Die slowenischen
Partisanen in Kärnten


von
Martin Bolkovac
11/02
 
 
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EINLEITUNG
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Darstellung der slowenischen Partisanenbewegung in Kärnten während des Zweiten Weltkrieges. Besondere Berücksichtigung finden dabei die Ereignisse der Jahre 1944/45, die nicht nur das Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft markierten, sondern gleichzeitig den Höhepunkt des Partisanenkampfes darstellten. Weiters werden auch der historische Kontext in Form der Geschichte der Kärntner Slowenen seit der Volksabstimmung von 1920 und die weitere Entwicklung in der Nachkriegszeit behandelt. Die Gebietsbezeichnungen „Slowenien“ und „Kärnten“ beziehen sich auf deren heute bestehenden Grenzen. Mangels entsprechender Computertastatur mußte bedauerlicher Weise auf die korrekte slowenische Schreibweise der angeführten Personen verzichtet werden.

1. Von der Volksabstimmung zur Vertreibung

Eines der folgenschwersten Ereignisse der Zwischenkriegszeit war zweifelsohne die Kärntner Volksabstimmung von 1920. Obwohl die Kärntner Slowenen der sogenannten Abstimmungszone A überwiegend für einen Verbleib bei Österreich gestimmt hatten, so daß die Abstimmung in der Zone B nicht mehr durchgeführt wurde, setzte eine starke Repression des Staates ein. Slowenen, die sich zu ihrer Identität bekannten, wurden etwa mit Berufsverboten belegt, was vor allem Angehörige der Intelligenz betraf. Slowenisch wurde in den Schulen zum Freigegenstand reduziert, die Ausbildung der Lehrer in slowenischer Unterrichtssprache wurde damit ebenfalls überflüssig. Darüber hinaus wurde Slowenisch auch als Amtssprache nicht mehr zugelassen, die meisten zweisprachigen Tafeln wurden entfernt.[1]Die damalige Kärntner Landesregierung setzte sich das Ziel, die slowenische Volksgruppe vollständig zu assimilieren. Es kam auch zu bewaffneten Übergriffen aufgehetzter Deutschkärntner auf Angehörige der Slowenischen Minderheit, vor allem auf jene, die für Jugoslawien gestimmt hatten. Vor allem der „Kärntner Heimatdienst“, dem bis 1924 auch die Sozialdemokraten angehörten, trat mit antislowenischer Propaganda an die Öffentlichkeit. Es gelang die Spaltung der slowenischsprachigen Kärntner in deutschfreundliche „Windischsprachige“ und Projugoslawische. Erstere sprächen eine Mischsprache mit vielen deutschen Ausdrücken. Sie galten als Freunde der Deutschkärntner und wurden von diesen auch mit Krediten und anderen Unterstützungen bedacht. Gleichzeitig verkaufte man ehemalige slowenische Besitzungen an Reichsdeutsche, was die Assimilierung vorantreiben sollte. Alle Verhandlungen zwischen Slowenenvertretern und den deutschsprachigen Landtagsparteien verliefen zu dieser Zeit ergebnislos. Der ab 1933 bestehende „Ständestaat“ erhöhte die Zahl der slowenischen Abgeordneten zwar von zwei auf drei, gleichzeitig wurden aber massive Fälschungen bei der Volkszählung aufgedeckt.[2]

Nach dem „Anschluß“ Österreichs an das Deutsche Reich und der Volksabstimmung im April 1938 begannen die Nationalsozialisten sogleich mit einer radikalen Eindeutschungspolitik in Kärntner Schulen und Kindergärten. Viele slowenische Vereine wurden auf der Stelle verboten, die anderen unterwarf man einer strengen Kontrolle. Politisch unzuverlässige Personen wurden verhaftet.[3] Vor dem Überfall auf Jugoslawien im April 1941 bestand aus außenpolitischer Kalkulation und Taktik noch eine gewisse Rücksichtnahme gegenüber der slowenischen Minderheit. Später wurden große Aussiedlungsmaßnahmen initiiert. Die Betriebe angeblich „volks- und staatsfeindlicher“ slowenischer Familien sollten an Angehörige der deutschen Volksgruppe fallen. Besondere Berücksichtigung bei der Zwangsaussiedlung fanden folglich die Vermögensverhältnisse der Slowenen. Es wird berichtet, daß Besitzlose oft auch dann von den Listen gestrichen wurden, wenn sie zuvor von NSDAP-Funktionären  darauf gesetzt worden waren. Die erste und größte Aussiedlungsaktion wurde dann am 14.4.1942 gestartet. Über 1000 Personen wurden auf Omnibussen und Lastwägen zunächst ins Zwischenlager Ebenthal und anschließend in Lager der sogenannten „Volksdeutschen Mittelstelle“ gebracht, wo sie Zwangsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie leisten mußten. Dabei hatte man den völlig überraschten Betroffenen nicht einmal genug Zeit gelassen, ihre notwendigsten Sachen zusammen-zupacken.[4] Durch solche Deportationen und Verhaftungen wurde der Widerstandsgeist innerhalb der slowenischen Minderheit verständlicher Weise noch weiter angeheizt. Die entstehende Partisanenbewegung fand breite Unterstützung durch die Kärntner Slowenen, was die Kontrolle über den „Reichsgau“ Kärnten erheblich erschwerte und behinderte. 

