Tatsache, das die Liste der
„linksrepublikanischen“ ERC in Barcelona mit
Listenführer Ernest Maragall
ganz wenige Stimmen (ca.
4833 bei über 150 Tausend für jede Liste) mehr
bekommen hat als die Liste der zum Bündnis
Podemos gehörenden Liste der amtierenden
Oberbürgermeisterin.
Im Gemeinderat von
Barcelona hat die Liste Barcelona en
Comú der
Oberbürgermeisterin jedoch 10 Sitze, genau wie
der ERC von Ernesto Maragall. Als dritte Linke
Partei haben die Sozialisten 8 Sitze erreicht.
Barcelona en Comú ist jedoch in 6 Stadtbezirken
stärkste politische Kraft geworden während der
ERC und PSC das nur jeweils in 2 Bezirken
geschafft haben, sonstige nur in einem Bezirk.
Vor allem aber setzt Barcelona en Comú auf
Basisdemokratie und versucht so gut wie möglich
die Menschen in den Stadtteilen auf
Versammlungen selbst über ihre Belange
bestimmen zu lassen und auch dazu zu
motivieren. Nach oben hin versucht Barcelona en
Comú mit einigem Erfolg und den zur Verfügung
stehenden Mitteln den Wohnungsbaukonzernen,
Kapital und Bürokratie das Wasser abzugraben
und den Menschen damit mehr Mittel zur
Gestaltung freizukämpfen. Schulen,
Kindergärten, Wohnungen, Einkommen, Gleiche
Rechte für Frauen, Unterkünfte für Flüchtlinge
und sonstige soziale Forderungen stehen ganz
oben auf der Agenda.
Dieser Politik folgen die
anderen beiden „Linken“ Parteien wenn überhaupt
dann nur widerwillig, stehen jedoch unter Druck
der Basisorganisationen und auch von der von
Barcelona en Comú geführten Stadtverwaltung.
Für den ERC steht hingegen die Abgrenzung von
Spanien und auch von den anderen Ländern, der
„eigene Staat“, „eigene Sprache an Schulen“
usw. ganz oben auf der Agenda. Die Kommunistin
Ada Colau-Bolano aus dem Amt treiben zu können
und die Stadtverwaltung der mit Abstand größten
Stadt in Katalonien unter Kontrolle bekommen zu
können, wäre da eine fette Beute für den ERC
gewesen. Die Partei der Sozialisten Kataloniens
(PSC) mit 8 Sitzen als dritte große Fraktion in
Barcelona steht ebenfalls deutlich Rechts von
Barcelona en Comú, ist weniger
basisdemokratisch, weniger antibürokratisch und
gar nicht antikapitalistisch. Diese Partei hält
jedoch nichts vom Separatismus und so gab es
keine ernsthaften Gespräche zwischen ERC und
PSC. Vielmehr hat sich die PSC als
Bündnispartner von Barcelona en Comú
Zugeständnisse abtrotzen lassen, um die
Oberbürgermeisterin im Amt zu halten. Auch der
ERC hatte Barcelona en Comú ein Bündnis
angeboten, beanspruchte aber selbst die Führung
und vor allem den Oberbürgermeisterposten.
Die
Basisorganisationen in den Stadtteilen lehnten
dies jedoch entschieden ab und forderten das
die Alcaldesa (Oberbürgermeisterin) im Amt
bleiben müsse. Ada Colau-Bolano kandidierte
somit in der Gemeinderatssitzung erneut für das
Amt der Oberbürgermeisterin, hatte jedoch mit
den Stimmen der beiden Listen nicht die
notwendige absolute Mehrheit. Ernest Maragall
hatte auch die einfache Mehrheit im Rat nicht,
doch wäre ihm das Amt des Oberbürgermeisters
laut Verfassung mit seiner knapp
Stimmenstärksten Liste zugefallen, wenn es
keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten
oder eine Kandidaten gegeben hätte. Maragall
wurde außer von den Räten des ERC von der Liste
des Rechtskonservativen Charles Puigdemont,
Junts Catalunia (JC) mit 5 Räten, unterstützt.
Zusammen haben die Separatisten jedoch nur noch
15 Stimmen im Gemeinderat von Barcelona statt
der 18 bei der letzten Kommunalwahl von 2015.
Die „Linken“ der CUP haben ihre 3 Räte verloren
und sind nicht mehr vertreten, ansonsten gab es
in diesem Lager nur Verschiebungen zugunsten
des ERC und JC, mit Xcat verschwand auch die
Sammlungsliste der Separatisten aus dem
Gemeinderat. Somit führte Ada Colau-Bolano vor
der Abstimmung im Gemeinderat mit 18 zu 15
Stimmen vor Ernest Maragal, dieser wäre damit
aber Oberbürgermeister geworden da die absolute
Mehrheit von 21 Stimmen von keinem erreicht
worden wäre. Allerdings ist es klar das die
Amtsinhaberin für die restlichen Listen im
Gemeinderat das deutlich kleinere Übel ist da
sie vor allem gegen den Separatismus sind und
erst in zweiter Linie gegen Links. Die
Oberbürgermeisterin und ihre Organisation hatte
die Sezessionsbewegung nicht unterstützt aber
auch die Konservativen wegen ihres Vorgehens
und ihrer mangelhaften Dialogbeischaft scharf
kritisiert. Somit ist klar das von den
restlichen Gemeinderäten keinerlei
Unterstützung für Ernest Maragall und die
separatistische Bewegung zu erwarten ist und
außerdem wurde dieses Lager um 3 Gemeinderäte
geschwächt. Die Perspektive dieser nicht
antikapitalistischen Richtung ist letztlich das
Spanien Jugoslawien in den Untergang und das
Chaos folgt, was immer mehr Menschen und auch
immer mehr Linke einzusehen scheinen.
Kapitalismus kann weder in Spanien oder sonst
irgendwo auf der Welt funktionieren und erst
recht nicht in einem erst noch neu zu
gründenden kapitalistischen Staat wie z.B.
Katalonien.
Die meisten
kleineren Listen enthielten sich oder stellten
eigene Kandidaten auf, ohne das diese eine
Chance gehabt hätten. Von der Liste des rechten
Sozialdemokraten Manuel Vals enthielten sich 3
Räte und 3 andere Räte Stimmten für Ada
Colau-Bolano. Somit hat diese mit 21 Stimmen
die absolute Mehrheit im Gemeinderat erreicht
und ist für 4 weitere Jahre zur
Oberbürgermeisterin von Barcelona gewählt.
Die Steigerung von „Wir können es“ (Spanisch
Podemos) ist: „Wir tun es“ und in Barcelona
machen es
Barcelona en Comú und ihre Alcaldesa Ada
Colau-Bolano. Es ist dies die Revolutionäre
Realpolitik die Rosa Luxemburg immer
eingefordert hat und die von der Organisation
in Barcelona umgesetzt wird. Es ist der Kampf
für Basisdemokratie in der Gesellschaft, der
Kampf gegen die privilegierte Bürokratie und
der Kampf gegen den Kapitalismus, der nicht
mehr über die Interessen der Menschen gestellt
wird.
Barcelona wird weiter ein
Leuchtfeuer in Richtung antikapitalistischer
Weltgesellschaft sein und der Funke greift auf
immer mehr Kommunen über, daran arbeitet gerade
Ada Colau-Bolano sehr intensiv. „Global denken,
lokal Handeln“, dieser Leitspruch der
Bewegungen gilt noch immer und in Zukunft erst
recht.
per Email
am 16..06.2019
|