Wenige Monate nach der
Inszenierung des ersten Weltkriegs durch Deutschland-Österreich
zeichneten sich einschneidende Veränderungen in der sozialen
und politischen Zusammensetzung der deutschen Arbeiterklasse ab.
Vordergründig waren sie darauf zurückzuführen, daß die
Blitzkriegsstrategie des modifizierten Schlieffenplans versagt
hatte (60) und damit ein Millionenheer von Arbeitskräften für
Jahre in den Korps der imperialistischen Armee fixiert worden
war. Vor allem Facharbeiter wurden knapp. Die Umstellung der
Kapitalbildung auf Rüstungsproduktion, zentralisiert in der
"Kriegsrohstoffabteilung" und später im "Kriegsamt" (61), mußte
allein schon hinsichtlich des Arbeitsmarkts weitreichende
Konsequenzen haben. Im Rahmen der Kriegswirtschaft des ersten
Weltkriegs ist zum erstenmal in der deutschen Wirtschaft der
Tendenz nach ein staatlich zentralisierter
Zuteilungsapparat von Arbeitskraft ("Zentraler
Arbeitsnachweis") entstanden. (62)
Eine enorme Umschichtung der Arbeiterklasse setzte ein. Der
"kleine Belagerungszustand", der die Exekutivgewalt auf den
Militärapparat (die"Stellvertretenden Generalkommandos")
übertrug, entwickelte sich unter gesamtkapitalistischer Regie
Schritt für Schritt zur zentralen Instanz für die Planung des
Verhältnisses von privater Kapitalbildung und öffentlichen
Investitionen. (63). Dabei fungierte der "zentrale
Arbeitsnachweis" als einheitliches Lenkungsinstrument für die
Zirkulation und Umstrukturierung der Arbeiterklasse je nach den
Entwicklungszielen der kapitalistisch-staatlichen
Gesamtproduktion.
Die Geschichtsschreibung der
traditionellen Arbeiterbewegung begnügt sich im allgemeinen
damit, nach der Wiedergabe einiger statistischer Daten über die
Umschichtung des Gesamtarbeiters bei der Beschreibung jenes
grobum-rissenen Reorganisationsprozesses der Ausbeutung von
lebendiger Arbeit stehenzubleiben, um sich sodann lang und breit
mit der inneren Struktur des "staatsmonopolistischen
Kapitalismus" zu beschäftigen. (64) Uns interessiert hingegen
vorrangig, welche materiellen Veränderungen mit welchem
strategischen Ziel dieser zentralisierte Wirtschaftsapparat
innerhalb der Arbeiterklasse vorangetrieben hat. Warum wurden
bis zum Herbst 1916 4,3 Millionen Frauen in die Fabriken
gepreßt, während der Männeranteil mit 4,7 Millionen stagnierte ?
Mit welchen Konsequenzen hat sich in der Metallverarbeitung,
der klassischen Domäne der Facharbeit, der Anteil der
Frauenarbeit verdreifacht, während sich in der Elektroindustrie
der Frauenanteil am Gesamtarbeiter sogar auf 55 Prozent
belaufen hat? (65) Warum bemühten sich darüberhinaus seit 1915
die Junker und die rheinischen
Schwer-industriellen, Uber ihr "Deutsches Industriebüro"
in Brüssel und die "Feldarbeiterzentrale" die Rekrutierung von
belgischen und polnischen Arbeitern -
meist Zwangsarbeiter - zu forcieren (66), und warum wurde
diese Initiati-ve, die immerhin zum Import von 180 000
zusätzlichen belgischen und 130 000 polnischen Arbeitskräften
führte, seit 1916 von der III. Obersten Heeresleitung und dem
"Kriegsamt" massiv fortgesetzt? (67) Es ging nicht einfach
darum, "unerschlossene" industrielle Reservearmeen für den
Ersatz der zum Kriegsdienst eingezogenen Arbeitermassen
zusammenzutreiben. Der Chemiemagnat Carl Duisberg hatte nicht
nur das im Sinn, wenner auf einer Konferenz des Preußischen
Kriegsministeriums im September 1916 pathetisch ausrief: "Öffnen
Sie das große Menschenbassin Belgien!" (68) Aufschlußreicher ist
schon die zynische Bemerkung von Oberstleutnant Bauer, einer
beherrschenden Figur des "Kriegsamts", der im Herbst 1916
ineiner Denkschrift an Wilhelm II. schrieb, je "mehr
Menschenmaterial zu Ende geht, um so mehr muß die Maschine an
die Stelle treten"(69). Hier zeichnet sich schon ziemlich
deutlich ab, was sich spätestens seit 1916 wie ein roter Faden
durch die Strategiedebatte der herrschenden Klasse zieht: die
materielle Basis der polarisierten Arbeiterklasse anzugreifen,
den Gesamtarbeiter, der sich mit jedem Massenstreik ein Stück
mehr der erstarrten Ausbeutungskonvention entzieht und das ganze
System an den Abgrund treibt, nach den einzelnen
Produktionssektoren aufzuspalten und völlig neu
zusammenzusetzen.
Innerhalb der Kriegswirtschaft
entstehen neue Ansätze zur Massenproduktion. Die entscheidende
Initiative geht von der "Kriegsrohstoffabteilung" und einzelnen
privilegierten Wirtschaftsverbänden aus, welche versuchen, in
verschiedenen Sektoren die knapp werdenden Rohstoffe durch
synthetische zu ersetzen und darüberhinaus die militärische
Staatsproduktion als Vehikel für die technologisch-produktive
Realisierung längst gemachter Erfindungen einzusetzen. (70)
Spezielle und weiterreichende Eingriffe in die
Arbeitsorganisation selbst, die geeignet wären, an die Stelle
des professionellen Arbeiters und der ihm zugeordneten
Handlanger- und Hilfsarbeiterschicht eine neue Klassenstruktur
zu setzen, gibt es im allgemeinen noch nicht. Die Arbeiterklasse
wird vielmehr im Verlauf des Booms in der Munitionsindustrie
sowie in Chemie und Elektrotechnik nicht mehr weiter in
Professionelle und Unqualifizierte polarisiert, sondern nach
Industriesektoren aufgespalten. Gleichzeitig nehmen in den
expansiven neuen Industriezweigen die unqualifizierten
Arbeitermassen zu, und ein erheblicher Teil der bisherigen
Funktionen des Arbeiter-Technikers wird in technische
Angestelltenkategorien außerhalb des unmittelbaren
Produktionsprozesses vorverlagert. (71) Das sind in groben
Umrissen die Strukturen, von denen aus "Kriegsamt" und III.
