Bestimmte
(Ex-)Linke hatten in den letzten Jahren eine Tendenz dazu, alles
zu begrüben,
was nach Kritik am (tatsächlich kritikwürdigen) politischen
Islam und/oder an « dem » Islam überhaupt aussah. Dabei kennen
Einige von ihnen kein Halten mehr, was eine Annäherung an
offenkundig rechte Strömungen in der Mehrheitsgesellschaft
betrifft.
Nun üben beispielsweise europäische Rassisten, oder
zumindest ein Teil von ihnen (während ein anderer Flügel eine
Reislamisierung hingegen ausdrücklich begrübt,
weil diese nämlich eine « getrennte Entwicklung der Kulturen »
erleichtere), selbst eine « Kritik am Islam », in der Absicht,
ihren Rassismus dadurch zu tarnen. Manchmal passiert dies auf
plumpe Art, wenn etwa Gerhard Frey (der auch unter Ex-Linken der
Sorte « antideutsch-neokonservativ » eher Naserümpfen hervor
rufen würde) in einem Interview der Regenbogenzeitschraft BUNTE
auf die Frage, was er gegen türkische Einwanderer habe,
antwortet : « Bei den Türken ist die Frau nicht
gleichberechtigt. » Andere tun es auf subtilere Art und Weise,
wie etwa der (2002 getötete) Niederländer Pim Fortuyn, der eine
offen rassistische Anti-Einwanderungs-Programmatik mit der
Forderung nach Bewahrung liberaler Elemente der niederländischen
Gesellschaft verbinden konnte. Das Ganze hielt bei ihm durch die
Behauptung, die liberale Festung Europa müsse vor dem
rückständigen Islam geschützt werden, zusammen. Gleichzeitig war
sein Rassismus offenkundig, wenn er etwa, völlig unahängig von
der Frage der Religion, marokkanische Einwanderer pauschal als
Diebe bezichtigte.
« Liberale Einwanderungspolitik » ?
Neben offenkundig rassistischen Gestalten wie Oriana
Fallaci mit ihre berüchtigten Streit- und Hetzschrift « Die Wut
und der Stolz » (2001/02) haben diese ehemaligen Linken aber
auch unverdächtiger wirkende Idole für sich entdeckt. Dazu
gehört die (in diesem Jahr zunächst durch die rassistische
Ministerin
Rita Verdonk ausgebürgerte, bevor diese Entscheidung
zurückgenommen worden ist) Niederländerin somalischer Herkunft,
Ayaan Hirsi Ali. Unter « antideutsch-neokonservativen » Linken
erfreute diese sich höchster Beliebtheit, da sie eine scheinbar
jeglichen Rassismus unverdächtige Bezugsperson abgab. In einem
Beitrag für die « Jungle World » wurde gar behauptet, sie
stehe für eine « liberale Einwanderungspolitik » ganz genauso
wie für eine scharfe Kritik am Islam. Ein Blick auf die Realität
belehrt allerdings eines Schlechteren, wie im Folgenden
aufzuzeigen ist.
Nun
ist unstreitig, dass Hirsi Ali – wie zahllose andere Frauen – in
ihrem Herkunftsland Somalia selbst leidvolle Erfahrungen mit
patriarchalischen Familienstrukturen (die über den Islam, aber
auch über die Tradition legitimiert werden) machen musste.
Insofern muss ihr realer Erfahrungshintergrund berücksichtigt
werden, wenn sie etwa ihre Kritik an Einwanderergruppen und
deren islamischer Prägung vorbringt.
Aber seitdem Hirsi Ali jetzt Klartext zu Fragen der
Einwanderungspolitik wie zu anderen gesellschaftlichen
Streitfragen spricht, nimmt das Bild von ihr auch andere,
unschöne Züge hat. Jedenfalls erweist sich die Behauptung, sie
stehe angeblich für eine « liberale Einwanderungspolitik », als
Legende. Jedenfalls sofern man unter « liberal » nicht das
versteht, was man im Französischen (wo politischer und
wirtschaftlicher Liberalismus strikt voneinander getrennt sind
und mit den Adjektiven « citoyen » und « libéral »
bezeichnet worden, und wo das Wörtchen « libéral » ausschlieblich
auf die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen bezogen ist)
unter diesem Begriff versteht. Nämlich die nackte Verfolgung von
Kapitalinteressen. Aber im Sinne des französischen Begriffs von
« libéral » war selbst Jean-Marie Le Pen zumindest in der
Vergangenheit, jedenfalls in den 1980er Jahren (bevor er der
Sozialdemagogie nach 1989 ein stärkeres Gewicht gab), ein
« Libéraler ».
