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trend - Beilage im Dezember 1999

Texte aus “Morgenrot Nr. 6”
 
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Inhalt:

  •  Wohin geht Österreich?                       
  • Geschichte und Politik der FPÖ          
  • Feminismus à la FPÖ                          

  • Opium für das Volk ...                      

  •  Lenin über die Religion                       

  • Nach der Demo am 12. November      

Wohin geht Österreich?

Die veröffentlichte Meinung ist gespalten. An einem Tag erfahren wir von der baldigen Einigung von Rot und Schwarz, wenige Tage später titeln alle Zeitungen mit einer Annäherung der ÖVP an die FPÖ. Ob sich hier wirklich eine blau-schwarze Regierung anbahnt, oder ob die ÖVP nur den Preis für die SPÖ in die Höhe treiben will, läßt sich natürlich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Doch letztlich entscheidend ist nicht, welche Parteien die Politik machen, letztlich entscheidend ist, welche Politik gemacht wird. 

Eine blau-schwarze Regierung würde eine neue Qualität von Sozialabbau und Aktionen gegen MigrantInnen, Linke, und viele andere einleiten. Aber über die berechtigte Sorge vor Blau-Schwarz darf die Politik der derzeit regierenden Parteien nicht vergessen werden (so wie es etwa die OrganisatorInnen der Demo am 12.11. in ihrem Aufruf getan haben). 

Viktor Klima hat die Richtung der SPÖ bereits vorgeben. Noch mehr Sozialabbau und Rechtsruck soll es werden. In seinem Reformpapier schlägt er etwa die Vereinheitlichung der Pensionssysteme vor, die für zukünftige BeamtInnen entscheidende Nachteile bringen würde - "intelligenterweise" tat er das wenige Tage vor den Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst, bei denen die SPÖ dann auch prompt verlor. Und auch das Schlagwort ”Schlanke Sozialversicherung” in Klimas Papier läßt schlimmes erahnen. Denn ”Schlank” ist meistens ein anderes Wort für ”Kürzungen”. 

Sparpakete kommen 

  Doch niemand soll sagen, das wäre eine Überraschung. Schon im Wahlprogramm der SPÖ wurde klar gemacht, welche Zukunft uns erwartet. Einsparungen wurden angekündigt, und es wurde ernsthaft behauptet, daß alle EU-Staaten umfassende Systeme sozialer Sicherheit und Chancengleichheit aufweisen würden. Was wohl jene rund 35 % SpanierInnen dazu sagen, die arbeitslos sind (nach Schätzungen, die EU behauptet rund 20 %),  ist leider unbekannt 

Das jüngste Reformpapier der SPÖ war ein Wunsch der ÖVP. Denn derzeit sagt die ÖVP ”Spring” und die SPÖ hüpft. Aber es wird noch schlimmer kommen. So brachte die ÖVP ein 10-Punkte-Papier zur Neuordnung des Arbeitsmarktservices heraus. Zu den, laut ÖVP-Klubobmann Andreas Khol, ”beinharten Pflichten” zählt die Zwangsarbeit für Langzeitarbeitslose. 

Auch neue Sparpakete werfen ihre Schatten voraus. Obwohl die SPÖ in ihrem Wahlprogramm noch behauptete, daß keine neuen Sparpakete nötig seien (sie sprach lieber von ”stabilitätsfördernden Maßnahmen”), ist mittlerweile klar, daß es – so sich nicht erfolgreicher Widerstand regt – Kürzungen von rund 25 Milliarden Schilling geben wird. An einem Entwurf in dieser Größenordnung arbeitet derzeit das Finanzministerium. Andere Berechnungen kommen sogar auf einen Einsparungsbedarf von 50 Milliarden, um die Euro-Kriterien erfüllen zu können. Egal, welche Regierung herauskommt, sie wird versuchen, diese Vorgaben umzusetzen. 

FPÖ in der Regierung? 