Oberste Heeresleitung die privilegierte Stellung des
qualifizierten Arbeiters untergraben und gleichzeitig auch die
Arbeitssituation der unqualifizierten Arbeitermassen
schrittweise verändern. In diesem Zusammenhang ist es alles
andere als ein Zufall, daß während des ersten Weltkriegs die
Arbeiterklasse auch auf der Ebene des Lohns neu zusammengesetzt
und gleichzeitig auch neu gespalten wird. Der Geldlohnindex der
einzelnen Industriesektoren ist zwischen 1914 und 1918 deren
Umstrukturierung und Rationalisierung direkt proportional
gewesen. (72)
Zwischen der Reorganisation der
Geamtarbeitskraft und der Entwicklung der politischen und
gewerkschaftlichen Institutionen der Arbeiterklasse während des
ersten Weltkriegs besteht ein enger Zusammenhang. Schon vor
Kriegsausbruch zeigen die "Generalcommission" der freien
Gewerkschaften und die Sozialdemokratie in spektakulärer Weise
ihre Bereitschaft, sich endgültig ins Schlepptau des
kapitalistisch-staatlichen Angriffs auf die Arbeiterklasse
nehmen zu lassen. Südekum und die vielen anderen Funktionäre
des Arbeiterreformismus sind der Generalität immer zur Hand,
wenn es bei der unmittelbaren Kriegsvorbereitung in der
Julikrise darum geht, über die präventive Ausschaltung der
Linken zu beraten. Ja mehr noch:der gesamte Kriegsausbruch wird
nach jenen Kriterien inszeniert, welche Südekum und Co.
entwerfen, in der Absicht, die Arbeiterklasse mittels der
Sozialdemokratie möglichst reibungslos in die Kriegsbegeisterung
mit hineinzuziehen. (73) Die Tatsache, daß die Spitze der
Sozialdemokratie mit der obersten Generalität vor Kriegsausbruch
über das präventive Vorgehen gegen Liebknecht und die übrige
Linke beriet (74), ist zweifellos eine besonders spektakuläre
Eskapade der deutschen Klassengeschichte. Trotzdem sollten wir
uns auch hier hüten, einfach von Verrat zu sprechen. Der
Zynismus der deutschen Sozialdemokratie hat auch hier eine klare
politische Perspektive. Spätestens der turbulente Verlauf des
proletarischen Kampfzyklus von 1910-1913 (75)
hatte der Akteuren von "Generalcommission" und
sozialdemokratischem Parteiapparat klargemacht, daß ihre auf die
Facharbeiterzentren beschränkte Klassenbasis ihre
Vormachtstellung innerhalb der Klasse tendenziell verloren
hatte. Ein banaler Tatbestand, wenn wir bedenken, daß die
Dynamik der gesamtkapitalistischen Entwicklung die erstarrten
Profit-Lohn-Beziehungen in den Facharbeiter-Industrien längst
Uberspielt hatte; daß der reale Klassenwiderspruch nicht erst
seit 1913 die materielle Grundlage der bisherigen
Arbeiterbewegung erschütterte. Insofern muß die ganze
Südekum-Affäre als konsequente Schlußfolgerung des(
institutionellen Arbeiterreformismus verstanden werden: in den
Augen der SPD- und Gewerkschaftsbeamten hatte die
Facharbeiterbewegung politisch wie ökonomisch versagt. Weder
gegen den Unternehmer Staat noch gegen die revoltierende
Arbeitermehrheit war auf sie gestützt der "Sozialismus", die
beschleunigte kapitalistische Entwicklung im "Volksstaat",
durchzusetzen. Warum sollte deshalb nicht für eine bestimmte
historische Periode die Abkehr von diesem zurückgedrängten Teil
der Arbeiterklasse und die Hinwendung zu einem taktischen
Bündnis mit den Unternehmerstaat als Mittel zum Zweck zu
rechfertigen sein? So werden aus den reformistischen
Institutionen der Arbeiterbewegung, die sich bislang darauf
konzentriert hatten, die Aufstandstendenzen der
unqualifizierten, "maschinenstürmerischen" und
anti"sozialistischen" Arbeitermehrheit mitteld der politischen
Hegemonie des Facharbeiters unter Kontrolle zu halten,
innerhalb kürzester Zeit Vollzugsgehilfen des
kapitalistisch-staatlichen Angriffs auf die innerhalb des
Kapitals erstarrten Machtpositionen der professionellen Arbeit.
Nur in diesem Sinn sollte man davon sprechen, der deutsche
Ar-beiterreformismus habe von seinen Instituttonen her 1914 die
Klasse verraten: er hat sich "rechtzeitig" von seiner
Facharbeitergrundlage abgesetzt, um mittels einer veränderten
taktischen Operation am Kampf "gegen die Anarchie der
Konkurrenz" teilzuhaben; für die "andere" Arbeiterbewegung hat
dieser Bühnenwechsel hingegen geringere Bedeutung gehabt, für
sie wurde lediglich der Mechanismus der Klassenkonfrontation,
der grundsätzlich schon immer bestanden hatte, abgeändert. Nur
in diesem historischen Kontext können die Erschütterungen des
Jahrs 1914 richtig verstanden werden. Am Anfang dieser
Entwicklung steht der Umschwung vom Internationalismus - einem
zentralen Inhalt des politischen Verhaltens des Facharbeiters,
der die herrschenden Gewalten seit der Pariser Commune
jahrzehntelang
vor ihm hatte zittern lassen - zur Vaterlandspartei. (76) Ihm
folgt im Jahr 1916 die Teilnahme am "Gesetz über den
vaterländischen Hilfsdienst" (77), das die Rahmenbedingungen und
Gewaltinstrumente für die Restrukturie-rung des
Ausbeutungskommandos schafft: gewerkschaftliche Mitbestimmung
und Zwangsarbeit. Die Ernennung des Vorsitzenden des "Deutschen
Metallarbeiter-Verbandes", Alexander Schlicke, zum Leiter des
"Unterausschusses für Arbeiterangelegenheiten" im Kriegsamt,
sekundiert dieses wichtige Ereignis. (78) Am Ende stehen im
Revolutionsfrühling 1918 das Groe-ner-Ebert-Abkommen (79) und
die "Zentralarbeitsgemeinschaft" von Gewerkschaften und
Großkapital (80), wodurch Sozialdemokratie und Gewerkschaften
zusammen mit dem harten Kern von Unternehmern und Generalität
die Voraussetzungen für die blutige Unterdrückung der
Novemberrevolution und für die endgültige Durchführung des
Angriffs auf die Bastionen des professionellen
Arbeiter-Technikers und des unqualifizierten
Durchschnittsarbeiters schaffen. Im Gegensatz dazu beginnt sich
seit 1915/16 eine zunächst schmale Arbeiteropposition gegen den
"Burgfrieden" zu formieren. Der politische Widerstand geht
zunächst von den "verratenen" Facharbeiterschichten aus. Er
tendiert in seinen Zentren Sachsen und Berlin dazu, sich im
alten kautskyanischen Zentrum zu formieren. (81) L'SPD und
Spartakusbund - 1920/21 inder KPD wieder vereinigt - sind zwei
nur nach taktischen Aspekten des Widerstands zu unterscheidende
Flügel der professionellen Arbeiterbewegung, welcher seit 1916
Schritt für Schritt die materielle Basis entzogen wird. In
einem anderen Zusammenhang werden wir darzustellen haben, wie
sich konträr dazu, gestützt auf die 'andere" Arbeiterbewegung,
bei den "Linksradikalen" der Hafenstädte, bei Einzelfigurendes
Spartakusbunds - vor allem Karl Liebknecht - und bei den
Hamburger In-dustrie-Unionisten eine neue antagonistische Linie
des Arbeiterkampfs profiliert. Sie steht von Anfang an
außerhalb der Ideologie der Arbeit und der von der L'SPD
dominierten professionellen Rätebewegung.
