Marxismus verteidigen

von
Suphi Toprak

11/09

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Es ist töricht, wenn die Marxisten sich nicht in die relevante aktuelle Auseinandersetzung auf der nationalen oder internationalen Ebene einmischen oder gar ignorieren. Es ist noch törichter, wenn es bei dieser ignorierten Diskussion um Kant, Lenin, die Erkenntnistheorie, die Partei und den Charakter der Arbeiterstaaten geht. Die Streithähne sind Wolfgang Fritz Haug und Hans Heinz Holz, die sich seit 50 Jahren nicht ausstehen können. Der Auslöser der ganzen Diskussion ist der Artikel von H. H. Holz in der Jungen Welt. Es ist hier nicht die Aufgabe dieses Artikels, eine Versöhnung der beiden Positionen zu vermitteln.

Die kontroversen Punkte dieser Diskussion sollten offen dargelegt und diskutiert werden. Es gibt nur einen nützlichen Weg aus dieser Auseinandersetzung herauszukommen, und zwar die Widerlegung beider Positionen. Diese sind über denselben Gegenstand falsche Positionen auf ihre Art und Weise, obwohl sie in sich auch Teilwahrheiten enthalten, weil sie von zweitrangiger Natur sind, betreffen sie als solche nicht den Kern der Diskussion.

Kant

Hans Heinz Holz hat Kant als "das größte Verhängnis der europäischen Philosophie" genannt,"aber eben ein Verhängnis von einsamer und verführerischer Größe." Allein diese Feststellung ist ein Zeugnis seines Unverständnisses von der Dialektik.
Kant hat seine Philosophie  in der Phase entwickelt, als das Bürgertum sich auf das entscheidende Gefecht vorbereitete. Kant trat als Denker der französischen Revolution bzw. des fortschrittlichen Bürgertums auf.

Kant hat sich nicht mit  dem skeptischen Ansatz von David Hume zufrieden gegeben. David Hume hat den Skeptizismus  systematisch begründet. Hume knüpft seine Theorie an John Lockes Sensualismus an. Alle Bewusstseinsinhalte des Menschen fußen danach auf sinnlichen Wahrnehmungen. Das was wir erkennen,  sind ausschließlich die Verknüpfungen von Bewusstseinsinhalten, die wir nicht einer Prüfung unterziehen können, um zu untersuchen, ob sie tatsächlich so sind, wie wir sie uns auch vorgestellt haben.

 Hume lehnt den objektiven Charakter der Kausalzusammenhänge ab. Für ihn gibt es nur die subjektive Wahrnehmung. Humes Erkenntnistheorie geht auf die Annahme zurück, dass nur die Sinneseindrücke im Verstand existieren. In dieser  Hume’schen Annahme gibt es keinen Raum für die objektive Welt. Daher zweifelt Hume an der Existenz und Erkennbarkeit der objektiven Welt.

Kant stellt Gott dagegen außerhalb der Erfahrung. Gott sei eine Hypothese zur Erklärung. Kants Gott  sei das Postulat der praktischen Vernunft, so Hegel.

 Hegel stellt fest:“Das Denken hat sich bei Kant als absolut, konkret und frei, Letzteres gestellt“ Es gibt für Kant keine äußere Autorität im Denken. Nach Kant gibt es eben die objektive Welt. Der Bürger ist von den religiösen Zwängen dadurch befreit, da er nicht mehr der Kirche, sondern sich selbst Rechenschaft schuldig ist. Der Kategorische Imperativ von Kant ist kein Lehrsatz der Kirche, der von den Bürgern nicht mehr gebraucht wird. Aufklärung sei nach Kant der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.

 Hume hat seine Position gegen Locke entwickelt, dass die Notwendigkeit und Allgemeinheit nicht in der Wahrnehmung zu begegnen seien. Locke stellt die These auf, dass der Geist tabula rasa sei und durch die Erfahrung werde der Geist geschrieben wie ein leeres Papier. So sei die Idee der angeborenen Vorstellungen überflüssig. Kant geht auf die Notwendigkeiten und Allgemeinheiten im Ding an sich ein, da sie doch vorhanden sind. Kant sagt dass"ein jedes Ding der Natur nach Gesetzen wirkt“
Die Beispiele aus der Naturwissenschaft und Mathematik hätten es bestätigt. Als solche müssen die Notwendigkeiten und Allgemeinheiten a priori in der Vernunft liegen. Kant hat sich hier der Wahrheit angenährt, indem er die Notwendigkeit und Allgemeinheiten anerkannt hat.