  Bei solchen Vorhaben ist es kein Wunder, daß sich die FPÖ die Hände reibt. Derzeit kann sie nur gewinnen. Entweder schafft sie den Sprung in die Regierung, dann sitzt sie endlich auch an den Futtertrögen oder sie bleibt in Opposition und greift den Sozialabbau der Regierung an. Sollte es zu Neuwahlen kommen, wird sie davon ebenfalls ziemlich sicher profitieren. 

Die einzige Ausnahme bei den permanenten Wahlerfolgen der FPÖ ist übrigens die Polizei. Dort konnte die SPÖ bei den Wahlen Ende November von der FPÖ Stimmen zurückgewinnen. Der Vorsitzender der AUF (Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher), Kreißl, sprach von einem ”Schlögl-Bonus” für die SP-GewerkschafterInnen. Bei dieser Politik der SPÖ ist also offensichtlich keine FPÖ mehr nötig. 

Eine FPÖ in der Regierung hätte natürlich Vorteile – für das Großkapital. Der FPÖ-Spitzenkandidat Prinzhorn, selbst Mitglied der Industriellenvereinigung (IV), war ein Signal an diese Kreise. Der Sozialabbau könnte wesentlich ungebremster stattfinden. Pensionen, ArbeitnehmerInnenrechte (z.B. Umgehung der BetriebsrätInnen wie bei Stronach, siehe Morgenrot Nr. 5), Krankenkassen, und vieles andere wäre gefährdet. Eine massive Umverteilung von den Armen zu den Reichen würde stattfinden, die Flat Tax ist ein erster Vorgeschmack davon. 

Die IV hält allerdings derzeit Rot-Schwarz noch die Stange, obwohl die Stimmen in der Vereinigung, wie auch im ÖVP-Wirtschaftsbund lauter werden, die Blau-Schwarz fordern. 

Aber eine FP-VP Regierung hätte nicht nur Sozialabbau zur Folge. MigrantInnen wären gefährdet, Frauen würden zurück an den Herd gedrängt (Kinderscheck) und das Leben von Jugendlichen würde beschnitten (Lehrlingsrechte). 

Doch natürlich birgt eine blau-schwarze Regierung auch Gefahren für das Kapital. Eine SPÖ in der Opposition könnte versuchen, durch eine etwas sozialere und kampfbetontere Politik Boden gutzumachen. Daher zögern ÖVP und FPÖ, eine Regierung zu bilden, obwohl sie eine bequeme Mehrheit im Parlament haben. 

Ausblick 

  Bei Redaktionsschluß war kein Ende der Regierungsverhandlungen absehbar. Es scheint allerdings nicht unrealistisch, daß das Kapital noch einmal auf Rot-Schwarz setzen wird, nicht zuletzt im Hinblick auf kommende Sparpakete, bei denen die SPÖ wie immer die Rolle spielen soll, die ArbeitnehmerInnen ruhig zu halten. 

Entscheidend für die Linke wird aber nicht so sehr sein, welche Parteien in der Regierung sind, sondern ob es ihr gelingt, eine starke außerparlamentarische Bewegung gegen Sozialabbau und Rassismus aufzubauen – egal, welche Partei die Umsetzung versucht. Die Antifaschistische Linke wird mithelfen, diese Bewegung aufzubauen. 

Geschichte und Politik der FPÖ

 Aus den letzten Nationalratswahlen ist die FPÖ wiederum als Siegerin hervorgegangen. Seit dem Jahre 1986, also seitdem Jörg Haider zum Bundesparteiobmann gewählt wurde, verzeichnet die Freiheitliche Partei Österreichs fortwährend Wahlerfolge. Die Partei bleibt nach wie vor umstritten: Von den einen als neue ArbeiterInnenpartei gefeiert, von den anderen als die neue führende Kraft der Rechtsextremisten gefürchtet. Wir wollen in diesem Artikel die historischen Wurzeln der FPÖ näher betrachten. 

