Ich kann es immer
noch nicht fassen, dass mein Freund Astrit Dehari
nicht mehr lebt. Samstag Abend las ich die Meldung in
den kosovarischen Medien. Mein Herz stand fast still
und auch mit 59 Jahren kann man noch Weinkrämpfe
bekommen.
Astrit kannte ich
seit 2008. Er wurde groß in einer sehr gebildeten,
gastfreundlichen linkspatriotischen Familie. Sein
Vater Avni Dehari, ist ein Veteran der linken
albanischen Widerstandsbewegung gegenden serbischen
Chauvinismus. Welch eine Trauer muss die Familie
ertragen. Im Jahr 2014 starb der ältere Sohn Arbenor
Dehari und jetzt Astrit Dehari. Vor etwas mehr als
zwei Wochen besuchte ich Astrit im Gefängnis in
Prizren. Er machte auf mich wie immer einen
aufgeweckten und keinesfalls depressiven Eindruck.
Ziemlich munter berichtete er, dass er viel liest und
sich nicht dem Terror des Regimes beugt. Stolz
blickten seine Mutter und sein Vater auf ihn. Am
Samstag starb nun Astrit Dehari in der Haft. Zur
genauen Todesursache gibt es unterschiedliche Angaben
des Regimes. Astrit saß völlig unschuldig -genauso
wie ANDERE im Gefängnis-. Ein terroristisches Regime
warf ausgerechnet ihm „ Terrorismus“ vor. Beweise
dafür hatte die Staatsanwaltschaft nicht. Der
Rechtsanwalt von Astrit Dehari, Gent Beka bestätigte
mir das in einem Gespräch. Insgesamt war Astrit 68
Tage im Gefängnis. In Kosova werfen die regierenden
Millionäre unschuldige Menschen wie Astrit Dehari ins
Gefängnis. Sie haben ihn indirekt oder sogar direkt
ermordet. Alles was im Gefängnis passiert unterliegt
der Verantwortung dieser Institution. Völlig
lächerlich ist die Behauptung Astrit hätte zu viel
Medikamente oder gar Drogen genommen. Wer teilt denn
die Medikamente im Gefängnis aus? Die Familie fordert
zurecht eine Autopsie unter Teilnahme von Ärzten
welche die Familie Dehari benennt.
Astrit die Politik und die Medizin
Sehr erfolgreich studierte Astrit Medizin. Meist fand
ich bei meinen Besuchen bei der Familie Dehari Astrit
beim Studium medizinischer Fachbücher oder
politischer Bücher vor. Astrit war genau wie sein
verstorbener Bruder Aktivist der „ Bewegung für
Selbstbestimmung“ (VV). Eine wichtige Rolle spielte
Astrit im Studentenverband SKV – „Bewegung für die
Gleichheit“. Astrit kämpfte gegen Studiengebühren,
gegen eine privatisierte Bildung sowie gegen korrupte
Rektoren. Immer setzte er neben praktischer Aktivität
auf politische Bildung. Oftmals übersetzte er
Vorträge von mir in Prishtina. Er sprach perfekt
Deutsch und Albanisch. Astrit setzte sich immer für
politischen Massenwiderstand gegen Armut,
Arbeitslosigkeit sowie für Selbstbestimmung in Kosova
ein. Jede Art von individuellem Terror welche ihm die
Pronto Millionäre vorwerfen war ihm fremd. Er war ein
guter Freund der zuletzt ein Buch von mir vom
deutschen ins albanische übersetzte. Das Buch landete
in seinem Computer ins Gefängnis. Den Text werde ich
erhalten. Aber Astrit wird niemals mehr sprechen,
lachen und politisch kämpfen. Welch ein Verlust,
welche Trauer überschattet das menschliche Dasein.
Das Vermächtnis von Astrit muss umgesetzt werden. Für
soziale Gleichheit und Selbstbestimmung in Kosova und
überall auf der Welt. Ich muss jetzt aufhören zu
schreiben. Ich wollte noch viele persönliche
Eindrücke niederschreiben. Aber es geht nicht mehr.
Ich weine. Oh Astrit du wurdest nur 26 Jahre alt.
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