Die Neue Rechte in der Bundesrepublik
Die Presse der "Neuen Rechten"
von Uwe Worm

12/00
trdbook.gif (1270 Byte)
 
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel: info@trend.partisan.net  ODER per Snail: Anti-Quariat 
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin

Um ihre kulturelle Attraktivität zu erhöhen und ideologische Meinungsführerschaft zu gewinnen, haben sich die Rechtsextremisten in den letzten zwei Jahrzehnten ein kaum zu überschauendes Netzwerk aus über 130 Zeitschriften, Denkfabriken, intel lektuellen Zirkeln und Kulturgemeinschaften geschaffen. Bei den rechten Presseerzeugnissen muß einerseits nach eindeutig rechtsextremen Publikationen und etwa solchen, die sich im grauen Bereich zwischen demokratischem Konservatismus und Rechtsextremismus behaupten, unterschieden werden. Andererseits sind sie entweder als 'Blockadebrecher' nach Links oder als in ihrer Zielgruppe auf das rechtskonservative Spektrum orientiert einzustufen.

Die von der "Neuen Rechten" aufgebauten Theorieorgane, die Siegfried Jäger "Fähren in das Bewußtsein" genannt hat, erfüllen auch die Aufgabe, den Extremismus-Vorwurf an die militant und offen faschistisch agierenden Parteien, Gruppierungen und Organisationen weiterzureichen.

7.1 Die Junge Freiheit

Im Mai 1986 wurde die Junge Freiheit in Stegen/Freiburg als eine Zeitschrift des "Freiheitlichen Konservatismus" gegründet.169 Seit Ende Januar 1994 erscheint sie als Wochenzeitung in Potsdam.170 Bereits der Titel zeigt die ideologischen Bezüge, die für das jungkonservative Organ bedeutsam sind. Unter dem Begriff "Freiheit" etwa sind im Handbuch des Rings freiheitlicher Studenten (RfS)171, aus dessen Umkreis wichtige Autoren stammen, zentrale Ideologeme der "Neuen Rechten" zu finden, wie zum Beispiel der für sie charakteristische Antiliberalismus. In den RfS-Grundsätzen ist Freiheit überhaupt definiert als ihr Gegenteil, als An-Bindung an bereits existierende und unhinter-fragbare größere Gebilde.172 Die Junge Freiheit orientiert daher auch nicht auf Menschenrechte, wenn sie Grundwerte des menschlichen Lebens propagiert, sondern auf das, was die "Neuen Rechten" und der RfS als "realistisches Menschenbild" bezeichnen, nämlich auf "(...) die bewußte Unterordnung unter die naturalistisch (miß-)verstandenen Vergemeinschaftungsformen »Familie und Nation«."173
Die Junge Freiheit versucht, insbesondere an Universitäten und in der akademisch gebildeten LeserInnenschaft Fuß zu fassen. Sie berichtet über tagespolitisches Geschehen in der Form des Kommentarjournalismus, um ihre Klientel direkt mit einer bestimmten politischen Botschaft anzusprechen. Ziel des Blattes ist eine Kulturrevolution von rechts, ganz nach dem Vorbild der "Nouvelle Droite" in Frankreich.
Eine Besonderheit ist deshalb der umfangreiche Kulturteil der Jungen Freiheit, in dem diejenigen Elemente, die den eigenen Vorstellungen entgegenkommen - so das Heimatgefühl von Liedermachern wie Heinz-Rudolf Kunze und Reinhard Mey oder das Mystische der Rockgruppe The Doors - geschickt aufgenommen werden. Hier wenden die Macherinnen des Blattes die Strategie der Kulturrevolution konsequent an. Über Joseph Beuys wird in der Jungen Freiheit ebenso berichtet wie über Käthe Kollwitz, den "Tekkno-Rummel", Gerhard Hauptmanns "Die Weber" oder Botho Strauß. Abhandlungen über Eros und Kreativität Rodinscher Arbeit finden hier ebenso Platz im Feuilleton wie regelmäßige Film- und Buchrezensionen. Zu den behandelten Inhalten zählen schon seit Bestehen der Jungen Freiheit für rechte Kreise teilweise eher heikle Themen wie Schwangerschaftsverhütung, studentischer Protest, Frieden, Volkszählung, ökologische Energiewirtschaft, um nur einige zu nennen. Die Macherinnen des Blattes haben sich vorgenommen, "unabhängig", "provokant", "nonkonform" und anderen Strömungen gegenüber offen zu sein.
