Am 16 Juni 2017
verstarb Altkanzler Helmut Kohl im Alter von 87
Jahren. Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler und
hat mehrere weltgeschichtliche Wendepunkte als
Architekt und Visionär des Kapitalismus
entscheidend mitgeprägt. Diese Wendepunkte waren
das Ende der Sozialliberalen Politik in der BRD
durch die erste Regierung Kohls im Jahre 1982, das
Ende der DDR mit "Wiedervereinigung" und auch das
Ende des "Sozialismus" in den Ostblockstaaten nach
1989 sowie die Gründung der Europäischen Union
1993. Kohl machte den Durchmarsch weil sich weit
und breit keine nennenswerte Linke Opposition gegen
den Kapitalismus herausgebildet hatte.
Kohl war mit 14 Jahren gerade noch um den
Zwangsdienst in Hitlers Wehrmacht herum gekommen,
sein älterer Bruder war jedoch bei einem Angriff
von Tieffliegern getötet worden. Diese und weitere
Erlebnisse in der Zeit in und unmittelbar nach dem
2 Weltkrieg prägten den jungen Kohl. Er hatte das
Gefühl der „Gnade der späten Geburt", das er den
Krieg und den Faschismus nicht mehr als Täter oder
Opfer erleben musste. Als junger Kanzler wollte er
dies ab 1982 deutlich machen und als Vertreter
einer neuen Generation von Deutschen gelten, die
mit den Verbrechen des Nazi Regimes nichts mehr zu
tun hatte. Dies war ein Punkt seiner
"geistig-moralischen Wende" die er mit Antritt
seiner Kanzlerschaft umsetzen wollte. Damit
scheiterte er jedoch endgültig als er 1985 US
Präsident Ronald Reagen dazu überredet hatte, mit
ihm zusammen auf dem Soldatenfriedhof Brüm in der
Westpfalz einen Kranz niederzulegen. Kohl war wie
viele Konservative in dem Glauben das der
Faschismus und der Weltkrieg so etwas wie eine
Strafe Gottes und zwangsläufig waren. Das
Kapitalistische Wirtschaftssystem stellte er nie in
Frage und folgte der Politik des CDU
Wirtschaftsministers und Kanzlers Ludwig Erhard,
der den Kapitalismus mit Hilfe der USA in der BRD
restaurierte und umformte. Den damaligen
wirtschaftlichen und politischen Umbruch in der BRD
nach dem zweiten Weltkrieg studierte und verfolgte
der junge Kohl ganz genau. An der Universität
Heidelberg studierte er Geschichte und
Staatswissenschaften, 1958 wurde er mit der
161-seitigen Dissertationsarbeit "Die politische
Entwicklung in der Pfalz und das Wiedererstehen der
Parteien nach 1945" zum Dr. phil. promoviert.
Der Zusammenbruch der
Ostblockstaaten und der DDR sowie die Gründung der
Europäischen Union waren ähnliche Wendepunkte der
Geschichte wie der nach dem zweiten Weltkrieg und
Helmut Kohl war in diesen Zeiten als Kanzler für
das Kapital der fähigste Visionär und Architekt. Im
November 1989 legte er dem Bundestag sein „10
Punkte Programm" vor, der die nun geöffnete DDR der
BRD mit Perspektive einer Konföderation oder
Vereinigung allmählich kapitalistisch angleichen
sollte. Helmut Kohls 10 Punkte Plan sah aber
darüber hinaus gleichzeitig noch die Gründung der
Europäischen Union vor, der auch Staaten Südeuropas
und Osteuropas beitreten können sollten. Kohl hatte
im kapitalistischen Lager den Überblick und legte
eine Gesamtstrategie vor, die alle Parteien der
kapitalistischen Schwatzbude Bundestag total
überraschte. Auch die Westmächte und die Regierung
der Sowjetunion waren total überrascht und
überrumpelt und hatten keine Alternativen zu Kohls
Strategie. Kohls Plan schloss die westlich
kapitalistische Langzeitstrategie des "Wandel durch
Annäherung", die von dem US Präsidenten J.F.
Kennedy ab 1963 ausgerufen worden war und der die
Sozialliberale Koalition gefolgt war, mit Erfolg
ab.