Um die politische Ausrichtung der FPÖ nachvollziehen zu können, ist es notwendig, die Wurzeln der FPÖ zu betrachten. 1949 wurde mit Unterstützung der SPÖ der ”Verband der Unabhängigen (VdU)” gegründet. Die SPÖ hoffte, durch die Zulassung einer neuen rechten Partei das bürgerliche Lager zu spalten. Der Schuß ging nach hinten los: Da alle anderen Parteien ehemaligen NationalsozialistInnen die Mitgliedschaft verwehrten, feierte der VdU einen Wahlerfolg nach dem anderen. 1949,  im Jahr seiner Gründung, erreichte er bei Betriebsratswahlen in der VOEST-Linz, den ehemaligen Göring-Werken, 50% der Stimmen. Bei den NR-Wahlen im selben Jahr bekam er 12% der Stimmen, und kostete die SPÖ und die ÖVP jeweils 8 Mandate. 

Nach damalige WählerInnenbefragungen und nach Eigenangaben wählten damals rund 80% der Altnazis den VdU. Eine Prozentzahl die auch die SPÖ und die ÖVP nicht kalt lassen konnte. Sie reagierten prompt und ließen das Mitgliedsverbot für ehemalige NationalsozialistInnen fallen, was dazu führte, daß Altnazis die Möglichkeit hatten, wieder in Spitzenfunktionen unterzukommen. 

In den 50er Jahren blieb es still um den VdU. Der Wirtschaftsaufschwung hatte eine Oppositionspartei in den Augen vieler unnötig werden lassen. Der Tiefstand wurde bei den Regionalwahlen ´54 erreicht. 

Arrangements  

  1952 allerdings kam eine neue Komponente in der Partei hinzu: Der österreichische Turnerbund (ÖTB), wurde gegründet. In diesem Verein konnte mensch NS-Gedankengut wieder frei äußern. Der VdU beschloß die Zusammenarbeit mit dem ÖTB, sowie mit einigen anderen Kameradschafts- und Soldatenverbänden. Am Bundesverbandstag 1955 wurden die Rufe nach einer Partei mit einer stärker nationalistisch geprägten Ideologie immer lauter. Kurz darauf traten die Landesgruppen Steiermark, Kärnten, Tirol und Vorarlberg, welche die extreme Rechte des Verbands darstellten, aus dem VdU aus. 

Anton Reinthaller, Friedrich Peter und Emil van Tangel gründeten wenig später die Freiheitspartei. Anton Reinthaller hatte schon politische Erfahrung gesammelt: Er war Mitglied der Landesleitung der illegalen NSDAP, 1938 Landwirtschaftsminister unter der Regierung Seys-Inquart (der von Hitler eingesetzte letzte Bundeskanzler 1938) und später SS-Brigadeführer. Friedrich Peter war bei einer SS-Infanteriebrigade, und als Teil dieser an Massakern an sowjetischen PartisanInnen und ZivilistInnen beteiligt. Er selbst meinte zu diesem braunen Punkt in seiner Vergangenheit: ”Ich bin nicht jenem Kreis zuzuzählen, der gepreßt und gezwungen wurde, sondern ich bekenne mich noch heute, daß ich freiwillig gegangen bin. Und dem Vaterland zu dienen, ist keine Schande.” 

Parteigründung  

 Angesichts dieser illustren Herrenrunde ist es wohl kaum verwunderlich, daß sich sämtliche Altnazis nun der Freiheitspartei zuwandten und der VdU in einer schweren Krise steckte. Die zwei Parteien begannen zu verhandeln und gründeten am 7. April 1956 die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ). Die Gründung der FPÖ bedeutete den endgültigen Sieg des nationalen Flügels. 

Friedrich Peter wurde 1958 zum Bundesparteiobmann gewählt, was er bis 1978 bleiben sollte. Er galt als Garant dafür, daß die ursprüngliche Parteilinie eingehalten wurde. Unter Peter fand die FPÖ ihren Weg aus der politischen Isolation, was vor allem durch die politische Aufwertung der Partei unter Kreisky begründet werden kann. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Unterstützung der SPÖ-Minderheitsregierung 1970/71. Ihre Erkenntlichkeit zeigte die SPÖ mit einer minderheitenfreundlichen Wahlrechtsreform. Kreisky scheute sich auch nicht, den ehemaligen Nazi Peter gegen Proteste jüdischer und antifaschistischer Organisationen in Schutz zu nehmen. 

