Outbreak. Let's take over.
American Empire als Wille und Vorstellung 

von Rainer Rilling
12/02    trend onlinezeitung Briefe oder Artikel info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat 610610 Postfach 10937 Berlin

America has no empire to extend
or utopia to establish
G. W. Bush, 2002.

1 Die neue Teilung der Welt

 Die Rede, dass mit „9/11“ „alles anders geworden sei“, war keine Beobachtung. Es war eine Ankündigung – und so wurde Nineeleven zum „transformativen Moment“ (Jessica T. Mathews), der die Konzeptions- und Politikbildung in der amerikanischen politischen Klasse neu fokussierte und beschleunigte. Einen ersten Abschluss dieses Prozesses bildete die am 17. September 2002 veröffentlichte „National Security Strategy of the United States of America“. Die Washington Post feierte sie als „eine brillante Synthese“ und für die Frankfurter Allgemeine Zeitung galt sie als Dokument, das „von „weitreichender, vielleicht epochaler Bedeutung sein wird.“[1] Der im Stil eines politischen Manifests gehaltene und weit über militärische Fragen hinausgehende Text fixierte wie kein anderer das machtpolitische Selbstverständnis und die daraus folgende Grand Strategy der gegenwärtigen amerikanischen Regierung, die dann im Projekt des neuen Irak-Krieges dramatisch exemplifiziert wurde.

Nach dem von George W. Bush gezeichneten Geleitwort hat der lange Kampf des letzten Jahrhunderts zwischen Freiheit und Totalitarismus mit einem „entscheidenden Sieg für die Kräfte der Freiheit“ geendet. Übrig geblieben ist „ein einziges haltbares Modell für nationalen Erfolg: Freiheit, Demokratie und freies Unternehmertum.“ In diesem Modell ist die Position der USA eindeutig: „Heute erfreuen sich die USA einer Position unvergleichlicher militärischer Macht und großen ökonomischen und politischen Einflusses.“[2] Diese Einschätzung einer qualitativ neuen Disparität der Macht wird nicht nur in den USA breit geteilt[3]. Tony Judt beschrieb sie in der New York Review of Books als eine neue globale Ungleichheit: „Unsere Welt ist in vielfacher Weise geteilt: Zwischen arm und reich, Nord und Süd, westlich / nichtwestlich. Aber mehr und mehr ist die Spaltung, die zählt jene, welche Amerika von allem anderen trennt.”[4] Plötzlich befindet sich Europa in einer anderen Situation: “Willkommen beim Rest der Welt”.[5]

Um diese Position des Abstandes zu allen anderen Mächten der Erde zu sichern, ist nach 1989 eine neue große global ansetzende Doktrin entwickelt, unter der zweiten Regierung Bush dann auch im innenpolitisch legitimierenden Windschatten des „Kampfes gegen den Terror“ schrittweise und hörbar expliziert und schließlich in der Form der Sicherheitsdirektive im Herbst 2002 offizialisiert worden. Die dafür verantwortliche Sicherheitsberaterin Rice verglich im April 2002 diese Entwicklung mit der Entstehung der Strategie der Eindämmung der Sowjetunion in der Phase nach dem zweiten Weltkrieg – und dies war nicht nur ein Fall cleverer Selbstvermarktung: “Seit dem Zusammenbruch der sowjetischen Macht war das internationale System im Fluss. Nun ist es möglich – sogar wahrscheinlich – dass diese Periode des Übergangs zu Ende geht. Wenn das richtig ist, dann … ist diese Periode nicht nur eine großer gefahren, sondern auch enormer Möglichkeiten … eine Periode, die jener von 1945 bis 1947 vergleichbar ist, als unter amerikanischer Führung die Zahl der freien und amerikanischen Staaten erhöht wurde…und eine neue Machtbalance entstand, welche die Freiheit begünstigte.“[6] Das Ziel dieser neuen, vergleichbaren Periode wird in Bush`s einleitenden Begleitschreiben zur NSS formuliert: “Die Vereinigten Staaten werden diesen günstigen Moment nutzen, um die Früchte der Freiheit über den Globus zu verbreiten. Wir werden aktiv dafür arbeiten, die Hoffnung auf Demokratie, Entwicklung, freie Märkte und freien Handel in jeden Winkel der Welt zu bringen.“

2 Die Akteure

 Unmittelbar getragen wurde dieser Prozess von einer Gruppe konzeptiver Ideologen und Militärpolitiker, die in den 80er Jahren unter Reagan ihren Aufstieg begann, sich in der ersten Regierung Bush eine Minderheitsposition in der Militärexekutive sichern konnte und schließlich auch mithilfe und im Bündnis mit der religiösen Rechten, den radikalen Marktideologen und der klassischen, eher sozialkonservativen Mainstream-Rechten („compassionate conservatism“) in der zweiten Bush-Regierung und dann in der republikanischen Partei eine hegemoniale Mehrheitsposition erreichte. Im Laufe des Jahres 2002 bestimmte sie den außenpolitischen Diskurs der USA und inszenierte sich zunehmend in der Rolle von Terminatoren des mittlerweile zerbrochenen internationalen Systems, dessen zentralen Bestandteile die USA vor über einem halben Jahrhundert geschaffen hatte. Sie skizzierte die militärpolitischen Kernelemente der neuen großen Strategie, band sie in eine optimistische Sicht auf den Stand der US-Ökonomie ein[7] und etablierte sich 2002 als Avantgarde der neuen parteiübergreifenden Kriegspartei. Es gelang ihr, den politisch-ideologischen Spielraum der traditionellen „realistisch-multilateralen“ und „liberal-imperialistischen“ Richtungen einzuschränken, zumal diese ihre grundsätzliche Zielsetzung teilten, jede Gefährdung der souveränen Stellung der USA bereits im Keim zu ersticken[8]. Ihre Rethorik, Konzeption und Strategie sind radikal. Ihr Ziel ist ein Ausbruch aus dem bisherigen, jahrzehntealten strategisch-politischen Konsens der herrschenden US-Eliten.

Der dynamische politische Kern dieser Gruppe ist ein Bündnis aus reaganitisch geprägten Militärs und Neokonservativen. Zu ihr gehören als intellektueller Vorspieler Paul Wolfowitz (damals Under Secretary of Defense for Policy bei Cheney, heute Deputy Secretary of Defense bei Verteidigungsminister Donald Rumsfeld)[9], der spätere US-Gesandte in Afghanistan Zalmay Khalilzad, Douglas Feith als Under Secretary of Defense for Policy, John R. Bolton als Under-Secretary for Arms Control and International Security im Außenministerium und vor allem Richard Perle, der dem Defense Policy Board vorsteht[10]. Geradezu eine Blaupause der neuen Politik stellt der im Jahr 2000 publizierte Report “Rebuilding America`s Defense“ des neokonservativ-reaganitischen “Project for the New American Century“ dar, zu dessen Autoren neben Wolfowitz und Bolton auch u.a. gehörten: Eliot Cohen, der in der ersten Bush-Regierung im Planungsstab des DoD war und dann Mitglied in Rumsfeld`s Dense Policy Board; I. Lewis Libby, der in der ersten Bush-Regierung unter Cheney Deputy Undersecretary of Defense for Policy und in der zweiten Bush-Regierung der Chief of Staff des Vizepräsidenten Cheney wurde; Dov Zakheim, der wichtigste „Haushälter“ (Comptroller) des DoD; Stephen Cambone, der in der ersten Bush-Regierung für die strategische Verteidigungspolitik zuständig war und in der zweiten Regierung Bush dann das Office of Program, Analysis and Evaluation des Pentagon leitete. Zu den Unterzeichnern der Gründungserklärung (“We aim to make the case and rally support for American global leadership”) des 1997 im „reaganistischen Geist“ gegründeten „Project for the New American Century“ gehörten weiter Jeb Bush, William J. Bennett, Dick Cheney, Midge Decter, Steve Forbes, Francis Fukuyama, Fred C. Ikle, Donald Kagan, Zalmay Khalilzad, Norman Podhoretz, Dan Quayle, Stephen P. Rosen und  Donald Rumsfeld. William Kristol war 2002 Vorsitzender des Projekts, Robert Kagan als einer seiner drei Direktoren gilt als einer der einflußreichsten Promotoren der publizistischen Rede vom „American Empire“ u.a. im von William Kristol herausgegebenen und von Rupert Murdoch verlegten neokonservativem Frontblatt „The Weekly Standard“.[11]