Helmut Kohls
Strategie war die Antwort auf die damaligen
Sachzwänge des Real existierenden Kapitalismus. Das
Kapital brauchte Deregulierungen, Bürokratieabbau,
weniger Staat, offene und größere Märkte, freien
Kapital und Personenverkehr,
Investitionsmöglichkeiten, Vereinheitlichungen usw.
Außerdem drohte dem westlichen Kapitalismus große
Gefahr durch eine Destabilisierung der DDR und der
anderen Staaten oder einen Umsturz zu echtem
Sozialismus. All diesen Sachzwängen des nationalen
und internationalen Kapitales und des
kapitalistischen Systems verarbeitete Kohl zu
seinem Plan. Und er wurde auch der besonderen Lage
Deutschlands und den damaligen Interessen aller
Großmächte gerecht. Pragmatisch und mit großem
Geschick auch bei der Umsetzung setzte Kohl die von
ihm beschriebene Strategie für den Kapitalismus um
und knüpfte auch an seinen Vorgänger als Kanzler,
Helmut Schmidt, an, der ein Buch: "Strategie für
den Westen", veröffentlicht hatte.
Kohl beendete den
„Revanchismus" der innerhalb der Union mit dem
sogenannten „Stahlhelmflügel" noch gut vertreten
war. Grenzen und Fakten wurden anerkannt und er
suchte und fand sogar persönliche Beziehungen und
Freundschaften mit den von ihm eigentlich verhaßten
Führern der staatskapitalistischen Regime, deren
Zusammenbruch er lange Zeit vorhersah. Den SED Chef
Honecker lud er zu sich privat in die Pfalz ein zum
berühmten "Saumagen" Essen. Die Menschen im Osten
und vor allem die Bürokraten bekamen das Gefühl,
daß man mit dem Westen gute Beziehungen pflegen
konnte. Auch mit Gorbatschow, Jelzin und anderen
Führern pflegte er die "Männerfreundschaften". Das
Überlaufen der Führer und der Bürokratien dieser
staatskapitalistischen Länder zum westlichen
Kapitalismus war der wichtigste Baustein in der
Strategie des Westens. Die breite Masse der
Menschen dieser Länder wurde der Propaganda der
angeblichen Freiheit und des angeblichen freien und
unbegrenzten Konsums der Güter im westlichen
Kapitalismus unterw`rfen. Die kompletten Führungen
dieser Länder mitsamt der Geheimdienste und der
ganzen Bürokratien liefen komplett in das Lager des
westlichen Kapitalismus über und durften sich sogar
persönlich erheblich bereichern. Dafür mußte Kohl
seine eigentliche Verachtung die er gegen den
angeblichen "Kommunismus" hatte, zurückstellen.
Nach der Grenzöffnung der DDR von 1989 drohten aus
Kohl`s Sicht zunächst Linkssozialistische
Experimente, demokratischer Sozialismus oder
ähnliches. Der CDU Vorsitzende und Kanzler
reagierte darauf energisch, die Blockparteien wie
die DDR CDU wurden kurzerhand rehabilitiert und
anerkannt, obwohl sie am ganzen Regime der DDR
ihren Anteil hatten und die ganze Politik immer
verteidigt hatten. Auch der größte Teil der SED
lief zum westlichen Kapitalismus über, auch Gregor
Gysi trachtete stets danach sich und seine neue PDS
im westlich kapitalistischen System zu integrieren
und anerkannt zu werden.
Politisch gesehen gab es kaum Widerstand gegen
Kohl`s Strategie der Restauration des westlichen
Kapitalismus in der DDR und in ganz Osteuropa sowie
auch seines weiterer Planes zur Gründung der
Europäischen Union nicht. Die Bürokratien im Osten
hatten ihre Macht und ihren Staatskapitalismus
Jahrzehnte zementiert und vor allem jede Linke oder
sonstige Opposition verfolgt und vernichtet. Mehr
und mehr auch in Zusammenarbeit und
"Männerfreundschaft" mit Kohl und anderen
Vertretern des westlichen Kapitalismus, die
"großzügig" investierten und Kredite vergaben.
Besondere Probleme wie die Anwesenheit von
Millionen Soldaten der Sowjetunion in der DDR und
anderen Osteuropäischen Staaten löste er auch mit
"Bravour". Deutschland nahm einfach im Gegenzug
Menschen aus dem Bereich der Sowjetunion als
Rußlanddeutsche auf und unterstützte Jelzin usw.
auch finanziell bei der Eingliederung der Soldaten.
