Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Berlin: Wrangelkiez
Der Kampf gegen eine Zwangsräumung in der Skalitzer Str.


Infos vom "Bündnis Zwangsräumung verhindern"

12/2016

trend
onlinezeitung

Stand 24.11.2016

Heute morgen konnte im Wrangelkiez, dank der Solidarität von 150 Nachbar*innen und Aktivist*innen, die Zwangsräumung eines Mieters verhindert werden. Der Mieter wohnt bereits seit 31 Jahren in der Wohnung. Vor einem Jahr hatte die „Düsseldorfer und Berliner Grundvermögen GmbH“ das Haus gekauft und sofort ein Räumungsverfahren eingeleitet, um die Wohnung anschließend teurer weiter vermieten zu können.

Die Gerichtsvollzieherin hatte sich für 11 Uhr angekündigt. Bereits am 10 Uhr waren ca. 100 Leute vor Ort. Sie blockierten die beiden Eingänge des Hauses und informierten die Anwohner*innen mit Flyern. Bis 10.30 Uhr waren es dann bereits 150 Leute, die laut Parolen skandierten. Die Gerichtsvollzieherin traute sich angesichts der Menge nicht mehr an das Haus. Sie wurde in einen Polizeibus verfrachtet und drehte mit diesem ein paar Runden im Kiez. Anscheinend war ihnen nicht klar, was sie mit der Situation anfangen sollten.

Die Polizei kam mit mehreren Wannen Verstärkung und die Hausverwaltung tauchte ebenso mit mehreren Figuren auf. Sie wollte sich erstmal im Cafe gegenüber die Zeit bei einem Kaffe vertreiben. Als das einige Leute nicht so einfach hinnehmen wollten, wurde ihnen der “ach so hippe” Kiez doch etwas unheimlich und sie flüchteten sich lieber erstmal in Polizeischutz.

Auf Gesprächsangebote gingen sie nicht ein. Als Sara Walther vom Bündnis Zwangsräumung verhindern bei den Eigentümern anrief und sie darauf aufmerksam machen wollte, dass heute eine Zwangsräumung in einem ihrer Gebäude blockiert würde, wurde sie zunächst als Mietinteressentin wahrgenommen und ihr eine Besichtigung am selben Tag angeboten. Zwangsräumen und gleich zur Weitervermietung besichtigen lassen – zynischer gehts ja wohl nicht.

Einige Zeit war unklar, ob die Polizei versuchen wollte die Zwangsräumung mit Gewalt durchzusetzen. Dann tauchte aber der Leiter des Abschnitts 53, Richter, auf und erklärte die Gerichtsvollzieherin und der Anwalt der Eigentümer hätten sich darauf verständigt die Räumung abzublasen. Unter dem Jubel der Blockierer*innen wurde die freudige Nachricht per Megafon verkündet.

Wahrscheinlich hatte die Polizei der Gerichtsvollzieherin und den Eigentümern klargemacht, dass eine Räumung gegen 150 Leute vor Ort nicht so einfach durchzusetzen wäre. Zudem wurde bereits 2015  im Wrangelkiez eine Zwangsräumung durch eine Blockade verhindert. “Is ja geil, schon wieder eine Zwangsräumung im Wrangelkiez verhindert”, so C., eine langjährige Anwohnerin im Wrangelkiez, sichtlich erfreut darüber, dass ihr Kiez noch Widerstandspotenzial hat.

Danach löste sich die Blockade langsam auf. Vielleicht zu langsam, weil die Polizei, als schlechter Verlierer, noch einige Leute wegen absurder Vorwürfe in Gewahrsam nahm. Aber auch hier gilt wie bei Zwangsräumungen blockieren, keine_r bleibt allein! Wenn ihr Ärger mit der Polizei hattet, meldet euch unter zwangsraeumungverhindern@riseup.net und wir unterstützen euch.