 3 Die Strategie

 3.1. Die Entwicklung der Einschätzungen und Ziele

 Zwischen dem 11. 9. 2001 und Mitte 2002 entwickelte sich in der Bush-Administration eine Einschätzung der globalen Situation und der sich daraus ergebenden vor allem militärpolitischen und –strategischen Zielsetzungen, die sich deutlich von jener der US - Regierungen der letzten Jahrzehnte unterscheidet. Diese Einschätzungen und Strategien waren nicht neu – doch nun wurden sie machtfähig und ihre Vertreter konnten sie als die (bislang) Bestimmenden durchsetzen.

 a)      Die asymmetrischen Bedrohungen durch Terrornetzwerke erlaubten eine ungewöhnlich alarmistische Rethorik der Intervention, die sich im Laufe des Jahres 2002 immer deutlicher entwickelte. Unmittelbar nach dem Anschlag hatte sich die Reaktion der US-Regierung auf den Kampf („Krieg“) gegen terroristische Gruppen konzentriert, die von ihr in über 60 Staaten vermutet wurden.

b)      Weder Cheney noch Rice oder Bush hatten den Irak auf ihrer Agenda - aber Rumsfeld[12] und vor allem Wolfowitz. Er sprang in die Themenlücke und vermochte wesentlich zur Fokussierung der Zielplanung der Bush-Administration beizutragen. Weniger als eine Woche nach dem 11. September 2001 erklärte Wolfowitz, dass die USA „Staaten beseitigen würden, die den Terrorismus unterstützen“ („ending states“). Das am 30.9.2001 publizierte Quadrennial Defensive Review (QDR) formulierte bereits die Zielvarianten  "Wechsel des Regimes eines Feindstaates" und Besetzung "ausländischen Territoriums, bis die strategischen Ziele der USA erreicht sind".[13]

c)       Im  April 2002 nannte Bush den „Regimewechsel“ im Irak als militärisches Ziel – in den strategischen Dokumenten der 90er Jahre spielte eine solche neoimperiale Rede vom „regime change“ keine explizite Rolle.

d)      Zuvor bereits wurde von Bush in seiner Adresse an die Nation im Januar 2002 die Legitimität des Einsatzes militärischer Mittel gegen terroristische Organisationen auf Staaten („Achse des Bösen“[14]) ausgeweitet, die mit Massenvernichtungswaffen die USA bedrohten, unabhängig von irgendwelcher Verbindung zu terroristischen Gruppen. Einst wurden despotische Regimes kritisiert, aber toleriert. Nun können sie nicht mehr akzeptiert und müssen beseitigt werden - überall auf der Welt.

e)      In seiner programmatischen Rede im Juni 2002 in West Point erklärte Bush dann, dass die bisherigen Doktrinen der Abschreckung (deterrence), Eindämmung (containment) und des Mächtegleichgewichts (balance of power) nicht mehr ausreichten. Die Gedanken der Prävention und Intervention wurden hervorgehoben. Von nun an gelte: "Wir müssen den Kampf zum Feind tragen, seine Pläne zerstören und den schlimmsten Bedrohungen entgegentreten, bevor sie entstehen“[15]. “Präemption“, „Regimewechsel“ und „Entwaffnung“ wurden nun zu buzz words der Rethorik der Bush-Administration.

f)        Schließlich wird der Anspruch auf eine globale militärische Souveränität der USA formuliert, die als der Schlüssel zur Rekonstruktion eines neuen internationalen Regimes gilt. In den Worten von Bush: "Amerika hat eine militärische Stärke, die nicht herausgefordert werden kann und beabsichtigt, sie zu behalten – so macht sie die destabilisierenden Rüstungswettläufe früherer Zeiten sinnlos und begrenzt Rivalitäten auf Handel und andere friedliche Unternehmen."[16]

 Diese politische Fokussierung und konzeptionelle Ausarbeitung der Jahre 2001 und 2002 steht im Kontext einer Reihe weiterer Entwicklungen. Nach den Reduzierungen unter der ersten Clinton-Regierungen wurde das Rüstungsbudget seit 1998 wieder kontinuierlich vergrößert; mit dem Budget 2003 wurde dieser erste große „military build-up“ seit Anfang der 80er Jahre sprunghaft gesteigert. Multilaterale bzw. internationaler Vertragspolitiken wurden abgewertet und die Rüstungskontrollpolitik restringiert (C- und B-Waffen; Landminen; Internationaler Gerichtshof etc.). Der Aufbau von Raketenabwehrsystemen wurde neu forciert und die dazu passenden beschwörenden Theorien des „Victory is Possible“ renoviert[17]. Die US-Militärplanung betonte deutlich die Fähigkeit zur Kriegsführung gegenüber der Aufgabe der Stabilitätssicherung. Ihr regionaler Focus wanderte in den asiatischen Raum, die Funktion des US-Militärs in Europa begann sich zu wandeln.

 Diesen Veränderungen liegt eine bestimmte Interpretation der Weltlage zugrunde, die keineswegs erst als Reaktion auf Nineeleven entstanden ist. Sie war bereits vorhanden, reicherte sich mit aktuellen Legitimationen an und wurde so hegemonialpolitisch durchsetzungsfähig. Lange vor dem Terrorangriff auf die zentralen Symbole des politisch-ökonomischen Macht der USA formulierte der im Jahr 2000 publizierte Report “Rebuilding America`s Defense“ des neokonservativen “Project for the New American Century“ eine Beschreibung der neuen globalen Konstellation, die nach dem September 2001 zur hegemonialen Interpretationsfolie wurde. „Fast alles hat sich verändert“ – hieß es auch dort. Gemeint waren aber das Jahr 1989 und die folgende Dekade. Es gelte nun, die “strategische Pause” unter Clinton zu beenden und die Konsequenzen aus der entstandenen Lage zu ziehen, die schon anfangs der 90er Jahre in einer Debatte der Zeitschrift International Security oder in den Foreign Affairs als der „unipolare Moment“ bezeichnet wurde[18]. In dieser damaligen Debatte war die Einschätzung einer historischen und realpolitischen Begrenzung der neuen Dominanz der USA noch stark verbreitet. Derlei Defaitismus war aber nicht Sache des “Project for the New American Century”. Der “Report” resümierte seine Lageeinschätzung: “Während des Jahrzehnts nach dem Kalten Krieg hat sich fast alles geändert. Die Welt des Kalten Krieges war eine bipolare Welt; die Welt des 21sten Jahrhunderts ist – zumindest im Moment – entschieden unipolar, mit Amerika als der Welt „einzigen Supermacht“.

