Indische
Hauselefanten sind jene von Menschhand
deformierte Spezies, mit der wilde Elefanten
eingefangen werden. Diesen Job übernahm die
SPD, nachdem sie als Verhandlungspartnerin
zur Befriedung der Arbeiterklasse bei
gleichzeitiger relativer materieller
Zufriedenstellung nicht mehr gebraucht
wurde. Seitdem ist sie Hauselefant. In
dieser Funktion bewährte sie sich fortan
nicht nur als dem Kapital Ruhe verschaffende
Friedensstifterin ohne gleichzeitige
relative materielle Zufriedenstellung der
Arbeiterklasse, sondern auch als
wohlduftende Leimrute, um ungezügelten und
unkontrollierten Protest zu absorbieren.
Nachklingender Ruhm aus vergangenen Zeiten
half ihr dabei. Sie versprach Arbeit, Brot,
Frieden, Gerechtigkeit und der jeweils neuen
jungen Generation eine rosige Zukunft. Der
Fordismus verging nicht über Nacht. Mit dem
legendären „Rheinischen Kapitalismus“ erfuhr
er in der Nachkriegszeit seinen Höhepunkt.
Diese Zeit, die Adenauerzeit, war nicht ohne
Widersprüche, nicht ohne Arbeitskämpfe,
nicht ohne politische Entmündigung der
Lohnabhängigen. Ein Rest von Glorienschein
hängt immer noch über ihr. Den nimmt die
CDU/CSU bis heute für sich in Anspruch,
während ihn die SPD als Beweis der
Reformierbarkeit des Kapitalismus für sich
reklamiert. Quasi als SPD neuen Typs trat
sie ihre zweite historische Runde an. In
diesem Zustand, ihrer zweiten Lebenshälfte,
wurde sie alt – dermaßen alt, dass sie
selbst bei Nacht und Nebel zu erkennen war.
Malt die Philosophie ihr Grau in Grau, sagt
Hegel, ist eine Gestalt des Lebens alt
geworden. Mit Grau in Grau aber lässt sie
sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen.
Die SPD
mauserte sich von der „Opposition Seiner
Majestät“ (Agnoli) zur voll integrierten und
regierungstauglichen Systempartei. Reformen
verheißender Hauselefant blieb sie
weiterhin, trichterte aber darüber hinaus
ihrer Wählerschaft ein, dass zu ihrer
Durchführung Regierungsmacht notwendig sei.
Bei dieser feineren Art der
Wählerstimmenerpressung ist sie bis heute
geblieben. Sie bildet den Kern ihrer
Wahlkampfpolitik. Was ihre Wählerschaft und
alle Benachteiligten betriff, ist sie
strategisch damit dauerhaft nie weit
gekommen. Regierungsmacht hatte sie genug,
den Beweis dafür zu erbringen. Den blieb sie
bisher schuldig.
Die Zeiten
änderten sich rasant. Deutlicher denn je
zeigte der Kapitalismus, dass er kein
statisches Element in der Geschichte ist.
Die von ihm entfesselten Produktivkräfte
haben ihn unaufhörlich vorangetrieben, ihn
permanent revolutioniert. Immer neue
technologische Fortschritte vernichten
lebendige Arbeit, bedrängen sukzessive die
Existenzgrundlagen der Lohnabhängigen. Der
Übergang von der extensiven zur intensiven
Produktion, die sogenannte technologische
Revolution, schuf neue Bedingungen, mit
denen der Reformismus nichts mehr anzufangen
weiß. Mit zunehmender Überproduktion
verengten sich die
Kapitalverwertungsbedingungen. Der Zustand
absoluter Überakkumulation rückte immer
näher heran. Mit ihrem Eintritt begann die
bis heute andauernde Systemkrise, die
inzwischen sich mehrende Anzeichen einer
finalen erkennen lässt. Massenelend,
Wohnungslosigkeit, wachsende Kriegsgefahr,
Umwelt- und Naturzerstörung haben erkennbare
Ursachen, auf die die herrschende Politik
nicht eingeht, weil sie auf die Systemfrage
zurückführen. Die aber lautet, ob das
spätkapitalistische Herrschaftssystem
überhaupt noch in der Lage ist, die
herandrängenden Katastrophen abzuwenden. Um
mit Marx zu sprechen, liegt die Annahme
nicht fern, dass die Produktivkräfte als
revolutionäres Element in der Geschichte an
die Grenzen der Produktions- und
Eigentumsverhältnisse gestoßen sind und
damit eine revolutionäre Situation
eingetreten ist. Auf die Idee, den
gesellschaftlich erzeugten materiellen
Reichtum der gesamten Gesellschaft zukommen
zu lassen, kommt die dominierende
systemtreue Politik nicht. Sie verschärft
den antagonistischen Widerspruch zwischen
Produktivkraftentwicklung und
Eigentumsverhältnis. Ihn zu begreifen liegt
außerhalb ihres auf Privateigentum fixierten
Horizontes. Innersystemisch lösen kann sie
ihn nicht. Ihre Hilflosigkeit gegenüber der
längst eingetretenen Krisendynamik lässt
bezweifeln, dass sie mit den daraus zu
erwartenden Verheerungen zurechtkommen wird.
