Zur aktuellen Entwicklung der DKP
'Antimonopolistische Strategie' ist eine Kopfgeburt

von Frank Braun, Hannover/Köln

5-6/2015

trend
onlinezeitung

Es muß Mitte der 1970er Jahre gewesen sein an meinem damaligen Wohnort in der Mannheimer Neckarstadt, als der frühere Vorsitzende der DKP, Herbert Mies, zusammen mit seinen Getreuen kurz vor Ostern 'Antimonopolistische Hühnereier' verteilte. Ich erfuhr seinerzeit am Ort des Geschehens, diese Agitprop-Aktion solle zeigen, daß die Preise für die Hühnereier eben Monopolpreise seien, daß sie inklusive landwirtschaftlicher Subventionierung auch Ausdruck des 'staatsmonopolistischen Kapitalismus' (Stamokap) seien, weil der Staat z.B. vermittels seiner Steuerpolitik immer mehr von den großen Kapitalien in den Dienst gestellt werde. So ein Hühnerei könne also eigentlich viel billiger sein. Das würde den Leuten vor Ort u.a. mit dieser Aktion erklärt. Ich nahm kein 'antimonopolistisches Hühnerei' und schlich zweifelnd von hinnen.

...und zweifele heute noch. Nichts gegen die Agitprop-Einsätze mit dem sicher immer postiven subjektiven Wollen des Genossen Herbert Mies und der anderen Genossinnen, aber so richtig kam die Aktion bei den Mannheimerinnen, v.a. den kritischen unter ihnen, damals nicht an. Was haben die Hühnereier, die 'antimonopolistischen' zumal, mit einer sozialistischen Alternative zum Kapitalismus zu tun ? Immerhin galt die Neckarstadt in Mannheim als eine Art Hochburg der DKP mit ihren gut Fünf-Prozent Ergebnissen, die sie damals bei Kommunalwahlen regelmäßig dort erhielt. Diese Aktion der DKP, wie auch andere dieser Art in den 1970er Jahren, waren im Resultat ungefähr so 'antikapitalisch' wie später ab den 1980ern die PR-Auftritte von Wettbewerbshütern nach Art von 'Stiftung Warentest' oder ähnlichen Institutionen. Hinzu kommt noch, wer damals u.a. anläßlich der Hühnereier-Aktion von der DKP 'Antikapitalismus' statt 'Antimonopolismus' einforderte, zog sich von deren Sprecherinnen schnell den Vorwurf, man staune, des Linksradikalismus zu.

Was soll das ganze Konstrukt 'antimonopolistischer Strategie', wenn substanzielle Einbußen in der ökonomischen und politischen Dominanz der kapitalistischen Monopole ohnehin gleichbedeutend mit dem Infragestellen kapitalistischer Verhältnisse sind ? Das ist die eine Seite. Andererseits wirkt es geradezu skurril, wenn dieses theoretische Konstrukt, programmatisch niedergeschrieben, praktisch aber ohne jede Wirkung bleibt und daher nurmehr als Kopfgeburt gelten kann.

Es hilft da ein Blick auf die politische Gegenwart einer Partei, die im Fokus entwickelterer Klassenkämpfe steht: Welche Konsequenzen haben entsprechende programmatische Festlegungen dieser Tage z.B. bei den GenossInnen der griechischen KP (KKE) ? Wen kann KKE wegen 'Antimonopolismus' um sich scharen ? Die GenossInnen haben das nämlich vor langer Zeit schon in ihr Programm geschrieben. Allein, eine 'antimonopolistische' Praxis fällt dort unter den Bedingungen sich zuspitzender Widersprüche gar nicht ins Gewicht, nicht taktisch und erst recht nicht strategisch. Die griechischen GenossInnen mögen in der Einschätzung von SYRIZAs Unfähigkeit, die Verhältnissse in Griechenland grundlegend ändern zu wollen, richtig liegen. Eine wirkungsmächtige Einheitsfront-Alternative haben sie bisher aber nicht entwickeln können. Und da, wo es um Volksfront-Aspekte gegen den faktischen Ausverkauf der nationalen Interessen des griechischen Volkes geht, wurde bisher ebenfalls kein kompaktes Politikangebot entwickelt. Hält sie ihr 'Antimonopolismus', als zentraler strategischer Entwurf angeblich für das Heranführen der Volksmassen an den revolutionären Bruch, davon ab zielführender zu handeln ?

