Jugoslawien
Chaos und ökonomisches Desaster !
Von Max Brym
12/02
 
 
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Am 8. Dezember fanden in Serbien, neuerlich Präsidentschaftswahlen statt. Das Resultat war grausam. Kostunica der sich selbst als konservativer Patriot ausgibt, erreichte 58 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Führer der faschistischen Serbischen Radikalen Partei Seselj kam auf erstaunliche 36 Prozent. Jener Seselj ist ein enger Freund von Jean Marie Le Pen und ein Bewunderer von Saddam Hussein. Aus dem Gefängnis in Den Haag erging der Ruf von Slobodan Milosevic an seine Anhänger, den Faschisten Seselj zu wählen. Dennoch hat Serbien keinen neuen Präsidenten, die offizielle Wahlbeteiligung lag wieder unter 50 Prozent. Das Wahlgesetz sieht jedoch eine Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent vor. Kostunica ist stinksauer er bezichtigt den serbischen Ministerpräsidenten Djiindjic, die Wahl manipuliert zu haben. Dieser hatte zur Wahl keinen aus dem eigenen Lager aufgestellt. Jetzt wird er von Kostunica mit einem Putsch bedroht, da angeblich in den Wählerlisten 830000 tausend Phantome aufgetaucht seien. Ohne diese Phantome so Kostunica wäre die Wahlbeteiligung bei 51,7 Prozent gelegen. Damit wäre Kostunica Präsident in Serbien geworden. Im Januar ist er seinen Job los, denn Jugoslawien wird per Verfassungsänderung in Serbien und Montenegro umgetauft. Ab Januar wird es kein Jugoslawien und demzufolge auch keinen jugoslawischen Präsidenten mehr geben. Die DSS (Serbische Demokratische Partei) von Kostunica überlegt nun, wie sie die Regierung Djiindjic am besten stürzen könnte. Die Nationalisten erwägen, mit Seseljs Rechtsextremisten und den Überresten der „Sozialistischen Partei Milosevics, eine gemeinsame parlamentarische Front zu bilden, die die Regierungsarbeit blockiert.Gelänge das, müßte Djiindjic bald Neuwahlen ausrufen. Auf diesem Weg hofft Kostunica der in Serbien immer noch populärer ist, als Djiindjic, den Machtkampf für sich zu entscheiden.

Der Inhalt des Machtkampfes

Djiindjic ist in Serbien weitgehend unpopulär . Nach den Plänen von Djindjic sollen bis zum Jahr 2005 alle staatlichen Aktiengesellschaften zugunsten westlicher Investoren privatisiert sein. Er stützt sich auf neoliberale Intellektuelle sowie auf bestimmte Mafiastrukturen. Seine Hauptunterstützer befinden sich jedoch in den westlichen Metropolen. Besonders erwähnenswert ist hier sein Freund Joschka Fischer, die kennen sich noch aus gemeinsamen Tagen in Frankfurt. Die jugoslawische Außenhandelsbilanz unterstreicht diese Freundschaft ökonomisch. Der Import von Waren aus der BRD liegt mit 13,4% ( Fischer Welalmanach 2003) an erster Stelle. Die Auslandsverschuldung lag im Jahr 2000 bei fast 12 Milliarden Dollar. Ein größerer Teil der Ansprüche liegt in der Hand von deutschen Banken. Jedoch gibt es in Serbien fast keinerlei deutsche Kapitalinvestitionen. Das soll sich ändern, deshalb setzt das deutsche Bürgertum auf Djiindjic auf Stabilität und Unterwürfigkeit. Kostunica und die Faschisten um Seselj sind hingegen mit dem nationalen Privatkapitalisten den Managern der staatlichen Aktiengesellschaften und stark mit französischem sowie griechischem Kapital verbunden. Sie sind an einer permanenten Unruhe interessiert. Denn die zu privatisierenden Betriebe verlieren durch politisches Chaos weiter an Wert. Das verschafft den alten Bürokraten die Möglichkeit, noch mehr Betriebe in ihre nationalen privatkapitalistischen Hände zu bekommen. Das folgt dem Weg Milosevics, denn Jugoslawien hatte im Januar 1999 einen höheren Privatisierungsgrad erreicht, als ZB. Kroatien. Die Privatisierung lief national, nachdem die selbstverwalteten Betriebe in staatliche Ags umgewandelt wurden, das verwandelte die Betriebsleiter in Aktionäre, die das Geld dazu benützen um den Groß und Einzelhandel in ihre privaten Hände zu nehmen.. Die Arbeiter hatten nichts von den staatlichen Aktiengesellschaften. Heute auch als Folge des NATO-Krieges gegen Jugoslawien, sind offiziell 2,5 Millionen Menschen in Serbien und Montenegro arbeitslos. Annähernd die gleiche Zahl ist „zwangsbeurlaubt“ demzufolge ohne jegliche Einkünfte. Schätzungen zufolge leben zwei Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Für diese Menschen hat weder der Djiindjic-Block noch der Kostunica-Block ein soziales Programm. Die Leute um Djiindjic wollen Ruhe und Ordnung zugunsten ausländischer Investoren und die Leute um Kostunica fortgesetzte Randale, um selbst an die kapitalistischen Futtertröge zu gelangen. Damit das nicht auffällt befleißigen sich beide Lager einer nationalistischen Rhetorik.