Als die
Reformer und Erneuerer unter Gysis Führung
aus der Konkursmasse der SED die PDS
herausquälten, war der zweite Aufguss der
SPD nur noch eine aufgewärmte Leiche.
Politische Leichen entfalten dennoch
Wirkung, werden sie dekorativ aufgebahrt und
von vitaler Hand effektiv als Werkzeuge
eingesetzt. Die Institution ideologischer
Hoffnungsstiftung war noch lange nicht
überflüssig geworden – schon der
Eingemeindung der ehemaligen DDR wegen
nicht. Zudem drohten soziale Verwerfungen,
die den pompösen Schein der
Wiedervereinigung trüben könnten. Dass dem
Osten statt segensreichem Erblühen ein
schmerzhafter Aderlass bevorstand, war dem
westdeutschen Kapital klar, redete aber
nicht darüber. Die in seinem Dienste
stehende Politik übernahm wie gewohnt die
Aufgabe, seine wahren Interessen zu
verschleiern. Womit also die ostdeutschen
Massen beruhigen, wenn nicht mit der
Aussicht auf soziale Reformen, sollten sie
aufmucken. Die klinisch bereits tote
West-SPD erschien für diese Aufgabe nicht
ausreichend geeignet. Die PDS kam wie
gerufen. Ihre Aufgabe war ausgemacht: Der
Osten brauchte eine ostkompatible
Sozialdemokratie. Die Frage, ob Gysi und
seine Gefolgschaft wussten, worauf sie sich
einlassen, ist öffentlich bisher nicht
beantwortet. Sie spielt aber insofern keine
Rolle, als ihr eine andere gegenübersteht:
Oder hatten sie ein anderes Ziel und sahen
sich einer eigenen Aufgabenstellung
verpflichtet? Wohl nicht, denn darüber ist
nichts bekannt geworden. Es gliche
allerdings einem Wunder, wäre die geradezu
identische Deckungsgleichheit zwischen der
PDS-Politik und der Strategie der
westdeutschen Machthaber zufällig zustande
gekommen. Denn welche Idee, welche Vision,
welche Theorie, welches Ziel, welches
Programm hatte die PDS anzubieten? Etwa als
aufgefrischte oder reumütige SED neu
aufzutreten? Überhaupt als eine wie auch
immer geartete SED ohne DDR? Das wäre ein
Unding, reinste Narretei gewesen. Oder gar
als marxistisch orientierte revolutionäre
Partei? Indiskutabel. Diesen Fragen
nachzugehen ist müßig. Die PDS trat als
„Partei des demokratischen Sozialismus“ in
die Arena bundesrepublikanischer Politik.
Ihre verblichene DDR wollten die Erneuerer
nicht wiederhaben und von Marx und Engels
wollten sie schon gar nichts mehr hören, als
hätte deren Lehre die „realsozialistische“
DDR hervorgebracht. Die PDS war von Anfang
an ein Abklatsch der historisch bereits
mumifizierten SPD. Insofern war sie per
Mumiengeburt ein Methusalem. Geschminkt und
auf Jugendlichkeit getrimmt wurde er dem
Publikum vorgeführt. Aufmerksamen
Beobachtern entging dieses Schmierenstück
nicht. Schon die von der SPD abgeguckte
Tautologie „Demokratischer Sozialismus“
veranlasste dazu. Die steinalt geborene PDS
hatte es nicht nötig, obendrein noch zu
altern. Altern und Zerfall ihrer Maske
legten das Grau in Grau hinter ihr frei.
