Koço Tashko
Ein politisches Leben in Albanien


Rezension von Max Brym

5-6/2017

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Prof. Erwin Lewin aus Berlin hat vor einiger Zeit eine Biografie des albanischen Kommunisten, Patrioten und linken Intellektuellen Koço Tashko veröffentlicht. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag, um die jüngste albanische Geschichte zu verstehen. Die Biografie spiegelt das unbestechliche Leben des 1899 in Ägypten geborenen Koço Tashko, wieder. Koço Tashko  wurde vom linken Patrioten welcher in den zwanziger Jahren in den USA, Ökonomie und Verwaltung studierte, zum Kommunisten und aufgrund seiner Unbestechlichkeit zum Opfer des albanischen Stalinismus.

Der Autor legte eine wissenschaftliche Biografie vor welche kein „Heldenlied“ singt, sondern einen progressiven und unbestechlichen Patrioten und Kommunisten zeigt. Als junger Mann unterstützte Koço Tashko, wie viele andere besonders in den USA, den bürgerlich demokratischen Revolutionär Fan Noli. Die Regierung Fan Noli übernahm nach dem Mord an dem Patrioten Avni Rustemi im Frühjahr 1924 in Albanien die Macht. Diese Regierung, die der junge Koço Tashko in der diplomatischen Vertretung Albaniens faktisch als stellvertretender Botschafter in den USA vertrat, stand für den Bruch mit den damaligen feudalen Strukturen in Albanien. Eine Bodenreform zugunsten der abhängigen Bauern und Landarbeiter wurde vorbereitet. Die Konterrevolution unter der Führung von Ahmet Zogu beendete Ende 1924, die demokratischen Reformen in Albanien. Mithilfe der damaligen jugoslawischen Regierung, mit serbischen Soldaten und Soldaten welche in Russland auf der Seite der „Weißen“ (Armee Wrangel) gekämpft hatten, wurde die demokratisch legitimierte Regierung Fan Noli gestürzt.

Koço Tashko  engagierte sich nicht nun erst recht in der linken albanischen Emigration in den USA und darüber hinaus. Professor Erwin Lewin schildert wie sich der hoch begabte Koço Tashko, vom bürgerlich demokratischen Revolutionär zum Kommunisten hin entwickelte. Exakt und genau schildert der Autor, die Bemühungen der damaligen „Kommunistischen Internationale“ in Albanien eine fest organisierte kommunistische Partei zu schaffen. Dies war allerdings aufgrund der Rückständigkeit und einer nur kleinen Arbeiterklasse - obwohl es Streiks speziell der Erdölarbeiter in den dreißiger Jahren gab- ein schwieriges Unterfangen.

Koço Tashko  trat genau wie die „Kommunistische Internationale“ seit ihrer Gründung für die Verbindung von sozialer und nationaler Befreiung ein. Für Koço Tashko war das eine ohne das andere nicht zu haben. Der arabisch, deutsch französisch, englisch und russisch sprechende Koço Tashko wurde zu einer wichtigen Figur im Kampf für eine linke Orientierung in der albanischen Emigration. Von 1930 bis 1932 besuchte Koço Tashko einen Lehrgang für politische Kader in Russland. Er lebte dann teilweise in Frankreich- arbeitete für die Internationale Rote Hilfe- und versuchte von dort aus die zersplitterten kommunistischen Gruppen in Albanien zu vereinen.

Im Jahr 1937 gelang es Koço Tashko nach Albanien zurückzukehren. Dort hatte er die eine oder andere Auseinandersetzung mit den Vertretern unterschiedlicher Strömungen bei den kommunistischen Gruppen in Korça, Shkodra  aber auch teilweise mit der damaligen kommunistischen Führungsfigur Ali Kelmendi. Bezüglich dieser Auseinandersetzung muss man nicht immer die Meinung des Autors, zu Gunsten von Koço Tashko teilen. Man lernt aber viel über die unterschiedlichen Orientierungen, der noch nicht vereinten kommunistischen Gruppen in Albanien. Koço Tashko wird aber auch als Praktiker gezeigt, welcher zum Beispiel darauf bestand das Büro, welches die Kommunisten in Albanien anleiten sollte, von Frankreich nach Griechenland zu verlegen. Koço Tashko begründete dies mit der Notwendigkeit schnell und zügig aktuelle Literatur in das autoritär diktatorische Albanien zu befördern.

Im April 1939 besetzte das faschistische Italien, seine faktische Halbkolonie Albanien. Der mittlerweile zum König gewordene Ahmet Zogu flüchtete. Koço Tashko ging es darum den Widerstand gegen den Faschismus auf eine breite und aktive Basis zu stellen. Immer wieder setzte sich Koço Tashko mit dem Fakt auseinander, dass der italienische Faschismus sich ab 1941 als Befreier der Albaner vom serbischen Joch in Kosova aufspielte. Koço Tashko bestand darauf der faschistischen Propaganda und ihrer Basis Kosova, aktiv zu begegnen. Er forderte von den Kommunisten sich klar und deutlich für die Einheit der albanischen Nation auf sozialer und demokratischer Basis einzusetzen. Immer wieder warnte er vor einem abstrakten Internationalismus.

Im November 1941 wurde bekanntlich die Kommunistische Partei Albaniens gegründet. Es ist de facto eine traurige Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet Koço Tashko sich dafür einsetzte den späteren stalinistischen Diktator Albaniens, Enver Hoxha ,in das Politbüro zu wählen. Koço Tashko bestand auf einer neuen Führung, um die alten “ Cliquenkämpfe“ bei den albanischen Kommunisten zu beenden. Allerdings sah niemand anlässlich der Gründung der albanischen kommunistischen Partei in Enver Hoxha den Parteiführer.

