Vor den Betriebsratswahlen in
den 2004 umkämpften Autowerken in
Untertürkheim und Bochum will die IG Metall ihre Listen »sauber«
halten.
»Wir suchen nur die Besten«. Unter diesem Motto laufen seit dem
10. Oktober
im DaimlerChrysler-Werk in Untertürkheim Vorwahlen zur neuen
Betriebsratsliste der IG Metall für die im März 2006
stattfindende
Betriebsratswahl. Doch wer zu den Besten zählt und wer nicht gut
genug ist,
darüber streitet man sich jetzt heftig in der mächtigen
Organisation.
Kritische Gewerkschaftler beklagen in ihrer Betriebszeitung
»Alternative«,
sie seien von der Mehrheit von der Wahl ausgeschlossen worden.
Zu den
Betroffenen gehört neben anderen auch der als kämpferisch
bekannte
Betriebsrat Tom Adler.
»Sie reden von Einheit und meinen Maulkorb«, lautet der
Vorwurf der
Gewerkschaftslinken gegen die Betriebsratsspitze um Helmut Lense
und Karl
Reif. Dieses Vorgehen wird von der zuständigen Esslinger
Verwaltungsstelle
der IG Metall unterstützt. Das Anforderungsprofil der IG-Metall
verlange von
potenziellen Kandidaten, in der Betriebsöffentlichkeit nur noch
die Meinung
der Betriebsratsmehrheit zu vertreten und keine eigenständigen
Publikationen
mehr zu veröffentlichen, heißt es dort. Das richtet sich gegen
die
Betriebszeitung »Alternative«, die mit dem Slogan »parteilos,
aber immer
parteiisch für die Kolleginnen und Kollegen« mit harter Kritik
an der
Politik der Betriebsratsmehrheit nicht sparte. Es geht vor allem
um die
gewerkschaftlichen Antworten auf die von den Unternehmen
forcierte Politik
des Arbeitsplatzabbaus. Die Gewerkschaftslinken setzen hier vor
allem
Arbeitszeitverkürzung bei vollem auf Lohnausgleich und werfen
der
Betriebsratsmehrheit Konzeptlosigkeit vor.
Die Oppositionellen denken gar nicht daran, ihre Zeitung
einzustellen, nur
um doch noch auf die Betriebsratslisten aufgenommen zu werden.
Sie fordern
eine echte Wahl zwischen verschiedenen Alternativen und geben
sich in ihrer
Zeitung kampfentschlossen: »Deshalb werden wir zu dieser
Betriebsratswahl im
März 2006 antreten. Am liebsten in einer Persönlichkeitswahl.
Wenn nicht
anders möglich, dann eben mit vielen anderen Gewerkschaftern auf
einer
eigenen Liste«.
Im Bochumer Opelwerk hat die einst größte Gewerkschaft der
Welt derzeit
offensichtlich ebenfalls Maulkörbe im Sonderangebot. Auch hier
klagt die
Gewerkschaftslinke über Repressalien durch den
Gewerkschaftsapparat. So
werden die Flugblätter der IG-Metall-Vertrauensleute, die sich
kritisch mit
der Politik des Betriebsrats auseinandersetzen, von der
örtlichen
Gewerkschaft nicht mehr gedruckt. Ähnlich wie in Untertürkheim
befürchten
die in der Initiative »Gegenwehr ohne Grenzen« (GoG) zusammen
geschlossenen
Betriebsratskritiker von den IG-Metall-Listen ausgeschlossen zu
werden. In
einem auf der den Gewerkschaftslinken nahestehenden
Internetplattform
»Labournet« abgedruckten Entwurf für eine Arbeitsplattform der
IG Metall
Bochum heißt es unter Punkt 3 sehr deutlich: »Veröffentlichungen
geben
ausdrücklich die getroffenen Mehrheitsentscheidungen wieder
(...). Die
Herausgabe von Informationen und Stellungnahmen zu laufenden
Debatten
innerhalb der Gremien und die Veröffentlichung von Positionen,
die den
getroffenen Mehrheitsmeinungen entgegenstehen, unterbleibt.«
Bezeichnenderweise gab es sowohl bei dem Autowerk in
Untertürkheim und in
Bochum im letzten Jahr von großen Teilen der Belegschaft
getragene Proteste,
die von der IG-Metall-Spitze kaum unterstützt wurden. Ob sich
die Kritik mit
administrativen Maßnahmen erledigen lässt, darf aber bezweifelt
werden. Das
hat schon in den späten 70er Jahren nicht geklappt. Damals hoben
in
Stuttgart, ganz in der Nähe von Untertürkheim, kritische
Gewerkschafter mit
der Plakat-Gruppe eine linke Gewerkschaftsalternative jenseits
der IG Metall
aus der Taufe. Auch damals hat das harte Vorgehen der IG Metall
gegen linke
Kritiker viel zu der Spaltung beigetragen.
Peter Nowak
Editorische Anmerkungen
Der Autor übergab
uns seinen Artikel am 23.10.2005 zur Veröffentlichung.
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