 Einst war Amerikas strategisches Ziel die Eindämmung der Sowjetunion; heute ist die Aufgabe, eine internationale Sicherheitsumgebung zu sichern, die amerikanischen Interessen und Idealen dienlich ist. Die Aufgabe des Militärs im Kalten Krieg war es, den sowjetischen Expansionismus abzuschrecken. Heute ist seine Aufgabe, die „Zonen des demokratischen Friedens“ auszudehnen; die Entstehung einer konkurrierenden Großmacht zu verhindern; Schlüsselregionen in Europa, Ostasien und im Mittleren Osten zu verteidigen; und die die amerikanische Vorherrschaft in den kommenden technologiebedingten Veränderungen des Krieges zu sichern. Zwischen 1945 und 1990 bereiteten sich die US-Streitkräfte auf einen einzigen globalen Krieg vor, der auf vielen Schauplätzen geführt werden könnte; im neuen Jahrhundert wird es um eine ganze Reihe von Kriegsschauplätzen auf der ganzen Welt gehen, gegen verschiedene und besondere Feinde, die verschiedene und besondere Ziele verfolgen. Während des Kalten Krieges lag der Hauptort der Rivalität der Supermächte in Europa…das neue strategische, besorgniserregende  Zentrum scheint nun nach Ostasien zu wandern.”[19] Diese Sicht wurde handlich in einer Tabelle zusammengefasst:  

 

Kalter Krieg

21. Jahrhundert

Sicherheitssysstem

Bipolar

Unipolar

Strategisches Ziel

Eindämmung der Sowjetunion

Sicherung der Pax Americana

Hauptsächliche militärische Aufgaben

Abschreckung des sowjetischen Expansionismus

 

Sicherung und Ausdehnung von Zonen des demokratischen Friedens; die Entstehung eines neuen Großmacht - Konkurrenten verhindern; Schlüsselregionen verteidigen; die Veränderung des Krieges ausnutzen

Hauptsächliche militärische Bedrohungen

Potentieller globaler Krieg auf vielen Kriegsschauplätzen

Potentielle Kriegsschauplätze überall auf dem Planeten

Fokus der strategischen Auseinandersetzung

Europa

Ostasien

 3.2. Militärische Überlegenheit

 Das übergreifende Ziel dieser Strategie ist nicht der Kampf gegen terroristische Gruppen oder Staaten, sondern der Erhalt und Ausbau der Ungleichheit zwischen America und dem Rest der Welt und die Vollendung der weltweiten Durchsetzung des amerikanisch dominierten Modells. Nur so kann zugleich gesichert werden, dass keine militärischen Angriffe mehr auf die USA („homeland“) gestartet werden können. Alle anderen politischen Zielsetzungen treten demgegenüber zurück.

 Das erste Mittel zum Erreichen dieses Ziels ist die Sicherung konkurrenzloser militärische Überlegenheit. Intern erfordert dies den – natürlich über die Landesgrenzen hinausreichenden - Aufbau des eigenen Potentials. Extern geht es darum die Entstehung militärischer und politischer Konkurrenz mit allen notwendigen Mitteln zu verhindern. Bereits im Februar 1992 formulierte der Entwurf des „Defense Planning Guide“ des Pentagon für 1994-1999: "Unser erstes Ziel ist es, die Wiederauferstehung eines neuen Konkurrenten entweder auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo zu verhindern, der eine Bedrohung in der Größenordnung der einstigen Sowjetunion darstellen könnte." Die USA, so hieß es in dem Dokument, " muss die Mechanismen sichern, potentielle Wettbewerber davon abzuhalten, auch nur danach zu streben, eine größere regionale oder globale Rolle zu spielen."[20] Die über ein Jahrzehnt später publizierte Sicherheitsdirektive unterstreicht diese Zielsetzung: " Unsere Streitkräfte werden stark genug sein," heißt es in der NSS, " um potentielle Gegner davon abzuhalten, eine militärische Aufrüstung zu betreiben in der Hoffnung, die Macht der Vereinigten Staaten zu übertreffen oder mit ihr gleichzuziehen."[21] In einem Interview im Public Broadcasting Network formulierte C. Rice noch unmissverständlicher: " Aber wenn es darum geht einem anderen Kontrahenten zu erlauben, militärische Gleichheit mit den USA zu erreichen so wie es die Sowjetunion tat – nein, die USA haben nicht die Absicht, dies zu erlauben, weil wenn dies geschieht, wird es kein Mächtegleichgewicht geben, das die Freiheit begünstigt."[22]. Die militärische Suprematie der USA soll daher eine so erdrückende Qualität erreichen, dass sie nicht herausgefordert werden kann. Damit entfallen Rüstungswettläufe und der gesamte Vorgang kann als Beitrag zur Sicherung des (amerikanischen) Friedens kommuniziert werden, wie dies George W. Bush im Juni 2002 in West Point auch tat. Die sog. „bedrohungsbasierte“ militärische Planung wird folgerichtig durch einen „fähigkeitsorientierten Zugang“ abgelöst, wonach Rüstung und militärische Positionierung nach Maßgabe jeder vorstellbaren militärischen Aktion eines jeden vorstellbaren Gegners zu jeder vorstellbaren Zeit gestaltet werden solle[23]. Insofern ist Abschreckung als Ziel und Medium der Politik weiterhin präsent. Aber die Ratio dieser Politik hat sich geändert: es geht um die Sicherung der einzigartig dominanten Position der USA. Ihre vordergründige Rechtfertigung ist die neuartige Bedrohung durch terroristische Akteure, die nicht abgeschreckt, sondern nur eliminiert werden können.

 3.3. Präventivkriege

Das zweite Element dieser Politik ist die Doktrin der „preemption“ („Zuvorkommen“, „aktives Verhindern“) und vor allem der „prevention“. („Vorbeugen“, „Verhüten“). Das Mittel des Präventivkrieges war eine zuvor eher im Hintergrund gehaltene und selten artikulierte Option. Beispiele hierfür waren die Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen gegen Nordkorea oder die Begründungen der Cruise-Missile-Attacken auf Afghanistan oder den Sudan unter Clinton. Unter Bush wurden beide Optionen aufgewertet und die Differenz zwischen Präemption und Prävention zugunsten der Ausweitung des Gedankens der Prävention verwischt[24]. Plädoyers für eine solche Politik häuften sich nach Nineeleven massiv. Für ihren Tenor kann der Vortrag von Wolfowitz auf der 38. Münchner Konferenz zur Sicherheitspolitik am 2.Februar 2002 stehen: „Unser Ansatz muss sich auf Prävention und nicht nur auf Bestrafung konzentrieren. Wir befinden uns im Krieg. Selbstverteidigung erfordert Prävention und manchmal Präventivmaßnahmen. Man kann sich nicht gegen jede Bedrohung an jedem Ort zu jeder denkbaren Zeit verteidigen. Die einzige Verteidigung gegen den Terrorismus ist, den Krieg zum Feind zu bringen. (…) Wie Präsident Bush eindeutig klargestellt hat, weiß jetzt jede Nation, dass wir Staaten nicht akzeptieren können und werden, die die Agenten des Terrors finanzieren, ausbilden oder ausrüsten. Sie sind gewarnt worden; sie werden beobachtet, und sie werden zur Rechenschaft gezogen.” Auch Rumsfeld erklärte kurz und bündig in einem PBS-Interview zwei Tage später: “Und der einzige effektive Weg der Verteidigung ist es, den Kampf dorthin zu tragen, wo die Terroristen sind… Daher ist jetzt die vorbeugende militärische Gewalt eine operative Idee." In seiner Rede in West Point hob Bush diese Veränderung klar hervor. Die klassische Politik versage in der Situation des Terrors: „Für einen großen Teil des letzten Jahrhunderts baute die Verteidigung Amerikas auf die Doktrinen des Kalten Krieges der Abschreckung und Eindämmung. In einigen Fällen können diese Strategien weiterhin angewandt werden. Aber neue Bedrohungen verlangen auch neues Denken. Abschreckung – die Aussicht auf massive Vergeltung gegen Nationen – bedeutet nichts für terroristische Schattennetzwerke, die keine Nation oder Bürger verteidigen müssen. Eindämmung ist nicht möglich wenn unberechenbare Diktatoren mit Massenvernichtungswaffen diese Waffen mit Raketen einsetzen können oder sie versteckt ihren terroristischen Alliierten zur Verfügung stellen.” Präventivkriegshandlungen werden nun explizit und extensiv zugelassen. Sie gelten als zulässig, wenn es um Militärschläge gegen terroristische Gruppen, diese unterstützende Staaten sowie gegen Staaten geht, die entweder bereits im Besitz von Massenvernichtungswaffen seien, dabei sind, solche zu erlangen oder gar nur danach streben: "Wir müssen“, heißt es in der NSS, „den Begriff des ,unmittelbaren Drohens' anpassen an Fähigkeiten und Ziele unserer heutigen Gegner."