Bei der nächsten Wahl erreichte die SPÖ die absolute Mehrheit und die FPÖ begann unter Bundesparteiobmann Alexander Götz, sich der ÖVP anzubiedern. Ziel dieses Schrittes war, die Mehrheit der SPÖ zu brechen und eine Bürgerblock-Regierung  zu errichten. Im Endeffekt scheiterte das Ganze dann auch an der Gegenkampagne  ”Taus, Götz – Nein Danke!”. 

1980 folgte Norbert Steger als Bundesparteiobmann. Überraschenderweise setzte er sich als Teil des liberalen Flügels gegen Harald Ofner durch, der die extreme Rechte innerhalb der Partei vertrat. Ofner war Mitglied der ”Arbeitsgemeinschaft nationaler Jugendverbände”, welche 1959 aufgelöst wurde, da sie gegen das Verbotsgesetz verstieß. Auf Ofners Betreiben hin kandidierte Gottfried Küssel auch einmal bei Landtagswahlen in Payerbach/Niederösterreich. Aber auch Steger war nur liberales Aushängeschild, der nationale Charakter der Partei änderte sich nicht. 

Steger sollte nicht lange unumstritten bleiben, obwohl die Freiheitlichen unter ihm (1983) in einer Koalition mit der SPÖ waren. Die Streitigkeiten zwischen dem rechten und dem liberalen Flügel der FPÖ erreichten 1986 durch Jörg Haiders Wahl  in einer Kampfabstimmung zum neuen Bundesparteiobmann ihren Höhepunkt. Mit Haider begann der populistische Protest Parteicredo zu werden. Durch ihren Charakter als Protestpartei erzielte sie zwar immer größere Wahlerfolgen, aber die Mitgliederzahl stagniert seit Mitte der 80er. 

Gleichzeitig ist die FPÖ aber politisch immer eine Partei der Wirtschaft geblieben. Das Liebkind der FPÖ, die Flat Tax (ein einheitlicher Steuersatz für alle) bedeutet eine massive Umverteilung. Derzeit steigt in Österreich die Steuerleistung mit dem Einkommen, ein Einheitssteuersatz würde Gutverdienende entlasten, die Steuern für schlechter Verdienende würden drastisch ansteigen. Daneben wird als klassisch neoliberales Konzept die Senkung der Lohnnebenkosten gefordert (aber wer zahlt dann die Sozialausgaben?), und natürlich fordert der Ring freiheitlicher Wirtschaftstreibender ”die Reduzierung des überzogenen Arbeitnehmerschutzes”. 

Ist die FPÖ faschistisch?  

  Faschismus ist der letzte Ausweg des Kapitalismus. Momentan besteht keine Notwendigkeit die arbeitende Klasse zu unterdrücken, da eine gewisse ökonomische Sicherheit vorhanden ist. Faschistische Herrschaft ist für den Kapitalismus auch gefährlich. Denn durch solche Regierungen wird die Verbindung zwischen Staat und Kapital für viele offensichtlich. Wenn die FPÖ faschistisch wäre, bekäme sie niemals diese öffentliche Unterstützung. Die FPÖ ist heute eine rechtsextreme Partei mit einem taktischen Verhältnis zum Nationalsozialismus. Einmal hält Haider eine lobende Rede vor ehemaligen SSlern, dann entschuldigt er sich vor der Presse für seine rechtsextremen Aussagen. 

Der Aufstieg der rechtsextremen Parteien in Europa ist vor allem durch die Zerschlagung des Sozialstaats, die Krise der traditionellen politischen Systeme und Institutionen und die Schwäche der ArbeiterInnenbewegung gegeben.