Das Kantschen Erkenntnisvermögen ist beschränkt:"Sogar sich selbst dar der Mensch sich nicht anmaßen zu erkennen, wie er an sich selbst sei." Die menschliche Vernunft kann nicht in der Lage sein, objektive Wahrheiten zu erkennen. Die Unfähigkeit des Menschen bleibt bestehen, trotz des Kantschen Anspruchs der Aufklärung. Hegel unterzieht Kant aus verschiedenen Gesichtspunkten einer harschen Kritik.
Hegel unterstellt Kant zudem eine barbarische Terminologie anzuwenden. Darüber hinaus bleibe Kant innerhalb der psychologischen Ansicht und Manier eingeschlossen, obwohl Kant seine große Seite dadurch gezeigt hat, dass er Raum und Zeit als Verbindende a Priori betrachtet habe.

Kants Schwankungen zwischen Materialismus und Idealismus spiegelte die damalige Lage des Bürgertums wider. Fichte, der sich ursprünglich als das Erbe der Kantschen Philosophie sah, hat die Subjektivität der Kantschen Philosophie bis zum Ende gedacht. Der neue Bürger, der alles ändern sollte, war auch sich von der objektiven Welt zu befreien. Die Eliminierung  der Jakobiner in der Französischen Revolution, bedingt aus den objektiven Sachzwängen, überzeugt den revolutionären Fichte in seinem Denken, dass es die Objektivität an sich nicht gäbe. Sein "Geschlossener Handelstaat“ versammelt die ökonomischen Ideen eines Robespierre.

Kants Entwicklung war ein Moment, der in sich viele widersprüchliche Elemente vereinigt, deren dialektische Vernichtung später im dialektischem Materialismus geschah.
Sozusagen ist der Marxismus auch die Vollendung der K
antschen philosophischen Anregungen und Ideen im weitesten Sinne. Die Unmündigkeit des Menschen, die den Ausgang der Kantschen  Aufklärung bildete, ist nur mit Marxismus überwunden worden.
Erst wenn man sich an die Sache undialektisch wagen könne, würde man Kant aus dem historischen Kontext herausreißen, isoliert darstellen und sagen: Kant wäre das größte Verhängnis. Nein, Kant war kein Verhängnis, genauso wenig wie Platon, der auch für viele bürgerlichen Philosophen und Denker heute noch eine reaktionäre Rolle zu spielen scheint. Das Bürgertum, das gegen den dialektischen Materialismus schwach aussah, hat die alten Ideen der Philosophie missbraucht. Bei diesen Misshandlungen ging es nicht darum, dass man die alten Ideen  konsequent weiterentwickelt und sie in den aktuellen Auseinandersetzungen einsetzt, sondern um die alten Ideen, die in sich notwendigerweise die fortschrittlichen Seiten enthalten haben, da sie als ideologische Untermauerung und Vorbereitung des aufkommenden Bürgertums geschrieben worden waren. Die Philosophie der alten Philosophen wird von diesen fortschrittlichen Seiten getrennt, in die Irrationalität geführt und anschließend wird das Residuum der Philosophie an das Bedürfnis des  Imperialismus angepasst. Das Verhängnis ist bisher auf keinen Fall Kant gewesen, sondern der Kapitalismus im Zeitalter des Imperialismus.

Hegel wirft Kant vor, dass er die Widersprüche nicht in eine höhere Einheit führt, wo die Widersprüche sich gegenseitig vernichtet haben und auf ihren Anfang zurückkehren können. In diesem Progress wartet auf das durch die Vernichtung der alten Widersprüche entstandene Neue die nächste Entzweiung. Kants Vorgehen ist anders als Hegels Dialektik. Kants Vorgehen ist evolutionär.
Ein Bürgertum, das auf den ökonomischen Notwendigkeiten sitzt und sich gleichzeitig unter dem Umstand befindet, dass die Überreste des Feudalismus allmählich aber sicherlich verschwinden, kann auch mit der Evolution auskommen, wie in England der Fall war. Kant versöhnte die Widersprüche, ohne sie vorher vernichtet zu haben. Für einen Bernstein wäre ein Hegel kein Grundpfeiler für seine Philosophie, aber Kant aus dem oben erwähnten Grund schon. Die Arbeiteraristokratie in Deutschland interessierte sich nicht für den Klassenkampf mit dem Bürgertum, wonach die kapitalistische Gesellschaft negiert werden sollte. Eine friedliche Versöhnung der Klassengegensätze heißt, dass die Arbeiteraristokratie nicht ihre Privilegien verliert oder in Gefahr bringen lässt und das Bürgertum nicht mehr vor dem dialektischen Aufheben (Revolution durch die Arbeiterklasse) Angst haben muss. Das ist bis heute der historische Vertrag der modernen Sozialdemokratie.

