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KAPITALFONDS IN NOT
Ein erneuter 'Beinahe-Zusammenbruch' erschüttert das weltweite Finanzimperium der Moderne

von Dietmar Kesten

Ein erneuter 'Beinahe-Zusammenbruch' erschüttert das weltweite Finanzimperium der Moderne. Noch dürfte der Schock des ökonomischen Desasters der russischen Banken für die Börsianer und Banker tief sitzen; da erreicht eine neue Katastrophenmeldung die weltweiten Finanzmärkte. Der US-Spezialfonds 'LONG TERM CAPITAL MANAGEMENT' (LTCM) bricht mit Verlusten in Höhe von 'mehreren Milliarden Mark' ein (WAZ vom 26. 09. 1998) und die Angst vor einer Bankpanik mit wachsenden Risiken für das gesamte Kreditsystem geht um.

An den Börsen stürzten die Aktien bis zu 10% ab, der DAX fiel zeitweise unter 4500Punkten und sog. Bankexperten 'befürchten bei einer Pleite des Fonds eine Kettenreaktion auf den Finanzmärkten' (WAZ, 26. 09. 1998).Die beträchtliche Pleite des hochspekulativen US-Fonds muß als weiterer Einbruch des gesamten globalen Finanzsystem eingeschätzt werden, da die Zunahme der wachsenden Verschuldung eben dieser Fonds die zweifelhafte Deckung der kurzfristigen Festgelder zur Finanzierung langfristiger Kredite für das Kreditsystem insgesamt, aber auch für das allgemeine Bankkapital widerspiegelt.

Mit diesen kurzfristigen Festgeldern, die ja nichts anderes sind als sog. Regulierungsmechanismen , die die Solvenzen der US-amerikanischen Privatbanken sanieren sollen, nimmt die wachsende Verschuldung der international operierenden Großbanken Ausmaße an, die das Gesamtvolumen der Kredite mittel- und langfristig in eine Art globale Explosion münden lassen. Denn in der Tat sind Kettenreaktionen zu befürchten; eine Zunahme von Pleiten und Firmenzusammenbrüchen, von kleineren und mittleren Unternehmen, die eben mehr oder weniger von Krediten (z. B. HERMES- Bürgschaften) leben und gleichfalls in den Strudel dieser vermeindlichen Rettungsaktionen des spekulatives Bankkapital hineingerissen werden können.

Die DEUTSCHE BANK soll sich mit runden 510 Millionen DM an der Rettung des Fonds beteiligt haben, weltweit wird die eingeleitete Sanierung auf fast 6Milliarden DM geschätzt, und die DRESDENER BANK, die an der 'LTCM' beteiligt ist, soll ein Minus von ca. 240 Millionen DM zu beklagen haben. Das Dilemma dieser Fonds besteht darin, daß sie den internationalen Banken Kredite in ausreichendem Maße nicht verweigern kann, da sie überwiegend mit geliehenem Geld operieren und auf die Kurs- und Zinsenunterschiede in sog. risikoreichen Schwellenländern empfindlich reagieren. Gehen die Spekulationen nicht auf, was immer öfter passieren wird, bleiben die extrem hohen Gewinnmargen aus, treten unweigerlich Totalverluste ein, wie wir sie jetzt erleben.

Aber das eigentliche Problem, daß sich herauskristallisieren läßt, ist, daß es vielleicht gar nicht um das abenteuerliche Handeln einiger Banker geht, um deren individuelle Psychologie oder orthodoxer Finazpratiken, sondern um allgemeine Konsequenzen, die sich hinter der Praxis der Banken- und Finanzierungsgesellschaften verbergen: es ist das Inflationsklima, der Spekulation, Kapitalflucht und Steuerbetrug ,wachsende Verflechtung zwischen den Banken und der Geschäftswelt , die sich durch hohe Verschuldung ihrer Erbhöfe zu bereichern versucht (man leiht sich 'gutes' Geld und zahlt Jahre später entwertetes Geld zurück), den politischen Lobbies, die mit ihren Investoren Auslands- und Finanzgeschäfte in Milliardenhöhe tätigen, um dann als 'sichere' Bank zu gelten. Es ist nichts Zufälliges an diesen Einbrüchen oder ein einmaliger Akt, de reine drohende Schieflage - durch ausreichende Unterstützung der Kreditwirtschaft lanciert - beheben könnte.

