Der Tod von John Williams in der GU-ZASt Halberstadt

Infos von der "Arbeitsgruppe Ausreisezentrum"

12/04

trend

onlinezeitung
Arbeitsgruppe Ausreisezentrum
über Flüchtlingshilfe e.V.

Theaterstrasse 1
38 820 Halberstadt

Werte Redaktionen,

In diesem Frühjahr, am 4.April 04 , starb John Williams. Er wurde auf Grund der angeblich fehlenden Mitwirkungspflicht im März 2002 in die Gemeinschaftsunterkunft GU-ZASt eingewiesen.

Schon die Ausgangssituation ist mehr als bezeichnend. Herr Williams wurde auf Grund einer Aussage einer sudanesischen Behörde von einer deutschen Ausländerbehörde in die Gemeinschaftsunterkunft GU-ZASt Halberstadt (Ausreisezentrum) eingewiesen. Zusätzlich wurde er durch ein deutsches Gericht, auf Grund der Aussage der sudanesischen Botschaft, wegen Falschaussage, verurteilt. John Williams war Schwarzafrikaner. Für jeden der die Entwicklung im Sudan verfolgt hat, dürfte der Konflikt, den es zwischen der arabischen und schwarzafrikanischen Bevölkerung gibt, nicht entgangen sein. Das Verhalten des sudanesischen Staates wurde öffentlich in der UN diskutiert.

In Sachsen Anhalt gibt es offensichtlich kein Interesse, die näheren Umstände des Todes von John Williams aufzuklären. Bei einem bißchen guten Willen, wäre das aber relativ leicht möglich.

1. Auf einer Veranstaltung des Flüchtlingsrates am 25.08.04 verkündete Herr Demat, Leiter des Ordnungsamtes, Landkreis Halberstadt, das Herr Williams die medizinische Behandlung auf sehr drastische Weise, er hätte sich sämtliche medizinische Geräte vom Leibe gerissen und sich aus dem Krankenhaus entfernt, selber beendet hätte. Diese Aussage würde mit den Aussagen der Flüchtlinge aus der GU-ZASt Halberstadt zumindestens dahingehend übereinstimmen, das sie während des gesamten Jahres, 2003, bei John Williams eine zunehmende Hilfs- und Orientierungslosigkeit feststellten. Es geht hier nicht darum, einen Menschen wider Willen eine medizinische Behandlung aufzuzwingen. Ein besonderes Kennzeichen der GU-ZASt(Ausreisezentrum) bestehe darin, das dort eine "intensive-soziale Betreuung"stattfinden würde.(Innenminister) Die Frage ist also, welche konkreten Maßnahmen wurden in Bezug auf John Williams getroffen, um ihm in seiner Situation zu helfen? Wie konnte es geschehen, das er noch im Oktober 2003, in einem mit kommunalen Mitteln geförderten Verein, eine Strafarbeit ableisten musste.

2. Auch die Verantwortlichkeiten für den Umgang mit der Post von John Williams wären relativ leicht zu klären.

3. Solche Aussagen, das das zuständige Sozialamt des Landkreise Anhalt Zerbst ständig interveniert hätte, um eine kostenintensive Behandlung zu verhindern, wären ebenfalls relativ einfach zu klären.

Das die Behörden in Sachsen Anhalt keinerlei Interesse an der Aufklärung der Umstände haben, ist nachvollziehbar. Denn sie müssten sich daraus resultierend, mit den Zuständen in der GU-ZASt Halberstadt auseinandersetzen. Aber auch solche Einrichtungen, wie der "Runde Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit in Sachsen Anhalt" zeigen ein konsequentes Desinteresse. Schon am 26.08.04 verkündete deren Pressesprecher, Herr Becker, das er eine politische Dimension nicht erkennen könne, und das zu einem Zeitpunkt, wo er noch keinerlei Untersuchungen angestellt haben konnte.

Deshalb wenden wir uns an Sie, in der Hoffnung, das die näheren Umstände des Todes von John Williams, aufgeklärt werden.

mit freundlichen Grüßen
matthias kramer (03941 624716)

Adressen

Landkreis Anhalt- Zerbst zuständige Behörde für John Williams
Der Landrat
Fritz- Brand- Straße 16

39261 Zerbst
Frau Sanftenberg

Gemeinschaftsunterkunft GU-ZASt Halberstadt(Ausreisezentrum)
Friedrich- List- Straße 1 a,

38820 Halberstadt
03491 664-0

D
r. Breitschuh behandelnder Arzt in Halberstadt
Woort 5
38820 Halberstadt
Tel 03941 442890
Landkreis Halberstadt

Friedrich Ebertstr. 42
38820 Halberstadt
03941 577- 0

Herr Demat, Ordnungsamt
Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt
Postfach 35 63 39010 Magdeburg
poststelle@mi.lsa-net.de

einige Aussagen

Ich habe Herrn Williams unter dem 15.03.2004 angeschrieben. Das Schreiben kam zurück mit dem Vermerk "Privatpost". Ich beauftragte meine Sekretärin, in der Unterkunft anzurufen, um in Erfahrung zu bringen, ob Herr Williams nicht mehr in der Unterkunft untergebracht sei. Dies muß um den 24./25.03 2004 gewesen sein. Eine konkrete Auskunft wurde verweigert. Es solle in ein paar Wochen nochmals nachgefragt werden, und zwar schriftlich unter Vorlage einer Vollmacht. Dies, obwohl meine Bevollmächtigung seit April 2002 dort bekannt sein mußte wegen des eingeleiteten Widerspruchsverfahrens.

Schreiben RA Breuer 2.07.04

Am 15.03.04 schrieb sein Anwalt an ihn, um wieder Kontakt zu ihm  aufzunehmen. Die Post kam von der Posteingangsstelle der GU-ZAST geöffnet und mit dem Vermerk "Privatpost" versehen am 24.03.04 wieder bei dem Anwalt an. Gleichzeitig lag John William als komatöser Patient im Uniklinikum Halle-Dölau. Er hatte, wie es bei komatösen Patienten üblich ist, einen Vormund, der eigentlich seine gesamte Post hätte bekommen müssen.