Auch Adorno, der Hauptvertreter der Frankfurter Schule, geht auf Kant zurück. Die Nichtidentität bildet beim ihm die Grundlage des Irrationalismus in seiner Theorie. Er entwickelt eine negative Dialektik, die eine Scheindialektik ist, die die Widersprüche nicht vernichtet, sondern eher versöhnt. So sollen die politischen Entwicklungen nach Adorno im Rahmen des Kapitalismus bleiben. Eine neue Gesellschaft durch die Vernichtung der existierenden Klassen bezweckt Adorno nicht. Er führt Hegel auf Kant, auf der Grundlage der Irrationalität und des Aufgebens der Dialektik, zurück. Aber weder Kant noch Hegel sind hier das größte Verhängnis, sondern Adorno, der die Interessen des Kleinbürgertums verkörpert.

Der Verlauf der Geschichte: Objektivität und Subjektivität

Holz führt seine Positionen weiter aus: "Genau das ist der Weg der Sozialdemokratie, und es ist durchaus konsequent, daß Helmut Schmidt sich den Neopositivisten Karl Popper zum philosophischen Leitstern auserkoren hat. Das ist der Weg der Reformisten, der sich im »rechten« Revisionismus seine Theorie gibt, die vom Sozialismus wegführt. Dagegen bleibt der »linke« Revisionismus spontaneistisch, aktivistisch, voluntaristisch, auf dem Boden der kommunistischen Gesellschaftsidee, verfehlt aber die dialektischen Vermittlungsschritte des realen Geschichtsverlaufs und verfällt ebenso dem subjektiven Idealismus, das Sollen dem Sein überzustülpen, nicht antikommunistisch, sondern eine »Kinderkrankheit des Kommunismus«. Beiden Abwegen muß eine kommunistische Partei widerstehen. Um sie als solche grundsätzlich zu erkennen und von den Taktiken des politischen Kampfes zu unterscheiden, bedarf es der dialektischen Theorie in ihrer revolutionären Konsequenz."

Dieser Absatz ist auf dem ersten Blick richtig. Abstrakt gesehen ist er korrekt. Bei der Konkretisierung dieses Absatzes sehen wir aber die Widersprüchlichkeiten. Aus welchem historischen Kontext stammt dieser Absatz? H.H.Holz ist ein glühender Verteidiger des Stalinismus. Das Verhältnis zwischen Stalinismus und der Vermittlungsschritte des realen Geschichtenverlaufs beheimatet das Unverständnis der dialektischen Konzeption von Objekt und Subjekt.

Das Verhältnis Objekt und Subjekt war vor dem dialektischen Materialismus von der Präponderanz eines Teiles geprägt. Der Idealismus ignorierte meistens die jegliche Objektivität oder er sprach der Objektivität eine subalterne Stellung zu. Der rohe Materialismus war in sich so starr, dass er die agierenden Subjekte nicht berücksichtigt konnte. Dies änderte sich erst mit dem dialektischen Materialismus. Als letzte Instanz erkannte der dialektische Materialismus das Objekt gegenüber dem Subjekt an. Im Unterschied zum rohen Materialismus gab der dialektische Materialismus dem Subjekt eine schaffende Rolle. Das schaffende Subjekt befindet sich nicht in der blinden Gefolgschaft der Objektivität.