Auch im 'Entwurf eines Leitantrages zum 21. Parteittag der DKP' 1, taucht diese Formel wieder auf. Neben Antifaschismus und Antimilitarismus soll 'Antimonopolismus' wesentliche Säule der Arbeit der DKP sein. Eine aus meiner Sicht dadurch schräg geratene Orientierung der AutorInnen des Leitantrag-Entwurfs. Für mich Anlaß, speziell dieses Konstrukt unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, was es damit auf sich hat. 2

Das Schlüsselwort 'Heranführen an den Sozialismus'

Dazu ein Blick in die Geschichte vor allem der deutschen KommunistInnen 3: Da war die bittere Niederlage im Kampf gegen die faschistische Massenmobilisierung und die Partei war spätestens seit 1933 in die Illegalität gedrängt und politisch in der Defensive - die seinerzeit stärkste Partei der Komintern jenseits der KPdSU ! Aber erst Mitte der 1930er Jahre gab es, sowohl in der Frage der antifaschistischen Einheitsfront der Arbeiterorganisationen als auch in der Frage des Bündnisses gegen Faschismus und Krieg, der Volksfront, eine dynamische Entwicklung von Strategie und Taktik in Bündnisfragen. Es war nicht zuletzt Georgi Dimitroff, der als Repräsentant der Komintern (Kommunistische Internationale) den Terror der Nazis am eigenen Leibe erfahren hatte und der sich in den Gremien dieser Komintern für einen nicht-sektiererischen und durch die Volksmassen nachvollziehbaren Bündniskurs eingesetzt hatte.

In einer Zusammenfassung beschrieb Dimitroff 1935 seine Sichtweise: Es könne gerade unter den Bedingungen einer Krise davon ausgegangen werden, so Dimitroff am Beispiel der Offensive des Faschismus und der Defensive der Arbeiterbewegung und ihrer Parteien, "(...) daß Propaganda und Agitation allein nicht imstande sind, den Massen die eigene politische Erfahrung zu ersetzen, wenn es sich darum handelt, wirklich breite Massen der Werktätigen auf die Seite der revolutionären Vorhut zu bringen, ohne das ein siegreicher Kampf um die Macht nicht möglich ist". 4

Weil also bloße Agitation und Propaganda die selbsttätige Entfaltung aller Widersprüche aller Klassen und Schichten des Volkes gegen die jeweils aktuelle Form kapitalistisch-imperialistischer Herrschaft nicht ersetzen können, muß die Kommunistische Partei ihre Verankerung in einem umfassendem Konzept von Parteiaufbau, Einheitsfront und - wo möglich oder in Krisensituationen erforderlich - in Volksfrontbündnissen betreiben. Diese Bündnispolitik soll v.a. den breiten Massen der Werktätigen eine aktive Teilnahme an den sozialen und kulturellen Bewegungen ermöglichen, soll sie bei faktischer Wahrnehmung eigener Interessen an den Sozialismus heranführen. Gleichwohl bedeutet dies auch: die Agitation gegen den Kapitalismus muß diesen entzaubern, die Propaganda muß den Sozialismus und den Bruch mit dem bürgerlichen Staat als einzig wirkliche Perpsektive darzustellen in der Lage sein. Beides bleibt 'klassische' Aufgabe der Kommunistischen Partei und fällt nicht irgendeinem Einheitsfront- und/oder Volksfrontkonzept zum Opfer !