In ihren Statements tritt die FPÖ immer wieder für die Ausgrenzung von Minderheiten auf, da sie selbst von der Volksgemeinschaft überzeugt ist. Rassismus und Nationalismus gelten als Patentlösung für soziale Probleme, was automatisch zu einer Anti-Sozialismus/Kommunismus Hetze und einem entschiedenen Auftreten gegen Gewerkschaften führt. Aber selbst eine absolute FP-Mehrheit würde nicht die Einführung des Faschismus in Österreich bedeuten (obwohl wir die Gefahr einer solchen Mehrheit nicht unterschätzen). 

Sicher hat sie mit faschistischen Parteien die autoritäre Struktur und die Abhängigkeit vom Kapital gemeinsam, dennoch würde die Konzeption einer faschistischen Partei eine geschlossene Ideologie voraussetzen, die offensichtlich bei der FPÖ nicht gegeben ist. Rechtsextreme Ansätze sind in jeder faschistischen Gruppierung ein Muß, aber nicht jede rechtsextreme Partei ist faschistisch. 

Obwohl die FPÖ nicht faschistisch ist, darf mensch ihre Gefahr nicht unterschätzen. Sie schafft es dadurch, daß sie ein gewisses politisches Klima kreiert, faschistische Strömungen zu begünstigen und den staatlichen Rassismus zu bekräftigen. Unsere Regierung (siehe Schlögl) setzt schon seit Jahren darauf die FPÖ zu bekämpfen, indem sie ihm auf staatlicher Basis entgegenkommt. 

Feminismus à la FPÖ  

  ”Feminismus? Eine Bewegung die sich selbst totläuft!” (Jörg Haider in ”Anders gefragt” im August 1995). Na ja, was erwartet mensch schon von einer Partei, die die Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau als naturgegeben annimmt. Da Frauen aber im heutigen Österreich dennoch wahlberechtigt sind, ging mensch innerhalb der FPÖ dazu über reaktionäre Ideen hinter einem modernen Image zu verstecken. Da ist es dann schon äußerst peinlich, wenn Jörg Haider Aussagen macht, wie: "Der von der FPÖ in Kärnten vorgeschlagene Kinderscheck (...) würde eine deutliche Entlastung des Arbeitsmarktes bringen." (9.12.98 APA).

  Es scheint überhaupt eines der ideologischen Hauptziele der FPÖ zu sein, Frauen von der Arbeit fernzuhalten. Primär gilt der Einsatz der FPÖ einem vermehrten Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen. Im Widerspruch dazu fordern sie in ihrem ”Vertrag mit Österreichs Frauen” die Abschaffung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen, die bereits im Arbeitsprozess stehen. Wer von mangelnden Schutzbestimmungen profitiert ist klar.

 Ein weiterer pseudo-sozialer Vorschlag ist die Einführung des Familiensplittings, eine Besteuerungsform in der Familien mit nur einem Großverdiener extrem begünstigt werden. Ergo: Frau zurück an den Herd!

 Kein Wunder, schließlich meinte Jörg  Haider einmal zu Frauen in der Politik: "Politik ist nichts für eine richtige Frau. Ich habe noch nie eine erotische Politikerin kennengelernt, fast alle werden verhärmt davon.". 

Opium für das Volk ...

Religion, also der Glaube an eine höhere Macht als Ursprung und/oder Sinn der Welt, ist bis in früheste Zeit nachzuweisen. Die genauen Erscheinungsformen der Religion vor der Erfindung der Schrift lassen sich nur vage vermuten. Die Ursachen, die für ihr Aufkommen verantwortlich waren, dürften sich jedoch mit denen bei heutigen Religionen decken. Menschliche Emotionen wie Angst und Unwissenheit sind wohl die Hauptursachen für das Erstarken religiöser Ansichten. 

Als gesellschaftliches Phänomen ist allein der Glaube an eine Macht, die sich mit den Mitteln der Wissenschaft nicht bestätigen lässt, äußerst bedenklich. Dinge als gegeben hinzunehmen, deren Existenz nicht geklärt ist, schafft eine grundsätzliche Empfänglichkeit für Dogmen. Viele Regime verstanden und verstehen es geschickt, religiöse Lehren zur Legitimation ihrer Macht einzusetzen. Das beste Beispiel hierfür waren die Gottkönige (Pharaonen) des alten Ägyptens. Auch die Königin Englands, die zwar keine reale politische Macht mehr hat, ist aber gleichzeitig Oberhaupt der anglikanischen Kirche und damit die höchste Repräsentantin der Religion in England.