 Mit der Abkoppelung von wirklichen Handlungen eines Feindes wird der Notwehrgedanke aufgegeben. Was zuvor als letzte Ausnahme galt, wird nun normalisiert. Die hohe Informations- und Entscheidungsunsicherheit und damit Destabilisierungsgefahr, die für eine Politik der Prävention charakteristisch ist, wird in diesem Diskurs nicht mehr thematisiert. Mit der Legitimationsverschiebung auf Staaten, die Terroristen unterstützen, wurde die Doktrin zugleich anschlussfähig an die traditionell auf Feindstaaten fokussierte Militärpolitik. Letztlich wurde der Rubikon zu einem globalen Souveränitätsanspruch überschritten: Die USA habe das singuläre Recht auf Intervention überall auf der Welt - vorbeugende („preemptive“, „anticipatory“ “anti-access-denial“) militärische Aktion eingeschlossen: „: „…unsere beste Verteidigung ist ein guter Angriff“ [25]. Die im Januar 2002 formulierte Nuclear Posture Review erlaubt einen präventiven Einsatz von Nuklearwaffen auch gegen Staaten („Schurkenstaaten“), die keine Nuklearwaffen besitzen sondern im Verdacht stehen, die Entwicklung oder den Besitz solcher Waffen auch nur anzustreben. Mit einer wenig beachteten Erklärung des stellvertretenden Staatsministers für Rüstungskontrolle John Bolton vom 21. Februar 2002 beendete die Bush-Regierung eine alte Zusicherung der USA, Staaten mit Atomwaffen nur anzugreifen, wenn diese selbst Atomwaffen besitzen oder sich in einem Bündnis mit einer Atomwaffenmacht befinden. Unterstrichen wurde dies durch eine Neuaktzentuierung der Entwicklung bunkerbrechender, tief in die Erde eindringender Nuklearwaffen[26]. Hinzu kommen zahlreiche neue Kriegstechnologien, die eine solche Option machbar erscheinen lassen. Mittlerweile sind dabei Legitimationen für Präventivschläge ins Spiel gebrachten worden, die mit „Terror“ oder „Massenvernichtungswaffen“ nichts mehr zu tun haben[27].

 3.4. Globale Souveränität

Die Strategie des Präventivkrieges (Präemption), die als Erweiterung der Paradigmen der Abschreckung und Eindämmung verstanden wird, steht für eine neue Dynamik des „hegemonialen Völkerrechtsnihilismus“ (Norman Paech) der gegenwärtigen US-Administration. Dahinter steht die Idee, dass in der zukünftigen Weltordnung allein den USA eine globale Souveränität zukommt.  Der Gedanke der globalen Souveränität meint, dass die USA international Regeln (z.B. über Allianzen und Blockbildungen) setzen, den Krisenfall („Notstand“) bestimmen und die Unterscheidung zwischen Freund und Feind wie die damit verknüpfte Entscheidung über den Einsatz von Gewalt treffen. Die Fähigkeit zum Gewalteinsatz überall in der Welt liegt allein bei den USA. Das ist das dritte Element der neuen grand strategy, für die vor allem der Gedanke eines exklusiven Rechts auf präventive militärische Intervention überall auf der Welt steht. Eine solche Auffassung verstößt gegen den NATO-Pakt und die Regelungen der UNO. Die Erosion des völkerrechtlichen Potentials zur Einhegung der Kriege setzte sich damit dramatisch fort, nachdem in den letzten Jahren bereits zahlreiche Ausnahmstatbestände eingeführt wurden: die Prävention humanitärer Katastrophen (Jugoslawien), der Schutz vor Terrorismus (Afghanistan), oder gar die Sicherung lebenswichtiger Ressourcen (NATO-Strategie 1999). Eine Bindung an internationale Allianzen und insbesondere an die UNO wurde als Einengung der Handlungsfreiheit der USA abgelehnt: “Die Vereinigten Staaten sind darauf eingerichtet, unabhängig zu handeln, wenn eine kollektive Aktion nicht arrangiert werden  kann.''[28] Der sich artikulierende Anspruch auf globale Souveränität schließt ein

·          die Abwertung internationaler Einbindungen durch multilaterale Verträge, internationale Institutionen und Bündnisse,

·          die möglichst weitgehende Durchsetzung amerikanischen Rechts im internationalen Maßstab und

·          eine Art us-amerikanischer Breschnew-Strategie der „begrenzten Souveränität“.

Wer gegen Unbekanntes kämpft, muss auf alles vorbereitet sein. Wer sich befähigt, gegen alles vorzugehen, kann auf Grenzen keine Rücksicht nehmen – gleichgültig, an welchem Ort des Globus. Wo es „kein Außen mehr gibt“ – so ein zentraler Gedanke der “Empire”-Studie von M. Hardt und A. Negri -  wird die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenpolitik hinfällig. Das klassische Regime der US-amerikanischen Hegemoniesicherung war darauf aus, nur die außenpolitischen Beziehungen der Staaten direkt zu kontrollieren und ansonsten fast ausnahmslos[29] auf die indirekten Medien der „Wohltätigkeit““ und soft culture (Hollywood) zu bauen. In der neuen Zeit der Inklusion weitete sich das Feld des direkten Eingriffes grundsätzlich aus. Die Zeit der Kontextsteuerung ist vorbei. Der Director of Policy Planning des Außenministeriums Richard Haass hat dies ungewöhnlich klar formuliert: “Was man bei dieser Administration beobachten kann ist die Entstehung eines neuen Prinzips oder eines Ideenkörpers – ich bin nicht sicher, ob wir es damit schon mit einer Doktrin zu tun haben – über das, was man die Grenzen der Souveränität nennen könnte. Souveränität beinhaltet Verpflichtungen. Eine ist, nicht deine eigenen Leute umzubringen. Eine andere ist, in gar keiner Weise den Terror zu unterstützen. Wenn eine Regierung diese Verpflichtungen nicht einhält, dann wird sie mit dem Entzug einiger der normalen Vorteile von Souveränität bestraft, einschließlich des Rechts, innerhalb seines eigenen Territoriums alleine zu bleiben. Andere Regierungen, die Vereinigten Staaten eingeschlossen, gewinnen dann das Recht auf Intervention. Im Falle des Terrorismus kann dies sogar zu einem Recht auf präventive oder vorbeugende Selbstverteidigung führen. Man kann präventiv agieren wenn man Gründe hat zu glauben, dass die Frage des Angegriffenwerdens nur noch um eine Frage des Wann und nicht des Ob ist".[30] Die militär- und sicherheitspolitische Handlungsfreiheit der USA wurde – auch unter Anrufung der oft religiös eingefärbten Ideologie des us-amerikanischen Exzeptionalismus[31] -  massiv akzentuiert. Die Destabilisierung internationaler Sicherheitsregimes wird nicht nur in Kauf genommen, sondern aktiv betrieben. Regelungen einer multilateralen Rüstungskontrolle wurden geschwächt: der ABM-Vertrag wurde im Dezember 2001 aufgekündigt, eine Stärkung des Biowaffen-Abkommens auf der 5. Überprüfungskonferenz Ende 2001 scheiterte am Widerstand der USA[32].