Am Vorabend dieser aufsehenerregenden Bankrotte zeigt sich, daß das globale Banksystem den Eigensanierungen und den Rettungsaktionen immer weniger stand hält, daß das gesamte Kreditsystem paralysiert wird, und die enorm hohen Geldverluste die Gesamteinlagen der Fonds, die auf über 150 Milliarden Dollar geschätzt werden, ernsthaft bedrohen. Der Geisterzug :'Verschuldung - Inflation - Bedrohung der Banksysteme - weltweite Einbrüche' fährt ungebremst immer tiefer in den Nebel hinein. Wenn er zur Zeit noch auf den Schienen bleibt, dann mag das am umgehenden Eingreifen der europäischen und ameriakanischen Finanziers gelegen haben; das Banksystem ist erneut mit einem blauen Auge davongekommen.

Objektiv betrachtet, haben die Eigensanierungen der Fonds, die Stützung durch die Zentralbanken insgesamt jedoch Grenzen. Bleibt der angepeilte maximale Profit aus, fällt eine Bastion nach der anderen. Wie im Falle von 'LTCM', der bereits zu Anfang 1998 'nur noch' auf ein Eigenkapital von etwa 4,8 Milliarden Dollar zurückgreifen konnte, stellt sich die Frage: wie lange kann das internationale Bankensystem diesem Druck des 'Löcher stopfen' noch stand halten? Wenn bereits erstrangige Fonds und Banken insolvent werden, wenn mehrere hundert Millionen Dollar nicht ausreichen, um 'Turbulenzen zu verhindern', sondern zig Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden müssen, um globale Einbrüche auf den Finanzmärkten zu verhindern, dann muß weltweit auch auf die Spareinalagen, auf Immobilienrücklagen, auf aufgenommene Kredite und Bürgschaften, auf 'flüssige' Mittel noch bestehender lukrativer Anlagegelder und Rohstoffe insgesamt zurückgegriffen werden. Der Anfang vom Ende.

Das Inflationsklima begann bereits zu Beginn der 70er Jahre mit dem Zusammenbruch der HERSTADT-Bank in Köln, der FRANKLIN-Bank und der NATIONALBANK OF SAN DIEGO (USA).Kaum jemand bemerkte, daß diese spektakulären Konkurse mit enormen Zahlungsschwierigkeiten verbunden waren. Als damals Kunden an den Schaltern der Kölner HERSTADT-Bank auftauchten, um ihre Guthaben abzuheben, konnten diese nur durch das Eingreifen von Dispositionsbanken 'ruhig' gestellt werden. Die Quintessenz : die bestehende Struktur von Banken kann zusammenbrechen, sie hält nur dann dem interationalen Bank- und Kreditsystem stand, wenn im ausreichenden Maße große Banken den angeschlagenen Kreditinstituten mit 'Finanzspritzen' zur Hilfe eilen, um ein Finanzdesaster zu vermeiden

Diese Zeit ist endgültig vorbei.

Heute bemißt sich der 'Bewertungsbedarf' der Geldinstitute am Umfang des weltweiten Geldengagements, daß auf spekulativen Supergewinnen mit Anleihe-Arbitrage- und Derivategeschäften aufgebaut ist, hohe Rendite verspricht. Geldhäuser wie etwa die DEUTSCHE Bank, die DRESDENER Bank, beteiligen sich nicht nur deshalb mit ihren Beträgen an einer 'Stützung', sondern sehen natürlich langfristig noch Möglichkeiten, den Bankkreisel der Spekulationsgewinne für sich zu entscheiden. Bleiben diese aus, stehen die Finanzierungsgesellschaften vor großen Problemen, die niemand mehr zu lösen vermag.

Die globale Internationalisierung des Finanz- und Bankkapitals steht offensichtlich vor einer erneuten Zäsur, die ihre weltweite Liquidität gefährden könnte. Die bedeutenden Verluste des Bankensystems in Rußland zeigen an, daß die Kreditinsitute weltweit vor enormen Konkursen stehen, daß sie immer weniger in die Rettungsversuche ihrer Gläubiger zu integrieren sind, und daß weder strenge Reglementierungen per Gesetzt oder Strafen für Banken, die sich nicht an die Regeln halten, sie davor schützen, Schlag auf Schlag zusammenzubrechen.

Die Crashs an den Börsen in Südostasien, in den Lateinamerikanischen Ländern, in Rußland, und jetzt auch der Anlagefonds in den USA, werden auch die deutsche Kreditwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Es ist nur alles eine Frage der Zeit, wann jene Kettenreaktionen hervorgerufen werden, die wir von der Weltwirtschaftskrise 1929 kennen.

Dietmar Kesten

eMail: Dke3557782@aol.com

(Dieser Artikel steht frei zur Verfügung - Belegexemplare bitte an Heinz Weinhausen, Düsseldorfer Str. 74, 51063 Köln)

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