Der Widerspruch zum Materialismus  

  Der Materialismus ist die von Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) vertretene Form der Weltanschauung, die im ”Stofflichen” also in der physischen Materie den Grund der Wirklichkeit sieht. Nach materialistischer Auffassung, ist alles (auch das menschliche Denken und seine Gefühle, die in Abhängigkeit zur chemischen und physischen Struktur des menschlichen Gehirns stehen) von der Materie abhängig. Der Satz von Marx ”Das Sein formt das Bewußtsein” steht für die materialistische (und unter breiten Teilen der modernen Wissenschaft anerkannte) Auffassung, der Mensch werde zum Gutteil von seiner Umwelt (Erfahrungen, Erziehung, soziales Umfeld) bestimmt. Dass natürlich auch ein gewisses Maß an Erbanlagen für die Bildung einer Persönlichkeit verantwortlich ist, steht ausser Frage. Der Materialismus steht dadurch im Widerspruch zu jeder Sicht der Welt, die auf der Annahme einer ”höheren Macht” gründet. Die gängige Definition des Wortes ”MarterialistIn” allerdings bezieht sich auf die Gier der betreffenden Person nach Geld oder Sachwerten und hat nichts mit der Philosophie des Materialismus zu tun.

Die entgegengesetzte Lehre ist der Idealismus. Idealismus ist, stark verkürzt, die Weltanschauung, die auf Ideen beruht. Sie ist äußerst vielschichtig und kann als Sammelbegriff für metaphysische (Metaphysik kann als theologische Wissenschaft bezeichnet werden) wie religiöse Lehren verwendet werden. Wichtige Vertreter des Idealismus waren unter anderem Immanuel Kant (1724-1804), Friedrich Schelling (1775-1854) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). 

Die marxistische Haltung zur Religion kommt in der bekannten Aussage von Karl Marx ”Religion ist Opium fürs Volk” recht gut zur Geltung. Der Marxismus betrachtet die heutigen Religionen und ihre Organisationen als Instrumente der Herrschenden deren Aufgabe es ist, die ArbeiterInnenklasse ruhig zu halten, was durch ein Vertrösten aufs Paradies oder die Wiedergeburt geschieht. Auch der biblische Spruch ”Die Ersten werden die Letzten sein”, der gerne als Beispiel für den fortschrittlichen Charakter der Bibel herangezogen wird, ist ein Vertrösten auf die apokalyptische Abrechnung (der Ausgleich zwischen ”gut” und ”böse” am Ende aller Zeit) und kein Aufruf zur Veränderung durch die Menschen im ”Diesseits”. 

Obwohl diese klassische Analyse richtig ist, und Religionen unter der Voraussetzung, dass ihre Lehre den Herrschenden nützt, bewußt von Regierungen gefördert werden, muss sie durch eine Betrachtung der sozialen Wurzeln der Religion ergänzt werden. Gerade bei unterprivilegierten Teilen der Bevölkerung finden die Versprechen der Religionen besonders starken Zuspruch und je niedriger der Lebens- und Bildungsstandard in einem Land, desto größer ist oft die Bedeutung der Religion. Der Gedanke an eine ausgleichende Gerechtigkeit ist eben nur für jene interessant, die nichts oder nur wenig besitzen und er befreit ausserdem von der unbequemen Notwendigkeit der Eigeninitiative.

Auch der 1804 in Landshut geborene Ludwig Feuerbach befasste sich mit der Religion. Seine Lehre, der anthropologische Atheismus, sieht eine Ersetzung des Gottesbegriffes durch den Menschen vor. Feuerbach will eine Philosophie der Zukunft, die nicht aus idealistischen Spekulationen besteht, sondern den Menschen konkret zum Ausgangspunkt nimmt. Von dort aus erklärt er die Religion als die Projektion menschlicher Wünsche und Vorstellungen und schließt so auf die Nichtexistenz Gottes. 

