Betrieb und Gewerkschaft

Proteste gegen Arbeitsplatzvernichtung bei Bayer

 von RF-News

12/10

trend
onlinezeitung

25.11.10 - Mit einer Rote-Karten-Aktion haben rund 1.700 Beschäftigte des Bayer-Konzerns am Mittwoch Morgen auf der Betriebsversammlung in Leverkusen gegen die geplante Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen protestiert. In einer Konferenzschaltung waren acht Standorte angeschlossen. Überall sahen sich der neue Vorstandschef Dekkers und der Gesamtbetriebsrat (GBR), der die Pläne des Vorstands mitträgt, mit ähnlichen Protesten konfrontiert.

In Frankfurt/Main demonstrierten Beschäftigte gegen die Konzernpläne. Die Beschäftigten von Schering, die in Berlin zugeschaltet waren, buhten Dekkers mehrmals aus. In Bergkamen bezeichnete ein Kollege Dekkers als Lügner, weil dieser behauptete, ihm gehe es nicht um die Erhöhung des Aktienwertes von Bayer. Andere Kollegen deckten auf, dass Bayer den Nulltarif 2010 und einen "freiwilligen" Lohnverzicht von 10 Prozent genutzt hat, um aus der Krise zu kommen, dafür jetzt aber den Kollegen den Stuhl vor die Tür setzen will. 

Die Arbeitsintensität wurde schon in den letzten Monaten enorm verschärft. Kollegen in Leverkusen erklärten: "Wir arbeiten schon am Limit. Ein weiterer Abbau geht einfach nicht." Auch die Zahl der Erkrankungen nimmt immer weiter zu: "Wie man die Arbeit mit noch weniger Personal schaffen soll, das ist mir ein Rätsel."

Der Bayer-Vorstand will weltweit bis 2012 rund 4.500 Stellen von insgesamt ca. 108.700 streichen, davon 1.700 in Deutschland und über 2.000 in den USA. Und das, obwohl Bayer trotz der Krise seit 2009 seinen Profit verdreifacht hat. 800 Millionen Euro sollen nun "gespart" werden, damit der Konzern sein Geschäft in den wachstumsstarken Staaten Asiens und Lateinamerikas ausdehnen kann. 2.500 Arbeitsplätze sollen dort neu entstehen. 

Hintergrund der Konzernpläne ist die sich verschärfende Konkurrenz in einer Phase der Depression (d.h. anhaltender stockender Absätze) der Weltwirtschaft. Der Stellenabbau bei Bayer sei notwendig, erklärte Dekkers, weil das Wachstum "unter dem Durchschnitt der Konkurrenz" geblieben sei. Vorstand und GBR rechtfertigten die Pläne in einer gemeinsamen Erklärung so: "Mit der Senkung von Kosten und Anpassung von Strukturen sollen die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, mit denen Bayer die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig verbessert."

Das "Sparpaket" auf dem Rücken der Beschäftigten ist also Bestandteil eines verbissenen Kampfes, wer als Sieger bei der internationalen Neuordnung der Chemieindustrie während der Krise hervorgeht. Und das ist nicht nur in der Chemie-Industrie der Fall. Ähnliche Pläne werden in den Zentralen der Großkonzerne aller Branchen geschmiedet.

Vorstand und GBR erklärten, sie würden die zu erwartenden "Personalanpassungen sozialverträglich gestalten". Da im Rahmen des bestehenden "Beschäftigungssicherungvertrages" so genannte betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2012 ausgeschlossen sind, bedeutet das, dass vor allem Zeitarbeiter, für die dieser Vertrag nicht gilt, gekündigt werden. Allein in Bergkamen und Berlin gibt es rund 550 Befristete bzw. sogenannte Fremdbeschäftigte, die davon betroffen sind.

Gegen diese Spaltungsversuche erklärte in Berlin ein Kollege: "Wir haben Kollegen, die sind seit mehr als drei Jahren in unserem Leiharbeiter-Pool. Die gehören einfach dazu." Außerdem soll der Stellenabbau über Fluktuation, d.h. durch Nicht-Ersetzen ausscheidender Kollegen und über Aufhebungsverträge für Ältere erfolgen. Das trifft vor allem die Auszubildenden, die dann in entsprechend geringerer Zahl übernommen werden und wird den Arbeitsdruck steigern.

Wieder einmal zeigt sich, dass solch eine "Beschäftigungssicherung" das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht. In Bergkamen forderte ein Redner zu Recht, dass alle befristet eingestellten Kollegen unbefristet übernommen werden müssen. Er schlug vor, auf keinen Arbeits- und Ausbildungsplatz zu verzichten, sondern gemeinsam und standortübergreifend Proteste zu organisieren.

Editorische Anmerkungen

Wir spiegelten den Bericht von der Nachrichten-Website der Roten Fahne (MLPD)