Von Anfang an war die Deutschlandpolitik jedoch eindeutig inhaltlicher und ideologischer Schwerpunkt und dies in mehrfacher Hinsicht: Erstens in der Beschwörung der "nationalen Identität" der Deutschen, zweitens in der Kritik an der "zu laschen" CDU/CSU-Fraktion und schließlich im ständigen, mal verhalten, mal offen geäußerten Vorwurf an die Bundesregierung, sie habe auf die Ostgebiete verzichtet. Darüber hinaus agitiert sie gegen die "Überfremdung" Deutschlands.
Die Junge Freiheit wirkt parteipolitisch in das Spektrum, das mehr oder minder an die "Republikaner" gebunden ist. Dies wird durch ihre Schreiber- und Interviewpartnerinnen deutlich, die den "Republikanern" entweder selbst angehören, wie der Bundesvorsitzende Rolf Schlierer, oder ihnen angehörten und sich dann radikalisiert haben, wie Harald Neubauer,174 nun führender Kopf bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat, Mitglied des Europaparlaments'75 und Mitherausgeber von Nation Europa-Deutsche Monatshefte. Einträchtig neben jenen schreibt die ' deutschnationale Professorenriege' um Wolfgang Seiffert und den jüngst verstorbenen Professor für Geschichte Hellmut Diwald.177 Angesehene rechtskonservative Philosophen und Publizisten melden sich in der Jungen Freiheit regelmäßig zu Wort, so etwa der Sozialphilosoph Günter Rohrmoser. Klaus Hornung, Präsident des CSU-nahen Studienzentrums Weikersheim, konnte das Blatt ebenso für Beiträge gewinnen, wie Klaus Motschmann, Berliner Politologe, Redaktionsmitglied in Criticön, Leitungsmitglied der Evangelischen Sammlung, Vorsitzender der Evangelischen Notgemeinschaft und stellvertretender Vorsitzender in der Konservativen Aktion bis März 1984. Auch Pater Streithofen ist ein gern gesehener Interviewpartner.178 "Diese Mischung verschaffte dem Blatt das nötige Renommee, um Berührungsängste zw ischen Konservativen, Nationalen und Nationalrevolutionären abzubauen. "179 Diverse Spitzenpolitiker lassen in der Jungen Freiheit ihren Gedanken über "Brückenköpfe" und "Plattformen" rechts der CDU/CSU freien Lauf. Heinrich Lummer, CDU, macht sich über die Zukunftsfähigkeit der "Republikaner", denen er Unbedenklichkeit bescheinigt, Gedanken. Böhm, Bundestagsabgeordneter der CDU, fordert ein deutsches Konsulat für Königsberg, denn "(...) deutsche Interessen sind doch heule in weitem Umfang identisch mit europäischen Interessen. "180 Bernhard Friedmann, ebenfalls in der Union und Präsident des Europäischen Rechnungshufes, meldet sich regelmäßig seit Bestehen der Zeitschrift in Sachen Deutschlandpolitik ("Jetzt mit der Konföderation beginnen") und redet einem US-amerikanischen Disengagement in "nationalrevolutionärer" Manier das Wort.181 Rudolf Krause, ehemaliger Sprecher des Deutschlandforums in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, klagt den "Mangel an Nationalgefühl" und die geistige Verwahrlosung der Jugend an: "Die CDU, die CSU und andere rechtsstaatliche Volksparteien müssen die verläßliche Sicherheit für alle Deutschen und alle ehrlichen Ausländer (Hervorhebung von U.W.)(...) garantieren. Dazu ist nicht nur eine Änderung des Grundgesetzes nötig, sondern ein neues Pressegesetz, das der Würde sowohl des einzelnen Menschen wie auch des ganzen deutschen Volkes Respekt zollen muß."182 Wo dies nicht geschehe, sei freiheitliche Presse nicht mehr liberal, sondern in einer ungesunden Weise liberalistisch. Eduard Lintner, Innenstaatssekretär der CSU in Bonn, organisiert in der Sudetendeutschen Landsmannschaft, findet in der Jungen Freiheit ebenso Gelegenheit zur Äußerung wie der ehemalige Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen, Hartmut Koschyk, der fordert, die Ostgebiete unter europäische Verwaltung zu stellen.183 Dies alles zeigt: Die ehemalige Schülerinnenzeitung ist zu einem reputierlichen Gesprächspartner insbesondere für Rechtskonservative geworden.184