2. DIE ENTSTEHUNG DER PARTISANENBEWEGUNG

Von 1941 an entwickelte sich der bewaffnete Kampf gegen die Okkupanten in allen von Deutschland besetzten Gebieten. Auch im Gebiet des im April überfallenen Staates Jugoslawien bildeten sich bald kleine Widerstandsgruppen, die fast ausschließlich aus Kommunisten bestanden.[5] Ohne Impulse und Unterstützung aus Jugoslawien hätte sich kaum eine effektive Partisanenbewegung in Kärnten bilden können. Die jugoslawischen Partisanen konnten mangels ausreichendem Materials weder einheitliche Uniformen noch einheitliche Bewaffnung tragen. Das einzige gemeinsame Zeichen war der rote fünfzackige Stern auf ihrer Kopfbedeckung.[6] Die Alliierten unterstützten zunächst nur die Verbände des Monarchisten Mihailovic mit finanziellen Mitteln, Waffen und Ausrüstung. Später halfen sie aber den Partisanen, und im Jahre 1944 gelang es ihnen unter ihrem Führer Josip Broz Tito fast ganz Jugoslawien zu befreien.[7] In Slowenien war die „Osvobodilna Fronta“, die slowenische Befreiungsfront gegründet worden. Bereits im Sommer 1941 führte sie Sabotageaktionen und Überfälle auf Einrichtungen der Nazis durch. Im Herbst drangen die Partisanen schließlich zum ersten Mal auf Kärntner Gebiet vor. Die Kärntner Widerstandskämpfer waren anfangs noch zu schwach für bewaffnete Aktionen und beschränkten sich zunächst auf Aufrufe an die einheimische Bevölkerung. Slowenische Politaktivisten, darunter u. a. Matija Verdnik-Tomaz, überzeugten die meisten Aktivisten von der Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes und der Eingliederung in die OF und gründeten in der Folge erste Ortsausschüsse. Unter den Kärntner Partisanen befanden sich vor allem slowenische Angehörige der Deutschen Wehrmacht, die nach einem Heimaturlaub nicht mehr an die Front zurückgekehrt waren. Aus diesem Grund wurde dann von den Nationalsozialisten im Juli 1943 eine Urlaubssperre für das gemischtsprachige Gebiet  südlich der Drau verhängt. Die Partisanen bildeten den sogenannten Westkärntner Verband, der im Oktober 1943 über ca. 40 Mann verfügte. Sie beschränkten sich vorerst fast ausschließlich auf Propagandatätigkeiten.[8] Auch der Ostkärntner Verband entstand im Jahre 1942, allerdings auf Initiative eines Einheimischen, nämlich Ivan Zupanc-Johans aus Ebriach. Er wuchs noch im selben Jahr zu einer Stärke von ca. 200 Menschen heran. Der wesentliche Anstoß zum bewaffneten Kampf kam freilich auch hier von der OF, welche die 1. Kärntner Einheit gründete. Im Mai 1943 gliederte sich dieses Bataillon in drei Kompanien, die kleinere Aktionen wie Requirierung von Nahrungsmitteln, Kleidung und Waffen oder Überfälle auf Faschisten durchführten. Im Sommer 1943 wurde das 1. Kärntner Bataillon abberufen und der sogenannten Slander-Brigade zugeteilt. Die in Kärnten zurückbleibende, ca. 20 Mann starke Truppe wuchs aber innerhalb kürzester Zeit wieder zur Bataillonsstärke an.[9]

Der Hinterhalt und der Nachtkampf waren auf Grund der zahlenmäßigen Überlegenheit der Nationalsozialisten eine häufige und notwendige Kampfform der Partisanen. Entscheidende, mit hohen Verlusten verbundene Schlachten sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Von den Ortsausschüssen, in denen die Kommunisten die führende Kraft bildeten, wurden die praktische und theoretische Ausbildung der Partisanen und eine medizinische Versorgung organisiert, man richtete sogar Partisanenkrankenhäuser ein. Zum Teil wurden die Verwundeten auf beschwerlichen Bergwegen über Felsen dorthin gebracht. Jeder Freiwillige, der zu den Partisanen stieß, wurde einer strengen Untersuchung hinsichtlich seiner Verläßlichkeit unterzogen, um Unterwanderungen durch Nazis soweit wie möglich zu verhindern. Um die Gefahr der Bestrafung für die Angehörigen zu verringern wurden vor Zeugen inszenierte Zwangsrekrutierungen durchgeführt. Bei den Partisanen herrschte strenge Disziplin. Wenn jemand mehrmals während des Wachdienstes einschlief oder etwas stahl, wurde er vor Gericht gestellt. Wenn sich die Meisten in der Kompanie für ein Todesurteil aussprachen, wurde der Verurteilte hingerichtet.[10]