Offensichtlich konnte sich ja zumindest ein größerer Teil des Ensembles kommunistischer und Arbeiterparteien unter Führung der KPdSU nach 1945 vor allem in Osteuropa ganz gut behaupten. Im Bündnis mit den Volksmassen ihrer Länder konnten sie einen erheblichen Teil dazu beitragen, daß eine Reihe von Volksdemokratien mit antifaschistisch-demokratischen Charakter und hervorragenden Entwicklungschancen für die ArbeiterInnenklasse vor allem in Osteueropa entstand.5

In Südeuropa, nach der letztendlich erfolgreichen bewaffneten Niederschlagung des Faschismus und der nazi-deutschen Besatzungsregimes in Italien und Griechenland sah es auch so aus, als hätten sich unter Führung der Arbeiterparteien und darin v.a. der KP's strategisch erfolgreiche und bewaffnete Volksfrontbündnisse gebildet. Und diese Bündnisse schienen bereit und fähig, die Machtfrage zugunsten volksdemokratischer Perspektiven zu stellen. Im Resultat dann aber eine negative Bilanz !

Die griechische bewaffnete Volksfront wurde mit Rücksicht auf die Anti-Hitler-Koalition und darin speziell der britischen Seite, die italienische mit Rücksicht auf die US-amerikanische Seite insbesondere von der Führung der KPdSU gedrängt, die Machtfrage eben nicht zu stellen. Vielleicht wäre am Ende deren Unterfangen auch nicht erfolgreich gewesen - schon möglich ohne Unterstützung der KPdSU. Es aber nicht versucht zu haben, sich stattdessen entwaffnen zu lassen sowie sich und alle anderen Schichten des Volkes auf bürgerlich-demokratische Verhältnisse einzuschwören, muß spätestens aus heutiger Sicht als großer Fehler betrachtet werden.

Das damit zusammenhängende operativ-strategische Konzept hieß in beiden Fällen: Die Handlungsfähigkeit der Partei erhalten bzw. erweitern und dabei die Volksmassen in Hinblick auf drei wesentliche Elemente zu orientieren und zu aktivieren: Unterstützung der Anti-Hitler-Koalition auf internationaler Ebene, das zu-Ende-führen der bürgerlich-demokratischen Revolution gegen die pro-faschistischen und pro-monarchistischen Kräfte im eigenen Land sowie die Abschaffung der Monarchie und feudaler Strukturen im nationalen Rahmen.

In beiden Fällen erwiesen sich diese Essentials gleichsam als zu kurz gegriffen, als im Resultat nicht geeignet, die Volksmassen und darin v.a. die ArbeiterInnenklasse an den Sozialismus und den Bruch mit dem bürgerlichen Staat heranzuführen. Die beschriebene Strategie hört sich an wie Dimitroffs Schlußfolgerungen. Bei genauerem Hinsehen jedoch und bei Betrachtung der politischen Praxis v.a. der west- und südeuropäischer KP's nach Kriegsende fällt auf, daß sie im Resultat den Wert bürgerlich-demokratischer Verhältnisse bei eigener legaler und zumeist parlamentarischer Absicherung höher einschätzten als Formen von Gegenmacht in antifaschistisch-demokratischer Einheitsfronten sowie von dynamischen Volksfronten gegen Faschismus und Krieg.

Was Dimitroff aber damals doch umtrieb, angesichts der Kriegsgefahr und auch der Krise der KPs, hervorgerufen durch den Faschismus, war doch die Frage, wie können die Kommunistische Parteien in Anlehnung an die Erfahrungen der Bolschewiki sich nicht nur existenziell gerade noch so über die Runden bringen, sondern wie können sie aktuelle Schwäche in strategische Stärke verwandeln. Wie können sie Menschen zumal aus der ArbeiterInnenklasse aktivieren, statt sie einer Agonie unter Formen bürgerlicher Herrschaft, z.B. der parlamentarischen Demokratie, zu überlassen. Auf letzterem Feld, unter diesen Bedingungen, das wußte Dimitroff, sind die Sozialdemokraten - zynisch formuliert - unschlagbar gut.