 Der Direktor des neokonservativen Olin Institute for Strategic Studies an der Harvard University Stephen Peter Rose, der im DoD und dem Nationalen Sicherheitsrat der USA sowie im Naval War College arbeitet und auch Gründungsmitglied des Project for a New American Century war, hat Mitte 2002 die zugrunde liegenden Annahmen dieser neuen militärischen Weltsicht zusammengefasst: „Die Vereinigten Staaten haben keinen Rivalen. Überall in der Welt besitzen wir die militärische Dominanz. Unsere Militärausgaben übertreffen jene der nächsten sechs oder sieben Mächte zusammengenommen und wir haben ein Monopol in vielen fortgeschrittenen oder nicht so modernen Militärtechnologien. Wir, und nur wir, formen und führen Militärkoalitionen in den Krieg. Wir benutzen unsere militärische Dominanz um in die inneren Angelegenheiten anderer Länder zu intervenieren, weil die Einheimischen einander umbringen, Feinden der Vereinigten Staaten Zuflucht bieten oder atomare oder biologische Waffen entwickeln. Eine politische Einheit, die eine überwältigende militärische Überlegenheit besitzt und diese benutzt, um die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu beeinflussen, wird Empire genannt. Da die Vereinigten Staaten nicht darauf aus sind, Territorien zu kontrollieren oder die überseeischen Bürger des Empire zu regieren, sind wir sicherlich ein indirektes Empire – aber nichtsdestotrotz ein Empire. Wenn dies zutrifft, dann ist auch Ziel nicht der Sieg über einen Rivalen, sondern die Aufrechterhaltung unserer imperialen Position und der imperialen Ordnung. Die Planung für imperiale Krieg unterscheidet sich von der Planung konventioneller internationaler Kriege. Im Verhältnis zur Sowjetunion musste Krieg vermieden werden: kleine Kriege durften nicht eskalieren oder uns von der Hauptaufgabe abhalten, Europa oder Japan zu verteidigen. Im Ergebnis wurde militärische Macht nur inkrementell angewandt. Imperiale Kriege zur Wiederherstellung der Ordnung sind dagegen nicht so eingeschränkt. Maximale Gewalt kann und sollte aus psychologischen Gründen so schnell wie möglich eingesetzt werden um zu demonstrieren, dass bestraft wird, wer das Empire herausfordert. Während des Kalten Krieges haben wir uns nicht sonderlich bemüht, kommunistische Regierungen zu stürzen. Nun allerdings stecken wir mitten im Geschäft feindliche Regierungen zu stürzen und Regierungen zu schaffen, die günstig für uns sind. Die einst üblichen internationalen Kriege wurden beendet und die Truppen gingen nachhause. Imperiale Kriege enden ebenfalls, aber Garnisonen des Empire müssen noch Jahrzehnte lang bleiben, um Ordnung und Stabilität zu sichern. Das ist es, das wir erstmals auf dem Balkan und nun in Zentralasien zu sehen bekommen. Zusätzlich zu fortgeschrittener Waffentechnologie verlangt eine imperiale Position eine große, leichtbewaffnete Bodentruppe als Garnisonskraft und Rückversicherung für Verbündete, die aus symbolischen Gründen amerikanische Streitkräfte auf ihrem Territorium haben möchten. Und endlich konzentriert sich imperiale Strategie darauf, die Entstehung mächtiger und feindlicher Herausforderer für zu verhindern: durch Krieg, wenn nötig, durch Assimilierung in das Empire, wenn möglich.”[33]

 4 Empire

 Der „neue Unilateralismus“ (C.Krauthammer) der USA wird seit gut anderthalb Jahren begleitet von einer politischen und politikwissenschaftlichen Grammatik, die mit dem Begriff des „American Empire“ operiert.[34] Vom Empire sprachen Kissinger („Amerika am Höhepunkt: Imperium oder Anführer?“)[35] ebenso wie der liberale Dissident Gore Vidal („Das letzte Empire“), der Literat Tom Wolfe (das heutige Amerika sei jetzt “die größte Macht auf Erden, so omnipotent wie …Rom unter Julius Cäsar“), der Demokrat Nye[36] ("Seit Rom gab es keine Nation, die so hoch über den anderen Nationen stand") oder die Neokonservativen Dinesh D`Souza[37] („Die Amerikaner müssen letztlich erkennen dass die USA ein Empire geworden ist“) und Charles Krauthammer: "Es ist eine Tatsache, dass seit dem Römischen Reich kein Land kulturell, ökonomisch, technologisch und militärisch so dominierend gewesen ist wie die USA heute."[38] Amerika sei ein 'Imperium im Entstehen' („an empire in formation“), sagte Charles Fairbanks von der John Hopkins University. Die bis dato ausführlichste Darlegung aus dem Empire-Lager stammt von Robert Kaplan, der vorschlägt, dass die führenden Politiker der USA sich mit den antiken Chronisten beschäftigen sollten: denn historisch habe sich kaum etwas geändert: also warum nicht vom Zweiten Punischen Krieg lernen, oder von Kaiser Tiberius? [39]

Seit Max Boot vom Wall Street Journal im Herbst 2001 in einem Aufsatz, 'The Case for an American Empire'[40], die militärische Besetzung von Afghanistan und Irak mit der stabilisierenden Wirkung begründete, welche die Britische Herrschaft im 19. Jahrhundert in dieser Region hatte, breitet sich die Empire-Idee schnell aus. Nye diagnostizierte gar die „USA im Griff einer heiklen Metapher.“[41] Ihre Anhänger findet sie keineswegs nur im publizistischen und wissenschaftlichen Lager der Neokonservativen. Während die neokonservativen Diskurse die Rede vom American Empire als politisch-rechtliche Konsequenz einer neuen militärisch-politischen Selbststärkung der ökonomisch wie kulturell uneinholbar dem Rest der Welt davongezogenen USA interpretieren, sehen Linke in der Debatte eher den Ausdruck einer „Hegemonie im Abschwung“ oder gar einer posthegemonialen Situation. Auf jeden Fall hat der Begriff auf eine neue Weise Legitimität in der medialen, politischen und wissenschaftlichen Öffentlichkeit erhalten und kann auf lange Sicht hin eine Schlüsselrolle sogar jenseits der clandestinen Subtexte der offiziellen Selbstbeschreibungen der USA spielen. Sie knüpft an einen immer mehr oder weniger präsenten Bezug auf das eigene Herkunftsland – das britische Empire – und an die eigene Kolonialgeschichte an. Die Empire-Idee fördert zwar auch recht krasse Wünsche an den Tag: noch vor Nineeleven publizierte James Kurth vom Swarthmore College in der neokonservativen Theoriezeitschrift The National Interest einen Artikel, dessen Überschrift „The Next NATO“ untertitelt war: „Building an American Commonwealth of Nations“. Globalisierung, so Kurth, meine nichts anderes als die Globalisierung des „American way“ und eine buchstäbliche Expansion der USA[42].

Im Kern aber versucht die Rede vom American Empire zu fassen, dass Amerika nicht mehr bloß exzeptionelle Super-, Hyper- oder Hegemonialmacht sei. Solche Begriffe aus der Zeit des Kalten Krieges und der Konkurrenz der Systeme sind jetzt definitiv überholt. Gebraucht wird ein „Gorilla unter den geopolitischen Bezeichnungen“[43] – eben das Empire. Die 'Empire-Gelehrten' (E. Eakin in der New York Times) konzedieren zwar, dass Amerika heute nicht nur mit roher Gewalt operiert, sondern ihre „wohlwollende Herrschaft“ (Wolfowitz) auch mit ökonomischen, kulturellen und politischen Mitteln realisiert. Man möchte andere Völker lieber zu Amerikanern machen als sie mit Krieg zu überziehen. "Wir sind immer noch ein attraktives Imperium", sagt Max Boot. Und aus genau diesem Grunde müsse man sich für eine Pax Americana stark machen. Gerade in einer anarchischen Welt, mit Schurkenstaaten und terroristischen Zellen, biete eine den Globus beherrschende USA den besten Garanten für Frieden und Stabilität. "Es gibt eine positive Seite am Empire," sagt Robert Kagan. "Es ist in mancher Hinsicht die gütigste Ordnungsform."  Und: “Die Wahrheit ist, dass die wohlwollende Hegemonie der Vereinigten Staaten für weite Teile der Weltbevölkerung gut ist. Sie  ist ohne Zweifel ein besseres internationales Arrangement als alle realistischen Alternativen."[44]

Doch die begriffliche Verschiebung von „Dominanz“ über „Hegemonie“ zu „Empire“ ist demgegenüber vor allem deshalb bedeutungsvoll, weil sich damit die klassische Vorstellung von einer direkten politischen Kontrolle durch ein imperiales Zentrum in den Vordergrund schiebt. Hegemonie durch Zwang (coercion) wird aktzentuiert gegenüber der Hegemonie durch Führung (leadership). Der Krieg gegen Afghanistan – bzw. „gegen den Terror“ – operierte mit Begriffen wie „unendliche Gerechtigkeit“ oder „grenzenlose Freiheit“. Tatsächlich aber geht es um indefinite dominance. Für Boot besteht das American Empire aus einem „inneren Kern“, zu dem Nordamerika, Westeuropa und das nordöstliche Asien gehören[45]; die neuen Hegemonialkämpfe dort sind das eine – der neue Tumult an der Peripherie ist das andere. Das American Empire ist ein Versuch, mit beidem umzugehen. Es ist – noch – nur ein Versuch, aus der bisherigen strategischen Konstellation auszubrechen: Breakout. Rethorik, Konzept, Strategie und Politik des Empire-Lagers sind nicht neu. Aber die Macht ist mit ihnen – jetzt. 