Die PDS
erweckte zunächst den Eindruck, aus Ruinen
auferstanden und der Zukunft zugewandt zu
sein, wie es in der DDR-Hymne heißt. Nicht
wenige Menschen glaubten das. Oder glauben
es immer noch. Die PDS konnte nichts anderes
sein, als eine Partei von Herrschaft ´s
Gnaden auf Bewährung; und dreist wenn das
nicht der Fall sein sollte, hat sie deren
Willen auf der dritten Stufe des Gehorsams
(N. Machiavelli) erfüllt, indem sie sich mit
ihm identifizierte. Außer redegewandtem
Geschwätz hatten Gysi und seine Apostel
qualitativ Neues nicht anzubieten. Ebenso
wenig die nicht minder eloquente
Wagenknecht. Zwei egomanische
Eintagsfliegen, die immerhin vermochten,
Parteivolk und Wählerpublikum drei
Jahrzehnte lang bei Laune zu alten. Sie
redeten unentwegt von Demokratie, übersahen
aber durchweg dabei, dass ihre eigene Partei
in allen ihren Aggregatszuständen nicht die
Spur innerparteilicher Demokratie zustande
gebracht hat. Im Spiegel der Zeit schlägt
einem heute ein steinaltes Gesicht entgegen.
Es ist das Gesicht der Linkspartei.
Das
entscheidende Problem der westlichen
Wertegemeinschaft besteht darin, aus der für
sie immer gefährlicheren Verengung der
Kapitalverwertungsbedingungen
herauszukommen. Wohin mit der absoluten
Überakkumulation? Woher die bezahlbare
Nachfrage nehmen? Wo und wie überschüssiges
Kapital investieren? Die Realwirtschaft
sitzt auf nicht mehr absetzbaren
Warenmassen, so dass Investitionen in ihr
immer weniger Platz finden. Die Profitrate
sinkt. Überschüssige Geldmengen flüchten in
die Rentenökonomie, Immobilien, Grund und
Boden werden gekauft. Rente, also Pacht- und
Mietzahlungen nebst Bodenspekulation greifen
um sich. Sinkende Löhne sehen sich
steigenden Mieten gegenüber. Gentrifizierung
und Vertreibung zerstören den
gesellschaftlichen Zusammenhang, verdunkeln
die Zukunft von Millionen Menschen und
wirken wie eine Zeitbombe. Die USA als
Vormacht der Wertegemeinschaft setzen auf
Unterwerfung der Weltgemeinschaft, um aus
der Verwertungskrise herauszukommen, in der
sie inzwischen wie in einer Bratröhre
schmoren. Mit ihren
Weltherrschaftsambitionen sind aber immer
weniger Länder einverstanden, so dass sie
auf wachsenden Widerstand stoßen;
insbesondere auf den von China und Russland.
Zusammengenommen einem militärisch
ebenbürtigen Gegner, mit dem sie nicht mehr
so verfahren können, wie sie es bisher
gewohnt waren. Sie zu erledigen und
auszuweiden wäre ein Ausweg, allerdings mit
dem Risiko, dabei selber erledigt zu werden.
Solange es besteht, sieht die US-Politik
keinen anderen Ausweg, als diese beiden
Mächte durch Wirtschaftskriege, versuchter
Totrüstung, militärischen Drohgebärden und
dergleichen in die Knie zu zwingen. Es ist
eine Politik, die den Weltfrieden bedroht
und mit dem Feuer eines verheerenden
Atomkrieges spielt. Die Antwort der Russen
und Chinesen ist eindeutig: Sie bieten
Frieden und fairen Welthandel an, achten
aber darauf, ihre militärischen Kapazitäten
auf den jeweils notwendigen Stand zu
bringen, um USA und NATO in Schach halten zu
können. Die deutsche Politik samt ihrer
Parteien ist überwiegend transatlantisch
orientiert und beugt sich dem Willen ihres
Meisters. In diesen Chor hat sich inzwischen
auch die Linkspartei eingereiht.