3. DIE JAHRE 1944/45
3.1. Der Höhepunkt des Partisanenkampfes

Nachdem der Westkärntner Verband Material vom Slowenischen Hauptstab erhalten hatte, konnte er seine Aktivitäten zu Beginn des Jahres 1944 erheblich steigern. Es wurden Gendarmerieposten überfallen, Eisenbahnschienen gesprengt, Telegraphen- und Telefonmasten gefällt, Nationalsozialisten liquidiert bzw. Flugzettel verstreut und Plakate angebracht. Die ungefähr 20 westkärntner Ortsausschüsse der Befreiungsfront wurden im „Kreiskomitee der Befreiungsfront“ vereint. Man knüpfte Verbindungen zu zahlreichen österreichischen Antifaschisten und erhielt so zuverlässige Nachrichten über die Bewegungen der deutschen Wehrmacht. Die Nationalsozialisten entfernten aus Angst vor einer weiteren Zunahme der Sabotagetätigkeit die slowenischen Arbeiter aus den Kärntner Rüstungsbetrieben und installierten einen verstärkten Werkschutz.[11] Die Aktionen des Ostkärntner Verbandes waren zu dieser Zeit sehr ähnlich. Auch hier fanden zahlreiche Überfälle auf nationalsozialistische Posten oder Einrichtungen statt. Weiters sollte der Abtransport von Holz verhindert werden, weswegen die Holzarbeiter ultimativ aufgefordert wurden, die Wälder zu verlassen, ansonsten würden sie erschossen.[12] Erst Ende April 1944 gelang es, aus den bis dahin eigenständig operierenden Verbänden in West- und Ostkärnten die sogenannte „Kärntner Verbändegruppe“ zu formieren.[13] Zuvor war Karel Prusnik bereits als Sekretär des Gebietsausschusses für ganz Slowenisch-Kärnten eingesetzt worden. Über den Winter 1943/44 war auch die erste effektive Druckerei oberhalb von Matschach eingerichtet worden. Die Verbreitung von Flugblättern und sogar regelmäßig erscheinenden Broschüren wurde so erheblich erleichtert und nahm im Laufe des Jahres 44 ständig zu.[14] Die Partisanen wandten sich in ihren Druckwerken an die slowenisch- und deutschsprachige Zivilbevölkerung, aber auch an die deutschen Soldaten: „Das Hitlerreich geht der unvermeidlichen Niederlage entgegen, der Sieg der vereinigten freiheitsliebenden Völker ist nahe. ... Niemals wurden wir, unsere Kinder und Frauen so schamlos ausgebeutet und ausgesaugt, als heute durch die deutschfaschistischen Monopolherren im Hitlerreich. Niemals hat es ein reaktionäreres, betrügerischeres und grausameres Regime gegeben als das, dass der deutsche Faschismus über uns errichtet hat.“[15] In den Schriften der Partisanen wird die Organisation des Befreiungskampfes erläutert und zum Widerstand gegen das NS-Regime aufgerufen, teilweise forderte man auch die Vereinigung des Slowenischen Volkes: „Mit diesem seinem Kampf, durch die Schüsse der Partisanengewehre, hat das Kärntner Volk das verbrecherische Plebiszit und die unrechtmäßigen Gesetze außer Kraft gesetzt. Kärnten hat sich dem neuen Jugoslawien angeschlossen.“[16] Eine besonders wichtige und gefährliche Funktion erfüllten die Kuriere. Neben der Verbindung zwischen den einzelnen Stützpunkten und dem Transport von Lebensmitteln ins Partisanenlazarett „Amerika“ zählte auch die Verbreitung des Propagandamaterials zu ihren Aufgaben. Die Aufrechterhaltung dieser Verbindungen war vor allem im Winter mit größten Schwierigkeiten verbunden. Aber auch das Früjahrstauwetter forderte durch Schneelawinen seine Opfer.[17]

Im Juli 1944 nahmen die bewaffneten Auseinandersetzungen und Sabotageaktionen des Westkärntner Verbandes stark zu, nachdem die ersten Fallschirmsendungen der Alliierten eingetroffen waren. Zum Beispiel wurden in Maria Elend einige Meter Eisenbahnschienen zerstört und der Damm und die Rohrleitung des Feistritzer Kraftwerkes beschädigt.[18] Aufgrund der hohen Anzahl an Kämpfern waren die Aktionen der Ostkärntner Partisanen bedeutend umfangreicher. Durch britische Fallschirmabwürfe war eine ziemlich gute Bewaffnung erreicht worden. Man verfügte über Gewehre, Maschinengewehre, Maschinenpistolen und sogar Granatwerfer. Es kam in der Folge zu mehreren schweren Gefechten mit deutschen Kräften.[19] Im Frühjahr 1944 hatten westkärntner Partisanenabteilungen die Drau überschritten und sich im schwer zugänglichen Gebiet der Saualpe festgesetzt. Der englische Major Cahusac, ein Verbindungsoffizier der alliierten Militärmission, der später in einem Gefecht mit der deutschen Polizei fiel, hatte sich den Partisanen angeschlossen.[20] Drei Monate nach den Westkärntnern unternahmen die ostkärntner Partisanen im Juni 44 ebenfalls einen erfolgreichen Vorstoß ins Gebiet nördlich der Drau, wo der Gegner durch zahlreiche Aktionen überrascht werden konnte. Im Juli wurde allerdings der Versuch, weitere Verstärkung über die Drau zu senden, von den Deutschen verhindert.[21] Ohne direkte Verbindung zu den Südkärntner Abteilungen ist im Sommer 1944 eine weitere Partisanengruppe im Gailtal entstanden. Sie zog vor allem Arbeiter aus Arnoldstein an, die zur Wehrmacht eingezogen werden sollten. Die vorerst nur äußerst unzureichend bewaffneten Partisanen verschafften sich zunächst durch Überfälle auf abgelegene SS- und Gendarmerieposten Gewehre. Die Arnoldsteiner Kommunistische Partei beauftragte schließlich die Gruppe, fluchtbereite Zwangsarbeiter über die Grenze zu bringen. Monatelang kam es dabei zu keinen ernsthaften Zwischenfällen, weil sich die Gruppe der Unterstützung der ansässigen Bevölkerung sicher sein konnte und alle Schleichpfade durch die Berglandschaft kannte. Durch den Wintereinbruch 1944/45 wurden sie aber gezwungen, sich im Tal einzurichten, nämlich in der Schütt. Die später deswegen auch „Schütt-Partisanen“ genannten Widerstandskämpfer errichteten an einer Wasserstelle einen Bunker, der überdacht und mit Pritschen ausgestattet wurde. Von hier aus wurden Aktionen gegen das NS-Regime gestartet. Erst im April 1945 hatten Gestapo und Wehrmacht den Aufenthaltsort ihrer Gegner ausfindig gemacht. Der Bunker wurde nicht gestürmt, vielmehr sollten die ca. 50 Partisanen ausgehungert werden. Diese wagten jedoch einen Ausbruch, bei dem drei Partisanen getötet wurden.[22]Eine weitere im Verband der Slowenischen Befreiungsfront organisierte Widerstandsgruppe war das sogenannte „1. Österreichische Bataillon“, das auf Initiative zahlreicher österreichischer Antifaschisten im November 1944 gegründet wurde. Bei einer Zusammenkunft mit führenden slowenischen Vertretern wurden einige Grundsätze festgelegt: „Angehöriger des Österreichischen Bataillons ist jeder Österreicher, der bereit ist, mit der Waffe in der Hand für die Befreiung Österreichs von der deutschen Okkupation zu kämpfen und sich freiwillig der Disziplin der Slowenischen Befreiungsarmee unterzuordnen.“[23] Im März und April des Folgejahres konnten noch ein zweites und drittes Österreichisches Bataillon formiert werden. Eine wichtige Unterstützung für die Partisanen waren auch die in zahlreichen Orten entstandenen Frauengruppen. Sie organisierten Nahrung, Medikamente, Verbandszeug, Kleidung, Papier und andere für die Versorgung der Widerstandskämpfer unentbehrliche Dinge. Die Frauen arbeiteten auch als Botinnen oder stellten Aufklärungsmaterial her. Andere schlossen sich überhaupt den Partisanen an und gingen mit ihnen als Sanitäterinnen, Köchinnen oder Funkerinnen in die Wälder.[24]

