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Susanne Baumgaertel

Streikende ArbeiterInnen in Indonesien
brauchen dringend Hilfe
!


Der Arbeitskampf bei Tyfountex in Solo dauert an. Die streikenden/ausgesperrten ArbeiterInnen haben kaum genug zum Leben, geschweige denn für die Finanzierung ihrer Aktionen. Streikgeld gibt es nicht, die Studenten, die den Streik unterstützen, sind selber arm. Finanzielle Unterstützung von hier aus ist sinnvoll, auch damit die ArbeiterInnen in Solo erfahren, daß ihr Kampf Bedeutung für Leute in anderen Teilen der Welt hat. Deshalb sammeln wir auch kein Geld ein, sondern bitten, direkt auf folgendes Konto zu überweisen:

YULI EKO NUGROHO, SH
No 2112865412
Bank Niaga Cabang Solo-Slamet Riyadi
Indonesia

Stichwort: Tyfountex

Durch die Währungsrelation von 1DM zu ca. 6000 Rupiah entsprechen
25DM einem Arbeitermonatslohn, deshalb sind auch die hohen
Überweisungsgebühren (bei der Postbank z.B. 15DM) zu verschmerzen.

Ludwigshafen, 13.10.98

"Buruh bersatu tak bisa dikalahkan"
(Arbeiter vereint können nicht geschlagen werden) Interview mit Tyfountex-ArbeiterInnen
siehe auch unsere Asien-Aktuell-Seite: http://www.rhein-neckar.de/~wildcat/aaktuell.html

(Im Bezirk Solo gibt es zehn Textilfabriken mit insgesamt etwa
35000 ArbeiterInnen. PT Tyfountex ist die drittgrößte und gehört
einer Firma aus HongKong. Alle zahlen etwa das gleiche: etwa 113
000 Rp bis 125750 Rp, weniger als der UMR (Upah minimum regional),
den regionalen Mindestlohn von derzeit 130000Rp im Monat. Zu diesem
Lohn kommen üblicherweise noch Essenszulage und Prämien.)
F: Wie lang müßt Ihr denn arbeiten?
A: Wir arbeiten 7 Std. am Tag, 42 die Woche.
F: Und wie lange braucht Ihr zur Arbeit?
A: Naja, die meisten leben im Umkreis von 10km und fahren meist
mit dem Fahrrad, manche mit dem Motorrad.
F: Wieviele Menschen müssen von dem Lohn leben, den Ihr verdient?
A: Mindestens 4, oft viel mehr. Es reicht nicht mal zum Essen,
wenn ein Kilo Reis (beras) 3500Rp per Kilogramm kostet. Eine
Familie braucht 10000 Rp pro Tag fürs Essen allein. Zum Teil
arbeiten beide Eltern.
F: Wofür habt Ihr gestreikt?
A: Die Forderungen des ersten Streiks waren: Lohn für 30 Tage
im Monat statt bisher 26, denn wir müssen ja auch 30 Tage lang
essen. Dann die Erhöhung des Essensgeld und der Nachtschichtzulage.
4 Tage mehr Geld waren aber die Hauptsache.
F: Wann hat der Streik begonnen?
A: Am 29.6. Wir haben 10 Tage gestreikt, mit vielen Aktionen.
Die Fabrik war geschlossen. Der Streik war ein Erfolg, dachten
wir.
F: Und der zweite Streik?
A: Der hat am 3.8. begonnen. Wir hatten festgestellt, daß die
Firma bei gesetzlicher Abwesenheit (Krankheit z.B.) nicht den
vollen Lohn weiterzahlte. In diesem Punkt hat die Firma, obwohl
gesetzlich geregelt (Ministerbeschluß 3/97) den geraden Weg
verlassen. Ausserdem verlangten wir die Angleichung der Löhne
an den neuen Mindestlohn vom 1.8.

(Anlass war nach Zeitungsberichten aber (das erwähnen die
KollegInnen in diesem Moment nicht) die Entlassung eines
Leitungsmitglieds des KRKB, Komite Reformasi Kaum Buruh, Komitee
der Arbeiterklasse für Reform, in dem die jetzt Ausgesperrten
organisiert sind. Dieses Komitee hat zusammen mit dem DRMS, Dewan
Reformasi Mahasiswa Surokarta, Studentenrat für Reform, Surokarta
(Solo), die Streiks organisiert. Der Entlassene hatte eine
mündliche Erlaubnis seines Vorarbeiters, zuhause zu bleiben.)