Schreiben der Initiative zur Schließung des Ausreisezentrums Juli 04

Anfang Januar 2003 schickte mir Herr Williams das in der Anlage beigefügte Schreiben des Landkreises Anhalt- Zerbst, mit welchem der Vorstellung des Herrn Williams bei einem Facharzt nicht zugestimmt wurde, da ein Anfallsleiden nicht feststellbar sei und in seiner Vorgeschichte ein solche Leiden nicht bekannt sei.

Schreiben RA Breuer 2.07.04

Laut Berichten, wurde eine Einweisung von Herrn Williams ins Krankenhaus vom zuständigen Sozialamt abgelehnt. Dies ist umso glaubhafter, als dass das Sozialamt später versuchte, Herrn Williams von der Intensivstation des Krankenhauses Halle Dölau zu entfernen, was nur durch ärztlichen Widerstand verhindert werden konnte.

Schreiben der Initiative zur Schließung des Ausreisezentrums Juni 04

Gegen Herrn Williams wurde ein Strafverfahren eingeleitet, weil er als Nationalität Sudan angegeben hatte und somit eine mittelbare Falschbeurkundung begangen habe. Es erging gegen ihn ein Strafbefehl über 40 Tagessätze a 5,00 EURO Herr Williams hat diese Strafe durch gemeinnützige Arbeit im Zeitraum 20.08.- 14.10.2003 bei dem "Plansch" e. V. in Halberstadt abgeleistet.

Schreiben RA Breuer 2.07.04

Informationen zu der GU-ZASt Halberstadt
http://abschiebelagerhalberstadt.net.tf

Editorische Anmerkungen

Das Infomaterial wurde uns am 1.12.2004 von k_ramer@gmx.de zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. An die Email waren folgende Texte als Dateien angehängt:

 

Menschen aus der Gemeinschaftsunterkunft GU ZASt                                
Friedrich-List-Straße 1a
38820 Halberstadt
11.11.04 

 

Zum Tod von John Williams 

Im Frühjahr diese Jahres starb John Williams. Er wurde in Gemeinschaftsunterkunft ZASt eingewiesen, um durch eine „intensive soziale Betreuung“ zu erreichen, das Dokumente für seine Abschiebung beschafft werden können. Es hat eine Vielzahl von Aktivitäten gegeben, um die näheren Umstände des Todes von John Williams aufzuklären. Mit unserem heutigen Brief wollen wir noch einmal nachfragen, zu welchen Ergebnissen sie geführt haben. 

1.„Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. hat sich mit einem Schreiben an das Innenministerium und das Landesverwaltungsamt gewandt und die umfassende Klärung des Krankheitsverlaufes von Herrn John Williams und eine Überprüfung der diesbezüglichen Handlungen des Sozialbetreuers und der zuständigen Behörden gefordert. Bekräftigt wurde außerdem die Forderung nach sofortiger Schließung des Ausreiselagers in Halberstadt.“(Homepage) 

Hat es eine Antwort durch das Innenministerium, des Landesverwaltungsamtes als auch der Ärztekammer des Landes Sachsen/Anhalts gegeben? 

2. Der „Runden Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt"

wollte sich, laut Eigenaussage mit einem Brief an Herrn Hövelmann, Landrat von Anhalt-Zerbst und einen Brief an den Präsidenten des Landtages von Sachsen-Anhalt, Herrn Prof. Dr. Adolf Spotka, wenden.. 

Gab es von dem Landrat als auch dem Präsidenten des Landtages eine Antwort?

In seiner Sitzung vom 25.08.04 wollte der „Runde Tisch gegen Ausländerfeindlichkeit in Sachsen Anhalt“ sich nocheinmal zu John Williams beraten. 

Gibt es von dieser Beratung eine Erklärung? 

3. Das „Cafe International“ aus Halberstadt hatte sich mit einem Schreiben an alle Fraktionen des Landtages von Sachsen/Anhalts gewandt, mit der Bitte, auf parlamentarischen Weg, die Umstände des Todes von John Williams zu klären.

Reagiert hatte die Fraktion der PDS, des Landtages. Durch ihren innenpolitischen Sprecher, Matthias Gärtner, wurde im Innenausschusses der Tod von John Wiliams thematisiert und von der Landesregierung, darüber Aufklärung gefordert. 

Gab es weitere parlamentarische Initiativen durch die Fraktion der PDS, mit denen der Tod von John Williams aufgeklärt wurde? 

4. Im Landkreis Halberstadt gab es die Bitte an die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Halberstadt, Frau Dr. agr. Petra Steinert, uns bei der Aufklärung der Umstände des Todes von John Wiliams zu helfen.

Frau Dr. agr. Petra Steinert wollte sich mit ihrer Amtskollegin in Anhalt Zerbst in Verbindung setzen. 

Gibt es daraus resultierend neue Erkenntnisse? 

5. Der Landratsamt Halberstadt ist formal nicht zuständig für John Williams, aber zu einem befindet sich die Gemeinschaftsunterkunft-ZASt auf dem Territorium des Landkreises und zum anderen hat der Landrat die Einrichtung als Erfolg bewertet.

Aus diesem Grund hatten wir uns an die Fraktion der PDS des Kreistages des Landkreises Halberstadt gewandt, mit der Bitte zu klären, welche Verantwortlichkeiten es für den Tod von John Wiliams, auf der Ebene des Landkreises gibt. 

Gab es dazu parlamentarische Initiativen von der Fraktion der PDS des Kreistages des Landkreises Halberstadt? 

Wir wollen unsere Fragestellungen noch einmal zusammenstellen. 

