Stellungnahme
Z
u den tödlichen Schüssen vor dem Chrysi Avgi Büro am 1. Nov. 2013 in Athen

von
Syspeirosi Anarchikon (
Vereinigung von Anarchisten)

11-2013

trend
onlinezeitung

„Wenn der Finger den Mond zeigt, schaut der Idiot auf den Finger“

Wie anders könnte die Aktion der Ermordung zweier Mitglieder der Partei Chrysi Avgi vor den Büros der Partei im Athener Stadtteil Nea Irakleio beschrieben werden?

Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass sie im Rahmen der ideologischpolitischen Wiederverwertungen und Prozesse punkten wollen, die seit Jahrzehnten die Bewegung (mit oder ohne Anführungszeichen) plagen, ob sie sich nun als revolutionäre oder antifaschistische oder als befreiend-antiautoritäre bezeichnet. Es handelt sich um politische Beharrlichkeiten, die darauf bestehen, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, wo die Akteure mit der Logik der Bandenkriege zwischen „Faschisten und Antifaschisten“ eine Initiative für die Wiederauflage eines herbeiphantasierten Bürgerkriegs aufgenommen haben, gleichzeitig aber mit ihrem Verhalten und ihren Aktionen dafür sorgten, die Perspektiven befreiender Aktionen zu entwerten, die Rolle des „Executers“-“Rächers“ übernehmend und im Einklang mit den innersten Wünschen der Staatlichen.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Aktion von Nea Irakleio sich innerhalb des Rahmens einer Auseinandersetzung innerhalb der Herrschenden bewegt, in den sie sich aus Anlass des Mordes an Pavlos Fyssas einordnete und bei der alle Kräfte des „verfassungsgemäßen“-Gläubigermemorandums oder auch nicht Bogens desorientierten und versuchten, Nutzen daraus zu schlagen (inklusive der Verfolgten in diesem Fall). Und während die Schmierereien der politischen Spekulation sich in Luft auflösen, während die Verwalter des Staates ihre „Gewinne“ aus der Umsetzung nunmehr totalitärer Methoden eingebracht haben, aber auch die entsprechenden Schäden davon trugen, während alle Herrschenden auf die Initiative des „Deus ex machina“ warteten, erscheint der „aus der Maschine“ wirklich und nährt erneut die politische Spekulation, die begonnen hatte, die Richtung zu wechseln.

Es ist vollkommen unwichtig, ob die Aktion in irgendeinen „tiefgründigen“ Text gehüllt wird, mit dem die Verantwortung übernommen wird (wann immer und fallsdas passiert) oder ob sie im Namen des Volkes, der Linken, des Kommunismus, der Revolution, der Antiautorität oder sogar der Anarchie sprechen wird. Das was sie in der Praxis versucht zu unterstützen, ist die Herrschaft und insbesondere der Teil von ihr, der bereits viel auf der Ebene politischen Handelns verloren hat. Selbst der Ignoranteste gegenüber dem, was sich politisch tut, begreift, dass diese Aktion sich einordnet – auf die eine oder die andere Weise – in den sogenannten verfassungsgemäßen Bogen, wobei sie versucht, Furcht im anderen Teil der Herrschenden zu sähen. Das wird auch davon gezeigt, dass das Ziel Mitglieder des Schutzes der Parteibüros waren. Es handelt sich um eine rückwärtsgewandte Mentalität die sogar die Genossen Anarchisten, die Ende des 19. Jahrhunderts agierten, überwunden hatten. Denn wie sehr man auch einige von deren Methoden ablehnen mag, so muss man ihnen doch ihre Selbstopferung anerkennen, die Selbstlosigkeit und dass sie auf die Tyrannen zielten und nicht auf die Zimmermädchen. Aber nach dem was aus dem Feld der Sozialpsychologie bekannt ist, folgen die Dinge nicht dem geplanten (wenn es denn solches gab) und in vielen Fällen sind die Ergebnisse andere als man angenommen hat. Deswegen ähnelt die Aktion in Nea Irakleio eher einem Würfelwurf oder dem Versuch eines Begleichens von Verpflichtungen. Wie man es auch sieht, selbst die bestorganisierten Geheimdienste täten sich schwer oder zögerten, eine solche Aktion durchzuführen. Auf jeden Fall haben wir eine Situation, zu der die Anarchisten nicht anders können, als die Dinge so zu sagen, wie sie sind.

Leider ist das Kriterium des wann jemand zugunsten des Befreiungsprozesses oder seines Versuches agiert seit langem verloren gegangen und wir befürchten, dass so sehr auch jemand versucht, es schwer sein wird, in dieser Aktion irgendeine befreiende Substanz zu finden. Im Gegenteil könnte sie leicht als Aktion schamlos herrschaftlichen und intrigösen Inhalts charakterisiert werden, die in die Fußstapfen anderer vergleichbarer tritt, die unkorrigierbar den Ideen geschadet haben, die sie zu unterstützen oder zu vertreten dachten.

Vereinigung von Anarchisten (Syspeirosi Anarchikon)
Athen, 2. November 2013

Editorische Hinweise

Diese unautorisierte Übersetzung erschien am 4.11.2013 bei Indymedia.