Nun gibt es
noch die Grünen, die zwar nicht vergleichbar
mit SPD und Linkspartei direkt unter
Hauselefant fallen, aber trotz
jahrzehntelanger allergrünster Rhetorik
durchschlagende, geschweige denn epochale
Erfolge ebenso wenig aufzuweisen haben. Die
Grünen sind eine sich am Mittelstand
orientierende Systempartei, die an den
Grundfesten der bürgerlichen
Eigentumsordnung nicht rüttelt. Reformen,
die auch nur den Anschein eines Rüttelns
erwecken, lassen sie wie eine heiße
Kartoffel fallen. Die grüne Partei ist im
bürgerlichen Lager aufgenommen und dort
salonfähig geworden, so dass es unnütz ist,
sich über Gebühr mit ihrem Wesen noch zu
beschäftigen. Eine vollblütige Systempartei.
Systemparteien folgen ihrer Bestimmung,
stützen die herrschend Ordnung und
verteidigen sie ultima ratio. Die
bürgerliche parlamentarische Demokratie ist
von allen Staatsformen des Kapitalismus die
effektivste, indem sie – solange sie
funktioniert – die Zustimmung der
Bevölkerungsmehrheit genießt. Diese
Zustimmung wird über verschiedene Ausschüsse
in Gestalt politischer Parteien organisiert.
Innerparteiliche Demokratie ist ihnen
grundsätzlich fremd. Sie wäre dysfunktional.
Der neue grüne Matador Habeck hat kürzlich
vorexerziert, wie neue Zustimmungsmehrheiten
aufgebaut werden könnten, indem er
Aktivistinnen und Aktivisten von „Fridays
for future“ Listenplätze bei den Grünen
anbot. Als parlamentarische Abgeordnete
könnten sie effektiver für ihre Sache
eintreten, untermalte er sein Lockangebot.
Dummerweise vergaß er dabei zu erwähnen,
dass die Mandatsträger und
Mandatsträgerinnen seiner Partei in all den
Jahren nicht einmal einen Bruchteil dessen
bewirkt haben, was dieser weltweite Aufbruch
der Jugend in relativ kurzer Zeit bewirkt
hat. Er will ihre Köpfe kaufen, die Bewegung
enthaupten und zugleich die eigene
Machtbasis stärken. Ob seine Idee,
trojanische Pferdchen zu implantieren, mit
der Parteibasis und der Wählerschaft
diskutiert worden ist, ist eher
unwahrscheinlich, zumindest aber ganz neu.
Systemparteien
bilden eigene Machtstrukturen im Sockelwerk
der Machtpyramide. Ihre führenden Cliquen
reichen ihre Positionen weiter wie
Erbbauernhöfe, so dass es nicht
verwunderlich ist, werden die Kommandohöhen
jahrzehntelang von ein und denselben Figuren
besetzt. Ihr Einkommen ist
überdurchschnittlich hoch. Daran gewöhnen
sie sich schnell. Um sich auf dieser Ebene
zu halten, gehen sie ständig Kompromisse
gegenüber den Herrschenden ein. Auf dieser
Grundlage lenken sie ihre Partei.
Herrschaftskonforme Kompromisse werden zu
unabwendbaren Notwendigkeiten oder
mundgerechten Reformvorhaben verarbeitet,
bevor sie der Wählerschaft präsentiert
werden. Was die Systemparteien insgesamt
betrifft, herrscht eine politische
Scheinkonkurrenz, was ihr äußeres
Erscheinungsbild belangt. Qualitative
Alternativen stehen nicht zur Debatte.
Gestritten wird um die jeweils effektivste
Politik der Systemerhaltung und die
möglichst größte Zustimmung des Wahlvolkes
dafür. Quasi ein Wettbewerb der Lakaien um
die höchste Gunst und Anerkennung bei Hofe.
Die wirkliche Konkurrenz ist von
privategoistischen Interessen getrieben und
findet sowohl außerhalb als auch innerhalb
der einzelnen Parteien statt. Einerseits
müssen sie als Ganzes ins Feld ziehen, um
möglichst viele Wählerstimmen den anderen
abzujagen, andererseits müssen sie sich
innerhalb ihrer Partei um günstige oder gar
Spitzenplätze balgen. In dieser Hackordnung
wird der Wählerwille zerhackt und
gehäckselt, bevor er wieder so
zusammengebacken wird, dass er sich darin
ausreichend artikuliert sieht. Die
Parteibasis hat faktisch darauf keinen
Einfluss. Die Aufteilung von Macht und Geld
handeln die Parteioberlinge unter sich aus.