1.      Wie konnte es geschehen, das trotz der „intensiven sozialen Betreuung“die lebensgefährliche Erkrankung von John Williams offensichtlich nicht erkannt wurde. Wurden alle notwendige medizinische Maßnahmen ergriffen, um das Leben von John Wiliams zu retten, und vor allem wurde die medizinische Versorgung rechtzeitig gewährt?

2.      Warum wurde der Tod von John Wiliams mindestens drei Monate lang verschwiegen?

3.      Wie ist der Umgang mit der Post, die für die Menschen, die in der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht wurden, bestimmt ist, geregelt, gilt auch für sie das Post-und Briefgeheimnis?

4.      Was geschah mit dem persönlichen Eigentum von John Wiliams? Wurde versucht sich mit Angehörigen von John Williams in Verbindung zu setzen?

5.      So makaber es auch sei, aber da die Menschen, die in die Gemeinschaftsunterkunft eingewiesen werden, offensichtlich dort bis zu ihrem Tod, also lebenslänglich, verbleiben sollen, wie ist der Umgang mit dem Tod generell geregelt und in welcher Form wurde John Williams beerdigt? 

Wir  möchte sie alle bitten, uns bei der Aufklärung der Umstände des Todes von John Williams zu helfen und uns die Ergebnisse ihrere Bemühungen mitzuteilen. 

Für ihre Unterstützung bedanken wir uns im Voraus 

Thibaut Antonie Lassarat
Toni Arch


Für die Menschen mit dem blauen Ausweis, aus der “GU ZASt” Halbertsadt
ausreisezentrumhbs@gmx.de 
Matthias Kramer      

Ralf Breuer
Rechtsanwalt
Bismarckstraße 202
52066 Aachen
Tel: 0241/538403
Fax: 0241/538695


Aachen,den 16.06.2004
Jwilliams1.39 An den
Landkreis Anhalt- Zerbst
Der Landrat
Fritz- Brand- Straße 16

39261 Zerbst

Betrifft: John Williams, Friedrich- List- Straße 1 a, 38820 Halberstadt
Ihr Zeichen: 33021100155 sa

Sehr geehrte Frau Sanftenberg,
Sehr geehrte Damen und Herren,

bekanntlich vertrete ich die Interessen des Herrn John Williams. Eine auf mich lautende Vollmacht liegt Ihnen vor.

Mir wurde mitgeteilt, daß mein Mandant zwischenzeitlich im Krankenhaus Halle stationär untergebracht werden mußte, letztmalig sogar in komatösem Zustand. Mein letztes Schreiben an meinen Mandanten vom 15.03.2004 kam postwendend zurück, und zwar von Ihnen. Zwischenzeitlich wurde mir auch mitgeteilt, daß mein Mandant nicht mehr in Ihrer Unterbringung untergebracht sei. Eine telefonische Anfrage seitens meines Büros blieb erfolglos. Auskünfte wurden verweigert. Ich bitte hiermit um umgehende Mitteilung, wohin Sie meinen Mandanten umverteilt haben bzw. um Mitteilung seiner derzeitigen Unterkunft.

Mit freundlicher Empfehlung


Rechtsanwalt

_________________

Ralf Breuer
Rechtsanwalt
Bismarckstraße 202
52066 Aachen
Tel: 0241/538403
Fax: 0241/538695


Aachen, den 16.06.2004
Jwilliams1.38
An das
Oberverwaltungsgericht
des Landes Sachsen- Anhalt
Schönebecker Straße 67 a

39104 Magdeburg

In dem Verfahren

Williams ./. Landkreis Anhalt- Zerbst
- 2 L 11/03 -

wird um Sachstandsmitteilung gebeten. Laut Mitteilungen von Mitbewohnern des Antragstellers soll sich dessen Gesundheitszustand in der doch so prädestinierten Unterkunft derart verschlechtert haben, daß dieser stationär im Krankenhaus in Halle untergebracht werden mußte, und zwar in komatösem Zustand.

Eine Entscheidung in der Sache ist daher dringlich.

Mit freundlicher Empfehlung

Rechtsanwalt

Ralf Breuer
Rechtsanwalt
Bismarckstraße 202
52066 Aachen
Tel: 0241/538403
Fax: 0241/538695


Aachen,den 02.07.2004
Jwilliams1.45An den
Info- Laden Halle
Ludwigstraße 37

06110 Halle

Betrifft: John Williams, Friedrich- List- Straße 1 a, 38820 Halberstadt

Sehr geehrte Damen und Herren,

bezugnehmend auf das Telefonat vom 30.06.2004 möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über das hier für Herrn Williams geführte Mandat geben:

Ich habe das Mandat am 11.04.2002 übernommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Williams in der BRD ein Asylverfahren bereits abgeschlossen, welches negativ geendet war. Er hatte vom Landkreis Anhalt- Zerbst unter dem 19.03.2002 einen Bescheid darüber erhalten, daß er seinen Wohnsitz in der der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerberhabe angegliederten Gemeinschaftsunterkunft (GU- ZAST) Halberstadt zu nehmen habe. Bis dahin wohnte Herr Williams unter der Adresse Mozartweg 14 in Coswig. Die Unterbringung in solchen Gemeinschaftsunter-künften wird unter Verweis auf § 56 Abs. 3 S. 2 AuslG als zulässig angesehen. Begründet wurde die Unterbringung damit, daß Herr Williams seinen Mitwirkungspflichten bezüglich der Beschaffung eines Paßersatzpapieres nicht nachkomme. Dies hatte den Hintergrund, daß Herr Williams behauptete, aus dem Sudan zu stammen. Im Rahmen einer Vorführung bei der sudanesischen Botschaft hatte diese sich jedoch geweigert, für Herrn Williams ein Paßersatzpapier auszustellen, da Herr Williams nicht aus dem Sudan stammen würde. Herr Williams blieb jedoch bei der Behauptung, aus dem Sudan zu stammen. Die Behörde führte insoweit aus: "Vor diesem Hintergrund ergibt sich nunmehr die Notwendigkeit intensiver zielgerichteter behördlicher Maßnahmen zur Beschaffung des für Ihre Ausreise erforderlichen Heimdokuments. Dafür bietet die landeseigene Einrichtung der GU- ZAST die notwendigen Voraussetzungen. Dies erfordert Ihre Verpflichtung, in der dortigen Unterkunft Wohnung zu nehmen, um für die künftigen Maßnahmen jederzeit
zur Verfügung zu stehen. Zur Verwirklichung dieses aufent-haltsrechtlichen Zwecks dient auch die auf den Bezirk der Ausländerbehörde Halberstadt bezogene räumliche Beschränkung der Duldung. Sie soll als flankierende Regelung die Durchsetzung und Beschleunigung der vorgesehenen Maßnahmen gewährleisten. Sie ist nicht unverhältnismäßig, da sie sich als geeignetes Instrumentarium erkennbar gegen Ihr mißbräuchliches Verhalten richtet. ... Denn die in der GU- ZAST durchzuführenden Maßnahmen zur Paßbeschaffung, die keinen weiteren Aufschub dulden, bedingen insbesondere den Einsatz entsprechender persönlicher und sächlicher Mittel, die nur vor Ort in quantitativer und qualitativer Ausgestaltung vorhanden sind."

Es kann somit festgestellt werden:

Das Aufrechterhalten seiner sudanesischen Nationalität wurde als missbräuchlich eingestuft. Durch die Unterbringung in Verbindung mit persönlichen und sächlichen Mitteln sollte Herr Williams dazu gebracht werden, seine "wahre" Identität preiszugeben. Seine Duldung wurde beschränkt auf den Bezirk der Ausländerbehörde Halberstadt. Herr Williams durfte sich somit nur noch in diesem Bereich bewegen. Verschärft wurde die Situation noch dadurch, daß Herr Williams keine Arbeitserlaubnis mehr erhielt, nicht einmal Taschengeld. Er erhielt vielmehr nur seine Unterkunft sowie Essensgutscheine für Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Damit wurde letztlich der Aufenthalt auf das Unterkunftsgelände beschränkt. Verstärkt wurde dies dadurch, daß die Duldung von Herrn Williams nur noch wöchentlich, teileweise nur für einen Tag verlängert wurde. Vorweg darf schon darauf hingewiesen werden, daß dies im Sommer 2003 noch dadurch verstärkt wurde, daß Herrn Williams die Duldung abgenommen wurde, er bei einer Polizeikontrolle außerhalb des Unterkunftsgeländes mit einer sofortigen Festnahme hätte rechnen müssen.
Gegen den Bescheid habe ich Widerspruch eingelegt mit der Begründung, daß es keinen Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht darstellt, wenn mein Mandant bei seiner Identität bleibt, darüber hinaus nicht erkennbar ist, wie die Identität meines Mandanten in der Unterkunft ermittelt werden soll. Als Reaktion darauf kam eine Ladung für Herrn Williams zu einem Sprachtest, der jedoch auch nicht zu einer anderen Nationalität von Herrn Williams führte. Das nehme ich jedenfalls an, da mir das Ergebnis zwar nicht mitgeteilt wurde, Herr Wiliams bis zu seinem Tod jedoch auch nicht abgeschoben wurde.
Zwischenzeitlich war ein Urteil des OVG Rheinland- Pfalz veröffentlicht worden, wonach eine Unterbringung in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft nur dann zulässig ist, wenn eine realistische Chance auf Beschaffung von Rückreisedo-kumenten bestehe. Zugleich wurde herausgestellt, daß die Beugung des Willens durch psychologische Maßnahmen rechtsstaatlich nicht vertretbar ist. Dieses Urteil führte ich mit in das Widerspruchsverfahren ein. Fast erwartungsgemäß wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2002 zurückgewiesen. Herr Williams befand sich nun schon geraume Zeit in der Unterkunft, ohne daß eine andere Identität ermittelt worden wäre. Der Widerspruchsbescheid wurde mit derselben Argumentationsweise begründet wie der Ursprungs-bescheid. Gegen diesen Bescheid erhob ich Klage vor dem Verwaltungsgericht Dessau. Diese wurde mit Urteil vom 29.10.2002 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Unterbringung in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft rechtmäßig sei. Durch eine solche Unterbringung solle das Verfahren zur Feststellung der Identität und Staatsan-gehörigkeit der bei der Beschaffung von Heimreisepapieren nicht mitwirkenden Ausländer verbessert werden. Hinzu komme, daß die Betroffenen durch das vorhandene Betreuungsoersonal der ZAST gründlicher und kontinuierlicher betreut werden könnten als bei einer zentralen Unterbringung in kommunalen Unterkünften. Zudem führe die Beschleunigung zu finanzieller Entlastung der Landkreise und kreisfreien Städte. Schließlich führe die Unterbringung zur Vermeidung von Abschiebehaft.
Gerade das letzte Argument erscheint gar nicht zu greifen, da Herr Williams keinerlei Veranlassung gegeben hatte, ihn in Abschiebehaft zu nehmen. Seine Einreise in die BRD galt aufgrund des geführten Asylverfahrens bis zu dessen Abschluß rückwirkend als legal. Auch hat Herr Williams keine Unternehmungen unternommen, unterzutauchen. Vielmehr hat er sowohl an der Botschaftsvorführung bei der sudanesischen wie auch der nigerianischen Botschaft teilgenommen.
Zum Zeitpunkt der Urteilsfällung befand sich Herr Wiliams zudem bereits nahezu 10 Monate in der Gemeinschafts-einrichtung. Wo da noch von Beschleunigung die Rede sein sollte, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses Urteil wurde von mir Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Herr Williams, aufgrund seiner Unter-bringung völlig mittellos, erhielt eine Gerichtskostenrechnung über 331,25 EURO von der Landeszentralkasse Dessau.