3.2. Die Bekämpfung der Partisanen

Im Sommer 1944 hatte Heinrich Himmler Teile von Kärnten zum „Bandenkampfgebiet“ erklären lassen. Wie Slowenien durfte auch dieses Gebiet ab diesem Zeitpunkt nur mehr mit einer Sondergenehmigung betreten werden. Die Partisanenbekämpfung sollte mit allen Mitteln erfolgen. So wurde zum Beispiel Gift an die Bauern verteilt, daß diese den Partisanen ins Essen schütten sollten, wenn sie vorbeikämen. Einigen Nazispitzeln gelang es auch, sich für einige Zeit den Partisanen anzuschließen, ihr Vertrauen zu gewinnen und Namen von Antifaschisten und Sympathisanten in Erfahrung zu bringen. Daneben gab es auch Provokateure in Partisanenkleidung, die von Haus zu Haus zogen, um die Reaktionen der Bewohner zu testen. Diese waren ja verpflichtet, jedes Auftauchen von Partisanen sofort zu melden. Vor allem im Winter lagen die Vorteile klar auf der Seite der Nationalsozialisten. Sie verfolgten ihre Gegner mit beweglichen Schitrupps und moderner Ausrüstung, während die Partisanen unter Mangel an Munition, Medikamenten und Nahrungsmitteln litten und zusätzlich durch tiefen Schnee behindert wurden. Zur Abwehr legten sie Minen in ihre frischen Spuren.[25] Die Nazis gingen bei der Bekämpfung der Antifaschisten also mit äußerster Brutalität vor. Viele Verletzte, die keine Chance hatten, ein Krankenhaus zu erreichen, erschossen sich lieber, bevor sie den Nazis in die Hände fielen. Taten sie es doch, ging es ihnen schlecht. „Dem Sorli Ciril hatten sie auch die Beine in die Kohle geworfen, der war nackt, ausgezogen, der war dick und die Beine waren ihm geschmolzen, das Fett rann weg, er war furchtbar zugerichtet. Aufgeschnitten, der Bauch aufgeschnitten, die Gedärme lagen daneben, so lag er dort, die Geschlechtsorgane weggeschnitten. Einer hatte ihm noch die Arme zu den Schultern dazugelegt, aber als wir ihn begruben, sahen wir, daß der Arm abgeschnitten war.“[26] „Allen, jeden einzelnen legten sie Daumenschrauben an, die kannten kein Pardon, auch bei den Frauen nicht. Die Zelle in Dravograd war furchtbar `fein´, ein Betonboden, die Wände herunter rann unablässig Wasser, da war extra so eine Leitung gelegt, so daß du dich nirgendwo anlehnen konntest, du mußtest hocken. Die Zelle hatte kein Fenster. Acht Tage lang wurde ich unablässig verhört. Die schlugen dich mit Fäusten, mit der Peitsche, mit allem, was sie gerade bei der Hand hatten.“[27] Im Februar 1945 wurden zur Abschreckung der Bevölkerung die Körper acht mißhandelter Partisanen einige Tage lang in St. Jakob im Rosental aufgehängt.

Aber nicht nur die Partisanen, auch deren angebliche und tatsächliche Unterstützer und Angehörigen wurden von den Nazis verhaftet, mißhandelt und ermordet. Nach nationalsozialistischer Sippenhaftung haftete die ganze Familie für jedes einzelne Familienmitglied. Wenn ein Familienangehöriger mit den Partisanen zusammenarbeitete, konnte dessen gesamte Familie ins Konzentrationslager gesteckt werden.[28] Am 25. April überfiel eine SS-Patrouille nach einem Gefecht mit Antifaschisten den einsam gelegenen Persman-Hof in Koprein-Petzen. Der slowenische Bauer Luka Sadovnik war ein Sympathisant der Partisanen, sein Hof zählte zu den ersten Stützpunkten der Kärntner Widerstandskämpfer. Die Nazis töteten den Bauern und zehn weitere Mitglieder seiner Familie, vom Kleinkind bis zur Großmutter. Anschließend wurde der Hof niedergebrannt. Nur zwei Mädchen überlebten dieses Massaker.[29] „Als wir am folgenden Tag ankamen, bot sich uns ein schreckliches Bild: Schon von weitem rochen wir den Rauch, der aus den Trümmern aufstieg. Es stank nach verbranntem Fleisch. Nanci lag erschlagen auf dem Hof, ihr jüngstes Töchterl in den Händen. Ungefähr vier Meter entfernt lag die Leiche Katras, der Schwester des Besitzers. Neben ihr lagen der älteste Sohn Persmans und sein elfjähriges Schwesterl. Luka und die Großmutter, die im Haus ermordet worden waren, waren verbrannt.“[30]