Es kam dann in Südeuropa noch schlimmer, denn die italienische KP setzte später noch einen strategischen Fehlgriff drauf: Wohl als ein sehr spezieller Schritt von 'Heranführen an den Sozialismus' formulierte sie ab den 1960er Jahren als Ziel die Herstellung eines 'Historischen Kompromisses'. Man wollte alle möglichen politischen Strömungen, die sich nicht der italienischen Monopolbourgeoise sowie den faschistischen, feudalen oder mafiösen Strukturen und auch nicht der Befehlsgewalt der NATO unterstellen wollen, in eine breit angelegte politische Struktur unter Einschluß der KP bringen. Dies sollte dann v.a. eine parlamentarische Regierungskoalition sein. Das fatale Ende ist bekannt: die Partei, in ihrer Mitgliederzahl einmal die stärkste im Westen, wandelte sich zu einem sozialdemokratisch-christlichen Wahlverein mit ein bißchen kommunistischer Folklore und legte 1991 auch endlich den einst ruhmvollen Namen ab.

Mit dieser Traditionslinie, die dann auch noch den leider nicht nur auf Italien beschränkten sozialdemokratischen 'Eurokommunismus' hervorbrachte, muß sich die DKP kritisch beschäftigen. Sie muß mit ihr in Theorie und Praxis vollständig brechen, will sie als Kommunistische Partei Erfolg haben.

Nach 'Historischem Kompromiss' jetzt 'Antimonopolismus' - wieder nur Würstchen mit Kartoffelsalat?

In nahezu allen wichtigen programmatischen Dokumenten der KPD/DKP nach 1945 und auch im gerade zirkulierenden Entwurf für einen Leitantrag zum 21. Parteitag wurde auf eine so auch formulierte antikapitalistische Leitklausel nach dem Motto "Wir sind Kommunisten und kämpfen für eine klassenlose Gesellschaft!" verzichtet. Im Fokus der Agitation und Propaganda, egal ob es sich um Kampagnen gegen die Wiederbewaffnung und Integration in die NATO handelte oder um Entnazifizierung, ob es sich um die Wiedergründung der Gewerkschaften nach 1945 und erste Tarifkämpfe oder solche um Lohnfortzahlung im Krankheitsfall handelte, egal was anlag, operierten KPD/DKP stets v.a. ausdrücklich gegen 'Monopolkapital'. Damit reduzierten sie weitgehend ihr Alleinstellungsmerkmal als grundlegend antikapitalistische Kraft mit der von Marx und Engels begründeten Perspektive, der mächtigen Vision einer klassenlosen und kommunistischen Gesellschaft, mit der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und der Übergabe der Verfügungswalt darüber an die ArbeiterInnenklasse, spätestens wenn der Sozialismus durch den revolutionären Bruch mit der bürgerlichen Herrschaft erkämpft ist. Damit reduzierten sie auch ihre Agitation und Propaganda, ihre Programmatik um eben diese positive Vision des Marxismus und verbargen sich gleichsam hinter 'Antimonopolismus'.

Paradox ? Ja, das ist irgendwie paradox. Denn wer nur 'Monopolkapitalismus' sieht und dies mit dem 'staatmonopolistischen Stadium' des real existierenden Kapitalismus begründet, dabei dann auf Gewinnung von 'antimonopolistischen Klassen und Schichten' setzen möchte, schiebt die Bedeutung der Arbeit für eine selbstbewußte Arbeiterinnenklasse und der festen Verankerung der KommunistInnen darin faktisch in den Hintergrund. Wo ist die von Dimitroff zitierte krisenhafte Situation, die die KommunistInnen heute und jetzt hierzulande zwingen würde, zugunsten einer Volksfront - 'Antimonopolismus' soll so etwas darstellen - die Parteinahme für die Sache der ArbeiterInnen strategisch in den Hintergrund zu schieben ?

