Das IBRP wird zur „Internationalistischen Kommunistischen Tendenz“
Ergebnisse des Treffens des Internationalen Büros vom 26-27. September in Mailand


veröffentlicht von der Gruppe Internationale SozialistInnen

11/09

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Als das Büro 1983-4 gegründet wurde, setzten wir uns einige klare Richtlinien, die bis zum heutigen Tag Gültigkeit haben:

1.) Wir sind nicht die Partei und schon gar nicht die Vorwegnahme der Partei, sondern eine Organisation, der jene angehören die sich am Kampf für eine zukünftige internationale zentralisierte Partei beteiligen, und gemeinsam für dieses Ziel kämpfen, diskutieren und arbeiten wollen. Wir gingen davon aus das größere Bewegungen der Arbeiterklasse neue Klassenorganisationen ins Leben rufen würden, die neue Fragestellungen und Themen aufgreifen aber auch unweigerlich vor vielen Konfusionen und Herausforderungen stehen würden. Wir sahen es als unsere Hauptaufgabe, die Erfahrungen vergangener Arbeiterkämpfe und deren Aufarbeitung durch die internationalistische Kommunistische Linke jeder neuen Generation von Arbeitern zu vermitteln, die bereit wäre den Klassenkampf aufzunehmen.
2.) Wir wollten niemals Briefkastenfirmen oder bloße Vertriebsstellen schaffen, die lediglich die Orthodoxien der dominantesten und erfahrensten Organisationen nachplappern würden. Wir gingen davon aus, dass sich unsere organisatorischen Kerne in den jeweiligen Ländern nur zu wirklichen kommunistischen Organisationen entwickeln könnten, wenn sie in der Lage wären, ihre eigene Erfahrungen zu machen und dadurch die Praxis einer zukünftigen Partei zur bereichern.
3.) Wir hatten immer eine Orientierung auf die Arbeiterklasse als Ganzes und nicht auf bestehende politische Gruppen unabhängig davon, wie nahe sie uns auch stehen mögen. Auch wenn wir von Zeit zu Zeit Polemiken mit anderen Gruppen führten, war es nie unser Ziel Gruppen von Intellektuellen und Gebildeten zu vereinigen. Vielmehr ging es uns darum, wirkliche Organisationen aufzubauen die versuchen Wege zu finden in Arbeiterkämpfe zu intervenieren, um die Erfahrungen und das Bewusstsein dieser Kämpfe zu verallgemeinern. Deswegen propagieren wir auch weiterhin die Notwendigkeit von Strukturen der Partei, die sich in der Klasse organisieren wie z.B. Fabrik- oder Betriebsgruppen und von territorialen Gruppen in denen sich Arbeiteraktivisten aus demselben Stadtteil oder derselben Region organisieren.

Wir sind in den 25 Jahren unserer Existenz nicht von diesen grundlegenden Prämissen abgewichen und die Gruppen Frankreich, Kanada, den USA und Deutschland, die sich dem Büro anschlossen, arbeiten in diesem Bezugsrahmen. Wir forderten von Gruppen, die sich dem Büro anschließen wollten, eine ausgearbeitetes politisches Grundsatzdokument, eine regelmäßige Publikation und gleichermaßen eine kontinuierliche Praxis mit einer klaren Orientierung auf die Arbeiterklasse ein. Dies war unter anderem einer der Gründe, warum wir 2005 den Beitritt der österreichischen GRP (früher GIK) ablehnen mussten.

In dem Text „25 Jahre IBRP – Ergebnisse und Perspektiven“ haben wir die Gründe dafür analysiert, warum wir nicht erfolgreicher waren. Der erste und wichtigste Grund dafür war der Umstand, dass revolutionäre Minderheiten zu jeder Zeit auch den konkreten Stand des Bewusstseins der Arbeiterklasse reflektieren. Wir stehen nicht außerhalb der Arbeiterklasse oder der wirklichen Bewegung der Geschichte. Zu Zeit als sich das Büro gründete waren die großen Kämpfe der Klasse (die polnischen Streiks, der spanische Hafenarbeiterstreik und der britische Bergarbeiterstreik) in ihrem jeweiligen Land isoliert, niedergeschlagen oder auf dem Wege der Niederlage. Diese Niederlagen eröffneten den Weg für die kapitalistische Restrukturierung und warf den Widerstand der Arbeiter um fast eine Generation zurück. Selbst heute angesichts der größten globalen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, wehrt sich die Arbeiterklasse nur gegen unmittelbare direkte Angriffe und die Art und Weise wie die Arbeiter in den zentralen kapitalistischen Ländern Lohnkürzungen, Arbeitszeitverdichtung und Entlassungen hinnehmen, ist bis jetzt ein großer Pluspunkt für die Kapitalisten. Bisher haben die gewaltigen Staatssubventionen (die in der Zukunft durch die Ausbeutung er Arbeiterklasse finanziert werden) und die gewöhnlichen Mystifikationen der Propagandamaschinen ( z.B. die Message von Obama als großen Messias) sowohl einen totalen Zusammenbruch als auch eine konsequente massive Ablehnung des Systems verhindert. Gleichwohl haben diese Maßnahmen den „Tag der Wahrheit“ nur verschoben. Die Krise begann 1971 und konnte in den letzten fast vierzig Jahren nicht gelöst werden. Dies ist in der Geschichte der Menschheit einzigartig. Gleichwohl ist das Büro nie von einer auf dem Wertgesetz basierenden Analyse abgewichen. Wir sind immer davon ausgegangen, dass die massive Spekulationsblase der letzte fünfzehn Jahre nur die letzte Konsequenz des Scheiterns des Kapitalismus ist, einen neuen Akkumulationszyklus in Gang zu setzen. Wir haben somit die Finanzkrise vorausgesehen, auch wenn ihr Ausbruch länger gedauert hat als wir erwartet haben. Dies kommt uns zugute – aber Recht haben allein ist nicht genug. Es gibt Dinge die sich unserem Einfluss entziehen und wie unsere frühen Genossen der „Comitati di Intesa“ (der linkskommunistischen Opposition in der italienischen KP) bereits 1926 feststellten:

„Es ist falsch zu denken, dass der Einfluss der Partei in jeder Situation durch Notbehelfe und taktische Manöver ausgeweitet werden kann, da das Verhältnis der Partei zu den Massen zu einem großen Teil durch die objektive Situation bestimmt ist.

Was wir dennoch tun können ist auf der Grundlage unserer Analysen zu handeln und die Funktionsweise unserer Organisation zu verbessern. Dies war die Hauptaufgabe des Treffens des Büros im September in Mailand an dem Delegierte aller angeschlossenen Organisationen teilnahmen.

Wir gehen davon aus, dass die Krise nicht nur weitergehen, sondern sich (in der einen oder anderen Weise) noch verschärfen wird. Wir gehen davon aus dass die Arbeiterklasse für die Politik der „wirtschaftlichen Erholung“ die Zeche zahlen wird. Wir gehen davon aus, dass das gegenwärtige Hinnehmen der Kürzungspläne umschlagen, und es zu wachsender Wut und Widerstand kommen wird. Wir gehen davon aus, dass die inner-imperialistischen Rivalitäten zunehmen werden und viele zu unschuldigen Opfern des intensivierten Krieges werden. Unter diesen Umständen müssen Revolutionäre so gut vorbereitet und organisiert sein wie möglich und deshalb hat das Büro bereits im Mai 2008 auf einer Sitzung in Parma beschlossen, weitere Schritte zur Zentralisierung unserer Aktivität zu unternehmen. Dies stellt keinen Bruch mit unseren vorherigen Positionen dar. Unsere Gründungsdokumente sahen schon immer einen Zeitpunkt voraus, an dem die Expansion des Büros eine stärkere Zentralisierung der Aktivitäten erfordern würde. Auf der Sitzung in Parma unternahmen wir erste Schritte in diese Richtung wie das folgende Zitat aus dem Sitzungsdokument von 2008 unterstreicht:

„Das Büro musste immer mit dem Problem umgehen, dass wir einerseits am Formierungsprozess einer politisch zentralisierten Weltpartei der Arbeiterklasse teilnehmen, aber diesen Prozess (um unserer eigenen Existenz willen) nicht frühzeitig abschließen wollten. Wir haben deshalb bis heute gezögert Zentralorgane zu schaffen und stattdessen auf Diskussionen und gegenseitiges Vertrauen gesetzt. Dieses besteht noch immer und hat sich vielmehr noch verstärkt als wir die Lücke die der Tod unseres Genossen Mauro hinterlassen hatte schließen mussten. Gleichwohl ist unsere Arbeitsweise ein wenig schwerfällig wenn wir mit Ereignissen konfrontiert sind, die unmittelbar Stellungnahmen erfordern oder mit Anfragen von Gruppen und Einzelpersonen in der ganzen Welt umgehen müssen. In diesem Sinne kamen wir überein etwas ins Leben zu rufen, was wir in früheren Dokumenten „als eine Art Sekretariat“ bezeichnet haben. Deswegen (…) beschlossen wir ein Verbindungskomitee zwischen den verschiedenen angeschlossenen Organisationen ins Leben zu rufen. Dieses Verbindungskomitee wird die Aufgabe haben die Korrespondenz und Diskussion mit anderen Gruppen zu führen, Reisen und Delegationen zu organisieren, die Herausgabe internationalen Statements zu koordinieren und nicht zuletzt die internationalen Konferenzen vorzubereiten und zu organisieren.“

Das Verbindungskomitee funktionierte gut, war aber nicht für die gesamte Organisation repräsentativ. Ebenso war das Verhältnis zu assoziierten Einzelgenossen unklar. Die Sitzung des IBRP in Mailand begann mit der Diskussion über die Arbeit des Verbindungskomitees und endete mit der Feststellung, dass eine grundlegende Änderung des Büros notwenig ist, um den Herausforderungen der kommenden Periode gewachsen zu sein. Nach (weitgehend ermutigenden) Berichten über die Arbeit der verschieden Sektionen des IBRP wurden folgende Beschlüsse gefasst:

1. Die in unseren Gründungsdokumenten definierten grundlegenden Bezugsrahmen und Herangehensweisen bleiben unverändert. Wir müssen dennoch zur Kenntnis nehmen, dass das Büro über seine ursprüngliche Mitgliedschaft hinaus gewachsen ist. Angesichts dieser Expansion müssen wir, wie in unseren Gründungsdokumenten vorgesehen, zu einer zentralisierteren Aktivität des Büros übergehen. In Anbetracht dessen haben wir beschlossen, dass das Büro das zentrale Koordinierungsgremium unserer internationalen Organisation wird. Es wird nicht nur das Verbindungsglied der angeschlossenen Sektionen sondern auch von Einzelgenossen in verschiedenen Ländern sein. Es wird für die Durchführung aller Dinge zuständig sein, die für das Funktionieren der gesamten Organisation notwendig sind (Beziehungen mit anderen Gruppen, Korrespondenz, internationale Erklärungen usw.) Um unserer Existenz als vereinigter internationaler Organisation einen klareren Ausdruck zu geben, haben wir beschlossen den Namen der Organisation in Internationalistische Kommunistische Tendenz (mit dem Zusatz „für die revolutionäre Partei“ auf der Website) zu ändern. Dies drückt keine Veränderung in den Beziehungen zwischen unseren Gruppen aus, noch bedeutet es, dass die jeweiligen Gruppen ihre Verantwortung aufgeben, ihre Präsenz in der Arbeiterklasse zu verstärken. Alle Gruppen werden ihre den jeweiligen Bedingungen entsprechenden Arbeitsmethoden und ihren jeweiligen Namen beibehalten. So ist z.B. die CWO immer noch die CWO aber die „britische Sektion der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz“. Einzelgenossen sind direkt Mitglieder IKT und im Verantwortungsbereich des Internationalen Büros.

2. Das Verbindungskomitee wird das Internationale Büro (IB).

3. Das IB setzte sich aus Delegierten der jeweiligen Länder zusammen in denen wir Sektionen haben. Derzeit also Italien, Kanada, Großbritannien und Deutschland.

4. Das neue IB wird unverzüglich eine Reihe von Aufgaben zu erfüllen haben. Eine erste besteht darin, gemeinsame Statuten für alle Mitglieder, also für Einzelgenossen und die Sektionen ausarbeiten. Diese werden auf demokratisch-zentralistischen Prinzipien basieren.

5. Die zweite besteht in der Herausgabe eines internen Bulletins oder Newsletters.

6. Wir kamen überein, dass die für die Website verantwortlichen Genossen Wege finden müssen um den die Mehrsprachigkeit zu erhöhen und sie im internationalen Maßstab effektiver zu machen. Dies erfordert die Unterstützung und aktive Mithilfe aller Sektionen der IKT.

7. Das IB wurde ferner damit beauftragt eine Reihe von Grundsatzdokumenten zu verfassen, die die Probleme der Klasse im derzeitigen Jahrhundert zeitgemäß ansprechen sollen.

8. Wir hatten eine lange Diskussion über das sog. „Milieu“ oder „proletarische politische Lager“. Wir kamen überein, dass der äußerst ernüchternden Einschätzungen des „Milieus“ zu der wir in den Dokumenten „Towards the New International“ und „The New International will be the International Party“ gekommen sind nicht viel hinzuzufügen ist. Gleichzeitig können wir auch ein wenig stolz darauf sein, dass die Analysen des 5. Kongresses des PCInt (Battaglia Comunista) auch nach 12 Jahren im Großen und Ganzen Gültigkeit haben. Wir haben gezeigt, dass wir theoretisch vorbereitet sind. Trotz Krise sind jedoch noch keine neuen proletarischen Gruppen entstanden. Es gibt daher keinen Grund unsere Einschätzung bezüglich des „proletarischen Milieus“ zu ändern. Deshalb waren wir uns einig, dass es verfrüht wäre in absehbarer Zeit internationale Konferenzen mit anderen kommunistischen Gruppen abzuhalten. Stattdessen muss unser Augenmerk weiterhin auf der Arbeiterklasse als Ganzes liegen. Nur mit dieser Orientierung werden wir in der Lage sein, einen Beitrag zur zukünftigen Partei des Proletariats zu leisten.

9. Nach der Lektüre der jüngsten Publikation der österreichischen GPR (früher GIK) mussten wir feststellen, dass es keinen Unterschied zu vorherigen Publikationen gibt, da weiterhin alle verschiedenen linkskommunistischen Traditionen nebeneinander gestellt werden ( und Texte der Bordigisten, der IKS aber auch von uns publiziert werden.) Wir beschlossen daher eine klare öffentliche Abgrenzung von der österreichischen Gruppe zu publizieren, da ihr Anspruch Teil des Büros zu sein (eine Forderung die wir vor 4 Jahren ablehnten) offenkundig zu Konfusionen im deutschsprachigen Raum führte.

10. Es wurde beschlossen unsere Namensänderung in einem Kommunique bekannt zu geben, dessen Entwurf die erste Aufgabe des IB sein wird.
 

Editorische Anmerkungen

Wir spiegelten den Artikel von der Website der GIS.