Heute Genk – morgen Köln?
Schluss mit der Strafverfolgung unserer KollegInnen!
Für internationale Klassensolidarität statt Standortlogik!
„Wir wollten unsere Kölner Kollegen warnen. Jeden Tag kann es
passieren, dass die da oben weitere Stellenstreichungen und ganze
Werksschließungen verabschieden.“ (Zitat eines Genker Kollegen im Express,
8.11.12) Am 7. November protestierten 250 Beschäftigte und Gewerkschafter
aus dem belgischen Genk vor der Ford-Europazentrale in Köln gegen die
Schließung ihres Werks und den Verlust von insgesamt 10.000 Jobs. Innerhalb
kurzer Zeit sahen sie sich einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüber,
wurden stundenlang eingekesselt und teilweise festgenommen.
Danach gab es Ermittlungsverfahren gegen 24 von ihnen. Sofort
starteten
Betroffene und UnterstützerInnen eine Solidaritätskampagne und
es kam zu einer breiten Unterstützungswelle aus ganz Deutschland, aus
Belgien, Spanien und der Schweiz.
Während der scharfe Vorwurf der “Rädelsführerschaft” und des
“besonders schweren Landfriedensbruchs” gegen einen solidarischen Kollegen
aus Köln daraufhin zurückgenommen und 11 Verfahren eingestellt wurden,
erhielten 12 belgische Kollegen Strafbefehle über Geldstrafen. Der
Strafbefehl
gegen einen “Hauptverdächtigen” sieht darüber hinaus zehn Monate
Haft auf Bewährung wegen angeblicher gefährlicher Körperverletzung
vor –
gemäß der bekannten staatsanwaltschaftlichen Taktik, einzelne
Betroffene als “Gewalttäter” zu isolieren. Das hat keinen anderen Zweck,
als die kämpferischen Kräfte zu kriminalisieren und einen Keil zwischen
die belgischen und deutschen Ford-Kollegen zu treiben.
Alle KollegInnen haben Widersprüche gegen ihre Strafbefehle
eingelegt. Zu den Gerichtsverfahren, die am 11. Juni am Amtsgericht Köln
starten, rufen wir zum Protest und zur Prozessbeobachtung auf!
Durch die Ermittlungsverfahren wird jeder, der gegen die
Vernichtung seines Arbeitsplatzes kämpft, mit strafrechtlicher Verfolgung
bedroht (zumal der deutsche Staat per Gesetz ohnehin nur Streiks für
Tariffragen erlaubt).
Das betrifft insbesondere die KollegInnen von Ford Köln, die zur
Zeit nicht wissen, ob sie ab 2017 noch einen Job haben.
Ford-Geschäftsführer Mattes hat angedroht, die Produktion des Ford Fiesta ins Ausland
zu
verlagern. Damit droht das Aus für mindestens 4000 Jobs in Köln.
Dient die Strafverfolgung der belgischen ArbeiterInnen vielleicht auch
dazu, die Kölner Kollegen vorsorglich einzuschüchtern?
Ford-Chef Mattes sagte im Kölner Stadt-Anzeiger zur Zukunft von
Köln: “Wir haben auf der jüngsten Betriebsversammlung die Belegschaft
darüber informiert, dass Gespräche mit dem Betriebsrat über die
Fertigung der kommenden Fiesta-Generation in Köln notwendig sind. Dabei geht
es darum, eine Perspektive zu erarbeiten, den Fiesta auch künftig
wettbewerbsfähig und profitabel am Standort Köln fertigen zu können.” (Kölner
Stadt-Anzeiger vom 17.12.13)
Wir wollen an dieser Stelle daran erinnern, wie die Schließung
von Ford Genk eingeleitet wurde: Dort hatte Ford im Gegenzug für eine
Standortgarantie bis 2016 einen Lohnverzicht der Beschäftigten
von 12 % durchgedrückt, um dann vor gut einem Jahr die Schließung bis
Ende 2014 zu verkünden. Wir lernen wieder einmal, dass Lohnverzicht keine
Arbeitsplätze sichert. Und dann wird vom Staat auch noch
draufgehauen,
wenn die KollegInnen dagegen kämpfen!
Deshalb protestieren wir auf der Straße und vor dem Gerichtssaal
gegen Jobkahlschlag und gegen die Kriminalisierung von Arbeitskämpfen.
Wir sagen:
Die wahren Verbrecher sind diejenigen, die Arbeitsplätze
vernichten. Unsere Kollegen in Genk, Köln und sonstwo haben das Recht,
dagegen zu kämpfen, wie sie es für richtig halten. Wir lassen uns nicht
gefallen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft als Handlanger der Konzerne
agieren und Arbeitskämpfe kriminalisiert werden.
Solikreis 7. November
Editorische
Hinweis
Wir erhelten den Text vom Solikreis.