In
der Tageszeitung <Die Welt> hat Hirsi Ali kürzlich
unmissverständlich Position bezogen. Und ihr Text wurde auch --
wie könnte es anders sein, -- auf der Homepagen jener deutschen
Ex-Linken dokumentiert, die mit fliegenden Fahnen in den
propagandistischen Feldzug für den Irakkrieg gezogen sind, und
deren « NGO » finanzielle Unterstützung von der US-Bundesagentur
US Aid erhalten hat. (Nämlich hier :
http://www.wadinet.de/news/iraq/newsarticle.php?id=2581)
Einwanderung nur für eine
Elite
In
diesem Artikel spricht Ayaan Hirsi Ali sich heute offen für eine
sehr selektive und den Bedürfnissen der « westlichen »
Wirtschaft angepasste Einwanderungspolitik aus. Wohl, weil sonst
zu viele Unnütze und/oder Böse kommen könnten ? Ihre Konzeption
kommt insbesondere in folgender Passage zum Ausdruck, wo sie
ausdrücklich ihre Wunschvorstellungen ausführt : « Im besten
Fall wird die EU eine Quotenregelung wie die in den USA
einführen, die auf wirtschaftlichen Gesichtspunkten basiert. Das
gegenwärtige System in Europa ist dazu gemacht, vor allem die
anzuziehen, die herzzerreißende Geschichten zu erzählen haben,
nicht jedoch jene, die sich der europäischen Gesellschaft
anpassen können und wollen. Das wird geändert. Die zweite
Dimension dieser Politik, dieser optimistischen Politik, ist ein
auf die Nachbarländer Europas und die gescheiterten Staaten
gerichteter Interventionsplan. Er wird Entwicklungshilfe,
Handel, diplomatischen Druck und, wenn nötig, ein militärisches
Eingreifen vorsehen. Das ist in Europa zurzeit tabu. »
Nun : « Herzzerreibende
Geschichten » hat Hirsi Ali selbst aufgetischt, als es für sie
persönlich darum ging, Asyl in den Niederlanden zu bekommen. Und
dabei hatte sie ordentlich gelogen, wie sich später
herausstellte und sie selbst zugegeben hat. Es sei ihr ja
durchaius gegönnt, dass sie damals aufgenommen worden ist. Aber
dann sollte die gute Frau, bitte schön, heute lieber ihre Klappe
halten -- und jedenfalls nicht noch andere Leute daran hindern
wollen, selbst nach Europa zu kommen. Aber ihrer Auffassung nach
ist anscheinend, heute, dieses Recht anscheinend nur für eine
Elite wie sie selbst reserviert.
Wirtschaftsliberaler Unfug
Am
selben Ort fügt die Autorin dann noch diesen neoliberalen Stuss
hinzu (dieselbe Quelle) : « Hoffentlich werden die Politiker der
EU, in Übereinstimmung mit den Gewerkschaften, den
Wohlfahrtsstaat reformieren; die Regulierungen, die zum Heuern
und Feuern beitragen, werden flexibilisiert, so dass es für
Migranten leichter wird, in den Arbeitsmarkt zu finden. Um der
Integration willen brauchen wir strukturelle Reformen, die harte
Arbeit belohnen und der Untätigkeit entgegentreten... »
Ja
klar, es ist wissenschaftlich so was von einwandfrei erwiesen,
dass zum Beispiel ein Abbau von Kündigungsschutz es Menschen
migrantischer Herkunft (und Andere) wirklich ungeheuer
erleichtert, reguläre Jobs zu finden. Vielen Dank auch für die
Belehrung...
Kein
Wunder also, dass die Frau beim American Enterprise Institut
rekrutiert worden ist, einem Think Tank, der für die Verbreitung
neoliberaler Ideologie zuständig, dessen Stern freilich aufgrund
der jüngeren Blamagen der Neocons ein bisschen gesunken ist.
Dort mag sie ruhig bleiben. Aber sich progressiv wähnende Kreise
sollten damit aufhören, sie als pseudo-fortschrittliche Ikone
auf dem Jahrmarkt der Idole anzupreisen.
Editorische Anmerkungen
Der Artikel wurde uns vom Autor am 2.12.2006
zur Verfügung gestellt.
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