(82) Der Exkurs
über den Zusammenhang von Reorganisation der Ausbeutung und
institutioneller Entwicklung der Arbeiterbewegung war nötig, um
zu begreifen, warum die Vaterlandspartei in ihrer ganzen Breite
- einschließlichSo-zialdcrnokratie und "Generalcommission" - den
Angriff auf die Arbeiterklasse auch in dessen offen repressiven
Momenten trägt. Seit der Inszenierung des Kriegs ist unter
Modalitäten, die unter voller Zustimmung der Sozialdemokratie
Zustandekommen, der Belagerungszustand Uber die Arbeiterklasse
verhängt. Dabei sind es gerade die Mehrheitssozialdemokraten und
die Gewerkschaftsfunktionäre, die systematisch jegliche
oppositionelle Agitation an der Arbeiterbasis an die
stellvertretenden Generalkommandos verpfeifen. (83) Vor allem
seit der Propagierung des "Hindenburgprogramms" im Jahr 1916
(84) und der damit verbundenen Sanktionierung der Zwangsarbeit
kennt die breite Front der Vaterlandspartei keine Rücksichten
mehr. Im Juli 1910 gibt das Kriegsministerium "Leitsätze für das
Vorgehen der Militärbefehlshaber bei Ausbruch größerer Streiks
in der Rüstungsindustrie" heraus. Sie beginnen mit dem
martialischen Satz, bei "jedem Streik, durch den die
rechtzeitige Versorgung des Heeres irgendwie gefährdet werden
kann", sei "mit allen verfügbaren Mitteln und aller Schärfe
einzugreifen". (85) Seither werden auf breiter Ebene, ganz den
Richtlinien gemäß, "Rädelsführer (...) sofort in
Sicherheitshaft genommen" (86) und wegen "Landesverrats"
abgeurteilt. "Hetzer" - damit ist die organisierte Basis der
sich allmählich wieder stabilisierenden professionell -
internationalistischen Arbeiteropposition gemeint - werden
serienweise zum Kriegsdienst eingezogen. Von der Möglichkeit,
ganze Belegschaften zu militarisieren, wird dagegen relativ
selten Gebrauch gemacht. Der verschärfte Belagerungszustand ist
nur der Eisberg einer in den Details sehr viel genauer
zupackenden Repression: die Vaterlandspartei schlägt immer
genau da zu{ wogewalt-samer Widerstand gegen die soziale
Umstrukturierung der Arbeiterklasse zu erwarten ist. Die von den
Unternehmern "reklamierten", also vom Kriegsdienst
zurückgestellten professionellen Arbeiter werden an ihrem
Arbeitsplatz in Uniform gesteckt und militärischer Aufsicht
unterstellt; alles scheinbare Äußerlichkeiten, die eindeutig
die Funktion haben, den Arbeiter-Techniker trotz des
einsetzenden Verlusts seiner privilegierten Stellung im
Produktionsprozeß zu einer hinlänglichen Arbeitsmoral
anzuhalten. Auch die Arbeiterinnen werden einem rigiden äußeren
Drill unterworfen, der sie zu willenlosen Instrumenten einer
absurden und kaputtmachenden Arbeitsqual in den
Munitionsfabriken machen soll: sie werden oft kaserniert und wie
militärische Einheiten kommandiert. Ihre Arbeitsinhalte sind
nicht nur vomPro-dukt her destruktiv, sondern gleichzeitig in
hohem Grade monoton: sie werden in der Rüstungsindustrie zum
Ziehen und Lochen der Geschosse, zum Zusammenbauen von Zündern,
zur Herstellung von Schießbaumwolle und Nitroglyzerin sowie zum
Füllen und Stempelnder Granaten herangezogen. (87) Seit 1916
nimmt neben einem wachsenden Anteil von Jugendlichenarbeit die
Frauenarbeit auch in der Heeresfahrzeugindustrie, im Waggonbau,
in der optischen und elektrotechnischen Industrie und selbst im
Schiffbau zu. (88) So wächst unter der deutschen Arbeiterklasse
ein neuer Arbeitertypus heran, der sich allein schon von seiner
sozialen Zusammensetzung her nicht im geringsten mehr mit den
Inhalten und den Zielen seiner Ausbeutungssituation zu
identifizieren vermag. Die Arbeitsmoral wird mehr und mehr zu
einer Angelegenheit der Militäreinheiten der stellvertretenden
Generalkommandos, während in den Betrieben die bisherigen
historischen Keimformen unternehmerischer Polizeigewalt
endgültig zum "Werkschutz" zusammenwachsen und
Hilfspolizeistatus erhalten. (89) Sie haben die traditionelle
Mei ster-Vorarbeiter-Hierarchie bei der Überwachung der
ungeheuer angewach senen Arbeiterarmee zu verstärken und zu
komplettieren.
Entscheidend
wird der repressiv vorangetriebene Prozeß der
Neuzusammensetzung der Klasse durch die Zwangsrekrutierung
ausländischer Arbeiter in den besetzten Territorien, vor allem
Polen und Belgien, verstärkt. Die Etappenverwaltungen arbeiten
mit Akribie daran, dieVolkswirtschaften der besetzten Länder in
einem künstlichen Krisenzustand zu halten (90), nicht zuletzt
mit dem Ziel, aus den so erzeugten Arbeitslosenmassen der
östlichen und westlichen Etappe eine zusätzliche industrielle
Reservearmee zu aktivieren. Spätestens seit Anfang 1915 gehen
die deutschen Militärbehörden dazu über, mit brutaler Gewalt
"Zivilarbeiterbataillone" auszuheben und zu Armierungsarbeiten
unmittelbar hinter der Front einzusetzen (91) Allein in der
belgischen Etappe werden 370 000 belgische Arbeiter in die
Zwangsarbeitereinheiten gepreßt. Die Arbeitssituation ist dem 20
Jahre später im Nationalsozialismus perfektionierten Prinzip
der "Vernichtung durch die Arbeit" schon unheimlich ähnlich.
Die Tageslöhnung liegt mit 30 Pfennig weit unter dem physischen
Existenzminimum. (92) Wer sich den Anweisungen der deutschen
Kapos widersetzt, wird hart bestraft und in vielen Fällen
geschlagen. Die Barackenlager der Zwangsarbeiterbataillone
gleichen Vorformen der späteren Konzentrationslager. Die
Ernährung ist erbärmlich, so daß beispielsweise in den
Zwangsarbeitereinheiten der Etappenverwaltung in Litauen viele
"an Entkräftung starben. Die Verpflegungssätze waren: ein
halbes Pfund Brot pro Tag, mittags einen Liter Suppe und
morgens und abends je einen Liter warmen Wassers." (93) Derart
systematisch forcieren die Etappenmilitärs das Massenelend - ein
Elend, dem nach 1916 nicht nur die Arbeiterklasse der besetzten
Gebiete, sondern mehr und mehr die gesamte Bevölkerung zum Opfer
fällt. So wurde beispielsweise "im Winter 1916-1917 (...) die
gesamte Bevölkerung Litauens mobilisiert, um Arbeitsbataillone
zu bilden, durch welche die deutschenAr-beitssoldaten im Lande
entbehrlich gemacht und gleichzeitig dem Arbeitermangel in
Deutschland selber gesteuert werden sollte. Von dieser Zeit an
ist die Zahl der Zwangsarbeiter sehr groß." (94)
Die Aufstellung
der "Zivilarbeiterbataillone" dokumentiert jedoch nur die eine
Seite der arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten des deutschen
Besatzungsregiments. Wie wir schon andeuteten, wurden daneben
seit 1915 auch die Rekrutierungsaktivitäten der deutschen
Schwerindustriellen, die zu diesem Zweck ein eigenes "Deutsches
Industriebüro" in Brüssel unterhielten, genauso wie die der
Junker in den Ostgebieten massiv unterstützt. 1916 wurde die
Mobilisierung ausländischer Zwangsarbeiter in aller Offenheit
der III. Obersten Heeresleitung Ubertragen. (95) In den
Konferenzen zwischen Großkapital und Generalität zu diesem Thema
wurde immer wieder die Bedeutung der Arbeiterrekrutierung für
die deutsche Großindustrie hervorgehoben; aber selbst den
Gewerkschaften war klar - das Verhalten der "Generalcommission"
beweist das zur Genüge -, daß die belgischen und polnischen
Zwangsarbeiter zusammen mit den Kriegsgefangenen in der
