Gerne und regelmäßig
wird übersehen, dass es auch in der ersten Fußball
Bundesliga Probleme mit Rassismus, Antisemitismus und
Homophobie gibt. So verwundert es auch nicht, dass
gerade die Anhänger des BV Borussia Dortmund mit eben
diesen Auseinandersetzungen innerhalb der eigenen
Fanszene seit Jahren zu kämpfen haben.
Die Stadt am östlichen
Rand des Ruhrgebiets gehört zu den Hochburgen rechter
Gewalt in Deutschland. Auch wenn heute die
„Borussenfront“ um ihren Chef „SS-Siggi“ Borchardt
als wenig aktiv gilt, so ist sie noch immer aktiver
Dreh- und Angelpunkt für Hooligans und Neo-Nazis in
Dortmund – und das seit den 1980er Jahren. Die
Rekrutierung junger Menschen zieht sich durch die
Jahrzehnte. Seit ihrer endgültigen Gründung an
Karfreitag 1982 in der Kneipe „Grobschmied“ in der
Nordstadt Dortmunds, ging es immer um neonazistische
Politik, die rund um die BVB-Spiele gewalttätig
verbreitet wurde. Regelmäßig wurden Ausländer und
Gaststätten rund um den Borsigplatz angegriffen und
Flugblätter verteilt, die zum „Ausländer-Jagen“
aufriefen. Von NPD, FAP bis zu den freien
Kameradschaften, Autonome Nationalisten, „Die Rechte“
oder dem heute verbotenen Nationalen Widerstand
Dortmund (NWDO), wurde alles unterstützt, was den
rechtsradikalen Schlägern nützte. Im Stadion jedoch
traten diese Gruppen immer weniger öffentlich auf.
Erst als der Fokus wieder vermehrt auf „Kampf um die
Straße – Kampf um die Köpfe“ gelegt wurde, traten
diese niemals verschwundenen Geister wieder auf.
Dem Zeitgeist der
letzten Jahre folgend war es wieder okay, sich
rechtsextrem zu äußern. In und um Dortmund wurde
dafür das Klima schon längst geschaffen. Politik und
Polizei sind – wie so oft – auf dem rechten Auge
blind. Dass aber gerade dadurch solche Kräfte erst
gestärkt werden, wird geflissentlich übersehen.
Traurige Höhepunkte
waren die Ermordung des Punks „Schmuddel“ 2005 und
Mehmet Kuba??ks 2009 durch den NSU. Letzterer konnte
nur getötet werden, weil die Täter Ortskenntnisse
hatten. Die Tat wird wohl nie vollständig aufgeklärt
werden.
Innerhalb der Dortmunder Fanszene gab es jedoch – dem
Selbstverständnis der Ultras folgend – eine klare
Abgrenzung zu den Umtrieben der Nazis, dafür steht
z.B. der Fan-Club „The Unity“.
Der Verein selbst
trat erst Anfang 2013 den Rechten so richtig
entgegen. Als zwei Fanbeauftragte des BVB-Fanprojekts
Anfang 2013 beim Champions League Auswärtsspiel in
Donezk von den eigenen Fans brutal angegriffen
wurden, griffen die Offiziellen durch und belegten
die Täter mit Stadionverboten und zeigten sie an.
Dass dieser Schritt sehr spät kam sollte sich noch
zeigen. Gewaltbereite Anhänger zogen sich immer mehr
aus verschiedenen Ultra-Gruppen (u. a. Desperados,
Junge Borussen) zurück, um dann als Hooligan-Crew
„0231 Riot“ wiederzukehren und auch unter den eigenen
Fans Angst und Schrecken zu verbreiten. Diese, sich
nach außen unpolitisch gebende Gruppierung agiert wie
ein SA-Trupp. Durch Einschüchterung und Anwendung
roher Gewalt gegenüber Andersdenkenden und
Schwächeren entlarven sie sich von selbst als
faschistischer Mob. Zurzeit schätzt man diese Gruppe
auf ca. 60 Personen ein. Sie besteht aus
ausgebildeten Mixed-Martial-Arts Kämpfern, Türstehern
und teilweise fußballfremden Schlägern. Durch einen
gezielten Überfall auf die „Borussenfront“ wurde klar
festgemacht, wer ab jetzt das Gewaltmonopol auf der
Südtribüne innehaben sollte. Seit dem tritt „0231
Riot“ offen mit Zaunfahne auf, singt antisemitische
Lieder, zeigt den Hitler-Gruß, zwingt umstehende
Personen, ihre Spruchbänder hochzuhalten und Fans,
ihre „Refugees Welcome“ Shirts auszuziehen oder
antirassistische Banner nicht zu zeigen. Der normale
Fan und Ultra ist sich seiner körperlichen
Unterlegenheit gegenüber den durchtrainierten und
skrupellosen Riot-Schlägern bewusst und kann dem
nichts entgegensetzen. Es bleibt zu hoffen, dass sich
die gelb-schwarzen Fans gemeinsam und erfolgreich
diesen Umständen stellen.
Das geht nur dann,
wenn auch Politik und Verein endlich die Schläger von
„0231 Riot“ als das erkennen, was sie sind:
Kriminelle Nazis.
Editorische Hinweise
Der Artikel erschien am 2.12.2016 in
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