Presse
Berliner Zeitung: Demonstranten verhindern Zwangsräumung in der Skalitzer Straße
Neues Deutschland: Zwangsräumung in Berlin-Kreuzberg verhindert
Taz: Wie aus dem Protest-Bilderbuch

Stand 2.12.2016

Neuer Räumungstermin am 20.12 // 7:00 // Skalitzerstraße 64

Um die Räumung abzuwenden wurde folgender Brief an den Eigentümer geschickt, verbundenmit der Forderung, die Räumung zurückzunehmen!

Düsseldorfer & Berliner Grundvermögen GmbH 
Berliner Allee 32
40212 Düsseldorf

Berlin, den 30.11.2016

Betreff: drohende Zwangsräumung des Mieters T. , Skalitzerstraße 64, 10997 Berlin

An die Düsseldorfer & Berliner Grundvermögen GmbH,

dem Bündnis Zwangsräumung Verhindern wurde bekannt, dass Sie dem Mieter T. das Mietverhältnis gekündigt und eine Zwangsräumung der Wohnung veranlasst haben.

T. wohnt seit über 31 Jahren in dieser Wohnung und ist fest im Wrangelkiez verankert. Der Mieter ist auf eine Übernahme der Mietkosten angewiesen. Für Beziehende von Alg II ist es heutzutage nahezu unmöglich eine vergleichbare Wohnung in diesem Teil der Stadt zu finden. Mittlerweile muss weit über vertraute Bezirksgrenzen hinaus gesucht werden, um eine Wohnung zu finden, die für Menschen mit niedrigem Einkommen als angemessen erachtet wird. Oftmals findet sich überhaupt keine.

Er fühlt sich in der Wohnung und seinem Kiez wohl und die meisten seiner Freundinnen und Freunde leben im näheren Wohnumfeld. Nach 31 Jahren aus der vertrauten Umgebung gerissen und mitten im Winter, kurz vor Weihnachten, auf die Straße gesetzt zu werden, ist ein schwer zu verkraftender Schock und würde für ihn womöglich die Obdachlosigkeit bedeuten. In einigen anderen europäischen Ländern wird sich zumindest ein wenig menschlicher gezeigt und von Zwangsräumungen im Winter abgesehen.

Der Mieter hat sich angeboten die Mietschulden zu übernehmen, um in der Wohnung bleiben zu können. Die Miete wurde über einen längeren Zeitraum irrtümlicherweise auf ein falsches Konto überwiesen. Es würde dem Mieter keine Probleme bereiten, die Beträge auf das richtige Konto zu überweisen.
Da Sie dieses Angebot scheinbar nicht annehmen möchten, entsteht beim Bündnis Zwangsräumung Verhindern der Eindruck, dass Sie die Wohnung zielgerichtet entmieten wollen, um sie anschließend zu einem höheren Preis weiter vermieten zu können.

Die erste Zwangsräumung konnte aufgrund solidarischen Handelns engagierter Nachbarinnen und Nachbarn verhindert werden. Von diesem Räumungstermin hat der Mieter vier Tage vorher zufällig erfahren müssen.
Der Verdrängung finanziell schlechter aufgestellter Mieter*innen in die Obdachlosigkeit können wir vom Bündnis Zwangsräumung Verhindern nicht tatenlos zusehen. Daher fordern wir sie auf, die Kündigung bis zum Dienstag, 05.12.2016, zurückzunehmen!

Als Bündnis Zwangsräumung Verhindern sind wir der Meinung, dass jeder Mensch dauerhaft ein sicheres Dach über dem Kopf haben soll. Wohnen ist ein Menschenrecht, wird jedoch zunehmend wie jede andere Ware gehandelt, um Unternehmen wie dem Ihren möglichst hohe Profite zu bescheren.

Wir sehen uns gezwungen den Fall einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Sollten sie auf unsere Forderung nicht eingehen, werden wir uns ebenfalls dem angekündigten zweiten Räumungsversuch entgegenstellen.

Mit freundlichen Grüßen,
Bündnis Zwangsräumung Verhindern

Quelle: http://berlin.zwangsraeumungverhindern.org/