3.3. Die Situation zu Kriegsende

Im September 1944 hatte der slowenische Hauptstab beschlossen, seine 14. Division mit den Kärntner Partisanen aufzufüllen, dafür wurden die beiden Kärntner Verbände aufgelöst und ein großer Teil ihrer Mannschaft nach Slowenien abgezogen. Immerhin verblieben insgesamt noch etwa 500 Mann auf Kärntner Boden. Die Lage der Partisanen verschlechterte sich allerdings im Winter 1944/45 sehr, denn zusätzlich zum Abzug wichtiger Kämpfer wurde die Kampfkraft ihrer deutschen Gegner durch ihre aus dem Balkan zurückkehrenden Truppenverbände und die Volkssturmeinheiten erheblich verstärkt. Dazu kamen noch die unerträgliche Kälte, der Schnee und der beginnende Nahrungsmittelmangel.[31] Dieser Winter war mit hohen Verlusten für die Partisanen verbunden, viele Kuriere liefen in deutsche Fallen oder wurden unter Lawinen begraben. Die Verbindung zwischen dem Stab des Verbandes und den einzelnen Einheiten konnte nur mit größter Mühe aufrechterhalten werden. Die meisten angekündigten Materiallieferungen der Alliierten trafen nicht ein, neue freiwillige Kämpfer waren kaum anzuwerben. Im Früjahr 1945 bildeten die Slowenen außerdem nur mehr eine Minderheit unter den Partisanen, eine große Rolle spielten befreite russische Kriegsgefangene. Gegen Ende des Krieges wurde der Gebietsausschuß der OF von der Koschuta auf die Matzen verlegt, wo auch die Flugblätter und Zeitschriften der Partisanen verfaßt und gedruckt wurden. Zu den neuen Verstecken konnte man nur durch vom Tal aus unsichtbare Bergpfade gelangen, ansässige Bauern unterstützten die Partisanen. In der Nacht vom 4. zum 5. April 45 entzündeten die Kärntner Widerstandskämpfer auf mehreren Bergen Freudenfeuer, nachdem bekannt geworden war, daß die Rote Armee slowenischen Boden betreten hatte. Um diese Zeit gingen die Widerstandskämpfer nach einer langen Defensivphase auch wieder zum Angriff über. Es wurden u. a. ein SS-Stützpunkt auf der Saualpe niedergebrannt, Traktoren vernichtet, etliche Telefonmasten und ein Teil der Bahnstrecke  zwischen Kühnsdorf und Eisenkappel zerstört bzw. einige Nationalsozialisten liquidiert.[32] Anfang Mai wurde der Kärntner Verband schließlich beauftragt, nach Ferlach zu gehen, um den Übergang über die Drau zu überwachen und den Abzug feindlicher Truppen entlang der Loiblstraße zu verhindern. Ferlach wurde rasch eingenommen und unter die Verwaltung eines „Antifaschistischen Komitees“ gestellt. Einige deutsche Regimenter übergaben ihre Waffen freiwillig an die Partisanen, andere griffen deren Posten an, um Ferlach wieder zurückzuerobern. In den Mittagsstunden des 11. Mai verweigerte wieder eine größere Einheit die Auslieferung der Waffen. Ihre Verbündeten, darunter auch Cetniks und eine Ustascha-Division, rückten mit Panzern Richtung Ferlach vor. Deutschland hatte zu dieser Zeit bereits kapituliert, aber man wollte sich nicht den Partisanen ausliefern, sondern zumindest in britische Gefangenschaft gelangen. Die Briten entschlossen sich, auf Seite der Partisanen in die Kämpfe einzugreifen, dennoch sind in den Kämpfen um Ferlach an die 180 Partisanen ums Leben gekommen.[33] Die Nazis und ihre Verbündeten hatten auch nach dem offiziellen Kriegsende am 8. Mai noch mit unverminderter Brutalität zugeschlagen. Brandgranaten wurden auf Häuser geschleudert, Verwundete totgeprügelt und ihre Leichen in die Drau geworfen.[34]

Neben den Engländern waren im Mai auch die Truppen Marschall Titos Richtung Klagenfurt marschiert, um die jugoslawischen Gebietsansprüche zu untermauern. Die Gebietsforderungen wurden auch mit den großen Opfern, die von den slowenischen Partisanen während der nationalsozialistischen Okkupation gebracht worden waren, begründet. Briten und Jugoslawen beschlagnahmten Gebäude und führten Verhaftungen durch. Mittels vorbereiteter Listen wurden einige hundert Personen aus Kärnten von jugoslawischen Soldaten verhaftet und zum Teil auch über die Grenze verschleppt, wo sie hingerichtet oder in Anhaltelager gebracht wurden. Die aus Vertretern der ehemaligen österreichischen Parteien bestehende Kärntner Landesregierung, der Gauleiter Rainer kurz vor der deutschen Kapitulation die Macht übergeben hatte, war nicht bereit, sich Titos Kommando zu unterstellen. Schließlich konnte die Krise durch direkte Verhandlungen zwischen den Alliierten beigelegt werden. Stalin befahl den jugoslawischen Einheiten den sofortigen Rückzug aus Kärnten, der bis zum 25. Mai realisiert wurde. Jugoslawien hielt seine Gebietsansprüche allerdings auch nach dem Abzug aus Kärnten noch eine Zeit lang aufrecht.[35]