KommunistInnen müssen sich aber als Partei der Arbeiterinnenklasse verstehen. Im Entwurf des Leitantrags und im noch gültigen Programm der DKP heißt: "(...) Sie ist die Klasse in der kapitalistischen Gesellschaft, die auf Grund ihrer Stellung im System der gesellschaftlichen Produktion am stärksten und unmittelbar die kapitalistische Ausbeutung erlebt.“6 Diese Begründung dafür, Arbeiterpartei sein zu müssen, dürfte deutlich zu kurz gegeriffen sein. Marx und Engels formulierten im Kommunistischen Manifest auf die Frage nach der besonderen Rolle der ArbeiterInnenklasse recht plausibel: "Alle früheren Klassen, die sich die Herrschaft eroberten, suchten ihre schon erworbene Lebensstellung zu sichern, indem sie die ganze Gesellschaft den Bedingungen ihres Erwerbs unterwarfen. Die Proletarier können sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte nur erobern, indem sie ihre eigene bisherige Aneignungsweise und damit die ganze bisherige Aneignungsweise abschaffen. Die Proletarier haben nichts von dem Ihrigen zu sichern, sie haben alle bisherigen Privatsicherheiten und Privatversicherungen zu zerstören." 7

Hinter diesem Hinweis von Marx und Engels verbirgt sich, gemessen an der zitierten Textstelle im Entwurf für einen Leitantrag, nichts weniger als ein anderer Kosmos ! Dieser aber kommt in den programmatischen Dokumenten der DKP und der aktuellen Agitatation und Propaganda kaum noch vor. Nicht eine Art von Mitleid mit der am schlimmsten von Ausbeutung und Unterdrückung geplagten Arbeiterinnenklasse kann das Leitmotiv der KommunistInnen sein und nicht etwa die fragwürdige Überzeugung, diese Klasse würde dann umso konsequenter dagegen halten. Sondern vor allem die Tatsache, daß die ArbeiterInnenklasse die Eigenschaft besitzt, nicht Eigentümerin von Produktionsmitteln zu sein und daß diese Eigenschaft das geradezu zukunftsorientierte Vorbild für alle anderen Klassen und Schichten abgibt, ist der Grund für die Orientierung der KommunistInnen auf 'Arbeiterpartei' und 'Diktatur des Proletariats' im Sozialismus. Dementsprechend darf in der Arbeit der KommunistInnen nie eine Situation entstehen, in der dies in den Hintergrund geschoben ist.

In ihrer Begründung forderten aber die beiden führenden Theoretiker der DKP, Willi Gerns und Robert Steigerwald, Anfang der 1980er Jahre, übrigens keineswegs zufällig mitten in jener Zeit des aufkommenden 'Eurokommunismus': "(...) daß es nur durch die volle Konzentration auf den Kampf gegen die Macht der Monopole, gegen den staatsmonopolistischen Kapitalismus möglich ist, die gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse und Interessen nicht nur der Arbeiterklasse, sondern auch aller anderen nichtmonopolistischen Kräfte wirksam zur Geltung zu bringen und eine fortschrittliche Umgestaltung der Gesellschaft einzuleiten." 8 Und noch 2013 schrieb Robert Steigerwald in einem Aufsatz zum Thema "Reform und Revolution", man glaubt es nicht, sogar von "antimonopolistischer Umwälzung"! 9

Bei aller Wertschätzung gerade für Robert Steigerwalds Lebensleistung, es scheint, würde die kommunistische Linke dieser 'antimonopolistischen' Orientierung folgen, bekämen wir statt eines erfolgreichen, neuen sozialistischem Versuchs mit großartigen Vorsätzen und Versprechungen für die ArbeiterInnenklasse statt selbstbestimmtem 'menu a la carte' wieder nur, wenn es hoch kommt, Kartoffelsalat mit Würstchen.

Diffuse antikapitalistische Strategie der DKP braucht dringend Korrekturen !

'Heranführen an den Sozialismus' kann nicht bedeuten, einfach die größtmögliche Schnittmenge unter faktischen oder potenziellen 'antimonopolistischen' Widersachern zu suchen und diese dann zur konstanten strategischen Richtschnur seines Handelns zu machen. Für KommunistInnen ist die Konstante immer, 'der praktisch entschiedenste immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien' (Kommunistisches Manifest) sein zu müssen und v.a. die Interessen der ArbeiterInneklasse zum Ausdruck zu bringen. Denn diese Interessen können sich ja von denen anderer Klassen und Schichten unterscheiden und nur in Krisenzeiten und sowieso nur thematisch begrenzt ist so etwas wie Volksfront angesagt.