Anfang Januar 2003 schickte mir Herr Williams das in der Anlage beigefügte Schreiben des Landkreises Anhalt- Zerbst, mit
welchem der Vorstellung des Herrn Williams bei einem Facharzt nicht zugestimt wurde, da ein Anfallsleiden nicht feststellbar sei und in seiner Vorgeschichte ein solche Leiden nicht bekannt sei. Leider hat mir Herr Williams nie mitgeteilt, welche Symptome sich bei ihm zeigten. Aus den handschrift-lichen Bemerkungen, die wohl vom Arzt der Einrichtung stammen, ergab sich auch nur, daß er Probleme mit seinem linken Bein bei Belastung angegeben hatte. Ich nahm das Schreiben somit nur zum Anlaß, es mit in das Berufungsverfahren einzuführen, um zu verdeutlichen, wie "gut" die Betreuung in der Unterkunft ist.
Mit der Landeszentralkasse konnte ich wegen der Gerichtskosten eine Stundungsvereinbarung erziehlen.
Gegen Herrn Williams wurde ein Strafverfahren eingeleitet, weil er als Nationalitärt Sudan angegeben hatte und somit eine mittelbare Falschbeurkundung begangen habe. Es erging gegen ihn ein Strafbefehl über 40 Tagessätze a 5,00 EURO. Herr Williams hat diese Strafe durch gemeinützige Arbeit im Zeitraum 20.08.- 14.10.2003 bei dem "Plansch" e. V. in Halberstadt abgeleistet. Im April 2003 fand nochmals eine Botschaftsvorführung bei der nigerianischen Botschaft statt, und zwar erneut erfolglos. Das letzte Schreiben von Herrn Williams erhielt ich im November 2003. Er schickte mir die Bestätigung, daß sich die Geldstrafe nunmehr erledigt hatte und klagte darüber, daß man ihm immer noch keine neue Duldung ausgestellt hatte. Im März 2003 hatte das VG Trier erneut entsprechend dem Urteil des OVG Rheinland- Pfalz entschieden, daß eine Unterbringung in einer solchen Gemeinschafts-unterkunft sich nicht als Schikane oder strafähnliche Maßnahme darstellen dürfe und erst recht nicht auf eine unzulässige Beugung des Willens hinauslaufen dürfe. Auch dieses Urteil führte ich in das Berufungsverfahren ein.
Ich habe Herrn Williams unter dem 15.03.2004 angeschrieben. Das Schreiben kam zurück mit dem Vermerk "Privatpost". Ich beauftragte meine Sekretärin, in der Unterkunft anzurufen, um in Erfahrung zu bringen, ob Herr Williams nicht mehr in der Unterkunft untergebracht sei. Dies muß um den 24./25.03 2004 gewesen sein. Eine konkrete Auskunft wurde verweigert. Es solle in ein paar Wochen nochmals nachgefragt werden, und zwar schriftlich unter Vorlage einer Vollmacht. Dies, obwohl meine Bevollmächtigung seit April 2002 dort bekannt sein mußte wegen des eingeleiteten Widersprucsverfahrens. Da der Inhalt meines Schreibens nicht sonderlich wichtig für Herrn Williams war, dieser sich auch stets schriftlich bei mir gemeldet hatte, wenn etwas nach seiner Auffassung nicht in Ordnung war, wurde
die Akte zunächst wieder weggelegt. Erst durch die Kontaktaufnahme seitens Frau Unkmeir vom Verein Machtlos im Juni 2004 wurde ich wieder auf die Akte aufmerksam. Frau Unmeir teilte nämlich mit, daß Herr Williams verschwunden sei und Mitbewohner sich größte Sorgen um ihn machten. Herr Williams sei sogar ein Mal in komatösem Zustand in ein Krankenhaus gebracht worden. Ich nahm dies zum Anlaß, bei der zuständigen Ausländerbehörde nach dem Aufenthalt von Herrn Wiliams nachzufragen, was mit Schreiben vom 21.06.2004 dahingehend beantwortet wurde, daß Herr Williams am 04.04.2004 verstorben sei. Eine Anfrage bei dem OVG Magdeburg nach dem Verfahrensstand des Berufungsverfahrens wurde mit Beschluß vom 11.06.2004 dahingehend beantwortet, daß der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen wurde. Begründet wurde dies damit, daß das VG Dessau nicht von den Rechtssätzen des OVG Rheinland- Pfalz abgewichen sei, sondern diese schlicht unberücksichtigt gelassen habe, was jedoch kein Berufungsgrund sei. Damit endet für mich zunächst die Angelegenheit John Wiliams. Frau Unkmeir teilte mir noch mit E- Mail vom heutigen Tag mit, daß sie noch weiter ermittelt. Die Ermittlungen scheeterten jedoch weitgehend daran, daß sich insbesondere die Behörden auf ihre Schweigepflicht zurückziehen. Sie brachte aber in Erfahrung, daß Herr Williams im Pflegeheim Kloster Meynsdorf bei Magdeburg verstorben ist. Das zuständige Bestattungsunternehmen teilte ihr mit, das Ordnungsamt des Bördekreises habe versucht, mich über den Tod von Herrn Williams zu informieren. Leider sind dies für mich brandneue Informationen.

Mit freundlicher Empfehlung
Rechtsanwalt
 

Anlage: wie im Text

Lückentext:
Fragen bezüglich John Williams:

John Williams ist am 10.10.1955 geboren.

Er hat sudanische Staatsangehörigkeit.
Er lebt seit 08.10.1999 in der BRD.
Bis zum 15.06.2001 lebte er im Honescher Weg 12 A in 39261 Zerbst.