Auch die Umwandlung des formellen Staatseigentums
in Privateigentum gelang durch die sogenannte
"Treuhand". Die Einrichtung der "Gauck Behörde"
sicherte kapitalistische und staatliche Interessen
bei der Aufarbeitung der DDR Staatssicherheit, die
im wesentlichen auch von der BRD übernommen und
integriert wurde. Erhebliche Probleme bereitete
jedoch der krisenhafte Kapitalismus selbst und das
bis heute. Die Strohfeuer des Kapitalismus die Kohl
mit seiner Strategie möglich gemacht hatte, sind
längst verbrannt.
Kohl begann seine Kanzlerschaft mit der „Wende" in
der alten BRD von 1982. Die offizielle Strategie
der SPD Kanzler Brand und Schmidt war es gewesen,
den Kapitalismus durch Sozialreformen allmählich zu
überwinden, also ein „Sozialismus" im Kapitalismus.
Es hatte anfänglich Reformen zu Gunsten der Masse
der kleinen Leute gegeben doch geriet diese Politik
zwangsläufig in die kapitalistische Sackgasse. Die
Sozialreformen wurden durch eine Ausweitung des
Handels mit dem Ausland, der Erschließung neuer
Märkte, Staatsverschuldung, einer Ausweitung der
Geldmenge, Ausweitung des Konsums usw. bezahlt.
Solch eine Politik muß natürlich an seine Grenzen
geraten denn der Kapitalismus benötigt soziale
Ungleicheit, den Mangel an Gütern und möglichst
freien Kapital, Waren und Personenverkehr. An eine
wirkliche Überwindung des kapitalistischen
Wirtschaftssystems dachte die Sozialdemokratie
΅icht, auch nur wenige sonstige Linke und auch die
staatskapitalistischen Diktaturen im Osten nicht.
So blieb der Kampf der Sozialdemokratischen Linken
rein defensiver Natur, bei der Verteidigung
sozialer Errungenschaften innerhalb des
Kapitalismus.
Kohl konnte sich
auf Millionen Vertriebene stützen und auch auf
Millionen Spätaussiedler, die negative Erfahrungen
mit dem "Sozialismus" hatten. Zudem hatte er viel
Unterstützung aus den zu seiner Zeit noch
konservativen Kirchen, aus Unternehmerkreisen und
natürlich vom großen Kapital mit seinen
Massenmedien. Dadurch war er in der Lage
nationalistische Kräfte in Schach zu halten. Selbst
das sozialpolitische Terrain wurde von Kohl nicht
kampflos der "Linken" Opposition überlassen.
Dünnhäutig und im Glauben auch sozial zu sein und
ungerecht beurteilt zu werden, kämpfte er gegen die
Sozialproteste, einmal in Halle sogar mit Fäusten.
Sein damaliger General Heiner Geisler startete
Gegenkampagnen zur angeblichen "Mietenlüge",
"Rentenlüge", "Erblast" usw. Daher war Kohl
unangefochten der langjährig Kanzler der BRD.
Kohl hatte praktisch freie Bahn und die nützte er
voll aus weil es vor allem wirtschaftlich keine
echte Linke Opposition gab.
Damals wäre schon der Kampf für ein Bedingungsloses
Einkommen nötig gewesen statt dem Staat und den
Bürokraten zu vertrauen oder sich von ihnen
unterdrücken zu lassen. Der Sozialismus kann sich
nur von unten entwickeln durch beständige
Aufklärung über die verschiedenen Ausformungen des
Kapitalismus und die Propaganda für eine
Sozialistische Alternative, die vor allem ein
Alternatives Wirtschaftssystem zum Kapitalismus
ist. Und der Sozialismus kann nicht in einem Lande
sondern nur International und
gesamtgesellschaftlich erkämpft werden. Dafür gibt
es heute bessere Bedingungen als je zuvor.
Helmut Kohl war ein Realist, ein Fachmann mit
Übersicht, ein Pragmatiker und Realpolitiker mit
Gespür für das was durchsetzbar war und was nicht,
das können wir von ihm lernen. Solche Eigenschaften
braucht es auch im Kampf für die Gesellschaft der
Zukunft. Diese kann nicht kapitalistisch sein und
die Alternative ist auch nicht der
Staatskapitalismus wie er meinte. Die Zukunft und
der Sozialismus sind ganz anders, das war sein
wirklich großer Irrtum.