Die Bürokratie in der Sowjetunion zielte auf  die Verteidigung ihrer Privilegien. Der sicherste Weg scheint den Bürokraten, dass man im Lande bleibt, wo man eigene Privilegien und Posten sicher besser verteidigen kann. Die Arbeiterdemokratie wurde in der Sowjetunion eine formale, die von der Arbeiterklasse abgekoppelt wurde, da die Arbeiterdemokratie die Privilegien der Bürokratie und unausweichlich die Bürokratie an sich in Frage stellen würde. Um sich vor der weiteren revolutionären Bewegungen innerhalb und außerhalb der Sowjetunion zu schützen, erfinden sie neue Ansätze, die den Stempel des offiziellen Marxismus angeblich immer getragen hätten. Der neue offizielle Marxismus unterdrückte den wahren Marxismus, indem er ihn bewusst entstellte. So wurde auf einem Male die Theorie des Sozialismus in einem Lande als marxistisch verkauft. Die Schulbücher haben unzählige Stellen vorzuweisen, wie wahr und marxistisch  diese Theorie sei. Die Weltrevolution wurde als Spinnerei gebrandmarkt. Eine falsche Theorie wird nicht durch die unbegrenzte Publikation wahr,  trotzdessen aber gesellschaftlich relevant.

Die Objektivität wird wie im rohen Materialismus einseitig betont. Das Subjekt ist nicht mehr so wichtig, da es gegenüber dem Objekt ohnmächtig sei. Schaffendes Subjekt, das in der marxistischen Terminologie die kommunistische Partei ist, bleibt in blinder Gefolgschaft der stalinistischen Objektivität. Die Kritik des Marxismus am Anarchismus, dass dieser die Objektivität verkennt, wird seitens der Stalinisten auf die wahren Bolschewisten ausgeweitet. Die Anarchisten oder die linksradikalen Kräften, die von der Kinderkrankheit des Kommunismus angefallen sind, haben nicht nur das Problem beim Erkennen der objektiven Lage der Außenwelt, sondern auch bei den taktischen und strategischen Überlegungen wie man das Ziel erreichen sollte. Die Vorbereitung der Massen auf die revolutionären Tätigkeiten durch die Agitation und Propaganda haben die Bolschewisten nie der starren Gegebenheiten untergeordnet. Die Nerodniki haben zum Beispiel versucht, die Revolution durch die Attentäter   zu erreichen, in der gleichen Zeit haben die Bolschewiki durch die Organisierung und Vorbereitung der Massen die Oktoberrevolution erreicht.

Der Stalinismus verfällt selbst aber in die starre Objektivität, die aus der Geschichte vorprogrammiert ist. Die Werke von Stalin sind die wunderbaren Belege der starren Objektivität, die durch und durch anti-marxistisch sind. Der Geschichte der Revolution erdichtet der Stalinismus  Etappen als notwendige objektive Etappen und die kommunistischen Parteien  werden im diesen Prozess  zur Helferin der bürgerlichen Parteien degradiert. Ein starrer Objektivismus ersetzt den dialektischen Materialismus durch den Stalinismus.

Revisionismus

Das letzte Wort gibt es in der Philosophie nicht. Die absolute Wahrheit ist ein Ziel, sie zu erreichen dem Mensch immer unmöglich bleiben wird. Im Lichte der neuen Erkenntnisse nähert sich der Mensch der absoluten Wahrheit an. Es ist ein Werdegang. Wir wissen heutzutage mehr, als vor 100 Jahren. Das, was wir wissen können und sollen, ist auch mehr geworden als vor 100 Jahren.

Der Marxismus ist eine Philosophie, die nur wirksam bleiben kann, wenn sie sich fortdauernd weiterentwickelt. Ich nehme an, dass sich darüber sogar Haug und Holz einig sind. Die Wege trennen sich dann, wenn die Frage auftaucht, wie wir mit den neueren Erkenntnissen und Gegebenheiten umgehen müssen. Gibt es ein marxistisches Erbe?

Haug kritisiert zu Recht die Stalinisierung der marxistischen Philosophie und der marxistischen Politik. Der Stalinismus ordnete den Marxismus und internationalen Arbeiterkampf dem Interesse der russischen Bürokratie unter. Unausweichlich musste sich dies auch in der Philosophie niederschlagen. Der Personenkult um Stalin wurde immer größer, auch als die Widersprüche zur marxistischen Lehre immer absurder wurden. Stalin als das regelmäßige Erbe des Marxismus darzustellen, wie seitens Holz versucht wird, ist klar abzulehnen.

Kann man/frau sich aber im Angesicht der neueren Erkenntnisse sich damit begnügen, dass Lenin, Marx und Engels für heute ausreichend sind? Sind sie nicht längst überholt? Oder zumindest teilweise? Wie ist der Marxismus zu entwickeln?

