Stimmen aus dem linken Spektrum zu den Pariser Attentaten

Zum Massaker in Paris

KPD/ML (Roter Morgen)

11/2015

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Terroranschläge auf europäischen Boden werden nun nicht nur durch die steigende Anzahl von korangläubigen Migranten immer wahrscheinlicher, sondern sie sind auch „logisch“, aufgrund der westlichen Interventionspolitik im arabischen und muslimischen Kulturkreis. Daß sich die Unterstützung des Jihadismus durch WWG-Staaten(„Westliche Werte Gemeinschaft) in der Form eines Rückstoßes gegen den Westen äußern würde, darauf hatten immer wieder Gaddafi und Assad hingewiesen.

Wenn nun Jihadisten dutzende französische Zivilisten umbringen, so ist das aus einer moralischen Position heraus „unmenschlich“, aber nach der Logik der modernen Kriegsführung (nicht mehr unbedingt ein Krieg Staat gegen Staat, sondern ein Krieg WWG gegen Partisanen) handelt es sich dabei um eine mittlerweile natürliche Kriegsführung, weil nun einmal der Jihadist zu schwach ist um „fair“ Mann gegen Mann zu kämpfen – schließlich verfügt der Islamist nicht über Kampfflugzeuge und Atombomben. Der Terrorismus ist eben die Waffe der Schwachen. Die moralische Empörung über den islamischen Terrorismus soll wohl nur verdecken, daß sich der „moralische“ Westen selbst terroristischer Mittel bedient, nur in größerer Permanenz.

An sich sind die Anschläge von Paris mit 132 Toten nicht sonderlich überraschend und auch nicht ganz so schockierend – auch wenn dies Hollande, Obama und Merkel plus Presse und TV behaupten. Frankreich soll ein „Gefährderpotential“ an Jihadisten von etwa 5000 Personen verfügen. Da sind Anschläge in dieser Größenordnung nun nicht sonderlich überraschend. Auch stellen die „Franzosen“ unter den Syrien-Jihadisten den ersten Platz unter den EU-Staaten. Hinzu kommt die Beteiligung Frankreichs am WWG-Interventionismus, sowie die Ghettoisierung muslimisch geprägter Problemviertel.

Daß es sich beim IS gewissermaßen um eine Schöpfung des westlichen Interventionismus handelt und teilweise den Interessen der kapitalistisch- imperialistischen WWG dient ist auch klar. An sich bedient man sich aber unter falschen ideologischen Voraussetzungen der Taktik von Che Guevara („zwei, drei, viele Vietnams schaffen“). Der Antiimperialist der 70er Jahre hätte davon gesprochen, daß man den imperialistischen Krieg in die Metropolen des Imperialismus „bringt“. Das hat in Deutschland recht erfolglos die RAF versucht.

Nun ist es recht heuchlerisch wenn man von der Ermordung von unschuldigen Zivilisten spricht. Beim Abschuß des russischen Flugzeugs über den Sinai neulich gab es in Europa keine Kerzen und Trauerversammlungen. So viele unschuldige Zivilisten wie die USA, Frankreich und Großbritannien kann der IS gar nicht ansatzweise töten. Da müßte er noch ein paar tausend Jahre Terroranschläge verüben. So war etwa die Empörung als Islamisten einige WWG-Journalisten von Charlie Hebdo exekutierten. Aber man tat nichts anderes, was nicht auch der Westen unentwegt tut. Im Irak und Syrien wurden massiv TV- und Redaktionsstuben zerbombt.Bush wollte sogar die weltbekannte arabische TV-Station Al Jazeera bombardieren lassen, wurde von diesem Vorhaben von Tony Blair aus taktischen Gründen abgebracht. Aus arabischer Sicht handelt es sich bei Charlie Hebdo nämlich um eine Zeitung,die Kriege gegen arabische Länder per Propaganda mitvorbereitet. Bei den Satirikern handelt es sich dann nach dieser Sichtweise um Schreibtischtäter. So ist der Einfluß vieler Medien heute größer als der Einfluß mancher Politiker hinsichtlich der Meinungsbildung.Wenn man so denkt, dann handelt es sich bei solchen Angriffen um „berechtigte“ Ziele.

Nach dem Völkerrecht sind nun selbst Selbstmordanschläge nicht unzulässig – etwa in Frankreich – wenn diese von Personen ausgeführt werden, die einer Nation angehören, die vom französischen Imperialismus angegriffen wird, dann müßten diese aber militärische und diplomatische Ziele anpeilen und nicht Zivilisten. Hätten Islamisten das französische Parlament in die Luft gejagt so wäre dies völkerrechtlich durchaus erlaubt. Darauf hatte mal der FDP-Politiker Möllemann hingewiesen.