Er hat Asylbeantragt und wurde dem Landkreis Anhalt- Zerbst zugewiesen.
Seine Adresse ab dem 15.06.2001 lautete Mozartweg 14, 06869 Coswig ( Anhalt ) Sachberarbeiterin war Frau Sanftenberg.

Sein Antrag auf Asyl wurde am 03.11.1999 abgelehnt.AZ: 2509393
Urteil des Verwaltungsgericht Magdeburg vom 30.03.2000- AZ: A 2 K 713/99
Rechtskräftig seit dem 05.09.2000

Er wurde mit Bescheid des Landkreises Anhalt-Zerbst vom 19.03.2002 der GU- ZAST in Halberstadt zugewiesen.(ab 25.03.2002)

Interview von Radio Corax mit RA Ralf Breuer

Guten Tag,

du bist Ralf Breuer, der Anwalt von John Williams, der dieses Jahr verstorben ist und wir versuchen jetzt gemeinsam den Weg von John Williams nachzuzeichnen, wie er in das Abschiebelager in der ZASt Halberstadt gekommen ist und welche Informationen bei Dir angekommen sind.

Ab wann beginnt Dein Kenntnisstand ?

Also, ich habe nach einem Antrag beim Landkreis Anhalt-Zerbst Akteneinsicht bekommen, woraus sich folgendes ergibt:

Er ist eingereist im Oktober 1999, hat daraufhin einen Asylantrag gestellt, der allerdings sehr schnell am 3.11.1999 abgelehnt wurde. Daraufhin wurde beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben und auch das Urteil erging am 30.3.2000 eigentlich sehr schnell. Die Rechtskraft soll eingetreten sein am 5.9.2000.

Möglicherweise ist damals auch ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurden und dann

abschließend entschieden wurden. Das kann man diesem Aktenauszug nicht entnehmen.

Er hat sich im April 2002 mit mir in Verbindung gesetzt. Zuvor hatte er vom Landkreis Anhalt-Zerbst am 19.3.2002 einen Bescheid bekommen, wonach er sich nach Halberstadt in die GU-ZASt (Ausreise-Einrichtung) begeben sollte. Seine letzte Wohnadresse war im Mozartweg 14 in Coswig. Ich weiß nicht, ob das eine kommunale Unterbringungsstelle für Asylsuchende ist, oder ob er da sogar privat gewohnt hat. Jedenfalls war er mit der Umverteilung nach Halberstadt nicht einverstanden und hat mich beauftragt, gegen diesen Bescheid Widerspruch einzulegen. Dieser wurde nach einer geraumen Zeit als unbegründet  zurückgewiesen, worauf wir dann Klage vor dem Verwaltungsgericht Dessau erhoben haben. Dann hat sich die ganze Sache hingezogen. Schließlich erging dann die Entscheidung von Seiten des Verwaltungsgerichtes Dessau, dass der Landkreis Anhalt-Zerbst im Recht ist, John William dort unterzubringen. Zur Begründung wurde angegeben, dass John Williams seine wahre Identität nicht preisgeben würde und die Zentrale Abschiebestelle in der ZASt sächliche und personelle Möglichkeiten hätte, um auf ihn einzuwirken.

Das ist der Verfahrensablauf gewesen.

Woher nahm die Ausländerbehörde Anhaltspunkte, das John William nicht mitgearbeitet hätte oder seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen wäre?

Man hatte ihn bei der Sudanesischen Botschaft vorgeführt, er hatte ja behauptet, er sei aus dem Sudan und der Botschafter hat dann beschieden, Herr John William stammt nicht aus dem Sudan. Da John William aber bei seiner Aussage blieb, hat man gesagt, er verschleiert seine Herkunft und insofern muß auf ihn eingewirkt werden. Eine Abschiebung ist nur möglich, wenn über die Feststellung der Identität Passersatzpapiere beigebracht werden können.

Also nur die Aussage eines Botschafters?

Ganz genau, dann hat man ihn noch zwei mal bei der Nigerianischen Botschaft vorgeführt, wo aber auch negativ beschieden wurde. Hintergrund ist, dass viele Ausländerbehörden zunächst einmal davon ausgehen,wenn die Identität von der jeweiligen Botschaft nicht bestätigt wird, dass es sich um ein nigerianischen Staatsbürger handelt, weil viele Nigerianer sich mit vorgetäuschter Identität einen Aufenthalt verschaffen wollen.

Also, es wird generell erst einmal davon ausgegangen, dass die Person lügt und dann wie im Fall von John William in das Abschiebelager verteilt.

Ganz genau.

Und wie hat sich das denn dort weiter entwickelt ?

Für John William hat es sich recht übel entwickelt, denn zunächst bekam er die Duldung nur immer für 1 Woche verlängert, teilweise auch nur tageweise. Schließlich wurde dann Mitte 2003 die Duldung

eingezogen. Dadurch konnte er sich im Prinzip außerhalb der Einrichtung nicht mehr aufhalten. Er hätte ja selbst bei einem Spaziergang in Halberstadt nicht einmal mehr nachweisen können, dass er zumindest in der BRD geduldet ist.

Er wurde im Endeffekt „scheinillegalisiert“?

Ja, ganz genau.

Aber er wurde von der Ausländerbehörde doch noch angezeigt?

Ja, er ist angezeigt wurden wegen mittelbarer Falschbeurkundung und zwar wiederum auf Grund der

Annahme, dass er den deutschen Behörden eine falsche Identität mitgeteilt hat. Das Ganze endete dann per Strafbefehl vom Dezember 2002 mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen, herabgesetzt auf 5,- €, pro Tagessatz. Aber er hatte ja überhaupt keine Einnahmen mehr. Denn die Ausländer in dieser Einrichtung erhalten nur noch Essensgutscheine, haben nicht einmal mehr Taschengeld. Dann kommt aus meiner Sicht eine weitere fatale Sache hinzu. Nachdem das Verwaltungsgericht Dessau die Klage abgewiesen hat,konnte John Williams mit einer Gerichtskostenrechnung von über 330,-€ rechnen, obwohl er offensichtlich leistungsunfähig war. Wir haben eine Stundungsvereinbarung machen können, aber an sich war diese

Rechnung paradox, da es offensichtlich war, dass er diese Rechnung niemals begleichen kann.

