Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Aktionswoche Wohnen
Auftakt des DGB-Zukunftsdialogs

Infos von der DGB-Website

5-6/2019

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Mit mehr als 200 Veranstaltungen und Aktionen hat der DGB Ende März auf die schwierige Situation am Wohnungsmarkt aufmerksam gemacht – denn bei vielen Menschen frisst die Miete immer größere Teile des Einkommens auf. Die Aktionswoche ist der öffentliche Auftakt des DGB-Zukunftsdialogs.

Mit mobilen Wohnzimmern in Fußgängerzonen, Straßenumfragen, Diskussionsveranstaltungen und vielen weiteren Aktionen war der DGB vom 25. bis 29. März bundesweit unterwegs. „Wir wollen mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommen und von ihnen wissen: Welchen Problemen begegnen sie bei der Wohnungssuche, bei Mieten und Nebenkosten. Ein immer größerer Anteil des Einkommens wird von den Mieten aufgefressen und viele Menschen können sich keine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsortes mehr leisten“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann zum Start der Aktionswoche. Bezahlbares Wohnen sei „die neue soziale Frage unserer Zeit“.

Großstädte: Es fehlen zwei Millionen günstige Wohnungen

Dass die Politik schnell und effektiv handeln muss, zeigt eine umfassende Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde. Demnach fehlen in den 77 deutschen Großstädten fast zwei Millionen günstige Wohnungen. Am größten ist die Lücke in Berlin, Hamburg und Köln, aber selbst in kleineren Großstädten gehen Angebot und Nachfrage weit auseinander. Die Stadtsoziologen der Humboldt-Universität Berlin haben für jede deutsche Großstadt – von Kiel bis München, von Aachen bis Dresden – ein Profil der Wohnsituation erstellt.

Vier von zehn Haushalten wenden 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Wohnung auf

Die Städteprofile enthalten unter anderem Zahlen zu Wohnkosten, Wohnungsgrößen oder Wohnungsausstattungen. Im Zentrum steht die Mietbelastungsquote, bei der die Höhe der Bruttokaltmiete ins Verhältnis zu den Einkommen in den einzelnen Städten gesetzt wird. In deutschen Großstädten müssen vier von zehn Haushalten und damit rund 8,6 Millionen Menschen mindestens 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens aufwenden, um die Wohnung zu bezahlen. Der Anteil ist einerseits hoch in wohlhabenden, teuren Städten wie Bonn oder Wiesbaden, anderseits in Großstädten mit vielen einkommensschwachen Haushalten wie Bremerhaven oder Duisburg. Auf den höchsten Wert kommt Neuss – dort muss fast jeder zweite Haushalt mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Miete ausgeben.

Körzell: „Druck im Wohnungsmarkt“

Was die Politik aktuell gegen die Probleme am Wohnungsmarkt tue, „entspricht nicht der Problemlage“, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Es sei „Druck im Wohnungsmarkt“, so Körzell. „Die Mieten steigen, und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich diese Mieten nicht mehr leisten.“ Die Reaktionen auf die Aktionswoche im Rahmen des DGB-Zukunftsdialogs zeigen, wie sehr den Menschen das Thema unter den Nägeln brennt. So kommentiert etliche NutzerInnen auf der DGB-Dialogplattform unter www.redenwirueber.de die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt. „Das Recht auf Wohnen muss durch den Gesetzgeber/Politik geschützt werden. Dieses darf nicht durch Kapitalinteressen ausgehebelt werden können. Eine Quote muss eingerichtet werden, damit finanziell normal gestellte und auch Geringverdiener nicht in Ghettos abgeschoben werden. Nur so kann eine weitere Spaltung der Bevölkerung verhindert werden“, schrieb ein/e NutzerIn.

Wohnungssuche: "eine fast aussichtslose Sache, unglaublich zeitintensiv"

Viele andere UserInnen machen Vorschläge, wie Politik und Gesellschaft gegen steigende Mieten vorgehen können und berichten von eignen Erfahrungen bei der Wohnungssuche. Als „eine fast aussichtslose Sache, unglaublich zeitintensiv und nervenaufreibend“ bezeichnete ein/e NutzerIn die Suche nach einer Wohnung für die eigene Mutter im Saarland. „Es dauerte 3,5 Jahre, bis eine in Aussicht war, und dann nochmals ein weiteres halbes Jahr, bis diese dann saniert und bezugsfertig war.“ Ähnliches klang auch in den Gesprächen auf den Straßen und Plätzen an. Dort diskutierten hunderte von PassantInnen intensiv mit den GewerkschafterInnen über die Wohnungsnot. Alle Hinweise und Vorschläge – nicht nur zum Thema Wohnen – werden dokumentiert und fließen ebenfalls in den DGB-Zukunftsdialog ein.