Koço Tashko gehörte dem Zentralkomitee an, er war speziell zuständig für die Verbindungen zu den nationalistischen Kräften des Widerstandes gegen die faschistische Besatzung. Immer wieder geriet Koço Tashko dabei mit Miladin Popovic, welcher offiziell als Berater der albanischen Kommunisten in Albanien wirkte - aneinander. In dem dokumentarischen Anhang des Buches befindet sich ein längerer Bericht von Koço Tashko über seine Auseinandersetzungen mit Popovic. Koço Tashko warf Popovic vor sich nicht entschieden für die Einheit der albanischen Nation im Rahmen des antifaschistischen Befreiungskampfes einzusetzen. In der Tat, bis Mitte Ende 1943 war Kosova eine Basis der faschistischen Kollaborateure, um Mustafa Kruja. Dies deshalb weil es in Kosova keine selbstständige albanische kommunistische Organisation mit einem klares Bekenntnis zur Einheit mit Albanien gab. Dieser Zustand wurde erst beendet auf der Konferenz in Bujan, im Gjakova Gebirge, zur Jahreswende 43/44.

Eine wichtige Rolle spielte Koço Tashko in den Räten der nationalen antifaschistischen Befreiung bis zur Befreiung des Landes im November 1944. Danach war er als Mitglied des Zentralkomitees der Partei, Mitglied der Nationalversammlung und im Präsidium des Parlaments tätig. Viele wichtige Gesetzesvorhaben bezüglich der Bodenreform, der Enteignung der Kollaborateure und der ausländischen Investoren wurden von Koço Tashko mit ausgearbeitet. Besonders setzte er sich für die Alphabetisierung Albaniens ein. Bereits vor dem Bruch mit Jugoslawien Jahr 1948 wehrte sich Koço Tashko, gegen die Unterordnung Albaniens unter Belgrad. Bis zum Jahr 1948 waren der albanische Lek und der jugoslawische Dinar faktisch aneinander gekoppelt. Ohne Zustimmung der jugoslawischen Berater konnten keine größeren Investitionen in Albanien getätigt werden. Koço Tashko kritisierte scharf dieses Abhängigkeitsverhältnis und setzte sich für eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung Albaniens, in Kooperation mit anderen Staaten, auf gleichberechtigter Basis ein. Schwer traf ihn der Selbstmord des damaligen Wirtschaftsministers Nako Spiru im Jahr 1947. Nako Spiru wurde von Innenminister Koci Xoxe als - Antijugoslawe- angegriffen und auch Enver Hoxha solidarisierte sich nicht mit Nako Spiru. Liri Belishova eine langjährige hohe Parteifunktionärin und Ehefrau von Nako Spiru, welcher der Autor des Buches in Tirana befragte, gab Enver Hoxha eine direkte Mitschuld am Selbstmord ihres Mannes.

Nach dem Bruch mit Jugoslawien 1948 war Koço Tashko lange Jahre stellvertretender Außenminister, und einige Zeit Botschafter in Moskau und in Sofia. Zeitzeugen erinnern sich in dem Buch daran, dass Koço Tashko nie nach Privilegien strebte sondern ein ehrlicher und Intellektueller Charakter blieb, welcher Wert auf seine eigene Meinung legte. Dies brachte ihn Ende der Fünfzigerjahre in zunehmendem Gegensatz zum Politbüro, sowie zu Enver Hoxha. Koço Tashko war damals Leiter der zentralen Kontroll- und Revisionskommission beim ZK.

Koço Tashko lehnte den damaligen Bruch mit der Sowjetunion ab. Im September 1960 verlor er sämtliche Parteifunktionen. Kurze Zeit darauf wurde sein Mandat in der oberste Volksversammlung annulliert. Der Oppositionelle wurde bis 1969 in eine abgelegene Gegend in Albanien verbannt und musste schwere körperliche Arbeit leisten. Auch seine Familie wurde in die Verbannung geschickt bzw. von ihren Arbeitsplätzen entfernt. Diese Vorgehensweise innerhalb der albanischen Parteien spiegelten unter „ kommunistischer Maskerade“, die archaischen Traditionen des Landes wieder. Zum Teil ging man bei der Verfolgung von Oppositionellen, über die Verfolgung von Kommunisten unter König Zogu hinaus. Die Familien der oppositionellen Kommunisten wurden in kollektive Mitverantwortung genommen. Im Jahr 1969 wurde Koço Tashko zu einer langjährigen schweren Haftstrafe verurteilt. In der Haft wurde er teils schwer gefoltert aber er blieb standhaft. Koço Tashko bekannte sich weiterhin zum Kommunismus. Er verblieb in der Haft bis zum Jahr 1980 und wurde im Jahr 1980 als der älteste Gefangene Albaniens entlassen.Er verstarb im Jahr 1984.

Die Biografien des Autors Prof. Erwin Lewin welcher perfekt Albanisch spricht ist mehr als nur lesenswert. Sie zeigt nicht nur an der Person von Koço Tashko einen wichtigen Teil der albanischen Geschichte auf, sondern anhand der Biografie wird auch deutlich, welche Tragödie der Stalinismus für die internationale Arbeiterbewegung gewesen ist.
 

Erwin Lewin
Koço Tashko
1899-1984



324 Seiten
19,90 €

Editorischer Hinweis: Wir erhielten die Rezension vom Autor für diese Ausgabe