Es sei denn er hätte eigenes Vermögen gehabt, was nicht der Fall war.

Das wäre ihm ja auch schon eingezogen wurden?

Wahrscheinlich, wenn Vermögen bekannt gewesen wäre, so kenne ich es von anderen Ausländerbehörden,wäre das mit Sicherheit beschlagnahmt wurden, um die Abschiebungskosten zu sichern.

Und ab wann hattest Du als Anwalt erfahren, dass gesundheitliche Probleme vorliegen ?

Er hat mir im Januar 2003 ein Schreiben zugeschickt, allerdings völlig kommentarlos, aus dem hervorging, dass das Sozialamt einen Antrag auf Überweisung zu einem Facharzt abgelehnt hatte. Er hat mir allerdings nie mitgeteilt, welche Symptome er hatte. Das er wohl sehr krank war, habe ich jetzt erst im Juni erfahren. Eine Unterstützerin der Flüchtlinge im Ausreiselager hatte von seinen Mitbewohnern erfahren, dass er verschwunden war und ich sein Anwalt bin und hat deshalb hier angerufen um nachzufragen, ob wir wüssten wo John William geblieben sei.

Also zu den gesundheitlichen Problemen ist Ihnen, außer dem besagten Schreiben nichts bekannt?

Nein, gar nichts. Der nächste Schriftverkehr von hier aus ging Mitte März 2004 an ihn. Das Schreiben kam allerdings erstaunlicher Weise zurück, geöffnet wohl von der Posteingangsstelle dieser Einrichtung.

Also, Anwaltspost wurde geöffnet ?

Ja, ist wohl geöffnet wurden und mit dem Vermerk „Privatpost“ um den 24.03.2004 zurückgeschickt wurden. Daraufhin habe ich meine Sekretärin gebeten, dort anzurufen, um nachzufragen, ob John William zwischenzeitlich umverteilt wurde.

War schon recht verwunderlich, dass bis dahin noch kein Beschluss vom OVG in Magdeburg vorlag über den Antrag auf Zulassung der Berufung. Es hätte durchaus möglich sein können, dass sie ihn wieder nach Coswig zurück geschickt hätten und deshalb die Post zurück kam. Das Ergebnis der ganzen Angelegenheit war, dass eine direkte Auskunft verweigert wurde. Obwohl die Vollmacht dort vorlag, sollten wir uns schriftlich melden mit einer Vollmachtsvorlage. Daraufhin wurde die Akte weggelegt. Ich habe erwartet, dass John Williams sich melden wird, wenn irgend etwas nicht stimmt. Denn dies hat er bisher immer getan.

Erst aufgrund des Anrufes habe ich im Juni den Landkreis Anhalt-Zerbst schriftlich angefragt und bekam dann die lapidare Mitteilung, dass John Williams am 4.4.2004 verstorben sei. Da wird nicht mitgeteilt wo, keine Ursachen, einfach nur ein Satz: Ihr Mandant ist tot.

Ist Dir inzwischen mitgeteilt wurden, wo er vergraben wurde?

Von der Verwaltung der Unterkunft kein Wort. Die Unterstützerin hat mich darüber informiert, dass er in irgendeinem Kloster verstorben sei.

Kloster Meyendorf

Sie sagte mir auch, dass das Beerdigungsinstitut behauptet hätte, das Ordnungsamt Kleinwanzleben habe versucht mich zu erreichen, zwecks der Bestattung. Da kann ich nur sagen, daß das nicht zutreffend ist. Das ganze ist eine ganz merkwürdige Angelegenheit und Bestrebungen der Unterstützer, Licht ins Dunkle zu bringen, scheinen daran zu scheitern, dass sich jeder auf seine Schweigepflicht beruft.

Gibt es für sie als Anwalt noch irgendwelche Möglichkeiten an mehr Informationen ranzukommen?

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass mein Mandant verstorben ist. Dadurch kann ich eine

Schweigepflichtentbindungserklärung von John William nicht beibringen. Das einzige, was man probieren könnte, wäre von dem Landkreis Anhalt-Zerbst die Akte anzufordern. Wie die darauf reagieren würden, nachdem der Mandant verstorben ist, weis ich nicht. Eigentlich habe ich keinen Auftraggeber mehr. Die einzige Möglichkeit wäre eine Strafanzeige gegen die Unterkunftsleitung, wenn Personen vorhanden wären, die bezeugen könnten, das ihm nachhaltig, schon in einer schweren Krankheitsphase, ärztliche Versorgung verweigert worden ist. Dann bestünde auf jeden Fall noch die Möglichkeit einer Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung.

Der Krankheitsverlauf ist schon ziemlich extrem. Mit den wenigen Punkten, die mir mitgeteilt wurden, scheint es wirklich sehr schwer zu sein, irgendwelche konkreten Zeitpunkte festzuhalten. Es muss eine Zeit geben, wo er ärztliche Hilfe gebraucht hätte. Die einzige Mitteilung diesbezüglich, die mir vorliegt, ist das wohl auch Bewohner mitgeteilt haben sollen, er sei in einem komatösem Zustand ins Krankenhaus gebracht wurden. In einer späten Phase.

Es kann ja sein, dass die Auflösung der Gehirnstruktur nicht mehr aufzuhalten war. Eigentlich wurde er viel zu spät eingeliefert.