Daß die Junge Freiheit die sich selbst als "konservativ" bezeichnet, so weit in das Spektrum des "demokratischen Konservatismus" hineinwirkt, ist nachvollziehbar. Indessen ist die publizistische Abgrenzung auch auf linker Seite mittlerweile stark erschüttert worden. Denn aufgewertet wird die Junge Freiheit zusätzlich durch eine Vielzahl interessanter und renommierter Interviewpartner und GastkommentatorInnen aus dem linksalternativen und radikaldemokratischen Bereich wie Karin Struck, ehemaliges Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). "Die Mutterschaft kaputt zu machen, war und ist Ziel der Emanzipation", sagt die Mutter mehrerer Kinder. Und fügt hinzu: "(...) die Grünen, ich überspitze jetzt, die würden die Hälfte der Menschen ausrotten, damit die Umwelt überlebt. "185 Über das Mitglied der IG-Metall-Grundsatzkommission, Wolfgang Kowalsky, der dem Blatt zur Verfügung stand, heißt es in der Rezension: "Wolfgang Kowalsky (...) scheint zunächst in so hohem Maße dem Klischee des Berufsantifaschisten zu entsprechen, daß man sein Werk nicht freiwillig zur Hand nehmen möchte (...). In diesem Fall ist es anders. "186 Kowalsky fordert, daß die Linke ihr "(...) Verhältnis zur Nation überdenken (...)" und Denkblockaden gegenüber solchen Begriffen abbauen müsse,187 da Antifaschismus und Antinationalismus als Strategien gegen Rechts gescheitert seien. Kowalskys Ideen sind nicht neu. Er hatte in dem SPD-nahen Rechtsextremismusforscher Eike Hennig, der der Jungen Freiheit schon vor dem Fall der Mauer ein Interview gab, einen 'Vorgänger'. Hennig versicherte dem Blatt im Interview "Die Linke und die Nation": "Also Antifaschismus: Ich habe das immer für Quatsch gehalten. "188
Die Verbindungen zu linken und liberalen Autorinnen gehören zur Strategie der Jungen Freiheit ihren rechtsextremen Kern zu verschleiern, denn diese prinzipielle Offenheit gegenüber Andersdenkenden läßt eine zweifelsfreie Einordnung des publizistischen Gesamtwerkes Junge Freiheit als rechtsextrem nicht zu.189
Das Blatt behauptet, daß nur der Konservatismus eine geistige Substanz besitze, welche die Krise der Moderne von ihren Wurzeln her zu begreifen vermöge. Die Position gegenüber dem Liberalismus definiert das Organ als notwendigerweise gegensätzlich. Für den ständigen Redakteur Roland Bubik190 ist Konservatismus das Kohäsionsmodell der Solidarität; eine Gemeinschaft, in der Nation, Familie und Ordnungsgedanke wieder im Vordergrund stehen sollen. Bubik setzt das ganzheitliche gegen das "rationalistische Menschenbild". Es gelte, den Zusammenhang mit der Natur und Gott zu restituieren, "(...) ohne den keine wahre Ordnung möglich ist. "191
Im Aufsatz "Die Begegnung mit der Dritten Art: Liberalextremismus" führt Hans-Ulrich Kopp192 sogleich das gesamte antiliberalistische Programm und Selbstverständnis der Jungen Freiheit vor: "Beim liberalen Extremismus handelt es sich um eine politische Formation, die den alomi-stischen Individualismus zum Nachteil der Nation, die ethische Beliebigkeil zum Schaden der Moral und den kurzsichtigen Fortschrittsoptimismus auf Kosten der Tradition, propagiert."193 Er postuliere ein schrankenloses Selbsthestimmungs recht der Frau, leugne schamlos das Lebensrecht des Ungeborenen, strebe die "(...) multi - in Wirklichkeit - minimalkulturelle Gesellschaft (...)(an und; U.W.) unterminiert die Identität des deutschen Volkes. "194 Der Liberalismus komme Maximalforderungen "unfreundlicher Nachbarstaaten" hemmungslos entgegen usw. Mit einem Wort: er mache nichts, "(...) was unser aller Vaterland zu seinem Fortbestand nötig hat. "195 Hier ist der Staat, dessen Gesetze im Inneren nichts mehr gelten und der nach außen sein Selbstbestimmungsrecht aufgebe, durch totale Schwäche gezeichnet.