Anmerkungen

[1] FAZ v. 23.9.2002, WP v. 1.10.2002

[2] The National Security Strategy of the United States of America, Washington September 2002 (NSS), Vorwort George W. Bush, S.1.

[3] Paul Kennedy, der Autor von “The Rise and Fall of the Great Powers” schrieb in der Financial Times v. 1. 2. 2002: "Nichts hat jemals existiert wie diese Disparität der Macht; nichts. " Siehe auch Luis Teodoro, World Domination (2), ABS-CBNNEws.com v. 30.9.2002. Politisch relevant wurde neuerdings eine Skizze dieses Abstandes durch Stephen G. Brooks, William C. Wohlforth: American Primacy in Perspective, in: Foreign Affairs Juli/August 2002. Sie versuchen ihre These zu begründen: “In keiner kritischen Machtdimension haben die Vereinigten Staaten einen Rivalen. Es hat niemals ein System souveräner Staaten gegeben, zu dem ein Staat mit einem solchen Maß an Dominanz gehörte." Und: “Wenn nicht das heutige Primat Amerikas Uniploarität konstituiert, dann wird dies nie der Fall sein.”

[4] Tony Judt: Review Its Own Worst Enemy, in: The New York Review of Books v. 15.8.2002.

[5] Walden Bello: Unraveling of the Atlantic Alliance? TNI Focus on Trade No. 81, September 2002

[6] S. Condolezza Rice in einer Rede im April 2002: (zit. nach Frances FitzGerald: George Bush & the World, in: The New York Review of Books v. 26.9.2002). Siehe auch G. John Ikenberry: America's Imperial Ambition, in: Foreign Affairs Sommer 5/2002, S.44-60. George Kennan als konzeptiver Vater der Eindämmungsstrategie bezeichnete in einem Interview Bush`s NSS als “im Prinzip einen Riesenfehler”. (The Hill v. 25.9.02)

[7] Ihre Grundlage entstanden unter Reagan, als die Restriktionen der US-amerikanisch geprägten kapitalistischen Eigentumsrechte beseitigt wurden 

[8] S. Ivo H. Daalder, James M. Lindsay, and James B. Steinberg: The Bush National Security Strategy: An Evaluation. Brookings Policy Brief v. 4.10.2002: "Obwohl es unhöflich und erst recht unklug sein mag, den Primat Amerikas so unverblümt auszusprechen, ist dies für den Zeitraum des nächsten Jahrzehnts weder ein unerreichbares noch ein unvernünftiges Ziel.“ Dementsprechend geht ihre Kritik an der NSS auf zwar wesentliche, gleichwohl aber bloß taktische Fragen: „Erstens formuliert die Strategie als ein Ziel die Förderung der Freiheit im globalen Maßstab, gibt aber einer Antiterrorismuspolitik den Vorrang, die stark auf die Unterstützung von Ländern baut, die in vielen Fällen die Grundwerte Amerikas nicht teilen. Zweitens ist die Strategie nicht imstande die Grenzen der präventiven Politik als Methode des Umgehens mit Schurkenstaaten anerzukennen. Drittens betont die Strategie ad-hoc-Koalitionen als bevorzugtes Instrument für die Bekämpfung der Bedrohungen des internationalen Sicherheitsregimes und unterschätzt die Beiträge, welche breite Allianzen und Institutionen geben können, um die Interessen der USA langfristig zu sichern. Endlich warnt die Strategie vor den Gefahren der „failed states”, schlägt aber ökonomische und politische Hilfsprogramme vor, die ungeeignet sind, diese Gefahr zu beseitigen.“ S.a. die Analyse des NSS von Karl-Heinz Kamp, in: Frankfurter Rundschau (FR) v. 4.10.2002

[9] Wolfowitz studierte im neokonservativen Milieu der Universität Chicago; sein Mentor war Albert Wohlstetter, der als „Gottvater der entspannungsfeindlichen Schule im Kalten Krieg“ galt (New York Times [NYT] v.22.9.02); er arbeitete dann in der Arms Control and Disarmament Agency und in den Clinton-Jahren als Dekan der School of Advanced International Studies an der John Hopkins Universität. Stephen J. Hadley, der für C. Rice einem Kommitte von Kabinettsabgeordneten zu Fragen der Nationalen Sicherheit vorsitzt, arbeitete für Wolfowitz, als dieser im DoD unter Dick Cheney tätig war.

[10] Richard Perle arbeitete 1969-1980 im US-Senat und von 1981 bis 1987 im Pentagon. Als Resident Fellow ist er dem mächtigen American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI) verbunden. Er gilt wie Rumsfeld, der übrigens seit der Nixon-Präsidentschaft eng mit Cheney befreundet war, als harter Verfechter des Aufbaus eines Raketenabwehrsystems, s. National Post v. 2.5.2001.

[11] S. http://www.newamericancentury.org/. J. Bookman: The president`s real goal in Iraq, in: The Atlanta Hournal-Constitution v.29.9.02. Robert Kagan: Power and Weakness, in: Policy Review 113 (2002). Über das Projekt wurde im Januar 1998 ein Brief von 18 Neokonservativen an den Präsidenten organisiert, in dem der Sturz Husseins gefordert wurde. Unterzeichner wie Armitage, Bolton, Rumsfeld, Dobriansky, Khalilzad, Rodman, Wolfowitz oder Zoellick wurden gehörten später zur Bush - Administration. Kurz nach Nineleven folgte am 20.9. 2001 ein weiteres Schreiben der „Kreuzzugsneokonservativen“ (Hirsh), das diese Forderung erneuerte und u.a. gezeichnet war William Kristol, Richard V. Allen, Gary Bauer, William J. Bennett, Midge Decter,Thomas Donnelly, Aaron Friedberg, Francis Fukuyama, Robert Kagan, Jeane Kirkpatrick, Charles Krauthammer, Richard Perle, Norman Podhoretz und Stephen P. Rosen. Seitens des Brookings-Instituts wird diese reaganitische Gruppe auch als “demokratische Imperialisten” charakterisiert. Sie setzen auf im Zweifel militärische Etablierung amerikanisierter Ordnungen in der Welt („Regime Change“), wogegen die Richtung um Rumsfeld oder Cheney, mit denen sie ein langjähriges Bündnis eingegangen sind, eher in der Welt der Sicherung der us-amerikanischen Militärhegemonie operieren, s. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 6.10.2002. Zur Rolle Kristols siehe WP v. 19.3.2002: “Shattan, der für Kristol arbeitete, während dieser der Chief of Staff des Vizepräsidenten Dan Quayle war, wird zu Bush`s Redenschreiber Matthew Scully und zu Cheney`s redenschreiber John McConnell stoßen, die beide damals ebenfalls für Kristol arbeiteten. Peter Wehner, der ebenfalls Reden für Bush schreibt, arbeitete für Kristol als dieser der Chief of Staff des damaligen Bildungsministers William Bennett war, während der Redenschreiber Matthew Rees (National Security Council ) für Kristol im „Standard“ arbeitete. Doch es geht nicht nur um die Wortschmiede. Der Staatssekretär im Energieministerium Spencer Abraham ist mit Kristol aus den  Quayle – Tagen verbunden, während der Chef der Drogenkontrollpolitik John Walters unter Kristol im Erziehungsministerium arbeitete. Jay Lefkowitz, der neue Direktor von Bush`s “Domestic Policy Council”, war Kristol's Rechtsanwalt. Andere Mitglieder der Kristol-Seilschaft sind der Senior Director des NSC Elliott Abrams, Cheney`s Chief of Staff I. Lewis "Scooter" Libby, der Deputy Defense Secretary Paul Wolfowitz, der Undersecretary of State John Bolton und Leon Kass, der Vorsitzende des Biothethik-Panels der Bush-Administration. Die Tentakel reichen bis ins Küchenkabinett: Al Hubbard, ein enger Freund von Bush, war Kristol's Stellvertreter im Quayle Team.” Charakteristisch für dieses Netzwerk ist die starke Präsenz bekannter Autoren in einigen nationalen Medien wie dem Wall Street Journal, der Washington Times, dem National Review, der New York Post und der New Republic, die Unterstützung durch eine Reihe großer Thinktanks (Hoover, Heritage, AEI, Hudson Institute) oder Stiftungen (Scaife, Olin), s. The Guardian v. 19.8.2002