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Forderungen des DGB: Wohnungsbau
  • Es müssen mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, mit einem Fokus auf bezahlbaren Wohnraum. Mindestens 100.000 davon müssen preis- und belegungsgebunden sein.
  • Die Abschreibungssätze für den Mietwohnungsneubau müssen von zwei auf drei Prozent erhöht werden.
  • Öffentliche und gemeinwohlorientierte Wohnungsbaugesellschaften sollen geschaffen bzw. gestärkt werden.
  • Rekommunalisierung: Boden und Wohnungsbestände ankaufen und dem privaten Markt entziehen.
  • Öffentliche Liegenschaften vorzugweise kommunalen oder anderen gemeinwohlorientierten Unternehmen zur Bebauung überlassen. Die Vergabe soll dabei auf Erbpachtbasis und nach Konzept erfolgen.
  • Bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende und Studierende schaffen.
Forderungen des DGB: Mieten
  • Die Mieterhöhungen im Bestand müssen flächendeckend auf zehn Prozent innerhalb von drei Jahren gekappt werden, in angespannten Wohungsmärkten auf maximal sechs Prozent innerhalb von drei Jahren bzw. auf Inflationsniveau. Diese Maßnahme ist solange aufrecht zu erhalten, bis in Gebieten mit angespannten Märkten Neubaumaßnahmen greifen.
  • Die Mietpreisbremse muss effektiv verschärft werden.
  • Die Modernisierungsumlage muss auf vier Prozent abgesenkt und mit einer Kappungsgrenze von 1,50 Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren versehen werden.
  • Mietspiegel müssen rechtssicher gestaltet und der Bemessungszeitraum auf zehn Jahre ausgeweitet werden.
  • Eigenbedarfskündigungen müssen stark eingeschränkt werden.
Weitere wohnungspolitische Forderungen des DGB
  • kein Missbrauch bei der Grunderwerbssteuer mittels „Share Deals“
  • Grundsteuer aus den Betriebskosten herausnehmen
  • Wohngeld und die Kosten der Unterkunft (KdU) regelmäßig anpassen

DGB unterstützt drei Petitionen für bezahlbares Wohnen

Die Gewerkschaften stemmen sich gegen die wachsende Wohnungsnot in Deutschland. Der DGB ist überzeugt: Menschen müssen sich eine Wohnung dort leisten können, wo sie arbeiten. Deshalb werden mindestens 400.000 neue und bezahlbare Wohnungen pro Jahr gebraucht, darunter 100.000 Sozialwohnungen. Bund und Länder gemeinsam müssen dafür sieben Milliarden Euro jährlich bereitstellen. Die bislang für den sozialen Wohnungsbau eingeplanten Gelder des Bundes reichen nicht einmal, um den Bestand zu halten. Zudem sollte die Politik entschlossener gegen Bodenspekulation vorgehen, etwa indem sie Eigentümer im Rahmen baurechtlicher Möglichkeiten verpflichtet, ihre Grundstücke zu bebauen.

Ihre Unterschrift gegen den Mietenwahnsinn

Um den Druck auf die Politik zu erhöhen und die Dringlichkeit des Problems deutlich zu machen, unterstützt der DGB zurzeit drei Petitionen, die auf lokaler, Landes- und Europaebene ansetzen. Unterzeichnen auch Sie, um den Mietenwahnsinn zu stoppen!

Zukunftsdialog lädt zur Zusammenarbeit ein

Die Petitionen auf europäischer und nordrhein-westfälischer Ebene sind dabei typische Beispiele für die Arbeitsweise des Zukunftsdialogs: Gemeinsam mit Partnern aus der Gesellschaft will der DGB Lösungen für Probleme schaffen, um eine gerechte und soziale Zukunft zu ermöglichen. Doch nicht nur die Stimmen anderer Organisationen sollen in den Zukunftsdialog einfließen. Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen sich an dem Prozess zu beteiligen. Wir wollen wissen, was ihnen unter den Nägeln brennt und welche Lösungsvorschläge sie haben. Jeder und jede kann deshalb auf unserer Dialog-Plattform einen eigenen Impuls veröffentlichen. Dieser fließt in die Entwicklung neuer Konzepte ein. Gemeinsam können wir lokale Projekte und Initiativen starten und unsere Konzepte an die Politik herantragen. Reden wir über eine gerechte Zukunft!

Zum Weiterlesen

BEZAHLBAR IST DIE HALBE MIETE
Gewerkschaftliche Positionen für eine
soziale und nachhaltige Wohnungspolitik

       DGB-Broschüre  zum "Zukunftsdialog" (2,8 Mb)

Hinweis: Sämtliche Texte und Informationen stammen von der Website des DGB