Auch einer der maßgeblichen Apologeten Carl Schmitts, Günter Ma.schke, kommt hier zu Wort. Das Schmittsche Freund-Feind-Theorem fehlt nicht: "Den Liberalen fehlt das Vermögen zum Feindbild, die Kultur zur Gegnerschaft".196 Der Schriftsteller Hartmut Lange fordert: "Was die Deutschen völlig verloren haben, das ist das Salz des Bösen (...). Wir müssen zu unserer Geschichte (...) auch die Täter hören. "197 Es zeigt sich, daß sich der von der Jungen Freiheit propagierte scharfe Antiliberalismus nicht mit den Werten eines demokratischen Verfassungsstaates in eins bringen läßt. Eine offene Aufforderung zum Sturz des demokratischen Systems findet man hier jedoch nicht.
Stattdessen gelangt man zu der Auffassung, wonach "(...) die Verfassung das Gefängnis ist, in dem die res publica der Deutschen (...) gefangengehalten wird."198 Allenthalben bringt Armin Monier, einer der renommiertesten Personen der "Neuen Rechten", zum Ausdruck: "In der FDGO-Gesellschaft komme ich mir manchmal wie in einem verdünnten. von Gouvernanten beherrschten TolaUfarismus vor. "199 Die politische Stoßrichtung der Jungen Freiheit ist fundamental antiliberalistisch, weil sie auch die Gegnerschaft zur universellen Gültigkeit aufklärerischer Werte, zum Beispiel der Gleichheit der Menschen, einschließt. Alain de Benoists unmißverständliche Äußerung im Hinblick auf die Menschenrechte macht dies deutlich.200 . 1993 nahm Bubik in einem programmatischen Grundsatzartikel eine intellektuell anspruchsvolle Standortbestimmung vor. Er bekannte sich darin ausdrücklich zur "Konservativen Revolution" der Weimarer Republik, von der aus der "(...) junge Konservatismus denken kann."201 Darüber hinaus hat das Blatt über lange Zeit hinweg auf einer Werbekarte herausfordernd proklamiert: "Eine- Konservative Revolution - Junge Freiheit." Es kommt diese jungkonservative Haltung auch in der Interpretation des Pogroms von Rostock als "Aufstand gegen die Sinnlosigkeit" zutage. Die verbrecherischen Taten der Randalierer werden dabei zum Ausdruck einer allumfassenden Krise verbogen. Mit dieser Krise meint die Junge Freiheil die liberal-bürgerliche Gesellschaft an sich, die 'westlich aufgeklärte' Weil, die 1945 das 'Problem' nicht gelöst, sondern nur vertieft habe: "(...) vielmehr verschaffte die Friedenssehnsucht und ein zur brüderlichen Mißgeburt der Aufklärung, dem Kommunismus, antithetisch gesetzler Freiheitsbegriff dem westlich zivilisalorischen Modell eine Atempause (...). "202
Armin Pfahl-Traughber ist deshalb zuzustimmen, wenn er die Junge Freiheit aufgrund ihres antidemokratischen Denkens politisch-ideologisch und strategisch in der Tradition der "Konservativen Revolution" sieht. Die eingeschränkte parteipolitische Option für die "Republikaner", die oben erwähnt wurde, ist zunächst einmal davon getrennt zu betrachten.
