FAU erfolgreich gegen Lohnbetrug. Die FAU Berlin
protestierte am Samstag, den 24. Oktober, vor dem
Restaurant „Cancún“ und konnte ihren Kampf für das
FAU-Mitglied Luca erfolgreich beenden, dem noch über
1.000 Euro geschuldet worden waren – eine beachtliche
Summe für einen prekären migrantischen Arbeiter in
Berlin. Der Betrieb gehört zu jenen „Arbeitgebern“, die
nun offenkundig in einer zunehmend neoliberalen
Bundesrepublik sogenannte Null-Stunden-Verträge
einführen. Solche Null-Stunden-Verträge, die keinerlei
Minimum an Arbeitsstunden bzw. Bezahlung garantieren,
verlagern das unternehmerische Risiko ganz auf die
Beschäftigten.
Der Arbeitsvertrag im Cancún sieht weiterhin vor, dass
– während teils nur der Mindestlohn gezahlt wird – eine
Schadenersatzzahlung von 1.000 Euro an den Chef zu
leisten ist, falls die zweiwöchige Kündigungsfrist
nicht eingehalten wird! Neben den bescheidenen
Verträgen gibt es Berichte von Beschäftigten über
verschiedene Fehltritte des Managements. So schlug ein
Manager, bei einer Gelegenheit, einer Kellnerin die
nicht korrekt gemachte heiße Schokolade aus der Hand
und „feuerte“ sie illegalerweise an Ort und Stelle.
Vor den Protesten am 24. Oktober hatte die FAU Berlin
den Chefs Jeannette und Badol Shek mehrere Briefe
geschickt und sie mit zwei persönlichen Besuchen
bedacht: die zurückbehaltenen Löhne sollten umgehend
gezahlt werden. Als der zweite Brief übergeben wurde,
weigerte sich der Chef zu bezahlen und wies die Manager
an, die elf FAU-Mitglieder bis zum Eintreffen der
Polizei im Restaurant einzusperren. Die FAU verließ den
Ort ruhig und friedlich, während der Chef vor den Augen
der Kunden hinter ihr her schrie – es war eindeutig an
der Zeit, dass die FAU einen Schritt weiterging.
Es war ein netter Samstagabend, so gegen 19 Uhr:
Unweit des Alexanderplatzes, vor dem Restaurant
„Cancún“ im Herzen Berlins hatte die FAU rund 40
energische ArbeiterInnen aus Griechenland, Schottland,
Südafrika, den USA, Italien, Irland, Kanada, Finnland,
Schweden, Argentinien, England und Deutschland
versammelt – nicht unbedingt eine Gruppe, mit der man
sich als Boss anlegen will.
Recht ungewöhnlich für
Gewerkschaftsauseinandersetzungen in Berlin, hatten die
Chefs 16 ihrer Freunde und loyalen Lohndrücker
versammelt, um die FAU gleich zu Beginn von ihrer
Kundgebung abzudrängen. Natürlich leugnete der Chef,
die Briefe der FAU erhalten zu haben; die Leute des
Chefs wollten handgreiflich werden, wurden aber schnell
von der FAU zurückgedrängt, die sich ihren Raum nicht
nehmen ließ und Slogans rief wie „Kein Lohn, keine
Ruhe!“, „Cancún, pay your workers!“ und „So- So- So-
Solidarität!“ Ein FAU-Mitglied drehte Runden mit einer
Trillerpfeife, während andere Flugblätter an neugierige
KundInnen und PassantInnen ausgaben, die sich
angesichts des Spektakels schnell versammelten. Die
Chefs zogen sich zwar zurück, aber – in ihrer
Verzweiflung und Verbitterung – kritisierten sie die
nicht-deutschen Protestierenden dafür, keine guten
Deutschen zu sein oder nicht Deutsch zu sprechen: „Das
ist Deutschland hier, sowas macht man nicht in
Deutschland!“ hieß es etwa, oder „Wir sind die
Steuerzahler!“
45 Minuten später, es ist 19:45 Uhr: Eine Menge von
Zuschauern hat sich versammelt, studiert die
Flugblätter und sieht den Protesten zu, demgegenüber
die zwei oder drei Verbliebenen auf der Seite des
Chefs. Eine Familie aus Großbritannien blieb stehen und
erklärt laut und deutlich ihr Entsetzen darüber, dass
es nun auch in Deutschland Null-Stunden-Verträge gibt;
eine andere Gruppe junger Leute hatte sich
offensichtlich entschieden, dass es ein guter Beginn
für den frühen Samstagabend ist, sich die
Auseinandersetzung anzuschauen. Jeannette und Badol
Shek stehen am Eingang des Restaurants, die Arme
verschränkt, die Gesichter zu sorgenvollen Grimassen
verzogen; sie sprechen sehr ernst mit einem Arbeiter
des Cancún, den sie als Vertreter für die Verhandlungen
mit der FAU ausgewählt haben – es ist Zeit, die
Niederlage einzugestehen.
Nachdem sich die Sheks ins Restaurant zurückgezogen
hatten, zahlen die Cancún-Manager den zurückgehaltenen
Lohn Lucas von 1.000 Euro bar und vor laufenden Kameras
aus, direkt vor dem Restaurant, wie die FAU es
gefordert hatte. Unter lauten Jubel verkündet die FAU
den umstehenden Zuschauern ihren Sieg – die
Gewerkschaft hat einmal mehr einen Kampf gewonnen durch
selbstorganisierte, direkte Aktion.
Quelle:
https://berlin.fau.org/news/no-wage-no-peace
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