Angenommen die Kriegsmaschine von USA, NATO und EU gegen Russland führt tatsächlich in einen aggressiven militärischen Konflikt in Europa und größere Teile der herrschende Klasse hier einschließlich der Regierung Merkel zeigen sich bereit, auf Seiten der Aggressoren mitzumischen. Dann müssen alle Widersprüche zur Verhinderung dieses Kriegsgangs entfaltet, dann müssen auch diejenigen Fraktionen der Monopolbourgoisie, die dieses Unterfangen nicht wollen, in ein Volksfrontkonzept miteinbezogen werden, damit sich breitest möglicher Widerstand materialisiert. Das gilt auch für entsprechende Teile des Militärs und der bürgerlichen politischen Klasse.

Wohl eine ähnliche Situation ergäbe sich, wenn hier eine Entwicklung stattgreift wie in Fukushima und - weit weniger polarisierend - wenn wirklich eine konsequente Energiewende auf den Weg gebracht würde. Auch in diesen Fällen müßten diejenigen monopolistischen und nichtmonopolistische Teile der Bourgeoise, die zum Widerstand etwa gegen die Atomernergie bereit sind, in ein positives Verhältnis zu einem geeigneten Volksfrontbündnis gebracht werden.

Als konstante Aufgabe für KommunistInnen bleibt aber auch dann: Der Kapitalismus muß in allen seinen Erscheinungsformen attackiert werden: als System gesellschaftlicher Produktion bei bloß privater Aneignung, als menschenfeindliches System der Produktion von Tausch- statt Gebrauchswerten, welches uns glauben machen will, nur Warenwirtschaft funktioniere, als Verursacher von irreversiblen Umweltschäden, als ein System, welche die unsinnige und elitäre Trennung von Hand- und Kopfarbeit manifestiert, als Begünstiger von Rassismus und männlichem Chauvinismus und nicht zuletzt als weltweites System von Kolonialismus und Imperialismus.

Diese Aufzählung sollte ausreichen, um zu belegen, daß Klassenkampf nicht dem 'Antimonopolismus' dienen kann, wie es Olaf Harms auf einer Tagung des DKP-Parteivorstands im März diesen Jahres formulierte, als er äußerte: "(...) Unsere eigene antimonopolistische Strategie der Heranführung an den Bruch mit dem Kapitalismus setzt eine Intensivierung der Klassenkämpfe im eigenen Land, eine aktivere und klassenkämpferische Arbeiter- und´Gewerkschaftsbewegung hierzulande voraus." 10

Was will wohl Olaf Harms den Beschäftigten im Gebäudereinigungsgewerbe, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder den Sicherheitsdiensten alles so erklären, wo doch bekannt ist, daß in den Firmen dort, die keineswegs zum Monopolkapital gehören, die meisten Verstöße gegen den mageren Mindestlohn von lächerlichen Achteurofuffzich (!) für die Stunde zu verzeichnen sind. Glaubt er wirklich, die Klassenbewußten unter ihnen lassen ihn ausreden, wenn er ihnen mitteilt, ihr Kampf diene vor allem irgendeinem 'Antimonopolismus' ?

Die führenden GenossInnen der DKP haben in ihrem Entwurf zum Leitantrag zu ihrem 21. Parteitag schon Schritte hin zu einer kommunistischen Erneuerung der Partei vollzogen. Das verdient Anerkennung. Es gibt aber offenbar in den Reihen der Partei auch die Befürchtung, daß resignierende GenossInnen und solche, die mehr und mehr sozialdemokratisch orientiert sind 11, einen revolutionären Aufbruch nicht mitgehen wollen und deshalb wird hier und da auf Zeit gesetzt. In meinen Augen rechtfertigt diese Befürchtung v.a. bezogen auf 'Antimonopolismus' nicht, einer Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Diese Art strategischer Orientierung muß fallen !