Es ist daher nicht überraschend, wenn auch viele andere Schreiber- und Interviewpartnerinnen des Blattes in rechtsextremistischen Kreisen keine Unbekannten sind und diesen angehören oder angehörten, entweder:
a) durch die Mitgliedschaft in Organisationen und Parteien wie der NPD, FAP, den REP, dem REP-Hochschulverband, dem RfS oder dem Gesamtdeutschen Studentenverband oder
b) durch Veröffentlichungen in Publikationsorganen wie Deutsche Rundschau, Nation Europa-Deutsche Monatshefte, Criticon, Wir selbst, Europa Vorn, Mut, Schlesier und Zeitenwende. 203 Darüber hinaus kommen in der Jungen Freiheit Jörg Haider, Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und seine 'rechte Hand' Andreas Mölzer zu Wort, die für ein großdeutsches Reich (einschließlich Österreich) eintreten.204 Daß dies alles kein Zufall ist, sondern dem Verständnis des Blattes entspricht, soll näher erläutert werden. In drei Ausgaben der Jungen Freiheit wird der "Leuchter-Be richt"205 behandelt, der behauptet, daß es in Auschwitz und anderswo nie Gaskammern gegeben habe. Dabei kommt der selbsternannte Historiker David Irving ebenso zu Wort wie der französische Literaturprofessor Robert Faurisson, der in Frankreich wegen Leugnung der Nazi-Verbrechen verurteilt worden ist.206
Dr. Altred Schickel, Leiter der 1981 gegründeten Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt 207 hatte in der Jungen Freiheit bis Mitte 1992 seine eigene Rubrik "Zeitgeschichte". In dieser Rubrik wurde immer wieder versucht, das Ausmaß der faschistischen Vernichtungspolitik herunterzuspielen.208 Schickel veröffentlicht außerdem in Nation Europa.209 Darin wird regelmäßig auf die ZFI-Tagungen hingewiesen. Er publiziert des weiteren in Elemente, dem Organ des rechtsextremen Kulturpreises 2000, und in Deutschland in Geschichte und Gegenwart.210 Schickel ist ebenso Mitarbeiter der Zeitung Europa Vorn, wie Autor in Mut, Schlesier, Criticön und Zeitenwende. Darüber hinaus ist er freier Mitarbeiter der FAZ, der Welt, des Bayerischen und Hessischen Rundfunks sowie Autor in Konservativ heute 212
Die Bundesregierung hat Schickel "(...) das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland auf Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten (..,)"213 überreicht. Für sein revisionistisches Werk erhält er so offizielle Anerkennung - und mit ihm die Junge Freiheit.
Kommentar der Bundesregierung: Es sei "(...) bekannt, daß in der JF auch Texte von Autoren zur Veröffentlichung gelangten, die bereits im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Tendenzen hervorgetreten sind (...). Von einer gemeinsamen Publikationstätigkeit seitens Extremisten und Demokraten kann hier keine Rede sein. "214
In das Gesamtbild paßt ebenfalls, daß in der Jungen Freiheit die völkische, rassistische und revisionistische Politikinhalte verbreitenden Verlage Grabert, Sträube, Türmer, Bublies und Historia regelmäßige Werbung schalten. Seit 1989 kann man den "seriösen" Ullstein-Verlag finden, der aus der LeserInnenschaft der Jungen Freiheit wohl einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner eigenen Klientel bezieht und ansonsten auch regelmäßig Anzeigen in verschiedenen Organen der rechtsextremen Presse schaltet.215 Auch die rechtsextreme Gemeinschaft Deutscher Osten (GDS), die offen gegen die Ostpolitik der Bundesregierung, insbesondere gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens agitiert, findet in dem Blatt ihr Sprachrohr.216 Letzte Zweifel am politischen Wollen der Redaktion räumt der Förderverein zur Wiedervereinigung Deutschlands "UNITAS GERMANICA e.V.", der als Herausgeber der Jungen Freiheit bis 1992 fungierte, selbst aus: "Zum Symbol unserer Arbeit haben wir das Völkerschlachtdenkmal, das Zeichen des Sieges im Befreiungskampf, ausgewählt. Es wird uns Ansporn und Verpflichtung gleichermaßen sein. Damals wie heute konnte die deutsche Einheit und Einigkeit nur in einer doppelten Frontstellung angestrebt werden: gegen die Fremdherrschaft einerseits und gegen die eigenen Regierungen andererseits, gegen Feinde von außen und Gegner von innen. "217

Das Konzept der Jungen Freiheit ist bislang überaus erfolgreich: von 400 Exemplaren im Jahre 1986 brachte sie es 1989 auf 10.000. Anfang 1992 übernahm die Junge Freiheit den AbonnentInnenstamm der im September 1991 eingestellten "Republikaner"-Zeitung Berliner Nachrichten, die bis dato in einer Auflage von 10.000 erschienen war.218 Laut eigenen Aussagen ist es dem Blatt seit dem Verkauf an den Kiosken noch einmal gelungen, die Auflage um 50% zu steigern.219 1993 stabilisierte sich die Junge Freiheit mit einer ungefähren Auflage zwischen 30.000 - 35.000 Exemplaren. Seit Anfang 1994 liegt die Druckauflage des Organs bei etwa 80.000. Davon werden nach eigenen Angaben 7.000 Zeitungen über Abonnements und circa 33.000 durch den Zeitschriftenhandel vertrieben.220 Wie hoch die tatsächlich abgesetzte Auflage ist, kann nur geschätzt werden. Sie dürfte aber um einiges niedriger liegen als die vom Verlag angegebene Zahl.