Der Partisanenkampf in Kärnten hatte einige tausend Mann gebunden, von den Mannschaften der Gendarmerieposten und des Werkschutzes bis zu den SA- und SS-Abteilungen. Diese mußten vielfach extra nach Kärnten verlegt werden und wurden so einer anderen Verwendung entzogen. Die Bedeutung des bewaffneten Widerstandskampfes der Kärntner Partisanen bei der Zerstörung der nationalsozialistischen Herrschaft ist nicht zu unterschätzen. „Mögen auch über die moralische Vertretbarkeit des Partisanenkampfes grundsätzliche Auffassungsunterschiede bestehen, unbestreitbar ist jedenfalls, daß die Partisanen in Kärnten durch die Beschädigung oder Zerstörung zahlreicher Verkehrs- und Kommunikationseinrichtungen (Geleise, Brücken, Post- und Telegrafenmasten und Leitungen, Lokomotiven und Waggons, Straßenfahrzeuge usw.), sowie durch teilweise erfolgreiche Angriffe auf E-Werke, Sägewerke, Fabriken, Bergwerke (überwiegend im Mießtal) und deren Energiezufuhr die Kriegswirtschaft und damit die militärischen Anstrengungen des `Dritten Reiches´ in ihrem begrenzten Einsatzgebiet beeinträchtigten.“[36]

4. DIE SLOWENEN IN DER ZWEITEN REPUBLIK

Auch nach dem Ende des Hitlerregimes waren die Slowenen weiterhin mit großen Problemen und antislowenischen Ressentiments konfrontiert. Obwohl die Alliierten ausdrücklich einen eigenständigen Beitrag Österreichs zur Beseitigung des NS-Regimes verlangt hatten und die Kärntner Partisanen diesen Beitrag geleistet haben, wurden die slowenischen Antifaschisten sogar von Vertretern der Regierungsparteien als „Verräter“ gebrandmarkt. Als besonders minderheitenfeindlich erwies sich der 1949 in den Kärntner Landtag und ins Bundesparlament einziehende deutschnationale „Verband der Unabhängigen“. Die ersten Schwierigkeiten ergaben sich aber schon bei der Heimkehr der Vertriebenen. Die ersten Rückkehrer wollten die Engländer und die österreichische Polizei überhaupt nicht nach Kärnten weiterreisen lassen, sondern nach Deutschland zurückschicken. Erst nach massiven Protestaktionen und der persönlichen Intervention des Kärntner Landeshauptmannes Piesch wurde die Weiterfahrt genehmigt.[37] Die Heimkehrer waren in erster Linie auf die Gutwilligkeit der englischen Besatzungsmacht und der österreichischen Behörden angewiesen. Die Engländer hatten die Partisanen sofort abgesetzt und die vor 1938 in Kärnten existierende Verwaltung wieder einberufen, obwohl es sich dabei fast ausschließlich um Deutschnationale handelte. Die von den Deutschen bewohnten Höfe der Vertriebenen wurden größtenteils noch nicht freigemacht oder befanden sich in einem abgewirtschafteten und desolaten Zustand. Die Wiedergutmachungskommissionen sprachen den dadurch geschädigten Slowenen nur unzureichende Beträge, mit denen der tatsächliche Schaden kaum abgedeckt werden konnte, zu. Noch unzureichender waren die Haftentschädigungen. Der Aufenthalt in den Lagern der „Volksdeutschen Mittelstelle“ ist lange Zeit nicht angerechnet worden, nur Haftzeiten in NS-Gefängnissen und Konzentrationslagern wurden abgegolten. Vielen Slowenen wurden aber auch die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen einfach verwehrt. Ein Beispiel dafür sind etwa die Fälle der beiden Frauen Maria G. und Wilhelmine R. (Jahrgang 1926), die nachweisbar vollkommen gesund in das Frauengefängnis Waldheim bzw. das Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert worden waren und schwer erkrankt zurückkamen. Ihre Leiden wurden von einem Arzt als „altersbedingt“ bzw. „anlagebedingt“ eingestuft und damit der Bezug der Opferrente verwehrt.[38] 1957 wurden dagegen alle Nationalsozialisten, die zu weniger als acht Jahren schweren Kerkers verurteilt worden waren, amnestiert. Ihre Bezüge sind nachgezahlt und die Dienstzeiten im NS-Staat voll angerechnet worden.

