Fast vier Wochen Streik und nun Streikabbruch durch
Schlichtung: Viele KollegInnen werden berechtigterweise
darüber enttäuscht und sauer sein. Andere sagen
vielleicht, dass es angesichts der schwierigen Lage
keinen anderen Ausweg gibt. Aus Sicht des Netzwerks
ist diese Verfahren aus mehreren Gründen abzulehnen.
Schlichtungsverfahren ist ein Fallstrick
Mit der Schlichtung wird das Heft aus der Hand
gegeben und an vermeintlich neutrale Dritte
gegeben. Der von ver.di angeforderte
Schlichter Herbert Schmalstieg (SPD) ist
ehemaliger Oberbürgermeister von Hannover und
war Städtetagspräsident. Er gehörte also zum
Arbeitgeberlager – also ist er alles andere als
„neutral“. Schon 2008 und 2010 wurde er als Schlichter
eingesetzt. 2008 verwies er auf die „schwierige Finanzlage
der Städte“ und forderte von der Gewerkschaft,
dass sie sich bewegen müsse.
Vor allem bedeutet das Ende des Streiks, dass die
Dynamik der Streikbewegung erst Mal
unterbrochen wird. Das kann eine
Wiederaufnahme des Streiks erschweren.
Schlichtungsabkommen kündigen
Die Schlichtungsvereinbarung, die ver.di im Jahr
2011 erneut mit den öffentlichen Arbeitgebern
abgeschlossen hat (zuerst wurde dies nach
einem langen Streik der ötv 1974 eingeführt),
ist in der Tat verbindlich für beide Seiten,
wenn auch nur eine Seite die Schlichtung
anruft (so genannter Einlassungszwang). Dieses
Knebelverfahren muss schleunigst aufgekündigt werden.
Schließlich haben die öffentlichen Arbeitgeber so
eine Waffe in der Hand, die sie jederzeit einsetzen
können, um die Gewerkschaft in eine Schlichtung zu
zwingen, wenn sie es denn wollen. Auch, wenn die
Gewerkschaft das Schlichtungsergebnis nicht annehmen
muss, so ist doch erreicht, dass eine Friedenspflicht
von bis zu 13 Werktagen besteht.
Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske stellte die
Streikdelegiertenversammlung am 4. Juni vor vollendete
Tatsachen. Das steht jedoch im Gegensatz zur
Aussage, die bei der vorhergehenden
Streikdelegiertenversammlung Ende Mai gemacht
wurde. Sie lautete: Es wird gestreikt bis zu
einem annehmbaren Ergebnis. Die
Streikdelegiertenversammlung sollte über ein
mögliches Ergebnis zuerst beraten, um ein Votum
an die Tarifkommission abzugeben. Die Möglichkeit
der Schlichtung wurde nicht angesprochen. Viele Delegierte
und Streikende sind nun enttäuscht. Das gesamte
Schlichtungsverfahren ist auch deshalb abzulehnen,
weil die Kontrolle der Streikenden über ihren
Streikverlauf damit unmöglich gemacht wird.
Unterstützung aus der Bevölkerung
Frank Bsirske erklärte der Versammlung, dass es
politisch keinen anderen Weg gäbe, als die Schlichtung
zu akzeptieren, weil die Öffentlichkeit das sonst
nicht nachvollziehen könne. In den letzten Tagen des
Streiks hatten die Presseberichte über wütende Eltern
zugenommen. In der Tat gab es auch Elternvertretungen,
die sich gegen ver.di wandten. Dennoch standen
laut ARD-Deutschlandtrend vom 4. Juni immer noch
69 Prozent der Eltern hinter dem Streik. Es gab also
Probleme mit der Aufrechterhaltung der Elternsolidarität.
Dennoch ist die Situation noch nicht „umgekippt“.
Vor allem aber kann die Frage der solidarischen
Unterstützung nicht dadurch gelöst werden, indem
ver.di sich auf die Schlichtung einlässt.
Es ist klar geworden (beziehungsweise es war schon
vorher klar), dass dieser Arbeitskampf nicht allein
durch die Entschlossenheit und den Kampfeswillen
der KollegInnen im Sozial- und Erziehungsdienst entschieden
wird. Dafür ist der ökonomische Schaden
durch den Streik zu gering. Dieser Arbeitskampf kann
nur durch massiven politischen Druck und auf der
Grundlage ungebrochener Solidarität gewonnen werden.
Dabei kann man sich nicht auf in den einzelnen
Orten relativ zufällig zusammen gesetzte Elternvertretungen
verlassen. Für den Aufbau eines massiven
Drucks ist mehr nötig! Dafür muss aus dem gesamten
DGB mit seinen sechs Millionen Mitgliedern eine
groß angelegte Solidaritätskampagne in die Betriebe
Quelle:
www.netzwerk-verdi.de – Kontakt: info@netzwerk-verdi.de V.i.S.d.P:
A. Teweleit, Berlin