Gestern Abend
(16.11.2008) versammelte Anne Will mal wieder ein Gruselkabinett
um sich, um über die Zukunft von Opel zu diskutieren. Darunter
neben Wirtschaftsminister Glos auch der
Opel-Betriebsratsvorsitzende Franz.
Franz nennt
sich zwar Betriebsratsvorsitzender, aber er spricht wie ein
Manager der Adam Opel AG. Es hätte keinen Unterschied gemacht,
wenn dort der Vorstandvorsitzende gesessen hätte. Wenn Franz
„wir“ sagt, dann meint er die Adam Opel AG und nicht die
lohnabhängige Belegschaft.
Franz ist auch
Ökonom. Er hat erkannt, dass die Medien mit ihren negativen
Nachrichten die Lohnarbeitsplätze bei Opel vernichten.
Franz gleicht
einem bürgerlichen Dummkopf, der wegen seines bornierten
Interesses nicht verstehen kann und verstehen will, dass die
kapitalistische Marktwirtschaft mit ihrer verheerenden sozialen
Dynamik die Lohnarbeitsplätze bei Opel bisher vernichtet hat und
weiter vernichten wird. Ob mit Bürgschaft des Staates (langsam,
allmählich) oder ohne staatliche Bürgschaft (vielleicht sehr
schnell und auf einen Schlag.)
Die staatlichen
Schutzschilde, die jetzt überall aufgespannt werden müssen,
damit das ganze System nicht zusammenbricht, zeigen das Versagen
der kapitalistischen Marktwirtschaft an. Es ist ein System ohne
Zukunft oder mit einer alles verheerenden Zukunft.
-
Das Geld der
Allgemeinheit, bzw. die Verschuldung der Allgemeinheit soll dazu
genutzt werden, einzelne, für das ganze System wichtige,
kapitalistische Unternehmen zu retten, damit es weiter gehen
kann, wie bisher. Weitergehen wie bisher, das bedeutet unter
anderem:
-
der Gegensatz zwischen arm und reich
klafft immer weiter auseinander
-
die Existenz der
Lohnabhängigen wird immer unsicherer
-
ihre ganze
Lebensweise wird „flexibilisiert“ (das bedeutet: vollständig den
Anforderungen des Marktes und den Bedürfnissen der
Kapitalverwertung unterworfen)
-
die Arbeitshetze, der
Rhythmus des Lebens wird immer weiter beschleunigt, usw.
Dafür verlangt
die Adam Opel AG mitsamt ihrem famosen Betriebsratsvorsitzenden
eine Bürgschaft des Staates, eine Absicherung durch die
Allgemeinheit! Die ganze Gesellschaft soll sicher stellen, dass
das bei Opel angelegte Kapital von Privatbesitzern sich weiter
zu möglichst hoher Rendite vermehren kann!
Zusammen mit
Herrn Glos verlangt Herr Franz, dass das durch die Bürgschaft
bereit zu stellende Geld bei der Adam Opel AG bleiben soll.
Nicht bei der lohnabhängigen Belegschaft!
Die sozialen
Interessen der Belegschaft spielen in dem ganzen Desaster nur in
soweit eine Rolle, als es sich dabei um gemeinsame Interessen
mit den Opelkapitalisten handelt. Dieses gemeinsame Interesse
besteht durchaus, denn beide wollen, dass Opel weiter existiert.
Die Interessen der Lohnabhängigen bei der Adam Opel AG gehen
jedoch weit über dieses gemeinsame Interesse hinaus und stehen
damit im schroffen Gegensatz zu den Interessen der
Opelkapitalisten. Die Lohnabhängigen bei Opel, wie in anderen
Betrieben, wollen
Dass jetzt der
Staat die Privatwirtschaft retten soll, zeigt die Richtung an,
die einen Ausweg aus Krise, Unsicherheit und Armut ermöglicht:
Überführung aller Unternehmen in Eigentum der Allgemeinheit!
Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln! Die
Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit ist zu groß
geworden für den bornierten Zweck der Verwertung von Wert, oder
anders ausgedrückt, für den bornierten Zweck der Vermehrung
privater Reichtümer, von Familien wie Quandt und Konsorten!
Damit dieses
Gemeineigentum an Produktionsmitteln dann auch tatsächlich im
Interesse der Allgemeinheit genutzt wird, reicht die Form der
Verstaatlichung nicht aus! Keine Entscheidung über
Investitionen, Organisation und Länge der Arbeit etc. darf ohne
Zustimmung der Belegschaften erfolgen! Dafür müssen neu zu
schaffende Selbstverwaltungs- und Kontrollorgane gebildet
werden! Wenn alle kapitalistischen Unternehmen in Gemeineigentum
überführt sind, dann ist auch die Voraussetzung dafür
geschaffen, dass die Allgemeinheit für die Existenz einzelner
Betriebe bürgt. Last, but not least, muss sichergestellt werden,
dass nicht irgendeine sogenannte politische „Partei der
Arbeiterklasse“ sich als Sprecherin der Allgemeinheit (der
„Arbeiterklasse“) aufschwingt, um ihre diktatorische Herrschaft
zu installieren und die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen!
Eine Wiederholung des „Realsozialismus“ braucht niemand!
Wenn für Opel
also jetzt eine Rettungsbürgschaft in Aussicht gestellt wird,
dann sollte man „Ja“ dazu sagen. Dieses „Ja“ sollte aber mit der
Forderung verknüpft werden, dass die Nutzung der möglicherweise
fließenden Gelder durch die Belegschaft kontrolliert wird, damit
es nicht einfach weitergeht wie bisher! Um der sozialen
Katastrophe zu begebnen, werden es die Lohnabhängigen lernen
müssen, Verantwortung für ihr gesellschaftliches Leben
einzufordern und zu übernehmen, um all die Politiker und
Kapitalisten zu „entlasten“, die jetzt so schwer unter ihrer
Verantwortung für die Allgemeinheit, die Arbeitsplätze etc.
„leiden“ und sich dieses „Leiden“ daher mit riesigen Einkommen
und allerlei Privilegien versüßen.
November 2008
Editorische Anmerkungen
Peter Trotzig schreibt ab der Nr. 1-05 in unregelmäßigen
Abständen seine Kommentare zum Zeitgeschehen.
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