Neue Erscheinungsformen

  Nachdem in den westlichen Industriestaaten, durch den Einfluss der 68er, die traditionellen, christlichen Religionen immer stärker an Bedeutung verloren, und in den letzten Jahren ein rasanter Niedergang der alten Strukturen des Glaubens zu erkennen ist (Kirchenaustrittswelle), treten andere idealistische Strömungen an ihre Stelle. Fernöstliche Heilslehren und Astrologie, unter dem Sammelbegriff der Esoterik zusammengefaßt, bilden zusammen mit religiösen Kleingruppen (”Sekten”) eine neue, auch unter gesellschaftlich fortschrittlichen Kreisen akzeptierte Alternative zu dem verknöcherten System des Katholizismus. Ihre Auswirkungen unterscheiden sich nicht von denen des Christentums, den auch hier wird ein durch die Wissenschaft nicht untermauerbares Konstrukt aufgebaut. 

Religionspolitik im Stalinismus  

  Während der Zeit des Stalinismus wurde in der Sowjetunion und im gesamten Einflussbereich des Stalinismus eine Politik des Verbots und der Verfolgung gegen die Religion diktiert. Kirchen wurden abgerissen und im teilweise moslemischen Albanien wurden Moscheen zu Turnhallen umfunktioniert. Offiziell waren in manchen Staaten des Warschauer-Paktes 100% aller Menschen religionslos, was natürlich nicht der Realität entsprach. Abgesehen von den indiskutablen Praktiken der stalinistischen Anti-Religionspolitik war auch der Erfolg gering und in den meisten dieser Staaten haben die christlichen Kirchen bzw. der Islam heute wieder enormen Einfluss. Als Beispiel seien hier nur Polen, das für eine besonders starke katholische Kirche bekannt ist, und die Staaten im Kaukasus genannt, wo der Islam seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, massiv an Bedeutung gewonnen hat. 

Linker Umgang mit Religion  

  Das Ziel der Gesellschaftsveränderung, wie wir sie als revolutionäre Linke herbeiführen möchten, wird egal welcher Schattierung des linken Spektrums mensch angehört, nicht nur auf die Beseitigung der ökonomischen Unterdrückung, sondern auch auf eine Befreiung des Denkens hinauslaufen müssen. 

Nicht Verbote und staatliche Repression gegen religiöse Irrlehren, sondern die Weiterentwicklung der Gesellschaft wird die Überwindung der Religion ermöglichen. Sie verliert in einer solchen Gesellschaft ihre Funktion.

Lenin über die Religion  

Die Religion ist Opium des Volkes - dieser Ausspruch von Marx bildet den Eckpfeiler der ganzen Weltanschauung des Marxismus in der Frage der Religion. 

Der Marxismus betrachtet alle heutigen Religionen und Kirchen, alle religiösen Organisationen stets als Organe der bürgerlichen Reaktion, die die Ausbeutung verteidigen und die Arbeiterklasse verdummen und umnebeln sollen (...) 

Man muß verstehen, die Religion zu bekämpfen, dazu aber ist es notwendig, den Ursprung, den Glauben und Religion unter den Massen haben, materialistisch zu erklären.

Den Kampf gegen die Religion darf man nicht auf abstrakt-ideologische Propaganda beschränken, darf ihn nicht auf eine solche Propaganda reduzieren, sondern er muß in Zusammenhang gebracht werden mit der konkreten Praxis der Klassenbewegung, die auf die Beseitigung der sozialen Wurzeln der Religion abzielt. 

Warum findet die Religion in den rückständigen Schichten der Bevölkerung noch Boden? Wegen der Unwissenheit des Volkes, antwortet der bürgerliche Fortschrittler. Also, nieder mit der Religion, es lebe der Atheismus. Der Marxist sagt: Das ist falsch. Eine solche Auffassung ist oberflächliche, bürgerlich beschränkte Kulturbringerei. Eine solche Auffassung erklärt die Wurzeln der Religion nicht gründlich genug, nicht materialistisch, sondern idealistisch. Die Wurzeln sind hauptsächlich sozialer Natur (...) 