Der Partisanenführer Karel Prusnik wurde vom englischen Okkupationsgericht zu zwei Haftstrafen in Karlau verurteilt, die er von April bis Juli 1947 und ab November 1947 für zwölf Monate absitzen mußte. Letztere Strafe wurde wegen einer Rede bei der Eröffnung des Partisanendenkmals bei St. Ruprecht bei Bleiburg für 85 auf der Saualm gefallene Partisanen verhängt.[39] Auch Teile der Bevölkerung gingen zu dieser Zeit gegen die slowenische Minderheit vor. Sie bildeten antislowenische Gruppen, die Veranstaltungen der Volksgruppe störten oder verhinderten, Türen und Scheiben einschlugen und slowenische Veranstaltungsteilnehmer schwer mißhandelten. „Diese Wurfkommandos existierten bis 1949/50. Daß jemand von denen bestraft worden wäre, davon hörte ich nichts. Wenn du in der Nacht eine über den Schädel bekamst, konntest du nicht einmal etwas beweisen, und wenn so eine Gruppe auftauchte, dann hieß es, es war eine Wirtshausrauferei. Die Engländer hielten sich aus diesen Sachen heraus.“[40] 1953 wurde das St. Ruprechter Partisanendenkmal von unbekannten Tätern gesprengt. Nach Kriegsende hatte die „Osvobodilna Fronta“ beim Alliierten Rat um Zulassung als politische Partei angesucht, um bei den ersten freien Wahlen der Zweiten Republik im November 1945 antreten zu können. Die Zustimmung wurde mit der Forderung verknüpft, sich voll und ganz zum Staat Österreich zu bekennen. Das Provinzialplenum der OF lehnte es ab, die geforderte Erklärung abzugeben, weswegen der Befreiungsfront jegliche politische Betätigung untersagt wurde. Die OF gab daraufhin eine Wahlempfehlung für die KPÖ ab, was zur politisch-ideologischen Spaltung der Kärntner Slowenen beitrug. Ein erheblicher Teil begann seine Mitarbeit in der SPÖ und der ÖVP, die viele christlich-konservative Slowenen anzog. Als Gegengewicht zur zunächst in „Demokratische Front des werktätigen Volkes“ umbenannten Befreiungsfront bildete sich der ÖVP-nahe „Rat der Kärntner Slowenen“. Etwas grotesk wurde die Situation, als die sowjettreue KPÖ nach dem Bruch Jugoslawiens mit Stalin mehrere hundert slowenische Kommunisten aus der Partei ausschloß.[41] 1955 wurde schließlich die Sammelorganisation „Zentralverband Slowenischer Organisationen“ gegründet, die Wahlempfehlungen für die SPÖ abgab und zusammen mit dem „Rat der Kärntner Slowenen“ einen aus Vetretern beider Fraktionen zusammengesetzten Koordinationsausschuß bildete, der zumindest bei für die Volksgruppe besonders wichtigen Angelegenheiten tätig wurde.

1955 war auch in anderer Hinsicht ein entscheidendes Jahr für die Slowenen. Auf Druck der Alliierten wurden den österreichischen Minderheiten im Artikel 7 des Staatsvertrages vom 15. Mai 55 über die Vorstellungen der österreichischen Regierung hinausgehende, umfassende Rechte gesetzlich zugesichert. Die Slowenen erhielten u. a. das Recht auf Unterricht in ihrer Muttersprache und auf eigene Mittelschulen festgeschrieben. Auch sollte slowenisch in allen gemischtsprachigen Gebieten Amtssprache sein. Die topographischen Bezeichnungen sollten in diesen Gebieten auch in slowenisch angeschrieben werden. Organisationen, die darauf abzielen, den Slowenen ihre Minderheitenrechte zu nehmen sollten in Zukunft verboten werden.[42] Die Gesetzgebung legte die Vorgaben des Staatsvertrages allerdings sehr weit aus. Zwar wurde 1957 in Klagenfurt die erste Allgemeinbildende Höhere Schule für Kärntner Slowenen gegründet, doch 1959 wurde der bis dahin in den gemischtsprachigen Gebieten bestehende obligatorische zweisprachige Unterricht aufgehoben. Die Eltern mußten ab jetzt ihre Kinder extra zum Slowenisch-Unterricht anmelden, wenn ihre Kinder diese Sprache lernen sollten, eine Maßnahme, welche die Gräben zwischen slowenisch- und deutschsprachigen Kindern wieder aufriß. Die staatsvertraglichen Verpflichtungen hinsichtlich der zweisprachigen topographischen Bezeichnungen konnten erst im Jahr 1972 eingelöst werden. Die SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky mußte dafür die Abgeordneten der ÖVP und der FPÖ überstimmen. Das „Ortstafelgesetz“ sah die Aufstellung von 205 zweisprachigen Bezeichnungen vor und wurde von den slowenischen Organisationen begrüßt. Doch schon kurze Zeit später sollte es zu einem weiteren schweren Rückschlag für die österreichische Minderheitenpolitik kommen. Noch im selben Jahr wurden alle Tafeln von einem aufgehetzten, deutschnationalen Mob zerstört, Bundeskanzler Kreisky wurde bei einem Besuch in Kärnten sogar tätlich angegriffen. Die daraufhin einberufene „Ortstafelkommission“[43] wurde von den Vertretern der slowenischen Volksgruppe boykottiert, weil die ÖVP den stellvertretenden Obmann des Kärntner Heimatdienstes nominiert hatte. Eine Wiedererrichtung der Ortstafeln erfolgte nur mehr in sehr bescheidenem Rahmen und nur in Gebieten mit sehr hohem Prozentsatz an slowenischer Bevölkerung.[44] Als die FPÖ, die ideologische Nachfolgepartei des Verbandes der Unabhängigen, mit Jörg Haider zum ersten Mal den Landeshauptmann stellte, spitzten sich die Auseinandersetzungen ,vor allem im Bereich des Schulwesens, weiter zu. Bereits 1984 hatte die FPÖ ein vom Kärntner Heimatdienst initiiertes Volksbegehren gegen das mehrsprachige Schulsystem unterstützt. 1990 weigerte sich Haider außerdem, vom Bundespräsidenten verliehene Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs an Widerstandskämpfer zu übergeben.[45] Des öfteren stellt der FPÖ-Chef seine Abneigung gegenüber den antifaschistischen Befreiungskämpfern zur Schau und demonstriert in gleicher Weise seine Sympathie für die Angehörigen der Deutschen Wehrmacht. Mit einem Erstummen antislowenischer Stimmen in Kärnten ist wohl noch lange nicht zu rechnen.

