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Zur Lage in den türkischen Knästen

Infos vom Verein für die Rechte der unterdrückten Völker in Köln 
weitergeleitete Nachricht von "prison watch" pwibelgium@hotmail.com 
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Folgendes Dokument wurde uns am 28.09.1999
vom Verein für die Rechte der unterdrückten Völker
in Köln zugesandt:
 +49-221-257 61 19

In den vergangenen Tagen haben Übergriffe seitens der Sicherheitskräfte der Türkei gegen die politischen Gefangenen stattgefunden. Angefangen hat dies in Ankara, wo die Insassen einen Raum mit 120 Leuten belegen mußten. Diese Räume sind für 48 Personen vorgesehen gewesen. Die Gefangenen mußten sich die Betten zu dritt Schichtweise teilen. In den Sommermonaten haben viele Gefangene, obwohl dies verboten ist, auf dem Hof geschlafen, weil sie nicht mehr in die Gefängnisräume reingepaßt haben. Da die Wetterbedingungen nicht mehr es zuließen, mußten die Gefangenen sich nach anderen Unterkunftsmöglichkeiten kümmern. Da die anliegenden Räume nicht so überfüllt waren, wie die politischen Räume, haben die politischen Gefangenen sich in diese Räume zum Schlafen gelegt. Daraufhin hat die Verwaltung des Gefängnisses, die Zählung der Gefangenen nicht durchgeführt und es unterlassen mit den Gefangenen dieses Problem der Unterkunft zu lösen. Sie war nicht zu Gesprächen bereit.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag sind die Sicherheitskräfte mit schweren Waffen in die Zellen eingedrungen, mit der Scheinbegründung, daß ein Tunnel gebaut worden sei und die Gefangenen Waffen besitzen würden.  Diese beiden Scheinbehauptungen entsprechen nicht der Wahrheit. Zu bedenken ist, daß , falls die Gefangenen Waffen gehabt hätten, wäre es auch auf Seiten der Sicherheitskräfte zu Schwerverletzten und sogar zu Todesfällen gekommen.

Die Gefangenen haben die schwer bewaffnete Durchsuchung protestiert, weil sie selber eine ordnungsgemäße Durchsuchung seit über einem Monat verlangt hatten, um auf die katastrophalen Umstände in den Räumen aufmerksam zu machen.

Bei der Scheineinschüchterung der Gefängnisinsassen durch die Sicherheitskräfte mit schweren Waffen war die beabsichtigte und eingetretene Folge, daß die sich zur Wehr setzenden politischen Gefangenen hingerichtet werden, um die Proteste gegen die Durchsetzung der Einzelhaft zu brechen und die Gewalt des Staates in den Gefängnissen durchzusetzen. Die Insassen protestierten, wie erwartet, gegen diese Maßnahme. Dieser schwere bewaffnete Angriff der Sicherheitskräfte forderte 10 Tote durch Hinrichtung und 33 schwer verletzte Menschen.

Zwei der Getöteten wurde der Hals aufgeschnitten und einem Toten das Ohr abgeschnitten. Die Anwälte, die ein Anrecht auf Anwesenheit haben -wie auch vom Justizministerium selbst bestätigt wurde-, wollten bei der Autopsie der Ermordeten anwesend sein, jedoch wurde ihnen dies nicht gestattet. Die Anwälte, die ansonsten ohne Antrag die Gefangenen besuchen dürfen, und Familienangehörige der Gefangenen haben ein Besuchsrecht beantragt, selbst diese wurde ihnen verwehrt. Kann es sein, daß der türkische Staat etwas geheim halten möchte?

Die Proteste gegen diese Hinrichtungen haben sich auf andere Gefängnisse im Lande ausgeweitet. Die Gefangenen in diesen Gefängnissen, wie z.B. in Istanbul Ümraniye, schützen sich gegen mögliche Übergriffe auch in diesen Gefängnissen und ihre mögliche Hinrichtung, indem sie einige Sicherheitskräfte als Geiseln festhalten. (In der Vergangenheit wurden bei ähnlichen Übergriffen der S'icherheitskräfte, auch zum Schutz der Gefangenen Geiseln genommen. Bis heute ist auch nach persönlichen Angaben der Geiseln keiner einzigen Geisel ein Haar gekrümmt worden. Die momentanen Geiselnahmen finden nur zum eigenen Schutz statt.)

Das Gefängnis in Ankara ist fast entleert worden, die Insassen sind in andere Gefängnisse verteilt worden. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Ecevit (der mit der faschistischen Partei MHP zusammenregiert) hat es in seiner Presseerklärung so dargestellt, als ob die Übergriffe von seiten der Gefangenen provoziert worden wären und die Vorgehensweise aufgrund eines vermuteten Tunnelbaus stattgefunden hätte. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Zudem sagte er in seiner Erklärung, daß dieser Aufstand um jeden Preis beendet werden wird. Es wird von Seiten der Menschenrechtsorganisationen erwartet, daß diese Hinrichtungsmaßnahmen aufgrund der erfundenen Tatsachen auch in den anderen Gefängnissen des Landes weitergeführt werden, um unliebsame politische Gefangene auszulöschen.

Um dies zu verhindern, rufen wir alle Menschen auf, ein Protestfax an die hierfür verantwortlichen Stellen zu schicken, damit diese Hinrichtungen aufhören und damit die Gefangenen nicht angesicht zu angesicht mit dem Tod stehen.

Premierminister: 0090-312-417-04 76
Justizminister: 0090-312-417 39 54
Präsident: 0090-312-468 50 30

28.09.1999 um 12.30 Uhr

In Istanbul sind die Menschen auf die Straßen gegangen und haben versucht, sich vor dem Hauptgerichtgsgebäude zu versammeln, um gegen das unfaßbare Massaker in dem Gefängnis in Ankara zu protestieren und den Gefangenen zu zeigen, daß sie nicht alleine sind. Die Demonstranten verlangten, daß die jetzigen Regierungsmitglieder zurücktreten sollten, weil sie die Verantwortlichen des Masssakers seien. Die IHD-Vorsitzende Eren Keskin wurde gehindert eine Presseerklärung abzuhalten, weil sie den wirklichen Vorgang des Massakers darstellen wollte. Alle Menschen, die sich zu der Zeit auf dem Sultanahmetplatz befanden, wurden als verdächtige Personen festgenommen. Es wurden ca. 150 Menschen festgenommen, darunter viele Mitglieder des Menschenrechtsvereins (IHD) und viele renommierte Anwälte.

27.09.1999

In Deutschland haben sich demokratische Kräfte zusammengefunden, die zur Zeit auf der Domplatte in Köln diese Vorgehensweise der Türkei protestieren.

28.9.1999

Um 11.00 Uhr haben sich ca. 150 Menschen vor dem türkischen Konsulat in Köln-Hürth versammelt, um gegen die Übergriffe in dem Gefängnis in Ankara zu protestieren und zu verhindern, daß weitere Hinrichtungen in anderen Gefängnissen stattfinden.

Wir werden Sie weiterhin über den neuesten Stand der Ausschreitungen informieren, insbesondere erwarten wir in Kürze die Autopsionsberichte.

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