In dem einen Schreiben mit der Ablehnung einer Überweisung war noch handschriftlich vermerkt, er hätte Krämpfe und Schwellungen im linken Bein, wenn er das Bein stark beansprucht. Aber da ergibt sich auch

nichts weiter daraus. Mir wurde von der Unterstützerin auch mitgeteilt, dass er immer schlechter sehen konnte. Das war vom Inhalt her sehr wenig. Er selbst, hat erstaunlicher Weise auch niemandem mitgeteilt, dass es ihm richtig schlecht geht.

Wenn es eine Gehirnerkrankung war, konnte er sich selbst vielleicht nicht richtig mitteilen. Aber er war ja beim Arzt und ist auch zur Außenstelle des Gesundheitsamtes gegangen, um ins Krankenhaus zu kommen.

Die Mitarbeiter der ZASt hätten eigentlich selbst und rechtzeitiger darauf reagieren müssen.

Ja natürlich, zumal sie sich selbst als eine Unterkunft definieren, in der eine besonders intensive Betreuung auf Grund der personellen und sächlichen Strukturen stattfindet.

Da ist es möglich, dass jemand ins Koma fällt. Und das zeigt letztendlich die Qualität dieser Unterkunft. Das es eben keine Betreuung gibt.

Man muss auch beachten, dass John Williams seit dem 25.03.2002 in dieser Unterkunft gewesen ist und es trotz dieser angeblichen besonderen Betreuung nicht gelungen ist, einen Passersatz für John Williams zu besorgen. Das ist ein Zeitraum von über 2 Jahren. Obwohl gerade diese Form der Unterbringung zu einem beschleunigten Verfahren führen soll.

Sind Ihnen überhaupt Botschaftsanhörungen während dieser Zeit bekannt?

Ich habe eine Kopie über die Anhörung bei der sudanesischen Botschaft. Mir wurde nur mitgeteilt, John Williams stammt nicht aus dem Sudan. Ich weis nicht, woran das überprüft wurde. Er ist auch zum Sprachtest geladen wurden, dessen Ausgang mir aber nicht bekannt ist. Man kann vielleicht noch anmerken, dass im Sudan die arabische Bevölkerung die Vorherrschaft für sich in Anspruch nimmt und die Englisch sprechende Bevölkerung nur eine Minderheit ausmacht. Deshalb wird bei der Botschaft die sudanesische Abstammung häufig in Frage gestellt, wenn jemand kein Arabisch spricht.

Von daher ist es schon ziemlich bedenklich, auf so eine Aussage hin Entscheidungen zu fällen.

Ja, die Behörden hatten keine weitere Möglichkeit die Angaben zu überprüfen. Ihn dort unterzubringen, obwohl es eigentlich keine reale Chance gibt, ein Ersatzpapier beizubringen, stellt die gesamte Institution definitiv in Frage. Und darauf hatten wir eigentlich auch aufgebaut. Uns lag ein Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vor, wo entschieden wurde, Personen zur Beschleunigung der Passersatzbeschaffung nur dann im Ausreisezentrum unterzubringen, wenn die reale Chance besteht, dass dies zur Mitwirkung führt. Bei Personen, die beharrlich bei ihrer vermeintlichen falschen Identität bleiben, ist der Sinn dieser Anstalt nicht mehr gewahrt und die sind auch zu entlassen. Das hat allerdings das Verwaltungsgericht Dessau wenig interessiert und das OVG Magdeburg hat dann noch einen Trick ausgesucht, um die Zulassung zur Berufung abzulehnen. Sie sagten, da das VG Dessau offensichtlich diese Entscheidung im Rahmen der eigenen Urteilsfindung nicht berücksichtigt hat, liegt auch keine Abweichung dieser Entscheidung vor.

Mit welchem Datum war dieser Beschluss ?

Der war vom 11.6.2004. Einen Tag nachdem das Schreiben des Landkreises zu seinem Tod hier

eingegangen ist. Für das Verfahren wurde ca. 2 Jahre gebraucht.

Das spricht ja auch dafür, das von Amts wegen Verschleppung vorliegt.

Sehr gefährlich, das zu sagen. Das will ich denen nicht unterstellen. Die Verwaltungsgerichte sagen in der Regel, wir sind maßlos überlastet. Mehr möchte ich nicht sagen. Erstaunlich ist, das erst dieses Anschreiben an den Landkreis Anhalt-Zerbst und parallel das Anschreiben an das OVG dazu führten, dass ich diesen Beschluss bekam. Kam mir jetzt wegen diesem engen Zeitraum im Zusammenhang mit meinen beiden Schreiben merkwürdig vor.

Im Prinzip ist es das wesentliche Ablauf. Ich entnehme den Information, die mir im nachhinein zugetragen wurden, dass es John Williams nach und nach immer schlechter gegangen ist.

Man müsste sich mal woanders erkundigen, ob solche Fälle schon aufgetreten sind, daß Leute völlig verschwunden sind. Hätten die Flüchtlinge uns nicht darauf hingewiesen, hätten wir Sie ja niemals angesprochen.

Ja, für uns war die Sache auch sehr erstaunlich, als sich die Frau bei uns meldete und sagte, Herr Williams wäre verschwunden. Da wurden wir wieder an die Akte und die Post, die zurück kam erinnert.

Das Verschwinden lassen von Menschen sind Methoden, die man eigentlich nicht in Deutschland erleben darf.

Es kommt noch etwas hinzu. Als John William ins Krankenhaus gebracht wurden ist, muss er schon unter Betreuung gestanden haben. Das heißt, er hatte eine Betreuerin zu dem Zeitpunkt, als mein Schreiben vom 15.3.2004 durch die Verwaltung der Unterbringungseinrichtung zurückgeschickt wurde. Die Post hätte auf alle Fälle der Betreuerin weitergegeben werden müssen.

Zu der haben wir auch Kontakt. Wir werden uns mal erkundigen.

Vielen Dank für das Interview.