[12] “Nach Meldungen von CBS vermerken Notizen von Militärs, die während der Angriffe bei Rumsfeld waren, von ihm die Worte: "best info fast. judge whether good enough to hit S.H." – das bedeuted Saddam Hussein - obwohl alle Geheimdienstberichte auf Osama bin Laden als Verantwortlichem für die Attacken verwiesen. "At same time, not only UBL [bin Laden]," vermerken die Notizen Rumsfeld im Originalton: "Go massive. Sweep it all up. Things related and not," wie CBS berichtete.” AP-Bay-Area.com 5.9.2002

[13] QDR-01, S. 13.

[14] Der Begriff  soll auf Bush`s Redenschreiber David Frum zurückgehen, der Autor des Weekly Standard war und der neokonservativen Gruppe zugerechnet wird. Bush erklärte: "...Wir müssen terroristische Lager beseitigen, die Pläne der Terroristen zerschlagen und sie der Gerechtigkeit zuführen. Wir müssen präventiv handeln gegen Terroristen und Regime, welche nach chemischen, biologischen oder atomaren Waffen streben, um die Vereinigten Staaten und die Welt zu bedrohen." (State of the Union Address, 29.1.2002.)

[15] West-Point Rede Mitte 2002, zit. nach Nicholas Lemann: The War on What? In: The New Yorker v.16.9.02. Die Formulierung Bush`s: "bereit sein für vorbeugende Aktion falls notwendig".

[16] Zit. nach Michael Lind: Is America the New Empire? In: The Globalist 19.6.2002. Vgl. auch NYT v. 22.9.2002

[17] So damals im Kontext der SDI-Debatte und Auseinandersetzung um die Stationierung von Mittelstreckenraketen der Titel des viel beachteten Aufsatzes von Colin S. Gray und Keith B. Payne in Foreign Policy 39 (1980) S.14ff.; siehe nun Colin S. Gray: Defining and Achieving Decisive Victory, Strategic Studies Institute US Army War College, Carlisle April 2002.

[18] C. Layne, The Unipolar Illusion: Why New Great Powers Will Rise, in: International Security, Frühjahr 1993;  Charles Krauthammer: The Unipolar Moment, in: Foreign Affairs Nr. 70 (1990-91); John G. Ikenberry: American Grand Strategy in the Age of Terror. In: Survival 4/ 2001-02, S. 19–34; Steve E. Miller: The End of Unilateralism or Unilateralism Redux? In: The Washington Quarterly, 1/ 2002, S. 15–29; Joseph S. Nye: Tests: Between Concert and Unilateralism. In: The National Interest Winter 2001/02, S. 5–13.

[19] S.2f.; Robert Kagan, William Kristol: The Bush Doctrine Unfolds, in: Weekly Standard v. 4.3.2002

[20] D. Cheney war damals Verteidigungsminister. Der Entwurf trug die Handschrift von Wolfowitz und Libby. Nachdem er bekannt wurde, zogen ihn die Verfasser zurück. Der Report “Rebuilding America`s Defense“ des neokonservativen “Project for the New American Century“ aus 2000 knüpfte explizit an diesen Entwurf an (S.II). S. Michael T. Klare: Endless Military Superiority, in: The Nation v. 15.7.2002, Nicholas Lemann: The Next World Order, in: The New Yorker v.1.4.2002 und Frances FitzGerald: George Bush & the World, in: The New York Review of Books v. 26.9.2002.

[21] NSS, S.30. Der Satz " Der Präsident beabsichtigt nicht, irgend einer ausländischen Macht zu erlauben, den riesigen Vorsprung einzuholen, welche die USA seit dem Fall der Sowjetunion erlangt hat" stand in der am 20.9.2002 vormittags verteilten Version, am Nachmittag war er entfernt worden, s. das Press-Briefing des Pressesprechers Fleischer.  http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/09/20020920-2.html. Etwas roher formuliert von neokonservativer Seite bei Ben Wattenberg: die Aufgabe sei es " wachsam zu sein gegen die Entstehung feindlicher regionaler Supermächte – zum Beispiel Irak oder  China. Amerika ist die Nummer 1. Wir stehen für etwas Anständiges und Wichtiges. Das ist gut für uns und für die Welt. So wollen wir es halten." Washington Times v. 12.4.2002

[22] The Times of India v. 26.9.2002.

[23] S. Michael T. Klare: Endless Military Superiority, in: The Nation v. 15.7.2002. Minister Rumsfeld am 31.1.2002: "gegen das Unbekannte, das Unsichere, das Ungesehene und das Unerwartete". Oder andernorts und - in den Worten von Ikenberry - nicht ohne Eleganz: “Es gibt Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie kennen. Dann gibt es Dinge, von denen wir wissen, dass wir nichts von ihnen wissen. Aber dann gibt es auch von denen wir nichts wissen. Jedes Jahre entdecken wir ein wenig mehr von solchen Dingen, von denen wir nichts wissen.“ Hier geht es allerdings nicht nur um Terror: “die Abwesenheit von Evidenz bedeutet nicht die Evidenz einer Abwesenheit von Massenvernichtungswaffen.” Zit. nach G. J. Ikenberry, America`s Imperial Ambition, in: Foreign Affairs 5 /2002 S.50f. Die daraus sich ergebende Selbstbezüglichkeit des politischen Handelns, die sich nur ein Empire leisten kann, steht für einen bemerkenswert autistischen Politiktypus. Dennoch ist er politikpraktisch keineswegs diffus.  “Es wäre wünschenswert anzunehmen, daß dieser neue Konsens…die Anerkennung der Tatsache reflektiert… dass die Vereinigten Staaten es sich nicht leisten können, dass eine feindliche Macht Europa, Asien oder den Persischen Golf beherrscht.“ Paul Wolfowitz: Remembering the Future, in: The National Interest 59 (2000). Anthony Lake, Clintons erster National Sicherheitsberater, erklärte: “Die Nachfolgerin einer Doktrin der Eindämmung muss eine Strategie der Expansion (enlargment) sein – der Ausdehnung der Weltgemeinschaft freier Marktdemokratien”, From Containment to Enlargement, School of Advanced International Studies, John Hopkins University, Washington 21.9.1993. Zit. nach der ausgezeichneten Studie von Peter Gowan: The American Campaign for Global Sovereignty, in: Socialist Register 2003, London 2002, S.9.

[24] Der frühere Außenminister Shultz plädierte für eine „hot preemption“, in: Hoover Digest 3/2002.

[25] NSS, S.6. " Wir müssen die Bedrohung abschrecken und bekämpfen, bevor sie wirksam geworden ist " (NSS, S.14). “Amerika wird gegen solche Gefahren, die entstehen, handeln, bevor sie voll entwickelt sind .” (Geleitwort Bush zum NSS, S.2). S.a. Richard Perle im Daily Telegraph v.9.8.2002 und Michael J. Glennon, Preempting Terrorism: The case for anticipatory self-defense, in: Weekly Standard v. 28.1.2002.