deutschen Industrie als Speerspitze für die Neuzusammensetzung
der gesamten Klasse gebraucht wurden - so wurde die ganze damit
verbundene Brutalität auch von dieser Seite stillschweigend
toleriert. (96) Der Mobilisierungsmechanismus selbst war
einfach und skrupellos. Zum einen wurde je nach Bedarf in den
besetzten industriellen Zentren durch Demontage,
Fabrikstillegungen und flankierende restriktive Geldpolitik
eine künstliche Arbeitslosigkeit geschaffen (97), zum anderen
durch Entzug von Arbeitslosenunterstützungen,
Nahrungsmittelrationierung usw. ein Klima produziert, das
praktisch keine andere Möglichkeit als die Arbeitsemigration
offenließ. Waren trotz dieser Maßnahmen die Anwerbungsraten
nicht groß genug, wur de mit großen Razzien, willkürlichen
Massenverhaftungen und vorgetäuschten Veranstaltungen, von
denen die Besucher in die Zwangsrekrutierungsbüros
abtransportiert wurden, nachgeholfen. (98) Die Besatzungsregimes
haben selbst für dieses skrupellose Vorgehen in Belgien und
Polen mif'Ver Ordnungen zur Bekämpfung der Arbeitsscheu" einen
juristischen Legitimationsrahmen produziert (99), ein
Tatbestand, der wieder einmal anzeigt, mit welcher Gründlichkeit
sich die deutsche Militärmaschine die Klassenstrategie des
Unternehmerstaats zu eigen machte. Nach derartigen Großrazzien
wurden die selektierten Zwangsarbeiter in Viehtransportzügen in
extra freigemachte Kriegsgefangenenlager (Soltau, Wittenberg,
Kassel-Niederzwehre, Güben, Munster, Altengrabow und Meschede)
verbracht, wobei schon dabei viele an den durchgemachten
Entbehrungen starben. (100) Die Lager selbst wurden innerhalb
weniger Wochen nach dem Eintreffen der Zwangsrekrutierten zu
typischen Konzentrationslagern. Die Insassen wurden
gegeneinander ausgespielt, indem die militärischen
Kommandanturen die "Arbeitswilligen" in "Arbeitskommandos" mit
Tätigkeiten innerhalb des Lagers einteilten und den aufsässigen
und "arbeitsscheuen" Rest in "Disziplinlagern" terrorisieren
ließen. Dank des Sadismus der Kommandanten-meistens
Reserve-Hauptleute, die den stellvertretenden Generalkommandos
unterstanden - und ihrer Wachmannschaften sind in den KZs
täglich durchschnittlich fünf bis sechs der Deportierten an
Hunger, Infektionskrankheiten und Entkräftung gestorben. (101)
Nach unterschiedlicher Wartezeit wurden die "Arbeitskommandos"
von den Konzernen geschlossen als Zwangsarbeiterkolonnen
übernommen. Die Terror- und Bewachungsfunktionen gingen dabei
von den stellvertretenden Generalkommandos an den "Werkschutz"
Uber. Er war uniformiert, mit Pistolen und Karabinern
ausgerüstet und bestand meistens aus deutschen Vorarbeitern und
Meistern der "nationalen Werkvereine" und hatte für den
geschlossenen Einsatz in den Betrieben und für die Bewachung der
Barackenunterkünfte der Zwangsarbeiter zu sorgen. Schon während
des ersten Weltkriegs wurde in den Großkonzernen der Eisen- und
Stahlindustrie, des Chemiekapitals und der Elektroindustrie der
ausländische Zwangsarbeiter zu einer alltäglichen Erscheinung,
der, von den übrigen Arbeitern nach Möglichkeit streng
abgetrennt, außerhalb der Arbeitszeit in besonders bewachten
"Ausländerlagern" vegetierte. (102)
Wir sehen: die
Mobilisierung der Frauenarbeit, der Kriegsgefangenen und ziviler
ausländischer Zwangsarbeiter ist keinesfalls ein
Zufallsereignis, das etwa aus besonderen Engpaß-Situationen auf
dem deutschen Arbeitskräftemarkt allein erklärt werden kann.
Die Tatsache, daß diese neuen Arbeiterschichten einem rein
militärisch-politischen Kommandosystem unterstanden, ist
integraler Bestandteil der damaligen Strategie des Kapitals. Die
zusätzlich mobilisierten Pariaschichten der Klasse sollen den
Prozeß der Neuzusammensetzung der gesamten Klasse forcieren
helfen. Die alte Klasse npolarisierung in Facharbeiter und
Ungelernte bzw. Handlanger, selbst nur Ausdruck einer in sich
erstarrten E ntwicklungsdynamik des deutschen Wirtschaftssystems
vor dem ersten Weltkrieg, verliert an Bedeutung. Seit 1916
herrscht eine Übergangssituation, bei der - abgesehen von der
Differenzierung des Gesamtarbeiters nach kriegsbedingten
expansiven und stagnierenden Produktionszweigen - jegliche
traditionell-schichtenspezifische Homogenität in der
Arbeitsorganisation verwässert wird. Zu Beginn des 20.
Jahrhunderts war die Polarisierung der Arbeiterklasse vom
Standpunkt des Kapitals aus ein notwendiges Übel gewesen; es ist
unverkennbar, daß beide Hauptströmungen der
Arbeiterbewegung - abgesehen vielleicht von der
EisenhUttenindustrie -auf einer enormverringerten
kapitalistischen Entwicklungsdynamik basierten. In fast allen
wichtigen Industriezweigen war der Klassenantagonismus aufgrund
einer erheblich reduzierten Kapitalfixierung erstarrt. Und erst
nach zwei Kriegsjahren hält sich der Unternehmerstaat für fähig,
sich aus dieser Pattsituation zu lösen - ein nicht zu
unterschätzender Beweis für die Aggressivität eines
überakkumulierten Gesamtkapitals. Aber selbst für das Jahr 1916
sind die Ansatzpunkte noch rar, die den endgültigen Durchbruch
zum reorganisierten kapitalistischen Kommando über die lebendige
Arbeit signalisieren: mancherorts wird freilich schon eine
vollständig veränderte Arbeiterklasse aus dem Boden gestampft.
Ein Beispiel soll zeigen, daß gleichwohl seit dem Herbst 1916
eine ganze Epoche des Arbeiterkampfs unwiderruflich zu Ende
ist.
Zu Beginn des
ersten Weltkriegs war die Basisindustrie der deutschen Spreng
stoff- und Munitionsfabriken noch weitgehend auf Chilesalpeter
als natürlichen Rohstoff angewiesen. Als sich der Krieg in die
Länge zog, gewann in den Produktionsplänen der
"Kriegsrohstoffabteilung" bzw. seit 1916 des "Kriegsamts" die
Möglichkeit, den Salpeter nach dem Haber-Bosch-Verfahren
synthetisch zu erzeugen (103), rasch an Bedeutung. Bei der
technologischen Realisierung des gesteigerten Bedarfs schob
sich nach erbitterten Konkurrenzkämpfen der Konzern der
"Badischen Anilin- und Sodafabriken" in den Vordergrund. Es
gelang den Managern des Unternehmens, mit ihrem Werk in Oppau
und einem weiteren Bauvorhaben in Mitteldeutschland in der
Gegend von Halle-Merseburg die Luftstickstoffindustrie, nach der
Teerfarbenindustrie der jüngste Zweig des Chemiekapitals (104),
weitgehend zu monopolisieren. Im Herbst 1915 setzte der
BASF-Konzern das mitteldeutsche Kombinatsprojekt endgültig
gegenüber der "Obersten Heeresleitung" durch; seit April 1916
ist eines der gigantischsten Neubauvorhaben der deutschen Chemie
industrie voll angelaufen. Ausgestattet mit der Autorität und
den Machtmitteln der Generalität, trieben die BASF-Unternehmer
es mit brutaler Härte, die alle Möglichkeiten des "kleinen
Belagerungszustands" ausschöpfte (105), voran. In einer
einzigen Großaktion wurden die 130 Besitzer des Baugeländes der
späteren Leuna-Werke, meistens Kleinbauern und Handwerker aus
27 Dörfern, enteignet. Unmittelbar danach, Ende April 1916,
konnte die BASF auf einem 4,5 x 2,1 km großen Gelände mit dem
Bau beginnen. Die zweite Ausbaustufe war ein Jahr später kaum
erreicht, als schon der erste Hochdruckofen für die
Ammoniak-Synthese angefahren und die Produktion aufgenommen
wurde.
