Am Mittwochabend
(23.11.05) lud das Solidaritätskomitee
»Samsung muss bleiben« Politiker von SPD,
CDU und Linkspartei zur Podiumsdiskussion mit
anschließendem Konzert nach
Oberschöneweide.
Muss die Politik ohnmächtig
zuschauen, wenn Fabriken schließen und damit
über das Schicksal von Tausenden Menschen entscheidet,
lautete das Thema. Diese Frage wird im
Berliner Stadtteil Oberschöneweide zur Zeit viel
diskutiert. Hier will Samsung zum Jahresende sein
Bildröhrenwerk schließen und die
Produktion nach Ungarn verlagern. 750 der 800 Beschäftigte
sollen in die Arbeitslosigkeit entlassen
werden. Seit Wochen wehren sich die
Beschäftigen gegen die Pläne der koreanischen Firmenleitung und
erhalten mittlerweile auch über Berlin
hinaus Solidarität – etwa von der
Montagsdemonstration in Dresden.
Geht es nach den
Lippenbekenntnissen dieses Abends, haben die Arbeiter auch
die uneingeschränkte Unterstützung der Politik. Sowohl
der Vorsitzende der CDU-Fraktion im
Berliner Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, als auch sein
sozialdemokratischer Kollege Michael Müller und Gregor
Gysi, Chef der Bundestagsfraktion der
Linkspartei.PDS, beteuerten, sie stünden hinter den
Forderungen der Samsung-Arbeiter. Dafür gab es von den
etwa 300 Zuhörern Applaus – allerdings
unterschiedlich dosiert. Eher höflichen Beifall erhielt
Zimmer für seine Bekundung, man sei sich parteiübergreifend
einig, dass der Standort Oberschöneweide
erhalten bleiben müsse. Lauter wurde die Zustimmung
für die Bemerkung, es ginge nicht an, dass mit deutschen
Steuergeldern die Verlagerung von
Arbeitsplätzen finanziert würden.
Deutlich mehr Zustimmung erhielt
der Sozialdemokrat Müller für sein Lob auf
den Standort Berlin. Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)
und sein Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS)
würden um die Welt jetten, um Investoren
den Roten Teppich auszulegen. Auch die Gewerkschaften hätten
dies mit maßvoller Tarifpolitik unterstützt. Jetzt sei es
an den Unternehmen, ihren Anteil zur
Standortsicherung beizutragen. Auch Gregor
Gysi erhielt großen Applaus für sein Plädoyer, dass die
Politik Vorrang vor der Wirtschaft haben
müsse. Er brandmarkte die Heuchelei der Unternehmen,
die immer wieder einen Rückzug des Staates aus der
Wirtschaft fordern, wenn es um Abbau von
Sozialleistungen gehe, die aber bei staatlichen Subventionen
gar nicht schnell genug zugreifen könnten.
Gysi sprach sich indirekt auch
für einen Boykott von Samsung-Produkten aus,
wenn der Standort Berlin nicht erhalten werde. In dieser
Frage gab es den einzigen Dissens in der
Runde. So hält Zimmer nichts von Boykottdrohungen.
Der Vizepräsident der in
Oberschöneweide angesiedelten Fachhochschule für
Technik und Wirtschaft (FHTW), Professor Klaus Semlinger,
sprach den Arbeitern von Samsung
ebenfalls seine Solidarität aus. »Wer kämpft, kann
verlieren«, variierte er ein Brecht-Zitat. Dass
allerdings Nicolas Zimmer darauf
erwiderte, seine Partei kämpfe bis zum Schluss für den Erhalt
des Standorts, war für manchen Zuhörer
dann doch zu viel. »Wir kämpfen immer
noch selber«, sagte ein Samsung-Mitarbeiter.
Editorische Anmerkungen
Dieser Artikel
wurde uns vom Autor am
27. November 2005
zur Veröffentlichung
gegeben.
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