trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym

Beschimpfungen – Telefonate - Intrigen - Was ist los in Kosova

12-2012

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Nach dem völlig legitimen Freispruch von Ramush Haradinaj in Den Haag nehmen die Turbulenzen in Kosova zu. Die Zeitung „Express“ schreibt von einer neuen Regierungskoalition zwischen der PDK von Hashim Thaci und der AAK von Haradinaj . Vorläufig dementiert Haradinaj diese Meldung noch. Gleichzeitig versichert er Hashim Thaci, „ die Gespräche mit Serbien zu unterstützen“. Bekannt ist auch, dass die AAK den schnellen Privatisierungsprozess in Kosova unterstützen wird. Die EU Botschafter und die US Botschafterin in Kosova sind zufrieden. Auf der vorgegebenen Agenda steht die Privatisierung der PTK ( Post und Telekommunikation), die Privatisierung der KEK ( Stromerzeuger) , sowie die Privatisierung des Rohstoffgiganten Trepca. Der komplette Privatisierungsprozess soll nach dem Beispiel Ferronikel und der Elektroverteilstation der KEK erfolgen. Im Jahr 2006 wurde das moderne Unternehmen Ferronikel in Drenas für lächerliche 33 Millionen Euro privatisiert. Die Firma Alferon wies zum Teil Profite nach Steuern für Ferronikel, von 150 Millionen Euro pro Jahr aus. Allein im Bereich Istok investierte die KEK in den letzten Jahren 26 Millionen Euro in das Elektroverteilnetz. Kürzlich wurde die Gesamte Elektroverteilung für Kosova für exakt 26 Millionen Euro an ein türkisches Unternehmen verschenkt.Bis dato kostete die Privatisierung in Kosova 76.000 Arbeitsplätze. Für die entlassenen Arbeiter gab es meist keinerlei Entschädigung und es existiert in Kosova keinerlei Arbeitslosen und Krankenversicherung. Die Faustregel bei jeder Privatisierung ist, dass rund 50% der Arbeitsplätze verloren gehen. Bis dato wurden in Kosova 400 Betriebe privatisiert in mehr als 300 Betrieben ist es den Arbeitern verboten sich gewerkschaftlich zu organisieren. Die Illegalisierung gewerkschaftlicher Betätigung wird mit Druck und Notfalls mit Gewalt durchgesetzt. Ein Kündigungsschutz existiert faktisch nicht. All dies kümmert die EU- Rechtsstaatsmission mit ihren 2000 Mitarbeitern einen feuchten Kehricht. An dem Privatisierungsprozess profitierten bis dato die korrupte politische Mafia in Kosova und natürlich die privaten Investoren. Alle politischen Parteien mit Ausnahme von VV ( Bewegung für Selbstbestimmung) sind keine Parteien im herkömmlichen Sinn des Wortes, sondern geschäftliche Unternehmen. Die Geschäfte und Machenschaften der PDK sichert der Geheimdienst SHIK unter der Leitung von Kadri Veseli ab. Gegenwärtig drängen immer mehr SHIK Leute auf Abgeordnetensitze und in Regierungsämter. Kadri Veseli selbst will nach eigenem Bekunden innerhalb der PDK eine stärkere offizielle Rolle spielen. In einigen Interviews sprach er sich für mehr „ deutsche Investitionen“ in Kosova aus. Dies dürfte Thyssen- Krupp erfreuen. Thyssen- Krupp bekundet starkes Interesse an dem Mineralreichtum von Trepca. In der Tat, nach Marx wiederholt sich die Geschichte „ einmal als Tragödie das andere mal als Farce“. Bereits zwischen 1941 und 1944 beutete Thyssen- Krupp Trepca für das faschistische Hitlerdeutschland aus. Gegen die aktuelle Entwicklung entfaltet sich in Kosova zunehmend Widerstand. Aus diesem Grund ist die Einbeziehung des Kriegshelden Haradinaj, in die Handlungen der Regierung wichtig. Haradinaj wird von den „ Internationalen“ sehr geschätzt, er soll der Privatisierung und den Verhandlungen mit Serbien neue Legitimität verleihen.