Nationalismus

Der Kosovo-Mythos ist beiden Lagern gemeinsam. Im neuen Verfassungsentwurf bezüglich der Föderation Serbien-Montenegro wird Kosovo als Teil Serbiens definiert. Die Legende von der Schlacht am Amselfeld bleibt Bestandteil der serbischen Politik. Der Anspruch auf Kosova wird aufrechterhalten, nicht einmal von einer Autonomie Kosovas ist in dem Verfassungstext die Rede. In dieser Frage gab es zwischen Djindjic und Kostunica nicht die geringsten Differenzen. Das ist auch nicht verwunderlich, denn Kostunica zeigte im Wahlkampf mit Freude auf ein Bild, das ihn mit einer Kalaschnikow zeigt. Jenes Bild zeigte Kostunica in Kosova, anläßlich einer Rede vor berüchtigten Killertruppen. Djiindjic ist heute noch Stolz auf seine Freundschaft mit General Mladic. Im Jahr 1995 griff Djiindjic Herrn Milosevic an, da jener nicht genügend die Mladic-Truppen in Bosnien „unterstützte“. Es ist kein Zufall, dass der Mörder-General Mladic in Belgrad ungeniert zu Fußballspielen geht und in einem bekannten Restaurant in der Belgrader Innenstadt speist, während Frau Del-Ponte gerade mit Djiindjic über dessen Überstellung nach Den Haag verhandelt (FAZ 22.11.02. Koha Ditore 23.11.02). Dieses Beispiel soll die immer noch gegebene Stärke der alten Armee Kader belegen, es ist keine Sympathie Erklärung für Frau Del-Ponte.

Überwindung des Nationalismus

Derzeit stagniert der Durchschnittslohn in Serbien bei erbärmlichen 250 Euro im Monat. Mit noch viel weniger müssen, die Arbeitslosen und die Rentner auskommen. Die Inflation liegt offiziell bei 50%. Nach Schätzungen der Weltbank hat in Serbien gegenwärtig, die Hälfte der Bevölkerung weniger als 2. Euro zur Verfügung. Die dramatische Entwertung der Betriebe führt zu Auktionen in denen die serbische Mafia die Dinger günstig ersteigert. Abgefedert wird das ideologisch durch den herrschenden Chauvinismus. Solange die Unterdrückten und Beleidigten nicht mit dem Nationalismus und dem Kosovo-Mythos brechen haben sie keine Perspektive. In Deutschland gilt es sich mit jenen Kräften zu solidarisieren, die tatsächlich mit dem inneren serbischen Nationalismus gebrochen haben Leider sind es bis dato nur kleine anarchosyndikalistische Gruppen in der Assoziation Unabhängiger Gewerkschaften. Daneben gibt es noch kleinere Zirkel, die mit dem noch in Wien lebenden ehem. Belgrader Bürgermeister Bogdanovic verbunden sind.

Editorische Anmerkungen

Max Brym schickte uns den Artikel zur Veröffentlichung. Max Brym lebt als freier Journalist in München. Im Partisan.net hat er seine Homepage.