Mann/Frau muss erst mal in die Geschichte zurückschauen, um festzustellen, welche Versuche es gab, die erfolgreich oder erfolglos waren. Der Versuch den Marx mit Kant zu versöhnen, führte zu keinen neueren Erkenntnissen. Bernstein versöhnte in seiner Theorie die Arbeiterklasse mit dem Bürgertum. Das ist kein Fortschritt in historischem Sinne, weil die Widersprüchlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft nicht aufgehoben,  sondern bestehen bleiben sollte. Die russischen Neukantianer, wie Berman, Gelfond, Basarow, Suworow, Bogdanow, Lunatscharski, , Juschkewitsch waren gleichzeitig Mitglieder der bolschewistischen Partei. Die Auseinandersetzung ging erst einmal um die philosophischen Fragen, wie zum Beispiel, ob die Dialektik von Engels überholt sei.  Ziel sei es, den Idealismus mit dem Materialismus zu versöhnen. Von Ernst Mach, Wilhelm Ostwald, und Richard Avenarius wurden diese jungen Bolschewisten auch beeinflusst. Politisch wurden die Differenzen in der Frage geäußert, ob die Duma-Wahlen boykottiert werden sollten oder nicht. Bogdanowisten traten als Ultralinke für Boykott ein.

Lenin verteidigte den Marxismus, indem er den Marxismus ausgeweitet hat. Er hat aber im Prozess der Ausweiterung die marxistische Lehre nicht über Bord geworfen, sondern sinngemäß weiterentwickelt. Weder hat er versucht, eine neue Lehre als Versöhnung des Idealismus mit Materialismus  zu propagieren, noch neue religiösen ethnische Grundsätze in den Marxismus einzubauen.

Natürlich hat Marx und Engels die damalige Philosophie im  dialektischen Marxismus  vereint und zur höheren Einheit geführt. Also, der dialektische Materialismus ist von Kant, Hegel, Fichte, Feuerbach usw. stark in verschiedener Richtung beeinflusst und inspiriert.Der dialektische  Materialismus ist ein Erbe der deutschen und europäischen Philosophie. Aber der Hegelianismus z.B. ist nicht mehr der alte Hegelianismus, sobald er im dialektischen Materialismus aufgehoben ist. Die deutsche Philosophie hat sich im dialektischen Materialismus vollendet.

Der Eklektizismus beginnt dann, wenn man beliebig verschiedene Philosophen hernimmt, zusammenwürfelt und glaubt, dass man eine neue Philosophie geschaffen hat, die den Marxismus ersetzen soll. Die Frankfurter Schule ist eben ein Kind solcher Philosophie. Am klarsten sieht man an Adorno, dass er Nietzsche, Marx, Hegel, Kant in seiner Theorie versöhnen möchte, auf der Grundlage des Irrationalismus von Nichtidentität. Die Arbeiterklasse wird als solche ignoriert, stattdessen sollte der abstrakte Mensch sich aus den Sachzwängen der Aufklärung befreien. Statt des Klassenkampfes sollten die abstrakten Menschen ohne Klassenzugehörigkeiten  gegen die Aufklärung einen Kampf führen, um die repräsentative Demokratie zu bewahren und zu verbessern. Das ist seine negative Dialektik. So ein Versuch von Adnorno ist kein Fortschritt, weil  Adorno am Kapitalismus festhält und vom  Kapitalismus ohne Probleme, Krisen, Kriegen, Unterdrückung fabuliert.

Lenins Theorie verkörpert die fortschrittlichsten Tendenzen in der Arbeiterbewegung. Das unterscheidet sich von den Reformisten. Ihre Vollkommenheit erfährt die leninistische Theorie in der Schaffsinnigkeit der Analyse des Imperialismus, der Parteikonzeption, Verteidigung der marxistischen Theorie in den philosophischen Werken. Lenin kann man deshalb nicht aus dem Marxismus rausreißen und ihn durch irgendeinen Philosophen ersetzen. Weder Gramsci noch Lukacs usw. können Lenin ersetzen. Sie haben dann ihre Geltung im Marxismus, wo sie mit der marxistischen Theorie und in den fortschrittlichsten Tendenzen in der Arbeiterklasse übereinstimmen. In diesem Sinne sind sie die willkommenen Ergänzungen. Was sind die fortschrittlichsten Tendenzen der Arbeiterklasse?  Im kommunistischen Manifest steht:"Sie [die Kommunisten - S.T. ]haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen. Das Interesse an der Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft und Klassengesellschaft verwirklicht sich erst mit dem bewussten Eingreifen der kommunistischen Partei. Die Skala der fortschrittlichsten Tendenzen ist heutzutage die Organisierung der Arbeiterklasse unter dem kommunistischen Programm in einer Partei. Es gibt aber kein ausgeschriebenes Rezept. Mal sind der Streik, mal der Wahlboykott oder mal die Rote Armee die Momente des Klassenkampfes. Die Richtung zum Sozialismus zeichnet die fortschrittlichen Interessen der Arbeiterklasse aus. Dies ist ein dialektischer Prozess.

