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Softwarepatente in Europa
Knüppel zwischen die Beine der Freeware-Bewegung

von Ulli Meybohm

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Um es erstmal kurz zu machen: Die Europäische Union spielt mit dem Gedanken das Verbot von Softwarepatenten aufzuheben, und die Patentierung von Algorithmen und Methoden auch hier in Europa zu ermöglichen.

In den USA ist dies schon seit längerer Zeit erlaubt, und man sollte vermuten, dass nun die Lächerlichkeit amerikanischen Beispiels eigentlich zu abschreckend ist um, es als ernsthafte Option anzusehen, wenn sogar die grossen Firmen wie Oracle behaupten, das Patentsystem sei eher kontraproduktiv und verhindere Fortschritt. Leider versucht die amerikanische Regierung im altbekannten "King of the World"-Wahn und mit der Gewissheit, das der amerikanische Weg der einzig richtige sei, die ganze Welt von der Notwendigkeit von Softwarepatenten zu überzeugen, wie bei Japan gesehen schon erfolgreich.

Unter Free- oder Shareware-Autoren und bei kleineren Firmen und Startups sind Softwarepatente schon immer gefürchtet, da sie Wettbewerb im IT-Bereich verhindern, weil die verschiedensten Patente sie daran hindern, freie oder billigere Versionen von proprietären kommerziellen Programme zu schreiben, die bestimmte patentierte Verfahren verwenden. Vom RSA-Algorithmus, MP3 über das GIF-Format, W3C-Standards bis zum Hyperlink, wird alles versucht zu patentieren. Patente fördern Monopolismus und untergraben die Freeware-Bewegung. Die meisten Leute, die auf meiner Homepage sind (und das sind nicht wenig), laden eines oder mehrere meiner Freeware-Programme runter. All die, die auch von Freeware profitieren, bitte ich nun, auch in ihrem eigenen Interesse den Text weiter zu lesen, und sich über das Thema zu informieren, und anschliessend per Webformular sich der Petition gegen Softwarepatente anzuschliessen, die von EuroLinux ins Leben gerufen wurde. Die Autoren von freier Software arbeiten hart für ihre Software. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Benutzer der freien Software etwas für die Autoren tun und die Petition unterstützten.

Die Petition wird von bekannten Namen wie unter vielen anderen GNU, Free-Software-Foundation, Die League for Programming Freedom des renomierten M.I.T. Instituts, Uni-Rostock Lehrstuhl IuK, Suse AG, Linux-Mandrake, Linuxcare, KDE, MySQL/T.c.X., TrollTech, Europe-Shareware und dem Deutschem Linux-Verband unterstützt und wurde bereits von fast 30000 Personen unterzeichnet, hauptsächlich von hochqualifizierten Fachkräfte aus dem IT-Bereich, die wissen worum es geht, und die die Gefahren von Patenten genau kennen. Um politisch bei der E.U. Druck machen zu können, brauchen wir allerdings noch mehr Unterstützer. Es wäre schön, wenn sich einige die Minute Zeit nehmen, und sich der Petition anschliessen oder eventuell sogar die Seite mit einem Banner zu verlinken oder Freunden von der Aktion erzählt. Die Aktion braucht vor allem Aufmerksamkeit! Wer sich unsicher ist, kann hier weiter unten noch mehr Hintergrundinformationen und Links bekommen.

Um meine Meinung zu Softwarepatenten nochmal mit freundlichem Gruss an alle Patentlobbyisten und Euro-Bürokraten bildlich zusammenzufassen:

Beispiel

Ein Beispiel für die ganze Armseligkeit einiger Patente, hier ein Beispiel das die League for Programming Freedom auf ihren Seiten aufgeführt hat, nämlich das verwenden des XOR-Operators zum zeichnen des Mauszeigers. Ich habe übrigens in einigen meinen allerersten (unveröffentlichten) Programmen die mit Grafik zu tun hatten, dieselbe Technik verwendet, ohne dass ich jemals auch nur irgendetwas von dem Patent gehört beziehungsweise von der "Technik" gelesen habe. Das war einfach zwangsläufig der richtige Algorithmus um den Mauszeiger (in meinem Fall das Fadenkreuz eines sehr simplen 2D Shooters) zu zeichnen. Wenn das ein 17 jähriger Abiturient programmieren kann das keine so komplexe Sache sein, dass man auch nur daran denken könnte, dass so etwas ein Patent wert wäre. Der Algorithmus ist übrigens in Wirklichkeit tatsächlich nur 3 Zeilen lang. In der Tat drehen sich viele Patente um relativ triviale Sachen, wie jüngst zum Beispiel versucht wurde Hyperlinks oder die One-Click-Technik zu patentieren.

Ein anderes Beispiel ist der RSA-Verschlüsselungsalgorithmus. Der Algorithmus basiert auf alten mathematischen Erkenntnissen, die Euler vor langer Zeit einmal gemacht hat. Und jetzt benutzt einer die freie Mathematik und erschleicht sich ein Patent. Programmieren ist im Prinzip Mathematik. Kein Mathematiker ist je auf die Idee gekommen, seine Erkenntnisse patentieren zu lassen. Was wäre, wenn Einstein seine Relativitätstheorie patentiert hätte? Kriminell wird die ganze Sache werden, wenn Patente auch auf medizinische und genetische Techniken erlaubt werden. Jeder kann sich selbst Gedanken darüber machen... Gedanken sind *noch* frei in Europa, und noch nicht patentierbar...

Ressourcen im Netz

Ich habe ein bisschen im Netz recherchiert, und will hier eine kurze Übersicht über das Thema geben. Ein interessanter Artikel ist der von Richard Stallman - The Anatomy of a Trivial Patent. Hier zerlegt der Gründer der Free-Software-Foundation, der zentrale Programmierer des GNU\Linux-Systems das Patentamts-Kauderwelsch eines gültigen Patents in seine Einzelteile und macht die Lächerlichkeit des ganzen Patents deutlich.

Die Petition gegen Softwarepatente befindet sich auf petition.eurolinux.org. Hier gibt es auch Hintergruende und Links zum Thema. Eine gute Übersicht bietet auch www.freepatents.org sowie die League for Programming Freedom des M.I.T. und die Seiten der Free-Software-Foundation. Ausserdem ein Statement vom Linux-Kernel Entwickler Alan Cox. Eine Dissertation zum Thema gibt es von Thomas Winischhofer.