„Philosophischer Salon“ und „Kalaschnikow“ als Drehscheiben von links nach rechts

von Raimund Hethey

11/03
 
 
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„Rechte Leute von links“ oder „rechte Genossen“ sind bereits publizierte Titel, die darauf hinwiesen, dass Personen aus einem linken Kontext heraus sich nicht nur nach rechts hin öffneten, sondern selber rechte und faschistoide Ideologie produzierten. Seit 1995 haben bei der PDS und ihrem Umfeld organisierte Personen verschiedene Zeitungs-Projekte ins Leben gerufen, die auf eine korrekte Abgrenzung zu faschistoiden Zirkeln und Autoren verzichten und deren Mitarbeit suchen. Gemeint sind die Projekte „Kalaschnikow“, „Der Querschläger“ und „rbi-aktuell“.

Kalaschnikow, der Begriff löst Assoziationen aus von revolutionärem Kampf, Niederschlagung des deutschen Faschismus oder über Aktionen der „Roten Armee Fraktion“ – soll für linke LeserInnen chic sein. Das Berliner Projekt Kalaschnikow versteht sich „als eine Drehscheibe, die versucht, die verschiedenen, in unterschiedlichen Subkulturen aufgeteilten linken Strömungen miteinander in Kontakt zu bringen und dialogfähig zu machen“, lautet das von Charly Kneffel, Redakteur der Kalaschnikow, formulierte Selbstverständnis des Projekts. In seiner polemischen Replik auf die Kritik von Antifaschisten am inhaltlichen Konzept der Kalaschnikow fordert er „Schluß mit der Sektiererei, die systemoppositionelle Linke hat in den vergangenen 30 Jahren schon so viel Mist gebaut, daß sie sich nicht mehr viel leisten kann. [...] und sich die revolutionären Kräfte neu formieren, müssen wir eine gewisse Offenheit zeigen. Nicht für Rechts, aber für den Klassischen Marxismus, die Kritische Theorie, ernsthaften Reformismus, Anarchismus und anderes. [...]. Für eine "Querfront" ist da kein Platz [...]." 

In der Praxis hat sich das Projekt „Kalaschnikow“ mit der Verteidigung des inzwischen bei der „neurechten“ Jungen Freiheit zu verortenden Bernd Rabehl, einem aus dem Forum nicht gelöschten Werbe-Aufruf für die faschistoide Zeitschrift „Wir Selbst“, einem aus peinlicher Unwissenheit publiziertem Beitrag von Larouche und einer nicht eindeutigen Distanzierung vom Antisemitismus in den Verdacht gebracht, ein „Querfront“-Projekt zu sein, das sich nicht nur aus kommerziellem Grund eine neue Leserschaft sucht. 

Inzwischen kann nach einem Gerichtsurteil der Kalaschnikow Herausgeber Stefan Pribnow als „Promoter für Rechts“ beurteilt werden. Kritik an den geschilderten Vorfällen, zunächst von Mitgliedern des Projekts selbst, wurde von den Machern als „Denunziantentum“ gebrandmarkt, eine Distanzierung mit Ausnahme zum LaRouche-Artikel fand nicht statt. 

Die 1995 von Stefan Pribnow (PDS), der im Bremer Umland aufwuchs und im Emsland seine Ausbildung erfuhr, gegründete und bis heute verantwortete „Kalaschnikow“ wäre keine Zeile wert, wenn sie nicht in einem größeren Zusammenhang gesehen werden müsste. Zu der „Kalaschnikow“ gesellte sich ab 1999 die Website „rbi-aktuelle.de“, die von Martin Müller Mertens betrieben wird. Der gibt seiner Internetpräsenz einen stärkeren nazistischen Anstrich, weil bei ihm Neo-Nazis, „Neurechte“ und Revanchisten wie Gerhoch Reisegger, Rolf-Josef Eibicht, Alain de Benoist, Manfred Rouhs zu Wort kommen können. Beide „Nachrichten-Seiten“ kommen unter dem Dach eines gemeinnützigen Vereins zusammen, in dem sich mehr oder weniger bekannte Personen zusammengeschlossen haben, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Linke Opposition in und bei der PDS, in der DKP, dem Marxistischen Forum, der Kommunistischen Plattform der PDS, der KP Kolumbiens, der Gewerkschaft ver.di und der PDS selbst organisiert sind. Inmitten diesem 30 Mitglieder starken Verein (laut Protokoll der Mitgliederversammlung vom 20. März 2003) sitzt auch der Professor der „Freien Universität“ Bernd Rabehl. 

Die politische Wirksamkeit des Vereins wird durch die Multiplikatorenfunktion seiner Mitglieder verstärkt, denn einige Mitglieder publizier(t)en z.B. in der „Jungen Welt“ oder dem „Neuen Deutschland“. Für Veranstaltungen, darunter immer noch klassische Marxismusschulungen, kann auf Fördergelder der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Helle Panke e.V. zugegriffen werden. Der „Philosophische Salon“ gibt als Vereinszweck „die Förderung des demokratischen Staatswesens, insbesondere die Förderung der Wissenschaft und Forschung, der politischen Bildung, der Wissenschafts- und Gesellschaftskritik. Zu diesen Zwecken gibt der Verein eigene Publikationen heraus, führt wissenschaftliche Veranstaltungen und Forschungsvorhaben sowie Veranstaltungen zur Förderung des kulturellen Lebens allgemein zugänglich durch. Die Publikationen werden (wie bpsw. ‚Der Querschläger') vom Verein redaktionell bearbeitet, verantwortet und sowohl als Printprodukt als auch im Internet (kostenfrei) angeboten. Der Verein dient damit der Förderung der demokratischen Erziehung und der Volksbildung“, soweit die Vereinssatzung.

Der „Philosophische Salon“ unterstützt damit auch das Projekt Kalaschnikow. „Der Querschläger ist [...] ein Supplément des Politmagazins Kalaschnikow - unserer Waffe der Kritik -, die ihre stärkste Durchschlagskraft im Ziel erreicht, bei dem die Streuung - gerade bei lockerer Hand - höchstwahrscheinlich ins Schwarze trifft, anders gesagt: Jeder Querschläger ein Treffer“ erfährt man auf der Home-Page. Querschläger Nummer 12 thematisiert „Das Recht auf Faulheit“, bearbeitet von Bernd Rabehl und David Tiger. Eine Distanzierung der PDS von ihren nach rechts gewandten Mitgliedern ist wohl nicht zu erwarten. Da waren die Gewerkschafter schneller, die Rabehl den Status eines Vertrauensdozenten bei der Hans Böckler Stiftung aberkannten.

Editorische Anmerkungen:

OCR-Scan by red. trend, nach der Printvorlage, erschienen in der RECHTE RAND, Nr. 84, Sept./Okt. 2003, http://www.der-rechte-rand.de/