Jüngere Akademikerinnen fühlen sich verstärkt von den in der Jungen Freiheit vorgestellten Politikkonzepten angesprochen.221 Es ist dies auch ein Ergebnis ihres diskurstaktischen Vorgehens, das als liberalextremistisch diffamierte politische System nicht frontal zu attackieren, sondern von innen heraus zu transformieren. Die "(...) gradualisiische Taktik einer allmählichen Verschiebung der gesellschaftlichen Diskurse nach rechts (,..)"222 ist somit durchaus ein Erfolg dieser "neurechten" Wochenzeitung, der sich nicht nur in Auflagenzahlen manifestiert. Nach dem Vorbild einer rechten Graswurzelrevolution bilden sich immer mehr rechtsintellektuelle Zirkel und Arbeitskreise, die zum Beispiel von der Jungen Freiheit und Criticön initiiert werden. Eine noch engere Zusammenarbeit ist projektiert und in Anfangen schon sichtbar.223 Nicht nur in der Initiierung solcher Arbeitsgruppen kooperiert das Blatt mit anderen Theorieorganen der "Neuen Rechten". Seit die aufstrebende Junge Freiheit wöchentlich auf den Markt kommt, hat Criticön von seiner zweimonatigen auf quartalsmäßige Erscheinungsweise umgestellt, um nicht unnötige Konkurrenz zu schaffen. Hilfestellung bei ihrer Sache bekommt die Junge Freiheit zugleich auch von Teilen der Linken, die dort ohne Berührungsängste Interviews geben. Sie tragen dazu bei, daß die extreme Rechte wieder hoffähig wird. "Größere öffentliche Aufmerksamkeit über dieses (rechtsextremistische; U.W.) Spektrum hinaus konnten die (...) Organe (...) noch nicht auslösen, einige scheinen aber auf dem Weg dahin zu sein. was vor allem för die »Junge Freiheil« gilt." 224
Im Gegensatz zu den Blättern Europa Vorn, Etappe, Fragmente oder Zeitenwende gelingt es der Jungen Freiheit so durchaus, sich im "Brückenbereich" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus zu behaupten und ihre Stellung auszubauen.


Fußnoten:
169 Der Chefredakteur Dieter Stein führte 1989 den Vorsitz des Repub likanischen Hochschulverbandes (RHV). Er ist außerdem Mitglied Deutschen Gildenschaft, einer elitären und in der Tradition des rechten Flügels der Bündischen Jugend der zwanziger Jahre stehenden Kleinstgemeinschaft innerhalb des studentischen Korporationswesens. Seine politische Karriere führte Stein von der CDU bis hin zur militanten Rechten.
Vergl. dazu Kellershohn, Helmut: Die selbsternannte Elite, in: ders. (Hrsg.) a a 0 S.51-116
Stein ist Jahrgang 1967, die übrigen Redaktionsmitglieder gehören den Jahrgängen 1962 bis 1970 an. Vergl. auch Junge Freiheit 6/1991
170 Dies ist auch eine symbolische Verortung ihres Standpunktes. Zuvor wurde die Junge Freiheit (seit Anfang 1991) monatlich, dann zweimonatlich in Freiburg publiziert.