Durch das
Leuna-Projekt wurde die mitteldeutsche Arbeiterklasse
schlagartig umgewälzt. Innerhalb von zwei Jahren entstand im
Raum Halle-Merseburg eine enorm konzentrierte Arbeiterklasse,
wobei bis weit über das Kriegsende hinaus neben den
Produktionsarbeitern des Ammoniakwerks die Bauarbeiter
dominierten. Das Ergebnis des Ammoniak-Booms war ein
entzivilisiertes und nur schwer kontrollierbares Proletariat,
das alsbald die Kämpfe in der gesamten mitteldeutschen Region
anführen sollte. Das Hauptkontingent stellten die Facharbeiter,
allesamt "reklamierte Wehrpflichtige", die jederzeit, wenn die
Manager der BASF bzw. der Bau- und Montagefirmen es wollten,
zum Kriegsdienst zurückgeholt werden konnten. Sie waren auch am
Arbeitsplatz uniformiert und unterstanden den Militärgesetzen;
eine besondere Einheit des Magdeburger stellvertretenden
Generalkommandos, in der Barackensiedlung der Arbeiter
stationiert, hatte für ihre Disziplin zu sorgen. Die zweitgrößte
Arbeitergruppe waren dienstverpflichtete Arbeiter:
Halbbauern-Proletarier, Dorfhandwerker, bankrotte kleine
Gewerbetreibende, die sich wegen der relativ hohen
Industrielöhne aus der näheren Umgebung hatten anwerben lassen.
(106) Hinzu kamen riesige Kolonnen weiblicher Arbeiter,
Kriegsgefangener und belgischer Zwangsarbeiter, die innerhalb
der schillernden neuen Betriebshierarchie die schwersten und
dreckigsten Tätigkeiten zugeschoben bekamen und dafür oft nicht
einmal die Hälfte des an die männlichen deutschen Arbeiter
gezahlten Lohns erhielten. (107) Ohne Zweifel setzte das
BASF-Management alles daran, die derart bunt in und um Leuna
zusammengewürfelte multinationale Arbeiterklasse besonders
scharf unter Kontrolle zu halten. Es versuchte von vornherein,
die Uberholte und nicht mehr durchzuhaltende Polarisierung in
Facharbeiter und unqualifizierte Handlangerschicht durch eine
der aufgefächerten sozialen Zusammensetzung angepaßte
differenzierte Hierarchie zu ersetzen. Als ruhender Pol der
Arbeitsdisziplin waren nicht mehr einfachdie professionellen
Arbeiter, ohnedies kaum mehr als 40 Prozent des
Gesamtarbeiters, sondern eine aus dem Ludwigshafener Stammwerk
abgezogene "Stammbelegschaft" ausersehen (108), die aus
qualifizierten und unqualifizierten Arbeiterkategorien bestand.
Damit versuchte das Unternehmen der Tatsache Rechnung zu tragen,
daß es auf die seiner unmittelbaren Kontrolle entzogenen
Facharbeiter als Stützen der Betriebsdisziplin kaum mehr setzen
konnte. Die deologie der Professionalität und des Berufsstolzes
hatte sich bei ihnen in der Tat in den Schützengräben enorm
gelockert. Hinzukamen Arbeitsbedingungen, die sich von den vor
dem Kriegsausbruch üblichen elementar unterschieden: ein
ungeheures Durcheinander auf der Riesenbaustelle, auf der
gleichzeitig rücksichtslos die Ammoniakanlage angefahren wurde;
ein babylonisches Gewirr von Reklamierten in ihren Uniformen,
kriegsgefangenen Franzosen und Russen - ebenfalls in ihren alten
Uniformen; von Frauen, Jugendlichen und
Hilfsdienstverpflichteten, und einnicht weniger babylonisches
Sprachengewirr; die Lockerung der Sexualmoral, da statt der
Ehebetten jetzt allenfalls der Gang in die Frauenbaracken zu
absolvieren war (109); und nicht zuletzt die Tatsache, daß der
Versuch der Manager und der Militärbehörden immer wieder
scheiterte, die Arbeiter, die zu über zwei Dritteln in den
Leuna-Barackenkolonien vegetierten, in genauer Entsprechung der
Ausbeutungshierarchie getrennt zu kasernieren.
So stellten
sich denn auch gerade die Barackenlager alsbald als Hochburgen
immer neuer Arbeiterrevolten heraus, derart, daß sie nach dem
mitteldeutschen Aufstand von 1921 endgültig wieder abgerissen
wurden. (110) Mithin war von der Behäbigkeit und der
reformistisch-provinziellen Bedachtsamkeit einer professionell
beherrschten Arbeiterbewegung in Leuna von Anfang an nicht allzu
viel zu spüren. Die Arbeitermassen von Leuna sind nach einer
kurzen Periode des Abwartens gegenüber der USPD-Initia-tive
ziemlich bald ihre eigenen Wege gegangen. (111) Die Produktion
von synthetischem Ammoniak war Funktion einer weit verzweigten,
verfahrenstechnisch organisierten und in sich geschlossenen
Maschinerie, die einen enormen Aufwand an konstantem Kapital
fixierte; sie war der Beeinflussung durch die lebendige Arbeit
weitgehend entzogen. Die äußeren Umstände:das Chaos und der
Dreck der Baustelle, die massenhafte Kasernierung, die soziale
Entwurzelung der Mehrheit des Gesamtarbeiters, taten das ihre
dazu, um eine am Produktionsablauf fixierte Arbeitsideologie
und Selbstbescheidung der Proletarier gar nicht erst aufkommen
zu lassen. Den Kapitalisten blieb nichts anderes übrig, als die
Arbeitsmoral von außen her zu stabilisieren: durch die
Bewachungseinheiten der Magdeburger Militärverwaltung und durch
einen Werkschutz, der das Kommando über die deutschen
Reklamierten und die Kriegsgefangenen ergänzte und gewaltsam
zusammenfaßte. Es ist kein Zufall, daß gerade die
Leuna-Arbeiterklassesich alsbald als zentraler Motor eines
qualitativ neuartigen Zyklus von Arbeiterkämpfen entpuppt; daß,
wie ein DDR-Historiker verächtlich schreibt, der "Sektierer" Max
Hoelz sich anschickt, in der Leuna-Barackenstadt sein Unwesen
zu treiben. (112)
Anmerkungen
(60) Zum Schlieffenplan vgl.
die ausführliche Darstellung von H.Otto, Der preußisch-deutsche
Generalstab unter der Leitung von General Schlieffen (1891-1905)
bei der militärischen Kriegsvorbereitung des deutschen
Militarismus, Diss.phil. Leipzig 1962. Über die taktischen
Modifikationen gegenüber der Sozialdemokratie gibt F. Klein,
"Sonst kriege Ich die Sozialdemokraten nicht mit", in: Beiträge
zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (im folgenden
abgekürzt: BzG), 1967, H.5, Auskunft.
