Plädoyers im NSU-Prozess
Antonia von der Behrens (Hrsg.): Kein Schlusswort

Eine
Buchempfehlung von "Arbeit-Zukunft"

10/2018

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In dem 324 Seiten starken Buch sind neben einem Vorwort und einer Einleitung mit Überblick insgesamt 4 Plädoyers von Nebenklägern und 8 von deren Anwälten im NSU-Prozess enthalten. Noch einmal zur Erinnerung: Der Prozess gegen Beate Tschäpe und weitere Straftäter aus dem rechtsterroristischen Umfeld vor dem OLG München zog sich über 6 1/2 Jahre hin und endete mit der Verurteilung Zschäpes zu lebenslänglicher Haft und für die anderen Täter mit unterschiedlich langen Haftstrafen. (AZ berichtete über das Urteil)

Was die Plädoyers so interessant macht, sind zum einen die Plädoyers der Tatopfer bzw. deren Angehörigen, Elif und Gamze Kubasik, Arif S. Und Muhammet Ayazgün, die ein Licht auf die einseitigen, von rassistischen Vorurteilen geprägten polizeilichen Ermittlungen und auch das Prozessgeschehen selbst werfen. So äußert Muhammet Ayazgün: „…abschreckend wirkt nicht nur die Strafverfolgung, sondern auch die Aufklärung, das heißt die Verhinderung weiterer Taten dieser Neonazis.“ Oder Gamse Kubasik: „Ich hatte am Anfang von diesem Prozess so viel Hoffnung , dass nach so langer Zeit jetzt endlich Gewissheit kommt, dass es eine Sicherheit gibt. Diese Hoffnung gibt es nicht mehr. Wir werden wahrscheinlich nie zur Ruhe kommen. Sie haben das Versprechen gebrochen!“

In den Plädoyers der Rechtsanwälte der Nebenkläger wird der gesamte Werdegang des „National-Sozialistischen Untergrunds“, seine enge Verflechtung mit rechtsextremistischen Gruppen, etwa dem „Thüringer Heimatschutz“ und dem sächsischen Ableger von „blood & honour“, das Agieren von rechtsextremen V-Männern des Verfassungsschutzes und deren V-Mann-Führern aufgezeigt. Es geht um die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Verhinderung der Ermittlungen, die einseitigen Ermittlungen des Bundeskriminalamts und die Anklage durch den Generalbundesanwalt, der „den Interessen des Verfassungsschutzes Vorrang vor einer effektiven Strafverfolgung und Aufklärung gegeben“ (von der Behrens) hat. Der Beitrag von der Behrens „Das Netzwerk des NSU, staatliches Mitverschulden und verhinderte Aufklärung“ liest sich tatsächlich wie ein Kriminalroman und zwar einer, in dem viele Täter noch frei herumlaufen.


Ergänzt wird das Buch noch durch Aufnahmen von den Tatorten.

 
Antonia von der Behrens (Hrsg.)
Kein Schlusswort

Nazi-Terror
Sicherheitsbehörden
Unterstützernetzwerk

Plädoyers im NSU-Prozess

328 Seiten | Hardcover | 2018 | EUR 19.80 ISBN 978-3-89965-792-0

VSA-Verlag

Editorischer Hinweis

Die Buchbesprechung erschien zuerst bei Arbeit Zukunft“, der Zeitung der „Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands“.