Dass SPD und Linkspartei seit Ewigkeiten
leeres Stroh dreschen, hat ursächlich damit
zu tun. Einen emanzipatorischen Aufbruch
stehen sie eher im Wege.
Angesichts der
politischen Gesamtlage und dem totalen
Versagen angeblich linker Parteien drängt
sich die Organisationsfrage auf, die Frage,
ob mit Parteien herkömmlicher Art überhaupt
noch etwas anzufangen ist. Die irrige
Vorstellung, das bürgerliche Parlament lasse
sich in eine Tribüne der Revolution
umfunktionieren, dürfte angesichts der
Tatsache, dass es nicht einmal mehr als
Tribüne zur Erhaltung demokratischer
Errungenschaften taugt, vom Tisch sein. Die
Etikettierung als links ist kein triftiger
Grund, eine Partei als modern und
zeitgerecht einzustufen. Die Linkspartei zum
Beispiel ist wie die SPD ein Modell aus
grauer Vorzeit. Für den Kampf um eine
sozialistische Gesellschaftsordnung so
brauchbar wie ein Sieb, um Wasser zu
schöpfen. Diese Modelle sind zu einer Zeit
entstanden, als die
Produktivkraftentwicklung noch weit davon
entfern war, eine objektive Voraussetzung
zur Überwindung des Kapitalismus zu bilden.
Von der subjektiven erst gar nicht zu reden.
Dass die objektive heute vorhanden ist,
demonstrieren die hoch entwickelten
Produktivkräfte, die mit immer größerer
Wucht gegen die zu eng gewordenen Grenzen
der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse
rebellieren. Systemparteien altern mit der
Produktionsweise und den Verhältnissen einer
historisch-ökonomischen
Gesellschaftsformation, ohne sich zu
erneuern. Die ihnen zur Natur gewordene
Anpassung verbietet ihnen, Keimformen des
Neuen zu bilden. Oder wie Marx sagt, im
Schoße der alten Gesellschaft die neue zu
gebären.
Es ist nicht
der richtige Ansatz, Bewegungen wie „Fridays
for future“ zu belächeln. Sie und viele
andere ihr verwandte sind Keimformen eines
emanzipativen Aufbruchs. Was praktisch
angewandtes politisches Bewusstsein
betrifft, stellen sie das nur noch
herumtorkelnde linke Konglomerat in den
Schatten. Natürlich sind sie noch unreif.
Die APO war auch kein Musterbeispiel
politischer und theoretischer Reife. Dennoch
hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass
sich besonders in Deutschland ein kritisches
Bewusstsein entwickelt hat, das es zuvor
nicht gegeben hat. Und was ist denn schon so
reif oder ausgereift, dass es keiner
weiteren Entwicklung mehr bedarf. Mandel
sagt irgendwo in seinen Schriften, dass der
subjektive Faktor nicht wie eine gebratene
Taube in den Mund gepflogen kommt. Er muss
in der dialektischen Einheit von Theorie und
Praxis erkämpft und entwickelt werden. Statt
sich weiterhin auf obsolete Parteimodelle zu
fixieren, erscheint es ratsamer autonome
Strukturen (Partikel) zu bilden und zu
fördern, die kooperativ zusammenwirken, sich
assoziieren, gegenseitige Solidarität üben,
sich weltweit vernetzen, statt des
herrschaftsüblichen Monologs den Dialog
bevorzugen. In diesem universellen Archipel
ist auf konstruktiver Ebene der Kampf um
Ideen zu führen; und aus diesem Prozess wird
das hervorgehen, was bisher als subjektiver
Faktor vergebens gesucht worden ist. Welche
Form von Organisation oder Organisierung am
besten geeignet ist, den Kapitalismus
revolutionär zu überwinden, wird sich auf
der Höhe der Entwicklung entscheiden.
Editorische Hinweise
Wir erhielten den
Beitrag vom Autor für diese Ausgabe.
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