Gespräche mit Serbien

Serbien erkennt Kosova nicht als völkerrechtliches Subjekt an. Serbien unterhält allein im Norden Kosovas 1000 getarnte Polizisten und Geheimdienstleute. welche direkt von Belgrad befehligt und bezahlt werden. Dies berichtete kürzlich die Zeitung „ Koha Ditore“ unter Angabe der Namen und des Ranges bestimmter Personen. Dem Bericht wurde nirgendwo widersprochen. Belgrad will den Norden auf ethnischer Grundlage von Kosova trennen. Ansonsten mittels des Ahtisaari Planes, Kosova ethnisch kontrollieren. An der Spitze des serbischen Staates stehen nicht nur einfache bürgerliche Politiker, sondern Mörder und Faschisten. Der serbische Präsident Nikolic kommt aus der mörderischen Tschetnik Bewegung und der jetzige Regierungschef Dacic war einer der engsten Vertrauensleute des Schlächters Milosevic. Mit diesen Leuten gibt es nichts zu verhandeln. Dennoch besteht die EU auf Verhandlungen. Der EU geht es um den Wirtschaftsstandort Serbien und dessen geostrategischer Lage. Für den italienischen Autokonzern Fiat entwickelt sich Serbien zum bevorzugten Produktionsstandort. Auch viele deutsche Investoren strömen nach Belgrad. Die dortige Regierung bestehend aus Mördern und Faschisten, setzt zulasten der breiten serbischen Massen soziale Grausamkeiten um. Für die EU geht es nur um ökonomische und geostrategische Interessen. Die Interessen Kosovas oder gar das Recht auf Selbstbestimmung zählen nicht. Thaci soll mit der Unterstützung von Haradinaj und dem starken Mann, dem kosovarischen Tschekisten Veseli verhandeln.

Mafia Telefonate

Vorgestern tauchten auf YouTube Telefongespräche zwischen Ministerpräsident Hashim Thaci, Kadri Veseli, Adem Grabovci und Sami Lushtaku auf. Die Gespräche bewegten sich verbal auf unterstem Niveau. Der Fraktionsvorsitzende der PDK, Adem Grabovci informierte den SHIK Boss Veseli, über seine Gespräche mit der EU in Brüssel. Parlamentspräsident Jakup Krasniqi wurde als "Jakupovski apostrophiert. Demzufolge als „ Russe und Bolschewik“ diffamiert. Sami Lushtaku nannte Krasniqi einen „Hund“ . In der Tat, innerhalb der PDK finden gegenwärtig Wahlen statt und Parlamentspräsident Krasniqi ist einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden. In der letzten Zeit sprach sich Krasniqi gegen Teile des Privatisierungsprozesses aus. Im Oktober erklärte er im Parlament „ dieses Parlament verfügt über keinerlei Legitimität , da mindestens zehn Abgeordnete durch Wahlfälschungen im Parlament sitzen“ Die Ausführungen von Krasniqi wurden als Sensation gewertet. Krasniqi ist ein gewiefter Politiker mit viel Ansehen an der Basis der PDK. Krasniqi weiß, dass die PDK viele arme und einfache Leute als Mitglieder hat. Um sie nicht VV zu überlassen geht er nun selbst in Opposition. Getreu dem Motto des verstorbenen deutschen rechtskonservativen Politikers Strauß. Dieser formulierte einst : „ Wir müssen uns auch die Opposition selber machen.“ Allerdings tobt in der PDK ein gnadenloser Machtkampf. Jakub Krasniqi hat sich vor den innerparteilichen Wahlen mit der populären aber korrupten Figur Fatmir Limaj verbunden. Flugs war die EULEX zur Stelle. Letzte Woche wurde Limaj verhaftet. Nicht wegen Korruption, sondern wegen angeblicher Kriegsverbrechen. Wegen letzterem wurde Limaj bereits zweimal freigesprochen. Das wird auch ein drittes Mal der Fall sein, aber Limaj sitzt 30 Tage im Gefängnis. Damit ist der „ unsichere Kantonist“ Krasniqi mit Hilfe der EULEX entscheidend geschwächt. Die anderen Herren aus der PDK beraten am Telefon eindringlich wie Sie Parlamentspräsident Krasniqi loswerden können. Das Ganze kann ihnen aber auf die Füße fallen. Krasniqi hat Ansehen in der Bevölkerung. Er ist im Gegensatz zu Lushtaku und anderen ein kultivierter erfahrener Fuchs. Eine Spaltung der PDK, weitere Zerwürfnisse innerhalb der Mafia, können unter Umständen einer wirklichen Opposition nützen.

Editorische Hinweise

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