[26] Die Ausweitung der Zielliste auf „Schurkenstaaten“ geschah freilich bereits unter Clinton, S. Walter Pincus: U.S. Nuclear Arms Stance Modified by Policy Study, in: WP v. 23.3. 2002, A14; Thomas E. Ricks, Vernon Loeb: Bush Developing Military Policy of Striking First, in: WP 10. 6. 2002, A1; Anatol Lieven: The End of the West? In: Prospect 78 (2002)

[27] Richard Perle etwa äußerte sich Mitte Oktober 2001 in PBS-Frontline zu Saddam Hussein: “Er ist wahrscheinlich das gefährlichste Individuum in der heutigen Welt…Die Frage Saddam Hussein steht mitten im Zentrum des Krieges gegen den Terrorismus. Es kann keinen Sieg im Krieg gegen den Terrorismus geben wenn am Ende Saddam Hussein immer noch an der Macht ist…nicht nur weil er den Terrorismus unterstützt, nicht nur weil er Terroristen ausbildet und ihnen Zuflucht gibt – sondern weil er das Symbol des Abfalls von allen westlichen Werten ist. Er gewinnt. Und weil er gewinnt und weil er schreckliche Fähigkeiten besitzt, stellt er eine dauerhafte Gefahr für uns und für andere dar.”

[28] NYT v. 22.9.2002. S. a. Robert Kagan, Multilateralism, American Style, in: WP v. 13.9.2002: “Für die meisten amerikanischen Multilateralisten ist der UN-Sicherheitsrat nicht die letzte Autorität. Das ist so eine Art Beratungseinrichtung. Wenn sie die richtige Empfehlung macht, stärkt sie unsere Sache. Wenn nicht, kann man sie immer ignorieren.“ Von Bolton ist der Satz überliefert: “So etwas wie die Vereinten Nationen gibt es nicht" und: “Es gibt eine internationale Gemeinschaft, die von der einzigen wirklichen geführt werden kann, die in der Welt übrig geblieben ist, und das sind die Vereinigten Staaten – sofern es unseren Interessen dient und wenn wir andere dazu bringen können, sich uns anzuschließen." Zit. nach Frances FitzGerald: George Bush & the World, in: The New York Review of Books v. 26.9.2002

[29] Die Ausnahmen sind das Finanzsystem und die militärisch relevante Hochtechnik.

[30] Zit. nach Nicholas Lemann: The Next World Order, in: The New Yorker v.1.4.2002. Dahinter steht ebenfalls, dass ein “intelligenter Unilateralismus” der USA beansprucht, unter militärischen Aspekten in die Innenpolitik anderer Länder zu intervenieren, s. Anne Appelbaum: The New World Order, Hoover Digest 3/2002:“ ….Was wir brauchen, ist nicht arroganter, sondern intelligenter Unilateralismus…mit der Zeit werden wir nach meiner Meinung nicht nur an den Atomprogrammen anderer Völker interessiert sein, sondern auch an ihrer Einwanderungs- und Asylpolitik;: an ihren Polizeikräften; und vor allem an ihren Bildungssystemen.“ 

[31] "Das zwanzigste Jahrhundert endete mit einem einzigen überlebenden Modell des Menschheitsfortschritts" formulierte Bush in seiner Rede in West Point in Worten, die später in der NSS aufgenommen wurden, "das basiert auf den nicht-verhandelbaren Forderungen nach menschlicher Würde, den Gesetzes des Rechts, den Begrenzungen des Staates, dem Respekt für Frauen und Privateigentum und freier Rede und gleichem Recht und religiöser Toleranz." Zit. nach Michael Hirsh: Bush and the World, in: Foreign Affairs September / October 2002. Die Referenz auf religiöse Auserwähltheit ist bei Bush gängig, s. z.B. “Diese Nation ist auserwählt von Gott und von der Geschichte beauftragt, für die Welt ein Modell für Gerechtigkeit, Integrationsfähigkeit und  Vielfalt ohne Spaltungen zu sein”, George W. Bush: Remarks at the Simon Wiesenthal Centre, (2000). “Und wir glauben, dass unsere Nation auf der richtigen Seite der geschichte steht – der Seite der Menschenwürde und und der Gerechtigkeit Gottes”.  George W. Bush: “A Distinctly American Internationalism”, (1999), www.georgebush.com//speeches/

[32] Peter Rudolf: Wie der 11. September die amerikanische Außenpolitik verändert hat. Bilanz nach einem Jahr swp-aktuell 33, September 2002

[33] Stephen Peter Rosen: The Future of War and the American Military, in: Harvard Magazine 5/2002.

[34] S. zum folgenden vor allem die Website von H. J . Krysmanski zum Thema „Neue Weltordnung“ (2002) sowie Jürgen Wagner, Das ewige Imperium, Hamburg 2002; Philip S. Golub: Das Imperium Americanum als historisches Konzept, in: Le monde diplomatique September 2002; Emily Eakin: „It takes an empire“, say several U.S. thinkers, in: NYT v.2.4.2002; Thomas E. Ricks Empire or Not? A Quiet Debate Over U.S. Role, in: WP v. 21.8.2001, S. A01; Tom Hayden: It`s Empire Versus Democracy, Alternet.org v. 27.9.2002; Thomas Bray: Is America beginning to create an empire? The Detroit News v. 23.1.2002; Franz Schurmann: Travelers, Workers, Believers in the American Empire Directions, NCM Online, 22.8.2002: “In Amerika passieren eine Menge Weränderungen. Die größte ist der Wandel von der Demokratie zum Empire.”

[35] H. Kissinger: Does America Need a Foreign Policy? New York 2001. Kissinger lehnte das Imperiumskonzept ab. Schließlich seien die USA weit besser positioniert als das alte Rom oder das britische Empire.

[36] Joseph S. Nye jr.: "The Paradox of American Power", New York 2002, S. 1. Nye war Rektor der Kennedy School of Government an der Harvard University Dye und in der  Clinton-Regierung Staatssekretär im Pentagon.

[37] Dinesh D'Souza: In praise of American empire, in: The Christian Science Monitor v. 26.4.2002.

[38] Zitiert nach Jonathan Freedland: Rome, AD ... Rome, DC? In: The Guardian v. 18.9.2002

[39] Warrior Politics: Why Leadership Demands a Pagan Ethos ('Eine Politik für Krieger: Warum Führung ein heidnisches Ethos braucht') Random House 2001; s. a. Andrew J. Bacevich: Amercian Empire, in: Süddeutsche Zeitung v. 30.7.2002 sowie ders., American Empire, Harvard 2002; Peter Bender, Das Amerikanische und das Römische Imperium. Ein Vergleich, in: Merkur 9/10 (2000) S. 890-900.

[40] S. Weekly Standard v. 15. Oktober 2001

[41] Süddeutsche Zeitung v. 26.09.2002.

[42] “Worum es in Wirklichkeit geht… sind nicht einfach amerikanische Interessen oder amerikanische Ideale. Es geht um amerikanische Identität, vor allem um die Neuerfindung der amerikanischen Identität durch die politischen, ökonomischen und kulturellen Eliten, um sie für die neue Ära der Globalisierung zu rüsten. Während Amerika bei weitem die stärkste Macht und die größte Ökonomie auf dem Globus ist, glauben diese Eliten, dass es nicht länger ausreicht für Amerika, nur aus dem nordamerikanischen Kontinent und nur aus Amerikanern zu bestehen; diese Definition von Amerika ist überholt…es ist noch nicht möglich für Amerika gleichermaßen auf jedem Kontinent zu existieren und gleichermaßen aus Völkern von überall auf der Welt zu bestehen; diese Definition von Amerika ist voreilig. Die Definition von Amerika die am besten zur gegenwärtigen Epoche passt…ist eine, welche als Teil der neuen und vergößerten amerikanischen Identität Europa einschließt, jenen Kontinent, der am weitesten den amerikanischen Weg gegangen ist.“In: The National Interest 65 ( 2001).

[43] Jonathan Freedland: Rome, AD ... Rome, DC? The Guardian v. 18.9.2002

[44] Robert Kagan, "The Benevolent Empire",in: Foreign Policy, Sommer 1998.

[45] Max Boot: Savage Wars of Peace, in: Hoover Digest 3/2002

Editorische Anmerkung

Der Artikel ist eine Spiegelung von
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