61) Vgl. dazu
A.Schröter, Krieg - Staat - Monopol 1914-1918, Berlin 1965; und
als zeitgenössische Analyse K.Helfferich, Der Weltkrieg, Bd.II,
S.173 ff.: Wirtschaftskrieg und Kriegswirtschaft, Berlin 1919.
(62)
Über die Reorganisation und Zentralisation des Arbeitsmarkts
vgl. die knappe, aber vorzugliche Analyse bei G.D.Feldman,
Army, Industry, and Labor in Germany 1914-1918, Princeton 1966,
S.64 ff.
(63)
Vgl. H.Weber, Das Kriegsamt - Exekutive der Monopole, inders. ,
Ludendorff und die Monopole, Berlin 1966, S.43 ff.
(64)
Eine bemerkenswerte Ausnahme in der jüngeren DDR-Literatur macht
der Sammelbandr Politik im Krieg 1914-1918. Studien zur Politik
der deutschen herrschenden Klasse im ersten Weltkrieg, Berlin
1964.
(65)
Dazu ausführlich Ch. Lorenz, Die gewerbliche Frauenarbeit
während des Krieges, in: Der Krieg und die Arbeitsverhältnisse,
Stuttgart-Berlin-Leipzig 1928.
(66)
Für Belgien vgl. vor allem R.B. Armeson, Total Warfare and
Compulsory Labor, Den Haag 1964, S.29 ff.; W.Gutsche, Zu einigen
Fragen der staatsmonopolistischen Verflechtung in den ersten
Kriegsjahren am Beispiel der Ausplünderung der belgischen
Industrie und der Zwangsdeportation von Belgiern, in: Politik
im Krieg 1914-1918, Berlin 1964; für die Zwangsarbeitspolitik in
Polen W.Basler, Die Expansionspolitik des deutschen
Imperialismus gegenüber Polen und den baltischen Staaten
1914-1918, Habil.Schrift PH Potsdam 1959 (MS.), bes. S.261 ff.,
S.282 ff. , S.310 ff.
(67)
Vgl. Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Bauer, Nr.14; R.Sichler,
J.Tiburtius, Die Arbeiterfrage, eine Kernfrage des Weltkrieges.
Berlin 1925, bes. S.101 ff.
(68)
Zit. nach Armeson, op.cit. S.31
(69)
Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Bauer, Nr.2, B1.59f.
(70)
Programmatisch dazu G.Stresemann, Industrie und Krieg.
Veröffentlichungen des Bundes der Industriellen, H. 9a, Berlin
1916. Die Pläne des Chemiekapitals werden besonders deutlich in
der Duisberg-Denkschrift aus dem Jahr 1915 (abgedruckt in: JWG,
1966, T.III); die Langzeitkonzeption der elektrotechnischen
Industrie entwirft W. Rathenau In der Broschüre: Probleme der
Friedenswirtschaft, Berlin 1917.
(71) Eine
systematische Analyse der Veränderung der Klassenzusammensetzung
während des ersten Weltkriegs steht noch aus. Ansätze dazu
lief3rt: Die Einwirkungen des Krieges auf die
Bevölkerungsbewegung, Einkommen und Lebenshaltung in Deutschland
(Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Weltkriegs, Bd. 8),
Stuttgart-Berlin-Leipzig 1932; A. Günther, Kriegslöhne und
Preise und ihr Einfluß auf Kaufkraft und Lebenskosten, Jena
1919: J. Kuczynski, Darstellung der Lage der Arbeiter in
Deutschland von 1900 bisl917/18, op.cit.: R.Sichler,
J.Tiburtius, op.cit.; als wichtige Materialien wären auch die
Jahrbücher des Deutschen Metallarbeiterverbands, Stuttgart 1915
ff., heranzuziehen.
(72) Dabei ist vor
allem die zunehmende Angleichung der Löhne bei den
qualifizierten und unqualifizierten Arbeitern wesentlich. Vgl.
Bureau International du Travail, Fluctuation des salaires dans
differents pays de 1914 ä 1921. Etudes et documents No.2, Serie
C, Geneve 1923; und allgemein den Abschnitt über die Ära des
ersten Weltkriegs beiG.Bry, Wages in Germany 1871-1945,
Princeton 1960.
(73) Vgl.
F.Klein, "Sonst kriege ich die Sozialdemokraten nicht mit",
op.cit.
(74) Dazu vor
allem D.Frlcke, H.Radandt, Neue Dokumente Uber die Rolle Albert
Südekums, In: ZfG, 4. Jg. 1956, H.4, S.757 ff.; W.Gutsche,
Südekum und die anderen. Ergänzende' Materialien zur Rolle
rechter Führer der deutschen Sozialdemokratie im ersten
Weltkrieg, in: ZfG 1970, H.9, S.173 ff.; H.Wohlgemuth, Weitere
Dokumente zur Rolle Albert Südekums Im ersten Weltkrieg, in:
ZfG 1969, H.6, S.749 ff.
(75) Die
wichtigsten Arbeiteraktionen in dieser Zeit: Werftarbeiterstreik
1910, Bauarbeiterstreik 1910, Bergarbeiterstreik 1912,
Werftarbeiterstreik 1913 waren für die Sozialdemokratie und die
Gewerkschaften so bedrohlich, weil sie innerhalb der Zentren der
kapitalistischen Entwicklung abliefen und auf lange Sicht nicht
mehr auf der schmalen Basis einer professionellen
Rückwärtsgewandtheit unter Kontrolle gebracht werden konnten.
Mochte die spätere USPD- und Spartakuslinke ruhig an diesen
Kämpfen vorbeiagitieren: für die Legien und Co. war klar, daß
sie jetzt anders optieren mußten. Ihre Chance lag darin, daß
sich auch das Kapital jetzt auf sie zubewegte und sie als
Instrumente eines neuen Entwicklungssprungs nutzen wollte.
(76)
Über die weitreichende Bedeutung dieses Kurswechsels vgl. E.O.
Volksmann, Der Marxismus und das deutsche Heer im Weltkriege,
Berlin 1925. Daß die sozialimperiallsti-sche Orientierung der
SPD nicht etwa erst am Jahr 1914 festzumachen ist, zeigt die
Lektüre von R.Höhn, op.cit. S.566, am Beispiel der Militärfrage
in aller Deutlichkeit.
(77)
Das "Vaterländische Hilfsdienstgesetz", historisch gesehen ein
zentrales Instrument zur Generalmobilmachung unter der Diktatur
der III. Obersten Heeresleitung, ist zweifellos das erste
Manifest der herrschenden Klasse für die Einführung der Arbeit
in ihrer allgemeinsten Form: die Massenarbeit. Das formulierte
u.a. General Groener anläßlich einer Pressebesprechung am
13.11.1916, die der Propagierung des Hilfsdienstgesetzes diente:
"Bis jetzt gab es eine Mobilmachung des Heeres und In gewissem
Maße auch eine , Mobilmachung der Industrie. Das genügt aber
nicht. Der ganze Krieg wird mehr und mehr zur Arbeiterfrage
(...). Bei dem neuen Kriegsamt handelt es sich darum, die
Arbeitskräfte aus dem Volke herauszuholen." DZAP, Reichsamt des
Innern, Nr. 12328, Bl.268.
(78)
Vgl. W.Richter, Monopolkapital, Gewerkschaften und Staat im
ersten Weltkriegund inder Novemberrevolution (1914-1919), Berlin
1959; W.Groener, Lebenserinnerungen, hrsg. v. F.Freiherr Hiller
von Gaertingen, Göttingen 1957, S.346.