F: Wie ist denn die Fabrik organisiert? Wieviele Leute arbeiten
denn in einem Raum?
A: Es gibt sechs Abteilungen: Spinnerei, Weberei, Färberei,
Kleiderherstellung ("Garment"), Näherei und Zubehör. In jeder
Abteilungs gibt es vier Befehlsstufen bis runter zum Vorarbeiter.
Bei Tyfountex arbeiten 8000, etwa 80 0avon sind Frauen.
F: Wie habt Ihr denn den Streik organisiert? Ich bin selber
Fabrikarbeiter, ich weiß, daß unter normalen Umständen die
ArbeiterInnen ziemlich dumm sein können...
A (ziemlich vielstimmig): Ja, ja (und Gelächter)
F:... und manchmal merken sie dann doch, daß sie etwas tun müssen.
Wie war das denn bei Euch?
A: Ja, ja. Bei uns waren es zuerst die StudentInnen. Die wissen
Bescheid. Die haben die Idee vom Streik gebracht. Die haben uns
vom Mindestlohn berichtet und von unseren Rechten. Wir haben dann
zusammen mit ihnen das KRKB aufgebaut. Der SPSI (offizielle
Staatsgewerkschaft) hat bei Problemen gar nichts gemacht. Er hat
immer nur für die Firma gearbeitet.
F: Wie ist denn das KRKB organisiert?
A: Wir machen große Versammlungen, wo diskutiert und über die
Leitung entschieden wird, bzw. sie demokratisch gewaehlt gewählt
wird.
F: Wie oft?
A: Oft. Immer wenn es Probleme gibt.
F: Von was lebt Ihr jetzt?
A: Ha, von den Eltern; viele haben Nebentätigkeiten, kleines
Lädchen oder so, Reparaturen, Heimarbeit. Essen (nur Reis!) gibts
hier im "Posten". Den Reis bringen bei Versammlungen KollegInnen
mit, die was übrig haben. Also so kommen wir durch. Was aber mit
den Kindern? Wenn sie zur Schule müssen? Einschulung allein kostet
30000Rp für die Grundschule und 150000 für die Mittelschule und
3000 bzw. 4000Rp pro Monat. Dazu die Uniformen. Wir können sie
nicht zur Schule schicken.
F: Wie lange noch?
A: Weiß nicht. Wir können so lange, bis wir uns durchsetzen. Ich
denke, das dauert nicht mehr lange, wir sind im Recht. Im Moment,
und das ist normalerweise nicht so, ist die Regierung auf unserer
Seite.

(Die ArbeiterInnen von Tyfountex haben die Streiks zusammen
begonnen. Die Fabrik war zu. Doch schon während des ersten Streiks
wurde ein Gegenkomitee mit dem bezeichnenden Namen Komite Pencegah
Pengangguran, Komitee zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,
aufgebaut, das schon gegen Ende des ersten Streiks 1500 Leute
mobilisieren konnte. Beim zweiten Streik sollen nach
Zeitungsberichten ca 1000 Kollegen weitergearbeitet haben, der
Streik ist dann nach und nach abgebröckelt. Als die Firma die
Entlassung androhte, blieben 1727 KollegInnen hart. Über diesen
Punkt reden die KollegInnen nicht (gerne). Sie haben eine Fahrt
von 800 von ihnen nach Jakarta organisiert, wo ihnen abermals
juristische Rückendeckung, auch vom Arbeitsminister, gegeben wurde.
Die Firma müßte eigentlich alle weiterbeschäftigen und ihnen sogar
den entgangenen Lohn nachzahlen. Sie weigert sich aber und hat
inzwischen 2000 Neue eingestellt.Inzwischen machen die
ausgesperrten KollegInnen weitere Aktionen, vor anderen Fabriken,
aber auch vor Tyfountex, auch wenn die jetzt folgende Antwort
anders lautet.)

F: Die Fabrik arbeitet. Macht ihr Aktionen vor der Fabrik?
A: Nein.
A: Es gibt natürlich viele Beziehungen und Verbindungen in die
Fabrik. Den KollegInnen dort gehts nicht gut. Erstens weil sie
uns verraten haben und zweitens, weil es dort nicht besser geworden
ist. Ja, wir haben grad letzte Woche eine Aktion vor der Fabrik
gemacht.
F: Die Firma hat gedroht, die Fabrik ganz zu schliessen und in
HongKong eine neue zu bauen. Das kommt mir aus Deutschland bekannt
vor. Globalisasi auch in Indonesien?
A (lauter Protest): Nein. Zur Zeit sind die indonesischen
ArbeiterInnen die billigsten der Welt.
Quelle: eig. Korr., Mitte September 98

Aus einer E-Mail eines Aktivisten vom 13.10.98: "Die
KollegInnen vom KRKB sind schon seit einer Woche in Jakarta.
Sie haben vor Büros der Regierung demonstriert um eine
Entscheidung zugunsten der FreundInnen vom KRKB einzufordern,
daß die Regierung den Beschluss des Arbeitsgerichtes gegen
die Firma durchsetzt. Allerdings haben die KollegInnen das
Geld für die Rückreise nach Solo bereits aufgebraucht, sodaß
sie im Moment noch nicht wissen, wie sie nach Solo
zurückkommen können. Und auch für Essen ist kein Geld mehr
da; ungefähr 200 Menschen sind so in Jakarta gestrandet. Zur
Zeit arbeite ich daran, Geld von den Menschen
zusammenzusammeln, die mit dem Kampf der ArbeiterInnen
sympathisieren. Ich bitte Dich auch, zu helfen, Geld für die
KollegInnen zu sammeln, die in Jakarta sind, für Essen und
die Heimreise. (...)
Wir müssen schnellstens Verbindung aufnehmen. Es gibt neue
Nachricht über die KollegInnen vom KRKB in Jakarta. Sie
übernachten im Büro des YLBHI (eine NGO). Gestern, Montag,
12.10., sind die FreundInnen von etwa 200 Unbekannten
terrorisiert worden. Die haben hinterrücks Steine auf die
KollegInnen und auf das Büro geworfen. Einige KollegInnen
sind verletzt und viele Fensterscheiben des Büros zerstört
worden."
)

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