171 Der RfS wurde 1977 von rechtsextremen studentischen Korporationen wie zum Beispiel der Danubia München und der Germania Köln gegründet
172 Vergl. dazu insbesondere Kellershohn. Helmut: Das Projekt Junge Freiheit, in: ders. {Hrsg.), a.a.O.. S.17-50
173 Ebenda, S.20
174 Ehemaliger Favorit Schönhubers, von dem Kühnen behauptet, er sei Mitglied in der NSDAP-AO. Vergl. Video der Filmwerkstatt Freiburg "Wahrheit macht frei" und das Buch des Filmers: Schmidt, a.a.O.. S.44: 'Enttäuscht ist er (Kühnen; U.W.) allerdings Über Harald Neubauer. Der sei durch seinen Sitz im Europaparlament »etwas größen-wahnsinnig geworden. Auch so ein Heuchler. Denn letztendlich war er ja mal froh, zu uns gehören zu dürfen (...).«'
175 Im Jahr 1993
176 Oder wie zum Beispiel die ehemalige "Republikanerin" und Europaabgeordnete Johanna Grund.
177 U.a. Robert Hepp und Klaus Härtung
178 Junge Freiheit,4 /1993
179 Schmidt, a. a. 0 . S.274
180 Junge Freiheit, 7/8,1992
181 Vergl. Junge Freiheit. 1/1987. 5/1987. 6/1988, 3/1990
182 Junge Freiheit, 2/1993. S.4
183 Junge Freiheit 5/1990, zit. nach Bundestagsdrucksache 12/1053
184 Weitere Interviewpartner oder GastkommentatorInnen waren u.a.: Christa Meves (Rheinischer Merkur), Manfred Brunner (Bürgerpartei), Rainer Zitelmann (Die Welt/ Ullstein-Verlag), Günter Nenning ("linker" Autor)
185 Junge Freiheit, 7/8,1992, S.3
186 Junge Freiheit. 10/1992
Sein bei den Linken äußerst umstrittenes Buch wurde im September 1992 auf der Bücherliste der Jungen Freiheit geführt.
187 Junge Freiheit, 11/1992, S. 3
188 Junge Freiheit, 6/1989, S,6
189 Andere Interviewpartner- oder Gastkommentatorinnen waren u.a. noch: Wolfgang Templin (ehemaliger Bundessprecher des Bündnis 90, heute Bündnis 90/Die Grünen) oder der PDS-Funktionär Scheringer.
190 Bubik hat parallel zu Kopp die Nachfolgeorganisation der RHV in Mannheim angeführt. Die studentische Liste LUST orientiert sich an der Partei Deutsche Liga für Volk und Heimat.
191 Bubik. Roland: Emanzipation der Konservativen, in: Junge Freiheit. 1/2.1992, S.l
192 Kopp ist Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Danubia München, des Bundesvorstands im völkischen Viti kobund und eine wichtige Figur im Studienzentrum Weikersheim. 1992 führte er in München die Liste LUST in das Studentinnenparlament. Neben Stein und Bubik ist er eine entscheidende Persönlichkeit in der Redaktion der Jungen Freiheit.
193 Junge Freiheit, 1/2,1992, S.2
194 Ebenda
195 Ebenda
196 Vergl. Junge Freiheit 4/1992, Kultur-Sparte
197 Ebenda
198 Pfahl-Traughber: Die Verfassung ist unser Gefängnis. Wie sich die extreme Rechte ins Gespräch bringen will, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.11.1992, S.35
199 Monier im Interview, in: Junge Freiheit. 12/92-1/93, S. 3
200 Vergl. Benoist im Interview, in: Junge Freiheit, 3/1993, S 3, zitiert in Kapitel 62 "Ethnopluralismus"
201 Bubik, Roland: DIe Kultur als Machtfrage, in: Junge Freiheit, 10/1993
202 Junge Freiheit, 10/1992, S.1
203 Z.B. prominente Rechtsextremisten wie Gruhl, Bauer, Rustemeyer, Pagel. Ulbrichs. Vergl. Bundestagsdrucksache 12/4111 und 12/2268
204 Vergl. Bundestagsdrucksache 12/1891
205 Der sogenannte "Leuchter-Report" stellt die Vergasung der Jüdinnen in Abrede. Robert Faurisson, der in Frankreich wegen Leugnung der NS-Verbrechen verurteilt wurde, gab diesen Bericht für Ernst Zündel, einen der Hauptprotagonisten der "Auschwitz-Lüge", bei Fred Leuchter in Auftrag. Leuchter hat in den USA an Hinrichtungsgeräten gearbeitet. bei denen Personen mittels Zyanwasserstoffgas getötet werden. Er ist im Februar 1988 illegal nach Polen gereist und hat dort die ehemaligen Konzentrationslager untersucht und fand: 'Nach Durchsicht des gesamten Materials und nach Inspektion aller Standorte in Auschwitz, Birkenau und Majdanek findet der Autor die Beweise überwältigend. Es gab keine Exekutionsgaskammern an irgendeinem dieser Orte.' Zit. nach Schmidt, a.a.O., S. 298
206 Junge Freiheit. 1.2 und 3/1990
207 Nach Analyse und Kritik, 2/1993, S. 14 hat die ZF1 knapp 600 Mitglieder. Vorstandsmitglied war u.a. Professur Hellmut Diwald- Nach Bundestagsdrucksache 12/2268 wird die Arbeit der ZFI von der Sudetendeutschen Zeitung gewürdigt. Nation Europa berichtet regelmäßig über deren Kongresse.