Demokratische Revolution oder Kontrarevolution?

Es bringt uns nicht viel, wenn wir uns als Nostalgiker der Vergangenheit in der  Öffentlichkeit bis auf die Knochen blamieren. Die Sowjetunion und Arbeiterstaaten sind nun seit Jahren Geschichte. Ist die Wende eine demokratische Revolution, wie Haug behauptet hat? Ist sie doch eine Niederlage des Sozialismus und ein Verrat am Sozialismus, wie H.H. Holz darstellt?

 An einer Tatsache ist es festzuhalten, dass die Arbeiterklasse sich in diesen Ländern von der politischen Macht entfremdet hat, die eigentlich ihre Interessen in diesem System verteidigen sollte. Wir müssen einige Tatsachen aufhellen, damit wir nicht jede Kuh in der Dunkelheit als schwarze Kuh identifizieren müssen.
 
Für uns ist der Stalinismus nicht mit der Person Stalin identisch. Der Stalinismus ist für uns die Unterordnung der Interessen der Arbeiterklasse der Bürokratie. In diesem Sinne waren diese Staaten bis zum Zerfall stalinistisch. Unter Maoisten ist es sehr beliebt, die Sowjetunion als kapitalistisch sogar imperialistisch zu diffamieren. Es ist auch hier zu kritisieren, dass die Behauptung von Tony Cliff, dass diese Staaten staatskapitalistisch waren. Diese Behauptungen können niemals erklären, warum der angebliche Kapitalismus zum realen Kapitalismus eine innere Umwälzung des ganzen politischen Apparats gebraucht hat?

Nach der Träumerei von Stalin, dass der Kommunismus doch mit einem Staat existieren könnte, versuchten die Bürokraten der Arbeiterklasse zu erklären, dass der Weg eben doch langwierig sei. Der Staat in der Sowjetunion ist zur zweitstärksten Maschinerie der Welt geworden; so ist der Sozialismus gleichzeitig in die Ferne gerückt. Die Arbeiterklasse mitsamt ihrem Regierungsorgan der Sowjets ist passiv gehalten oder aufgelöst worden. Das ist der Moment der Entfremdung.

Die Sowjetunion ging aus der russischen Revolution als Folge des Kampfes der Sowjets, unter der Führung der Bolschewiki um die Macht, hervor. Als solche hatten sie auch die Errungenschaften mit sich hervorgebracht. Sie sind teilweise bis zum Zerfall auch erhalten worden. Die Nonexistenz der Arbeitslosigkeit und das Soziale Gesundheitssystem sind 2 Errungenschaften, die zum Verdeutlichen aufgezählt werden können.

So gesehen, war der Übergang von den Arbeiterstaaten zum Kapitalismus kein Fortschritt für die Arbeiterklasse. Es ist keine demokratische Revolution, wenn die Massen ohne Gewalt von den degenerierten Arbeiterstaaten zum Kapitalismus übergehen. Nicht an der Art  und Ausführung machen wir den Charakter der Revolution fest, sondern an den Inhalten. Auch die blutigste Revolution der Arbeiterklasse ist tausendmal demokratischer als solche angeblich demokratische Revolutionen.

Die Arbeiterstaaten haben widersprüchliche Entwicklungen und Kräfte gehabt. Das erschwerte vielen Dogmatikern die Klassifizierung dieser Staaten. Entweder hielten sie an der Tendenz fest, dass die Arbeiterklasse nicht an der Macht war oder  die Arbeiterstaaten eine unvertretbare Außenpolitik geführt haben, so was macht bei denen das Kriterium für das Bezeichnen "Kapitalismus“ oder hielten die anderen Typen der Dogmatiker an der Errungenschaften, wie die Nonexistenz der Arbeitslosigkeit und das soziale Gesundheitssystem, als Kriterium für den Sozialismus fest. Deshalb ist dieser Streit zwischen Haug und Holz ein Streit der Dogmatiker.

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel vom Autor zur Veröffentlichung.