Lenin, “Über das Verhältnis der  Arbeiterpartei zur Religion”, S. 404 f 

Nach der Demo am 12. November ...

Bis zu 70.000 Menschen nahmen an der Kundgebung am 12.11. am Stephansplatz teil. Gut 30.000 kamen bereits zur Kundgebung vor dem Parlament und demonstrierten dann zum Stephansplatz. Vor dem Parlament wurden erfreulicherweise vor allem die Vertreterinnen der Regierungsparteien, Brigitte Ederer (SPÖ) und Gertrude Brinek  (ÖVP), mit “Buh” und “Aufhören” Rufen empfangen. Auf Ederer wurden auch Eier geworfen. Das kommentierte sie im Kurier mit Verweisen auf fehlende Toleranz und Offenheit. Diese Hinweise von Ederer haben wir leider bei den permanenten Verschlechterungen im Asylrecht nicht gelesen.

Rolle der SPÖ

Es ist der SPÖ nicht im gewünschten Ausmaß gelungen, die Demo selbst zu vereinnahmen. Der ehemalige SPÖ-Finanzminister Lacina hat sogar auf seine Rede am Stephansplatz verzichtet, angeblich wegen der Kritik, die von der Bühne aus an der SPÖ geübt wurde. Dies, obwohl die SPÖ im Vorfeld alles getan hat, um die Demo zu übernehmen (und die VeranstalterInnen dem kaum Widerstand entgegensetzten). Teile der Anlage wurden von der SPÖ bezahlt, Plakate erschienen mit Unterstützung der Gewerkschaftsbank BAWAG und in den letzten Tagen wurden Kleber für die Demo mit der Aufschrift “unterstützt von AKS, SJ, JG und SPÖ Frauen” (alles SP-Organisationen) verteilt.

Trotz der Kritik an der SPÖ-Politik während der Veranstaltung hat es die SPÖ aber trotzdem teilweise geschafft, die Veranstaltung in der Öffentlichkeit als Unterstützung ihrer Position zu verkaufen und als Druckmittel gegen die ÖVP zu gebrauchen. Denn allein schon der Aufruf “Keine Koalition mit dem Rassismus” stellt klar, daß hier die SPÖ an die ÖVP herantritt.

Der Demo-Aufruf  

  Auch sonst strotzte der Aufruf vor Anbiederung. Kein Wort über den staatlichen Rassismus, kein Wort über die Ermordung von Marcus Omofuma und kein Wort über den Sozialabbau der letzten Jahre, der die FPÖ erst stark gemacht hat. Statt dessen Gefasel über ein “prosperierendes Land” in dem wir leben. Doch wer in den letzten Jahren wirklich prosperiert (=wirtschaftlich aufstrebt) sind die großen Konzerne, für uns gibt es inzwischen Sparpakete. 

Die Demo und die Linke  

  Viele Linke wollten sich nicht von der SPÖ mißbrauchen lassen und zogen es vor, überhaupt nicht an der Demo teilzunehmen. Auch viele der TeilnehmerInnen an der linken Kundgebung vor der Uni gingen dann nur bis zum Parlament mit, um dann tw. nach Hause zu gehen, tw. auch an einer eigenen Demo mit anderer Route teilzunehmen. Wir teilten ihre Kritik, beschlossen aber, das Feld nicht SPÖ und Grünen zu überlassen. Wir intervenierten mit dem Slogan "Weg mit Haider, weg mit Schlögl – Wer von Schlögl nicht reden will, soll von Haider schweigen" (Mehr über unsere Aktionen auf Seite 19). 

Nun gilt es, die Demo nicht zum Strohfeuer verkommen zu lassen. Es war wichtig, am 12.11. zu demonstrieren, noch wichtiger aber ist es, auch nach der Demo gemeinsam dem Rechtsruck entgegenzutreten. Dazu ist es notwendig, sich politisch zu organisieren, zum Beispiel in der Antifaschistischen Linken (AL).

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