(79)
Dieses Abkommen, unter dem Druck der heraufziehenden
Novemberrevolution getroffen, schließt also einen langjährigen
Prozeß der Hereinnahme der Sozialdemokratie in eine forcierte
plankapitalistische Entwicklung ab. Zum Abkommen sei vor allem
verwiesen auf zwei allerdings mehr moralisierende als
analytische Einschätzungen aus der DDR: L. Berthold, H.Neef,
Militarismus und Opportunismus gegen die Novemberrevolution. Das
Bündnis der rechten SPD-Führung mit der Obersten Heeresleitung
November und Dezember 1918. Eine Dokumentation, Berlin 1968;
H.Küster, Oberste Heeresleitung und rechte Führung der SPD gegen
die Novemberrevolution 1918 in Deutschland, in: Zeitschrift für
Militärgeschichte, Berli n (im folgenden abgekürzt: ZMG), 1969,
H.5, S.565 ff.; sowie auf die recht apologetische, aber
faktenreiche Untersuchung von W.Sauer, Das Bündnis
Ebert-Groener, Diss.phil. Berlin 1957.
(80)
Zur ZAG ("Zentralarbeitsgemeinschaft") vgl. DZAP, 1,
Nichtstaatllches Archivgut, Zentralarbeitsgemeinschaft, Nr. 24,
28, 33, 36; als zeitgenössische Darstellung ihrer Funktion aus
der Feder eines Kapitalisten J. Reichert, Entstehung, Bedeutung
und Ziel der Arbeitsgemeinschaft, Berlin 1919; sowie die sehr
informative Analyse von W.Richter, Monopolkapital, Gewerkschaft
und Staat, op.cit.
(81)
Dieser Tatbestand drückt einmal mehr aus, daß die
sozialdemokratische Linke seit Ihrer 1905 forcierten
Strategiedebatte unfähig zur materiellen Analyse der
Zusammensetzung der Arbeiterklasse und ihrer Umwälzungen gewesen
war. Vgl. dazu M.Cacciari, Über das
Problem der Organisation in Deutschland 1917-1921,
in:Bologna/Cacciari, Zusammensetzung der Arbeiterklasse und
Organisationsfrage, Berlin 1973, S.53 ff., dem wir aber nur
bedingt zustimmen. Cacciari arbeitet die zunehmende, angesichts
der einsetzenden Klassenumschichtungen geradezu grotesk
anmutende Rückwärtsgewandtheit der Linken heraus, operiert aber
selbst recht philosophisch, weil er eine Beziehung zur realen
Klassenbewegung nicht herausstellt und so das zentrale Problem
der Debatte: Verhältnis von Arbeiterautonomie und Machtfrage -
aus den Augen verliert. Die Kritik der linken Intellektuellen
der damaligen Zelt sollte nicht von einem intellektuellen,
sondern von einem Arbeiterstandpunkt aus betrieben werden.
(82)
Da die SED Ende der fünfziger Jahre nicht diese sogenannten linksradikalen
Strömungen, die 1917 eine scharfe Polemik gegen den Anschluß des
"Spartakusbunds" an die USPD führten (ISD,
später IKD, Hamburger Linksradikale
usw.), auf den Schild hob, sondern sich endgültig für die
Propagierung der professionell-zentristischen Linie
Bebel-Spartakusbund-KPD entschied, fehlt es bis heute an
differenzierten Analysen dieser politischen Linie. Erste Ansätze
zu einer genaueren Institutionengeschichte liefert allenfalls
H.M.Bock, op.cit. S.57 ff.; sie sind nicht unproblematisch, weil
Bock sie ständig mit den syndikalistischen Strömungen in der
Sozialdemokratie vermischt.
(83)
Dazu vor allem: Arbeiterführer als Verräter. Dokumente aus der
Kriegszelt. Aus den Akten der Kriegsamtsstelle Leipzig, Leipzig
1919; W.Gutsche, Südekum und die anderen, op.cit.; W.Richter,
Gewerkschaften Monopolkapital und Staat, op.cit.
(84)
Vgl.: Deutschland im ersten Weltkrieg, Bd.2, 2. durchges. Aufl.,
Berlin 1970, S.461 ff.; G.D. Feldmann, Army, Industry, and
Labor, op.cit. S.149 ff.; H.Weber, Ludendorff und die Monopole,
op.cit. S.47 ff.
(85)
Vgl. Kriegsministerium an alle Stellvertretenden
Generalkommandos, Berlin den 28. Juli 1916: Leitsätze über das
Vorgehen der Militärbefehlshaber bei Ausbruch größerer Streiks
inder Rüstungsindustrie, abgedruckt in: E .O. Volkmann, Der
Marxismus und das deutsche Heer im Weltkriege,
Berlin 1925, S.277.
(86)
Zit. nach ebd. S.278. Zum Funktionieren der inneren
Militärdiktatur vgl. auch R.Höhn, op. cit. S.749 ff.: Gewaltsame
Unterdrückung aller radikalsozialistischen Umsturzbestrebungen
von Seiten der stellvertretenden kommandierenden Generäle, sowie
J.Schellenberg, Die Herausbildung der Militärdiktatur in den
ersten Jahren des Krieges, In: Politik Im Krieg 1914-1918,
Berlin 1964.
(87)
Dazu Ch. Lorenz, Die gewerbliche Frauenarbeit während des
Krieges, op. eit. S.358 f. , 382 f.
(88)
Dazu vor allem Jahrbuch des Deutschen Metallarbelterverbandes,
Stuttgart 1916, S.18f.; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche
Reich, Hrsg. Statistisches Reichsamt, Berlin 1919, S.302 ff.; zu
den Frauenlöhnen A.Günther, op.cit. S.30; sowie Ch.Lorenz,
op.cit. , passim.
(89)
Vgl. C.Amelunxen, Werkschutz und Betriebskriminalität, op.cit.
S.12.
(90)
Zu den Verhältnissen in Belgien vgl. F.Passelecq, Unemployment
In Belgium during the German occupation and its general causes,
London 1917; sowie W.Gutsche, Zu einigen Fragender
staatsmonopolistischen Verflechtung, op.cit. Hinsichtlich Polen
W.Basler, op.cit., Anlageband, Akten der Reichskanzlei über das
Vorgehen gegenüber Polen und den baltischen Staaten.
(91)
Exemplarisch für die Vorgehensweise in der belgischen Etappe
F.Passelecq, Deportation et travail force des ouvrlers et de la
population civile de la Belglque occupee (1916-1918), Paris-New
Häven 1928, bes. S.20 f. , 329 ff.
(92)
Ebd. S.339. In der NS-Ära wurden die Zwangsarbeitserfahrungen
des ersten Weltkrieges übrigens gründlich studiert. Dabei kam
man selbst in offen publizierten philosophischen Dissertationen
zu dem Ergebnis, damals sei viel zu lasch vorgegangen worden. Es
komme vor allem darauf an, das Zwangsarbeitssystem von Anfang an
gegen alle "Arbeitsschädlinge" anzuwenden, denn, wie die
Novemberrevolution zeige, sei gerade hier viel "vernachlässigt
worden": "Die Nutzbarmachung dieser Wehr- und Arbeitsschädlinge
durch Zwangsarbeit bei Absonderung von den hochwertigen
Arbeitskräften würde (...) weniger die Schaffung zusätzlicher
Arbeitskraft bedeutet haben als die Verhinderung von
Arbeitsausfall infolge zunehmender Unzufriedenheit und
seelischer Minderwertigkeit." F.Beyer,
Die Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaftspolitik und
Wehrpolitik in bezug auf die Gestaltung des Arbeitseinsatzes,
Diss.phil. Berlin 1936, S.88.
(93)
Schreiben und Denkschrift der Litauischen Taryba an den
Reichskanzler vom 20.10.1917, DZAP, Akten Reichskanzlei,
Kriegsakten Kurland, Nr. 2404, abgedruckt In W.Basler, op. cit.
S.242.
(94)
Zit. nach ebd. S.241.