FAZIT

Der Partisanenkampf in Kärnten war der größte Widerstandskampf gegen das NS-Regime auf österreichischem Boden. Angesichts jahrzehntelanger Diskriminierung und Assimilierung, zu denen zuletzt auch noch die Vertreibung aus der Heimat kam, ist die der Befreiungsbewegung von der slowenischen Bevölkerung entgegengebrachte Sympathie nur allzu logisch und verständlich. Auch wenn so mancher Aktivist für die Vereinigung aller Slowenen gekämpft hat, so waren doch alle Partisanen in erster Linie Kämpfer für die Beseitigung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft. Und zur Erreichung dieses Zieles haben die Kärntner Widerstandskämpfer einen wichtigen und unbestreitbaren Beitrag geleistet.

Die deutschnationale Grundstimmung innerhalb großer Teile der Kärntner Bevölkerung führte auch in der Zweiten Republik zu einer bis heute anhaltenden antislowenischen Kontinuität, die durch Übergriffe, den Schulsprachenstreit, den „Ortstafelsturm“, und nicht zuletzt auch durch die Politik Jörg Haiders zum Ausdruck kam.

Literaturverzeichnis

  • Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen (Wien 1990)
  • Irene Rath, Die Partisanenbewegung in Kärnten 1942-1945 (Diplomarbeit an der Universität Wien 1986)
  • Josef Rausch, Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg (=Militärhistorische Schriftenreihe Heft 39/40-1997)
  • Karel Prusnik-Gasper, Gemsen auf der Lawine. Der Kärntner Partisanenkampf (Ljubjana/Klagenfurt 19813)
  • Verband der Kärntner Partisanen, Antifaschistischer Widerstand in Kärnten (Klagenfurt 1994)
  • Kärntner Tageszeitung 3.5.1995 (Der Weltkrieg erreicht Kärnten)
  • Mirko Bogotaj, Die Kärntner Slowenen (Klagenfurt/Wien 1989)
  • Hans-Henning Scharsach, Haiders Kampf (Wien 1992)

verwendete Akten des Dokumentationsarchives des Österreichischen Widerstandes

DÖW 80
DÖW 3755
DÖW 4082

[1] Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Spurensuche. Erzählte Geschichte der    Kärntner Slowenen (Wien 1990) S. 17f.

[2] Ebd. S. 19-25.

[3] Ebd. S. 92f.

[4] DÖW, Spurensuche S. 146f.

[5] Das Gebiet Oberkrain, das bis vor Ljubjana reichte, wurde dem „Gau Kärnten“ angeschlossen.

[6] Irene Rath, Die Partisanenbewegung in Kärnten 1942-1945 (Diplomarbeit an der Universität Wien 1986) S. 26ff.

[7] Ebd. S. 55ff.

[8] Ebd. S. 68ff.

[9] Ebd. S. 77ff.

[10]DÖW, Spurensuche S. 311.

[11]Rath, Partisanenbewegung S. 73ff.

[12]Ebd. S. 85.

[13]Josef Rausch, Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg (= Militärhistorische Schriftenreihe Heft 39/40-1979) S. 42.

[14]Rath, Partisanenkampf S. 92.

[15]DÖW 80

[16]DÖW 4082

[17]Karel Prusnik-Gasper, Gemsen auf der Lawine. Der Kärntner Partisanenkampf (Ljubjana/Klagenfurt 19813) S. 331f. u. S. 357.

[18]Rausch, Partisanenkampf S. 47f.

[19]Ebd. S. 57f.

[20]DÖW 3755

[21]Prusnik, Gemsen S. 288ff.

[22]Rath, Partisanenbewegung S. 98f.

[23]Prusnik-Gasper, Gemsen S. 341.

[24]Rath, Partisanenbewegung S. 82f.

[25]Rausch, Partisanenbewegung S. 70.

[26]DÖW, Spurensuche (Stefan Paul) S. 314.

[27]DÖW, Spurensuche (Milan Piskernik) S. 320.

[28]Verband der Kärntner Partisanen, Antifaschistischer Widerstand in Kärnten (Klagenfurt 1994) S. 36.

[29]Ebd. S. 43f.

[30]Prusnik-Gasper, Gemsen S. 367.

[31]Rausch, Partisanenkampf S. 65ff.

[32]Ebd. S. 71./76.

[33]Verband d. Kärntner Partisanen, Widerstand S. 79ff.

[34]Prusnik-Gasper, Gemsen S. 379ff.

[35]Kärntner Tageszeitung 3.5.1995 (Der Weltkrieg erreicht Kärnten)

[36]Rausch, Partisanenkampf S. 84.

[37]Mirko Bogotaj, Die Kärntner Slowenen (Klagenfurt/Wien 1989) S. 112.

[38]DÖW 80

[39]Karel Prusnik-Gasper, Gemsen S. 404.

[40]DÖW, Spurensuche (Milena Gröblacher-Vanda) S. 381.

[41]Bogotaj, Kärntner Slowenen S. 113-115.

[42]Ebd. S. 123.

[43]korrekt: „Studienkommission für Probleme der Slowenischen Volksgruppe beim Bundeskanzleramt“

[44]Bogotaj, Kärntner Slowenen S. 137-139.

[45]Hans-Henning Scharsach, Haiders Kampf (Wien 1992) S. 163ff.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel ist eine Spiegelung von
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