208 Zum Beispiel zur Eröffnung des "Hauses der Wannseekonferenz". Der angesehene rumänische Schriftsteller V. C. Dumitrescu, auf den sich die Junge Freiheit beruft, gebe an, es seien nicht '(...) 26.000 jüdische Männer (...) erschossen worden. Tatsächlich habe es sich (...) um eine unbekannte Anzahl unbekannter ukrainischer Bürger ge handelt. ' Junge Freiheit, 4/1992, S. 15
209 Zum Beispiel in der Ausgabe 5/1980. Wiederholt wurden seine Arbeiten positiv besprochen. Vergl. Bundestagsdrucksache 12/4111 und 12/2268
210 Z.B. in der Ausgabe 1/1980. Vergl. Bundestagsdrucksachen, ebenda
Das jetzige Publikationsorgan des Thulf- Seminars ist Eleme nte, dies in Anlehnung an Elements, dem Organ der GRECE ("Nouvelle Droite").
211 1991 war er dort ständiger Mitarbeiter.
212 Vergl, Bundestagsdrucksache 12/4111
213 Ebenda
214 Vergl. Bundestagsdrucksache 12/1053
215 Nach Bundestagsdrucksache 12/4166, Vergl. dazu auch Jäger (Hrsg.), a.a.O., S.35
216 Die GDS behauptet, daß die völkerrechtlichen Grenzen des Deutschen Reiches von 1918, einschließlich "Deutsch-Österreich", auch heute noch gälten. Daher werben sie für ihren "vierten deutschen Nachkriegsteilstaat" als dessen "Exilregierung" sie sich konstituiert haben.
217 "UNITAS GERMANICA e.V." erscheint auch später immer wieder mit mehreren Anzeigen. So zum Beispiel mit dem Appell: 'Freiheit für Königsberg! (...) 1945: Holocaust in Ostpreußen - Königsberg im Todeskampf(...) Durch das Wiedererstarken souveräner Nationalstaaten (...) sind heute die Chancen für ein deutsches Königsberg so groß wie nie. Die (...) Regierung bandelt jedoch nicht und hält still" in-Junge Freiheit 2/89, S.9
1992 wechselte der Herausgeber, An die Stelle der "UNITAS GERMANICA e.V." trat die Junge Freiheit Verlags GmbH
218 Lange, a.a.O., S.58
219 Junge Freiheit, 3/1993
220 Dietzsch, Martin im Vortrag am 26.4.1994 in Marburg
221 Vergl. Der Spiegel, Nr,42, 12.10.1992: Null in der Masse, S.79ff
222 Keilershohn, Helmut; Das Projekt Junge Freiheil, in: ders, (Hrsg.), a.a.O. S.39f
223 Vergl. hierzu den Kleinanzeigenteil in der Jungen Freiheit, z.B. in der Ausgabe 7/8,1993. Auswahl:

  • Stresemann-Club (nationalliberales Forum)

  • Burschenschafter wider Zeitgeist

  • Nationalkonservativer Gesprächskreis ("kein Altherrenclub'")

  • Arbeitsgemeinschaft der Hofgeismarer, FORUM RES PUBLICA ("überparteilicher Koblenzer Gesprächskreis für Staat und Volk")

In Nordrhein-Westfalen werden diese Lesezirkel neuerdings vom Verfassungsschutz beobachtet.
224 Pfahl-Traughber, Armin: Rechte Intelligenzblätter und Theorieorgane, in Vorgänge, a.a.O., S.49