(95)
Vgl. Armeson, op.cit. S.30ff.; F.Passelecq, Deportation et
travail force op.cit. S. 90 ff.; H.Weber, op. cit. S. 50 f.
Dabei war der Zwangsimport von mindestens
300 000 belgischen und polnischen Arbeitern geplant:
Bundesarchiv Koblenz, Nachlaß Bauer, Nr. 14, B1.13, Protokoll
einer Besprechung im Reichsamt des Inneren v. 17.10.1916. Selbst
über eine beschönigende Terminologie war man sich handelseinig:
"Eigentliche Konzentrationslager für zwangsweise abgeführte
belgische Arbeiter sollten nicht errichtet, auch der Ausdruck
'Lager' vermieden werden und statt dessen von
'Un-terkunfststätten für Industriearbeiter' gesprochen werden."
(96)
Einmal in die Vaterlandspartei übergewechselt sahen die
deutschen Gewerkschaften natürlich keinen Anlaß, sich mit den
internationalistischen Solidaritätsappellen der belgischen
Arbeiter auseinanderzusetzen. Vgl.: Appel des ouvriers beiges
aux ouvriers de tous le pays du monde civillse, abgedruckt in
F.Passelecq, Deportation et travail force..., op.cit. S.193 ff.
(97)
Auch das war nur ein Vorspiel für das, was sich seit 1939 in
Europa abspielen sollte. Es wäre eine Untersuchung wert, die
außenwirtschaftlichen Ziele des deutschen Kapitalismus von
1914-18 mit denen der Jahre 1940-1942 zu vergleichen. An
interessanten Einzelstudien mangelt es nicht.
(98)
Dazu im einzelnen W.Basler, op.cit. S.242 f., 262 f., 282 ff. ,
310 f. , 332 f.; DZAP, Reichsamt des Innern, Arbeiterfragen in
besetzten russischen Gebieten, Nr. 19 798; Deutsehland im ersten
Weltkrieg, Bd.2, S.494 ff.; W.Gutsche, op.cit. S.83 f.;
F.Passelecq, Deportation..., op.cit. S.90ff., S. 325 ff.
(99)
Diese Verordnungen gehen mit großer Wahrscheinlichkeit - für
Polen mit Sicherheit -auf eine Anweisung des
Generalquartiermeisters Ludendorff zurück. Vgl. DZAP, Reichsamt
des Innern, Arbeiterfrage in besetzten russischen Gebieten, Nr.
19 798, B1.154 f.
(100)
So Passelecq, op.cit. S.204 ff. , 4.Kap.: Le transport des
deportes; S.262 ff. 7. Kap.: Le deportes beiges en Allemagne.
(101)
Die innere Struktur der Konzentrationslager wurde in einer vom
Kriegsamt am 15.11.1916 herausgebrachten Anweisung "Grundsätze
Uber die Heranziehung arbeitsscheuer Belgier in Deutschland"
mit der Notwendigkeit der Produktion einer hinlänglichen
Arbeitsmoral begründet: "Durch straffe Zucht und nachdrückliche
Heranziehung zu den notwendigen inneren Arbeiten auf der
Verteilungsstelle muß die Vorbedingung dafür geschaffen werden,
daß die Belgier jede Gelegenheit zu gut bezahlter Arbeit
außerhalb der Verteilungsstelle als eine erwünschte
Verbesserung ihrer Lage begrüßen." DZAP, Rd/Nr. 19 288, Bl. 85
ff. Über die Todesraten in KZs vgl. Passelecq, op.cit. S.272.
Die traurigsten Rekorde auf diesem Gebiet sind demzufolge In den
"Disziplinlagern" von Ohrdruf, Preußisch-Holland
und Tessendorf erzielt worden.
(102)
Die besten Unterlagen darüber gibt es aus den 1916 entstandenen
Leuna-Werken (dazu welter unten). Vgl. vor allem E.Stein, Die
Entstehung der Leunawerke und die Anfänge der Arbeiterbewegung
in den Leunawerken während des ersten Weltkriegs und der
Novemberrevolution, Diss.phil. Halle 1960. Auch Karl Früholz,
Das System der Zwangsarbelt In den Betrieben der IG Farben,
Diss. Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED
Berlin 1964 (Ms.), geht auf die Zwangsarbeiterverhältnisse im
ersten Weltkrieg ein.
(103)
Vgl. E.Stein, op.cit. S.26 f.; zur Rolle von Haber und Bosch in
der Gesellschaft H.Belke u.a., Zur Rolle von Fritz Haber und
Carl Bosch In Politik und Gesellschaft, in: Wissenschaftliche
Zeitschrift der TH für Chemie Leuna-Merseburg, Jg. 1960/61, H.1
(104)
Dazu A.Beyer, 50 Jahre Stickstoff Industrie, In: Chemische
Technik, Jg.1954, H.10, 11.
(105)
Dazu gehörten: bevorzugte Reklamierung von Facharbeitern,
forcierte Enteignungsmaßnahmen, höchste Dringlichkeitsstufe des
Projekts, bevorzugte Lieferung von Eisen-und Metallkontingenten
usw.
(106)
Dazu Stein, op.cit. S.174 ff.: Die reklamierten Wehrpflichtigen;
S.178 ff.: Die Hilfs-dienstverpflichteten.
(107)
Vgl. ebd., S.181 ff.: Weibliche Arbeitskräfte-, S.187 ff.:
Belgische Deportierte-, S.190 ff.: Kriegsgefangene. Zur
Klassenzusammensetzung zwischen 1916 und 1918 vgl. auch:
Kämpfendes Leuna. Die Geschichte des Kampfes der Leuna-Arbeiter,
Teil I, Halbband (1916-1933) Berlin 1961.
(108)
Vgl. Stein, op.cit. S.247. Wie sehr die Zusammensetzung bei
Leuna die Struktur der mitteldeutschen Arbeiterklasse im ersten
Weltkrieg veränderte, zeigt E.Stein, Zur Geschichte der
mitteldeutschen Arbeiterbewegung in den Jahren des 1.
Weltkrieges, in: Wissenschaftliche Zeitschrift Universität
Halle-Wittenberg, gesellschafts- und sprachwiss. Reihe, 1958/59,
H.1.
(109)
Vgl. E.Stein, Die Entstehung der Leuna-Werke, op.cit. S.186f.
Angeblich waren-nach dem Inspektionsbericht einer Referentin der
Kriegsamtsstelle Magdeburg - die guten Sitten derart gelockert,
daß wegen "des schlechten Rufes (...) der Arbeitsnachweis keine
Arbeiterinnen mehr für das Leunawerk vermitteln" konnte.
(110)
Vgl. dazu Industrie-Siedlung Leuna-Werke. Ein Rückblick, in:
Siedlung und Wirtschaft, Jg. 1938; E.Stein, op.cit. S. 195 ff.
(111)
So waren 1920 10 000 Leuna-Arbeiter Mitglieder der "Allgemeinen
Arbeiter-Union", und das, nachdem sich in Mitteldeutschland der
USPD-Reformismus zunächst ziemlich breit entwickelt hatte ! Vgl.
H.H.Bock, op.cit. S.303. Bock zitiert eine Auskunft des
KAPD-Mitbegründers Peter Utzelmann.
112) So E.Stein,
op.cit. S.308. Es ist makaber, wie sich Stein in der sonst sehr
informativen Arbeit S.300 ff. mit der "linkssektiererischen
Linie" der Leuna-Arbeiter zwischen 1919 und 1921
auseinandersetzt.
Editorische Hinweise
Der Text wurde
entnommen aus: Karl Heinz Roth, Die "andere" Arbeiterbewegung,
München 1974, S.39-54
OCR-scan red.
trend
|