Das Beklagen von zivilen Toten ist zudem zivilreligiöser Moralismus. Oder kennt jemand einen Krieg in dem mehr Soldaten als Zivilisten getötet wurden? Die Allierten haben im 2. Weltkrieg etwa massive Bombenangriffe mit dem Hauptziel möglichst viele Zivilisten zu töten (sogenanntes „moral bombing“) durchgeführt. Israel tötet etwa ganz gezielt Frauen und Kinder und zwar mit der Begründung, daß es sich um eine „feindlich gesinnte“ Bevölkerung handeln würde. In diesem Denken verschwindet dann der Unterschied zwischen Partisanen und Zivilisten, weil potentiell alle Palästinenser zu „Terroristen“ erklärt werden. So haben auch die Amerikaner in Vietnam gehandelt und teilweise auch im Irak. Worin soll eigentlich der Unterschied bestehen wenn Jihadisten in einem Konzertsaal wahllos Besucher erschießen oder wenn die Amis in Vietnm ganze Dörfer ausradierten – kollektiv alles vom Kleinkind bis zum 95jährigen erschossen? In Afghanistan werden ganz gezielt Hochzeitsgesellschaften ausradiert und Krankenhäuser bombardiert.

Der französische Imperialismus hat selbst auf die Pest des Jihadismus gesetzt – in Libyen und Syrien. Der französische Außenminister war etwa im Jahr 2012 strikt dagegen den Al Kaida-Ableger in Syrien, die Al Nusra-Front in Syrien, als terroristische Organisation einzustufen. Der französische Imperialismus war federführend beim Angriffskrieg auf Libyen und drängte auf diesen noch mehr als Obama und Hilary Clinton. Als Fußtruppen bediente man sich dort des libyschen Al Kaida-Ablegers. Der französische Imperialismus ist nicht nur in Libyen und Syrien höchst aktiv, sondern vor allem in Afrika, wo man nun versucht die alten Kolonialgebiete wieder unter die Knute zu bekommen (Elfenbeinküste und Mali seien hier nur als Beispiele genannt). Gerade jetzt bereitet der französische Menschenrechtsimperialismus in Afrika einen neuen Kriegsgang vor (Burundi).

In Libyen starben aufgrund der von Frankreich vorangetriebenen Intervention wohl bis zu 100 000 Libyer. Das hat aber fast niemanden in der WWG gekratzt. Die pseudomoralische Empörung ist nun leicht zu durchschauen. Wer vielleicht etwa 150 Menschen tötet kann als „Teufel“ gelten, obwohl er andernorts durchaus französische Interessen schützt, aber wer 100 000 Menschen aus anderen Gründen (angeblich „Demokratie“ und „Freiheit“) ermordet,der handelt nach „unseren“ ach so guten „Werten“. Beim Terrorismus und Massenmord kommt es in Wahrheit nur auf die jeweilige Sicht und Zuschreibung an.

Der französische Abgeordnete Goasguen war so mutig darauf hinzuweisen, daß die französische Regierung mit Al Kaida paktiert.

In Frankreich selbst hat unter den größeren Parteien nur der rechte Front National eine französische Intervention in Syrien und Libyen abgelehnt. Die „radikale Linke“ hat sich dagegen unter Menschenrechtsphrasen hinter die Politik von Hollande und Sarkozy gestellt.

An sich ist der Menschenrechtsimperialismus in Frankreich noch weitaus schlimmer ausgeprägt als in der BRD. Die deutsche Bundesregierung hat dann wenigstens beim Libyen-Krieg nicht offensiv mitgemacht und dachte auch im Gegensatz zu Frankreich nicht an eine militärische Intervention mit eigenen Truppen in Syrien. Dies liegt auch daran,daß der französische Imperialismus sich ideologisch auf die Ideen von 1789 beruft. Ursprünglich gehört Frankreich der politischen Geistesgeschichte und der Nationsdefinition nach zum „Westen“, die deutsche Tradition ist historisch gesehen antiwestlich (völkische Nationsdefinition, Antiparlamentarismus, deutscher Sonderweg, deutsche Romantik, Hegel usw.)

Der nun nach Europa getragene Terrorismus ist als eine Mischungsursache aus Massenmigration und Interventionsimperialismus zu sehen. Beide sind dabei eng verknüpft und werden durch das Interesse der Kapitalistenklasse an Zuwanderern ergänzt.

Quelle: http://www.rotermorgen.info/   am 17.11.2015