Die DKP verfügt wie derzeit keine andere Organisation der kommunistischen Linken noch über Aktive, die wohl ahnen, daß ihre Initiative jetzt durchaus mehr GenossInnen von außerhalb der Partei positiv ansprechen kann, als über kurze Frist von innerhalb verloren werden könnten. Dies setzt aber voraus, daß der positive Aufbruch auch unter dem Zeichen der Einheit der KommunistInnen stattfindet. Als vor allem in den 1960er Jahren die Spaltung der kommunistischen Weltbewegung vollzogen wurde, war unter anderem die weiter oben beschriebene Politik der Italienischen KP Gegenstand der Auseinandersetzung. Jetzt, da wir keinen Zweifel mehr haben, wie schädlich so etwas wie 'Historischer Kompromiss' war, sollten die KommunstInnen hierzulande, so wie es die italienischen GenossInnen aktuell ja auch tun, wieder eine gemeinsame Perspektive materialisieren können.

Frank Braun, im April 2015

Anregungen oder Kritik gerne auch direkt an frank.braun@netcologne.de

Fußnoten

2 Ich möchte an dieser Stelle auf einen früheren Artikel verweisen "Mosaik-Linke oder plurale Linke – für KommunistInnen nicht ausreichend! - Zur aktuellen Entwicklung der DK" (vgl. unter http://trend.infopartisan.net/trd0315/t220315.html ), in dem ich versuchte, den Entwurf zum Leitantrag insgesamt zu würdigen und KommunistInnen auch außerhalb der DKP dann dazu aufrief, im Diskurs mit zu machen.

3 An dieser Stelle beschränke ich mich auf die Geschichte nach 1945. Ich bin mir bewußt, daß es bereits nach der gescheiterten Revolution von 1919 in Deutschland bei R. Luxemburg und bei A.Gramsci Überlegungen zum Thema 'Heranführen ...' gab.

4 siehe dazu "Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale. Bericht auf dem VII.Weltkongress"(1935); in G.Dimitroff, 'Ausgewählte Schriften', S.148/149, Verlag Rote Fahne, Köln, 1975

5 Ebenso erfolgreich agierte übrigens die chinesische KP - freilich unter anderen Bedingungen mit ihrem Kurs der neu-demokratischen Revolution, aber eben auch da mit einem revolutionären strategischen Bündniskonzept: Der antiimperialistische und patriotische, v.a. gegen den imperialistischen Aggressor Japan und seine Komparadorenbourgeoisie gerichtete politische Impuls bei gleichzeitiger antikapitalistischer Agitation im Sinne von 'Lohnarbeit gegen Kapital' trotz der zahlenmäßig nur bescheiden umfänglichen ArbeiterInnenklasse schuf jene am Ende jene erfolgreiche Strategie und Taktik, in deren Gefolge dann bis in die jüngste Geschichte eine größere Anzahl von kommunistischen und Arbeiterparteien, z.B. die vietnamesische, ebenso erfolgreich operierten."Neu-demokratische Revolution" war auch, ähnlich wie die genannten Überlegungen von Georgi Dimitroff ein neuer Gedanke, der bis dato nicht in den 'Schulbüchern' des Marxismus und des Leninismus zu finden war.

7 siehe unter Karl Marx/Friedrich Engels "Das Kommunistische Manifest", MEW Bd. 4, Zitat aus Abschnitt "Bourgeoisie und Proletarier"

8 aus Willi Gerns/Robert Steigerwald: "Antimonopolistischer Kampf heute", Verlag Marxistische Blätter, 1983, S. 47

9 aus einem Beitrag von Robert Steigerwald, "Reform und Revolution", LAIKATheorie im Laika-Verlag, 2013, S. 37

10 vgl. Olaf Harms: "Zu Aspekten der Entwicklung der Produktivkraftentwicklung und des Bewusstseinsstandes der Arbeiterklasse" unter http://dkp-online.de/pv/dkp-info/info0215.pdf

11vgl. dazu die Verlautbarungen von 'marxistische linke' oder dem 'Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.' (isw)

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.