Betrieb & Gewerkschaft
„Der Kampf geht weiter“
Auch nach dem Scheitern der Verhandlungen will die Samsung-Belegschaft weiter für den Erhalt des Werkes in Oberschöneweide kämpfen


von Peter Nowak
12/05

trend
onlinezeitung

Bei den Beschäftigten des Berliner Samsung-Werkes will auch kurz vor Weihnachten keine Festtagstimmung aufkommen. Statt Geschenke einzukaufen, malen sie Transparente, organisieren Demonstrationen und Mahnwachen. Die Zeit drängt. Zum Jahresende will der Samsung-Konzern das Bildröhrenwerk im Berliner Stadtteil Oberschöneweide schliessen. Rund 750 Arbeitsplätze in dem sowie schon von Erwerbslosigkeit stark betroffenen Ostberliner Stadtteil würden verloren gehen.

Lediglich die Arbeitsplätze der rund 50 Mitarbeiter aus den Bereichen Service, Vertrieb, Forschung und Entwicklung sollen nach Angaben eines Unternehmenssprechers am Standort Oberschöneweide erhalten bleiben. Es sei jedoch nicht mehr sinnvoll, die bereits stillgelegte Produktion der Bildröhren wieder aufzunehmen, bekräftigte er noch einmal die harte Haltung des Unternehmens. Der koreanische Konzern will die Produktion nach Osteuropa verlagern, wo die Löhne niedriger und gewerkschaftiche Strukturen kaum vorhanden sind. Von diesen Plänen liess sich die Konzernleitung weder durch die Aktionen der Belegschaft noch durch Versuche Berliner Politiker sämtlicher Parteien abbringen, den Standort Oberschöneweide in letzter Minute doch noch zu retten. Von den Christdemokraten bis zur Linkspartei reichte die Unterstützungsfront. Der Betriebsratsvorsitzende des Berliner Samsung-Werkes Wolfgang Kibbel sieht denn keinen Grund für  Politikerschelte.

„Die Unterstützung geht im Berliner Abgeordnetenhaus quer durch alle Fraktionen. Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) hat einen Brief an die Samsung-Zentrale geschrieben, er war auch einer der ersten, die für uns Partei ergriffen haben. Auch das Bundeswirtschaftsministerium hat sich an den Konzern gewandt.“

Fragen der Solidarität

Kritischer äussert er sich über die mangelnde Unterstützung von Kollegen der Samsung-Werke ausserhalb Berlins. „Unser Glaswerk in Tschernitz (Lausitz) hat sich lediglich mit einer Solidaritätsadresse beteiligt, die aber vom DGB organisiert wurde. Ansonsten haben sich die Kollegen nicht gemeldet, auch ihr Betriebsrat nicht,“ zeigte sich Kibbel in einem Interview enttäuscht. Allerdings kritisieren auch Unterstützergruppen in einem auf Labournet veröffentlichten Erklärung, die Kollegen in Oberschöneweide würden den Aspekt der internationalen Solidarität vernachlässigen. So hätten die Solidaritätsgruppen vergeblich auf eine Grussadresse für ein Festival gewartet, das koreanische Gewerkschafter und Studentengruppen am 29. Oktober 2005 in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul
als Solidarität mit dem Berliner Werk organisiert hatten. „Wir sind aber sehr interessiert an Kontakte zu Verantwortlichen in Korea, die Einfluss auf Samsung nehmen konnen“, hieß es aus Oberschöneweide.

Tatsächlich haben die Kollegen in den letzten Wochen der Konzernleitung vor allem ihre Nützlichkeit unter Beweis stellen wollen. So gehörte eine Werbeaktion für Samsung-Produkte aus Oberschöneweide zu den  Protestaktionen. Allerdings stiessen auch kämpferischere Vorschläge zumindest bei einem Teil der Belegschaft auf Zustimmung. Dazu gehörte die Anregung, der in Berlin zu findenden Samsung-Werbung mit eigenen Kreationen eine andere Note zu geben und so am teuer erkauften Image des Konzerns zu kratzen.

Wie weiter 2006?

Ob solche Ideen in Zukunft auch praktisch umgesetzt werden, wird sich zeigen. Die Entschlossenheit, den Kampf um den Erhalt des Werkes auch nach dem Scheitern von Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der IG-Metall fortzusetzen, ist gross. Der Kampf geht weiter“, steht auf einem Plakat, das die Betroffenen auf einer Demo zu den Berliner Weihnachtsmärkten in den letzten Tagen mit sich trugen. Die Belegschaft dokumentiert ihre Kampfentschlossnheit auch, um zumindest einen erträglichen Sozialplan auszuhandeln.

„Solange es keinen Sozialplan und keinen Interessensausgleich gibt, kann die Konzernleitung niemanden auf die Straße setzen“, betont Betriebsrat  Kibbel. In den letzen Tagen hat sich die Unterstützung anderer von Entlassung bedrohter Berliner Belegschaften verstärkt. So beteiligten sich an den Protesen der letzten Tage auch Arbeiter der JVC- Video
Manufacturing GmbH und dem Baumaschinenhersteller CNH. „Wir kämpfen gemeinsam“, hiess die Parole auf einen Transparent. Jetzt muss sich zeigen, ob diese Entschlossenheit im Jahr 2006 zu weiteren Aktionen in Berliner Betrieben führt.

Editorische Anmerkungen

Den Artikel
erhielten wir am 22.12. vom Autor zur Veröffentlichung.