Dänemark: Wahl zum Folketing
Einheitsliste gerade eben weiter im Parlament vertreten


von
Thomas Eisler

12/07

trend
onlinezeitung

Bei den landesweiten Wahlen vom 13. November musste die „Einheitsliste – die Rot-Grünen“[1] darum kämpfen, dass sie ihre parlamentarische Vertretung behalten konnte. Mit einem Ergebnis von 2,17 % der Stimmen hat sie die 2 %-Hürde nur so gerade eben übersprungen. Das ist das schlechteste Ergebnis für die „Enhedslisten“, seitdem sie 1994 in das Parlament eingezogen ist. Darin drückt sich ein massiver Rückgang der Stimmenzahlen im Vergleich zu der letzten landesweiten Wahl vom Februar 2005 aus, bei der sie 3,4 % erhalten hatte.[2]

Bei den Umfragen war „Enhedslisten“ vor allem nach der Nominierung von Asmaa Abdol-Hamid im Mai 2007 zur Kandidatin abgefallen. Das entspricht auch der Erfahrung, dass von einer ganzen Reihe von früheren WählerInnen zu hören war, sie würden wegen dieser Kandidatin nicht wieder „Enhedslisten“ wählen. Die Konferenz im Mai traf eine Entscheidung, nach der sie in das Parlament eingezogen wären, wenn „Enhedslisten“ wieder sechs Sitze bekommen hätte.

Asmaa Abdol-Hamid ist eine junge Muslimin, die einen Hijab trägt und Männern nicht die Hand gibt. Ihre Religion und die Art und Weise, wie sie sich dazu äußert, hat Zweifel über die Positionen von „Enhedslisten“ zur Religion und Freiheiten aufkommen lassen.

Politisches Mobbing durch Fotomontage(*)

”Eine Stimme für Asmaa, ist eine Stimme für Al-Qaeda”

Hierzu haben die Massenmedien nicht wenig beigetreten. Die Berichterstattung über „Enhedslisten“ ist in den Medien noch nie so groß gewesen wie in den letzten sechs Monaten, aber es ging stets um Asmaa, und ob sie wirklich gegen die Todesstrafe und religiösen Fundamentalismus ist. Die „Enhedslisten“ hat es nicht geschafft, ihre Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen.

Asmaas’ Kandidatur ist allerdings nicht der einzige Grund für die Stimmenverluste von „Enhedslisten“. Die linksreformistische Sozialistische Volkspartei (SF) war die große Wahlgewinnerin und konnte ihren Stimmenanteil von 6 % auf 13 % mehr als verdoppeln. Der neue Vorsitzende Villy Søvndal erschien als viel klarer und dynamischer, als es der frühere Vorsitzende Holger K. Nielsen bei der Wahl 2005 gewesen war. Es ist aber auch ein Ausdruck der Radikalisierung auf der Grundlage der Verteidigung des Sozialstaats in den letzten anderthalb Jahren.[3] Und „Enhedslisten“ hatte keine Kandidatin oder einen Kandidaten mit dem gleichen persönlichen „Appeal“ auf Massenebene, wie es 2005 bei Pernille Rosenkrantz-Theil der Fall gewesen ist.

18.11.2007

Wahlergebnisse

Parteien                                                                  Prozentanteile                 Mandate

Venstre (V) (Liberale)                                             26,2 (29,0)                          46 (52)

Socialdemocratiet (SP)                                           25,5 (25,8)                          45 (47)

Dansk Folkeparti (DF)                                            13,9 (13,3)                          25 (24)

Socialistisk Folkeparti (SF)                                      13,0 (6,0)                             23 (11)

Det Konservative Folkeparti (KF)                               10,4 (10,3)                          18 (18)

Det Radikale Venstre (RV) (Sozialliberale)                   5,1 (9,2)                            9 (17)

Ny Alliance (NA)                                                         2,8 (–)                              5 (–)

Enhedslisten – de rød-grønne (E)                               2,2 (3,4)                              4 (6)

Kristen Demokraterne (KD)                                       0,9 (1,7)                              – (–)

Angaben in Klammern: Ergebnisse der Wahl vom 8. Februar 2005

Nicht enthalten sind die je zwei Mandate für Grönland und die Faröer.


Anmerkungen

[1] Auf Dänisch: „Enhedslisten – de rød-grønne“; in ihren englischsprachigen Veröffentlichungen nennt sie sich selber „Red-Green Alliance“.
Die überwiegende Mehrheit der Kräfte der antikapitalistischen Linken in Dänemark befindet sich in „Enhedslisten“, die etwa 4500 Mitglieder hat.
Sie versteht sich als demokratische sozialistische Partei. Sie entstand 1989 als Bündnis von drei Organisationen links von der Sozialdemokratie und der Sozialistischen Volkspartei, nämlich den Linkssozialisten (VS), der Dänischen Kommunistischen Partei (DKP) und der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP, der dänischen Sektion der IV. Internationale).
Sie tritt zu nationalen and Kommunalwahlen an. Bei den Wahlen vom 8. Februar 2005 erhielt sie 114 123 Stimmen (3,4%) und 6 Sitze im Folketing; bei der Wahl im November sank die Stimmenzahl auf 74.674. Bei den Gemeinde- und Regionalwahlen vom 15. November 2005 wurden Mitglieder von „Enhedslisten“ in 14 Städten in Gemeinderäte gewählt, darunter 6 ihrer Mitglieder in ihrer Hochburg Kopenhagen. Hier stellt sie einen der sieben Bürgermeister (mit dem Ressort Sozialwesen). Die Partei ist in vier der fünf neu eingerichteten Regionalräte vertreten.
(Angaben nach http://enhedslisten.dk/Red-Green-Alliance; http://da.wikipedia.org/wiki/Enhedslisten_-_de_rød-grønne )

[2] Siehe Aage Skovrind, „Red Green Alliance Wins 6 Deputies in General Election“, http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article533 .

[3] Siehe beispielsweise den Bericht von Aage Skovrind über die großen Demonstrationen vom 17. Mai 2007 auf der Internet-Seite von Enhedslisten: http://enhedslisten.dk/huge-demonstration-against-government-welfare-cuts (ebenfalls auf: http://www.internationalviewpoint.org/spip.php?article1054 ).

Editorische Anmerkungen

Aus dem Englischen übersetzt, bearbeitet und mit Anmerkungen von Friedrich Dorn. Foto mit Ergänzungen von uns - red. trend.

Quelle: Thomas Eisler: "Red Green Alliance maintains parliamentary representation by narrow margin",  Mailing list of the FI Euro PB, 18.11.2007

Thomas Eisler ist Vorstandsmitglied der dänischen Rot Grünen Einheitsliste.

*) Politisches Mobbing durch Fotomontage, verbreitet im Internet z.B. bei http://www.pi-news.net Auch die Jungle World lag mit ihrer Berichterstattung auf der gleichen Wellenlänge - nur eben als Lightversion.