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aus: Rote Fahne, Nr.46/99 19.11.99 Zentralorgan der MLPD

ADtranz
Streiks gegen Werksschließungen 
in Nürnberg und in der Schweiz

11/99
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Am Freitag, 12. November, gab der Bahntechnik-Konzern ADtranz, der zu DaimlerChrysler gehört, die Vernichtung von 3000 Arbeitsplätzen (von insgesamt 24000) bis Ende 2001 und von weiteren 3000 bis Ende 2002 bekannt. Werke in Norwegen, der Schweiz, USA, Portugal sowie in Nürnberg will der Konzern komplett schließen. Doch die Kollegen von ADtranz (früher ABB) haben begonnen, ihre jahrelangen Erfahrungen mit Werksschließungen, Verkäufen, Beschränkung auf symbolische Aktionen und leeren Versprechungen der Politiker zu verarbeiten. In Nürnberg sowie in Oerlikon (bei Zürich) und Pratteln (bei Basel) in der Schweiz gab es nach der Bekanntgabe der Schließungsabsicht erste Streiks. Die MLPD Nürnberg ruft in einem Flugblatt zum »Kampf um jeden Arbeitsplatz ohne Wenn und Aber« und unter der Losung »6-Stunden-Tag bei vollem Lohnausgleich - weltweit« auf. Korrespondenten aus Nürnberg und Zürich berichten: Nürnberg: Die Ankündigung der Arbeitsplatzvernichtung bei ADtranz, davon 820 in Nürnberg, ging wie ein Lauffeuer um.

Die Belegschaft versammelte sich und legte die Arbeit für einige Stunden nieder.

In der Solidaritätserklärung der MLPD, die am Montag früh verteilt wurde, heißt es: »Nun steht ihr vor einer neuen Entscheidung, die Weiche muß neu gestellt werden.« Als Kernfrage wird genannt: »... auf symbolische Aktionen setzen, auf einen Investor hoffen, gar den Betrieb selber kaufen oder den Weg des entschlossenen Widerstands um jeden Arbeitsplatz gehen.«

Die Solidarität der Bevölkerung mit den ADtranz-Kollegen ist groß. Auf einem Fest am Samstag im Stadtteil Gostenhof sammelten Courage-Frauen Unterschriften gegen die Schließung des Werkes.

Die Stimmung unter den Kollegen ist geprägt von: »Wir müssen etwas tun, aber wissen noch nicht so recht, was.« Es gibt auch eine Abwartehaltung, auf den Betriebsrat oder Politiker zu warten. Den Kampf um jeden Arbeitsplatz müssen die Kollegen aber selbst in die Hand nehmen. Da in Nürnberg in den letzten Wochen auch die Kollegen von Mahr, Cebal und ABB/Alstom den Kampf um ihre Arbeitsplätze aufgenommen haben, sind gemeinsame Aktionen und ein Austausch wichtig.

Die IGM-Führung vereinzelt dagegen die Kämpfe und lenkt auf symbolische Aktionen, wie Umbenennung einer Straße in »Straße der Verletzung der Menschenrechte«. Die MLPD lädt zu einer Diskussionsveranstaltung und Erfahrungsaustausch am 19.11. ein (siehe Seite 23).

Zürich: Die Internationale erklang aus den Lautsprechern

Am 12. November wird der Belegschaft aus heiterem Himmel mitgeteilt, daß der Betrieb dichtgemacht wird. 710 Stellen sollen gestrichen werden.

Am darauffolgenden Montag legte praktisch die gesamte Belegschaft für mehrere Stunden die Arbeit nieder. Der gemietete Bus der Gewerkschaft fährt vor das Gelände der ADtranz in Oerlikon. Dasselbe geschieht zur gleichen Zeit auch in Pratteln. Hier kommt ein ganzer Zug mit einem Fronttransparent »Wir kämpfen um unsere Arbeitsplätze« aus den Fabrikationshallen. Für Schweizer Gewerkschaftsreden fielen sehr radikale Äußerungen. Dies nach Jahrzehnten des Klassenversöhnlertums! Die Reden der Politiker aber versuchten das Standortdenken zu verankern: eine Berliner Entscheidung gegen Schweizer Arbeitsplätze. Daß auch in vier weiteren Ländern Werke geschlossen werden sollen und es auf einen gemeinsamen Kampf ankommt, davon war keine Rede.

Am Ende der Kundgebung erklang die Internationale aus den Lautsprechern, und es formierte sich ein Demonstrationszug in Richtung Quartierzentrum. Dort wurde für etwa 15 Minuten die Straßenbahn sowie der Autoverkehr lahmgelegt. Unübersehbar war die sehr kämpferische Stimmung der Kolleginnen und Kollegen. Die Gewerkschaften rufen zu Großdemonstrationen in Basel und Zürich am Samstag, den 20. November, auf.

Protest in Nürnberg:

Am 16. November protestierten in Nürnberg 650 Mitarbeiter von ADtranz, ABB und Alstom gemeinsam gegen Stillegungs- und Entlassungspläne. Kollegen vom MAN-Motorenwerk gingen mit auf die Straße. Sie erklärten sich solidarisch mit den Kollegen und sicherten ihnen ihre Unterstützung zu. Zwei Stunden lang stand der Verkehr auf der Frankenstraße still.

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