Betrieb & Gewerkschaft
Sozial- und Erziehungsdienst: Schlichtung hilft nur dem Arbeitgeber!


Stellungnahme vom "Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di"

5-6/2015

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Fast vier Wochen Streik und nun Streikabbruch durch Schlichtung: Viele KollegInnen werden berechtigterweise darüber enttäuscht und sauer sein. Andere sagen vielleicht, dass es angesichts der schwierigen Lage keinen anderen Ausweg gibt. Aus Sicht des Netzwerks ist diese Verfahren aus mehreren Gründen abzulehnen.

Schlichtungsverfahren ist ein Fallstrick

Mit der Schlichtung wird das Heft aus der Hand gegeben und an vermeintlich neutrale Dritte gegeben. Der von ver.di angeforderte Schlichter Herbert Schmalstieg (SPD) ist ehemaliger Oberbürgermeister von Hannover und war Städtetagspräsident. Er gehörte also zum Arbeitgeberlager – also ist er alles andere als „neutral“. Schon 2008 und 2010 wurde er als Schlichter eingesetzt. 2008 verwies er auf die „schwierige Finanzlage der Städte“ und forderte von der Gewerkschaft, dass sie sich bewegen müsse.

Vor allem bedeutet das Ende des Streiks, dass die Dynamik der Streikbewegung erst Mal unterbrochen wird. Das kann eine Wiederaufnahme des Streiks erschweren.

Schlichtungsabkommen kündigen

Die Schlichtungsvereinbarung, die ver.di im Jahr 2011 erneut mit den öffentlichen Arbeitgebern abgeschlossen hat (zuerst wurde dies nach einem langen Streik der ötv 1974 eingeführt), ist in der Tat verbindlich für beide Seiten, wenn auch nur eine Seite die Schlichtung anruft (so genannter Einlassungszwang). Dieses Knebelverfahren muss schleunigst aufgekündigt werden. Schließlich haben die öffentlichen Arbeitgeber so eine Waffe in der Hand, die sie jederzeit einsetzen können, um die Gewerkschaft in eine Schlichtung zu zwingen, wenn sie es denn wollen. Auch, wenn die Gewerkschaft das Schlichtungsergebnis nicht annehmen muss, so ist doch erreicht, dass eine Friedenspflicht von bis zu 13 Werktagen besteht.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske stellte die Streikdelegiertenversammlung am 4. Juni vor vollendete Tatsachen. Das steht jedoch im Gegensatz zur Aussage, die bei der vorhergehenden Streikdelegiertenversammlung Ende Mai gemacht wurde. Sie lautete: Es wird gestreikt bis zu einem annehmbaren Ergebnis. Die Streikdelegiertenversammlung sollte über ein mögliches Ergebnis zuerst beraten, um ein Votum an die Tarifkommission abzugeben. Die Möglichkeit der Schlichtung wurde nicht angesprochen. Viele Delegierte und Streikende sind nun enttäuscht. Das gesamte Schlichtungsverfahren ist auch deshalb abzulehnen, weil die Kontrolle der Streikenden über ihren Streikverlauf damit unmöglich gemacht wird.

Unterstützung aus der Bevölkerung

Frank Bsirske erklärte der Versammlung, dass es politisch keinen anderen Weg gäbe, als die Schlichtung zu akzeptieren, weil die Öffentlichkeit das sonst nicht nachvollziehen könne. In den letzten Tagen des Streiks hatten die Presseberichte über wütende Eltern zugenommen. In der Tat gab es auch Elternvertretungen, die sich gegen ver.di wandten. Dennoch standen laut ARD-Deutschlandtrend vom 4. Juni immer noch 69 Prozent der Eltern hinter dem Streik. Es gab also Probleme mit der Aufrechterhaltung der Elternsolidarität. Dennoch ist die Situation noch nicht „umgekippt“. Vor allem aber kann die Frage der solidarischen Unterstützung nicht dadurch gelöst werden, indem ver.di sich auf die Schlichtung einlässt. Es ist klar geworden (beziehungsweise es war schon vorher klar), dass dieser Arbeitskampf nicht allein durch die Entschlossenheit und den Kampfeswillen der KollegInnen im Sozial- und Erziehungsdienst entschieden wird. Dafür ist der ökonomische Schaden durch den Streik zu gering. Dieser Arbeitskampf kann nur durch massiven politischen Druck und auf der Grundlage ungebrochener Solidarität gewonnen werden. Dabei kann man sich nicht auf in den einzelnen Orten relativ zufällig zusammen gesetzte Elternvertretungen verlassen. Für den Aufbau eines massiven Drucks ist mehr nötig! Dafür muss aus dem gesamten DGB mit seinen sechs Millionen Mitgliedern eine groß angelegte Solidaritätskampagne in die Betriebe

Quelle: www.netzwerk-verdi.de – Kontakt: info@netzwerk-verdi.de V.i.S.d.P: A. Teweleit, Berlin